1861 / 76 p. 4 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

FTrachmann, Proviant⸗Amts⸗Applikant in Posen, zum Proviant⸗Amts⸗

Affistenten exnannt. „Ehrhardt, Reuter, Ober⸗Gerichts⸗Auskultatoren, zu Intendantur⸗ Referendaren bei der Intendantur des I. Armee⸗Corps ernannt.

Bekanntmachung. Zur Vermeidung von Verzögerungen und Weiterungen in der Be⸗ stellung der hier eingehenden Geld⸗ und Werthsendungen an Adressaten, welche zeitweise von Berlin abwesend sind, wird diesen dringend empfohlen, schriftlich Disposition zu treffen, ob resp. wohin derartige Gegenstände nachgesandt werden sollen, oder eine andere Person bierselbst durch Voll⸗ macht zur Empfangnahme zu bestimmen. 8

Die bezüglichen Erklärungen und Vollmachten dürfen nicht von den Briefträgern entgegengenommen, können aber an jede beliebige Post⸗Anstalt hierselbst abgegeben werden.

Geld⸗ und Werthgegenstände an abwesende Adressaten, von denen hinsichtlich der Nachsendung oder der Aushändigung an eine dritte Per⸗ son schriftliche Dispofition nicht zu erlangen ist, müssen an die Einliefe⸗ rungs⸗Post⸗Anstalt zurückgesandt werden. 8 1““

Berlin, den 19. März 1861. 1“ 1

I 1 Der Ober⸗Post⸗Direktor.

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NRNichtamtliches. b

Berlin, 23. Maͤrz. Am Geburts age Sr.

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1 reußen. Majestaäͤt des Königs empfing Allerhöchstderfelbe bei Ihrer Majestät der Königin die Glückwuͤnsche der Königlichen Familie, wonach der Empfang des Hofes, der Minister und Generale, der Präsidenten beider Häuser des Landtags und sämmtlicher hier anwesenden Fürstlichen Personen stattfand. Ein Dejeuner der Koͤniglichen Familie im Koͤniglichen Palais und Abends ein Concert, zu welchem außer den Fürstlichen Gästen einzelne andere Personen Einladungen erhalten hatten, beschloß die Feier des frohen Tages. Der General⸗Mufikdirektor Meyerbeer leitete das Concert, in welchem die noch anwesenden Mitglieder der italienischen Oper, worunter Mlle. Artot und Herr Roger, mitwirkten. Ihre Majestät die Königin hat am Mittwoch Abend Allerhöchstihren Bruder den Großherzog von Sachsen und die Großherzogin Königliche Hoheiten in den für sie in Bereitschaft gesetzten Zimmern des Königlichen Schlosses erwartet und empfan⸗ gen. Am Donnerstag fand zu Ehren der hohen Gäste Familientafel bei Sr, Koͤniglichen Hoheit dem Prinzen Karl statt, bei welcher beide Majestaͤten erschienen, nachdem Allerhöchstdieselben zuvor das schöne Vermächtniß des Konsuls Wagener, die vorläufig in den Raͤumen der Akademie aufgestellte Gemälde⸗Sammlung, in Augen⸗ schein genommen hatten. Nachmittags wohnten beide Majestäten der feierlichen Sitzung der Akademie der Wissenschaften bei, worauf eine kleinere Abendgesellschaft im Palais stattfand, bei welcher Se. Königliche Hoheit der Großherzog von Mecklenburg⸗ Strelitz erschien. Ihre Majestät die Königin hat die Waisen⸗Anstalt in oßners Haus vor dem Potsdamer Thor, so wie das Siechen⸗ haus Bethesda und das Urfuliner⸗Erziehungsstift mit Allerhöchst⸗ ihrem Besuche beehrt. Ein in der Treue fuüͤr sein angestammtes Herrscherhaus und der Liebe für seinen hochherzigen Monarchen einiges Volk hat gestern das theuerste Landesfest, den G eburtstag Seiner Majestät des Königs, mit den Gefüthlen innigster Freude und Dankbarkeit begangen. An den Gottesdienst, welcher die Schaaren der Gläubigen zum frommen Gebet für den geliebten Landesherrn vereinigte, schlossen sich in allen Theilen des Königreichs die mili⸗ tairischen Feierlichkeiten und die festlichen Akte der Lehr⸗Anstalten. Schon gestern haben wir die amtlichen Berichte über die dem Feste ihres erhabenen Schutzherrn gewidmeten Sitzungen der Akademie der Wissenschaften und der Akademie der Künste veröffentlicht. Auch die hiesfige Friedrich⸗Wilhelms⸗Universität beging die Frier in der großen Aula, wo der Professor der Beredtsamkeit Dr. Böckh die Festrede hielt. Alle hiesigen Theater hatten Festvorstellungen veranstal⸗ tet, welche durch dichterische, der Feier des Tages angemessene Prologe eingeleitet wurden. Heute liegen uns aus der Hauptstadt, wie aus allen Theilen des Landes zahlreiche Berichte vor, welche von der berzlichen Theilnahme aller Schichten der Bevölkerung an dem patriotischen Feste Zeugniß geben.

In der heutigen Sitzung des Hauses der Ab⸗ geordneten brachte der Finanzminister einen auf Abände⸗ rung des Art. 99 der Verfassung gerichteten Gesetzentwurf ein, 8 dahin lautet, daß der Staatshaushalts⸗Etat des Vorjahrs 177 Grunslage 1. Verwaltung bis zur gesetzlichen Feststellung

sichtlich der gemeinschaftlichen Angelegenheiten. Commissair wiederholte hier seinen Warnungsruf von heute Morgen, und fügte binzu, daß die Verantwortung der Versamm⸗ lung in Beziehung auf diesen Theil des Berichts wo möglich noch größer sei, da der Staat hier dem Lande positive Garantieen in Wenn dagegen der Ausschuß sich auf die Bundes⸗ beschlüfse vom 8. März v. J. und 7. März d. J. stütze, so müsse er dar⸗ auf aufmerksam machen, daß es sich hier um Beschlüsse handle, zu denen der König den deutschen Bund gar nicht kompetent erachte, Im Einzelnen bemerkte derselbe noch speziell gegen den die schleswigschen Zustände berührenden Theil des Berichts, daß diese hier nicht her gehörten,“ daß sie außerdem in unzulaͤssiger, beleidigender Form vorgebracht

wären.

Holstein. Sitzung der Ständeversammlung verlas Pastor Versmann den ersten Theil des Berichts des e . betref⸗ fend die Vorlage für die definitive Ordnung des Gesammt⸗ staats. Der Königliche Commissair warnte die Versamm⸗ lung vor der Annahme des Ausschuß⸗Antrages, indem er auf die große Verantwortung hinwies, die sie dadurch auf sich lade, und namentlich hervorhob, daß, wenn man der Ansicht des Ausschusses beiträte, der wahre Friede werde dem Lande nicht wiederkehren, so lange nicht die altberechtigte Verbindung mit Schleswig voll⸗ staͤndig hergestellt sei, keine Verständigung mit der Regierung mehr möglich sei. Dagegen wies der Berichterstatter in be⸗ redten Worten nach, daß die Verantwortlichkeit der Staͤnde nach der andern Seite hin eben so groß sei, daß sie es vor dem Lande zu verantworten haͤtten, wenn sie die Rechte deffelben preisgeben wollten, und zeigte, daß der vor⸗ liegende Plan eines Zweikammer⸗Systems für die gemeinschaftliche Vertretung der Monarchie Holstein noch weniger Garantien fuͤr seine Selbstständigkeit böte, als die bisherige Zusammensetzung des Reichsraths, da die Zweite Kammer, nach den bisherigen Regeln erwaͤhlt, die holsteinischen Mitglieder also in einer ge⸗

borenen Minorität lassen werde und die Zusammensetzung der

Ersten Kammer aus 30 nach freiem Ermessen vom Könige zu wählenden Mitglieder es gar nicht wahrscheinlich mache, daß auch nur ein einziges Mitglied aus Holstein in dieselbe gewählt werde. In gleichem Sinne sprachen sich auch der Baron von Blome, Justizrath Röttger, Graf Reventlow⸗Jersbeck aus. Nur der Agent Renk bemühte sich, der Versammlung klar zu machen, daß sie durch abändernde Vorschläge eine Verständigung

mit der Regierung erreichen könne, und stellte in dieser Beziehung

ein Amendement zum Berichte in Aussicht. .

In einer zweiten Sitzung Abernds 7 ½ Uhr begann die Vor⸗ berathung über den zweiten Theil des Ausschußberichtes, betreffend den Gesetzentwurf über die previforische Stellung Holsteins hin⸗ Der Koöͤnigliche

Aussicht stelle. die kein Antecedenz in der Bundesgeschichte hätten.

wären, und daß er das allerunterthänigste Bedenken nicht ent⸗ gegennehmen würde, wenn die gerügten Punkte darin enthalten Gegen den letzten Vorwurf vertheidigte der Präsident den Ausschuß mit dem Bemerken, daß es allerdings zulaͤssig sei, die schleswigschen Zustände als zweckdienliche Mittel für die Be⸗ urtheilung der Vorlagen zu benutzen, und weiter sei der Ausschuß nicht gegangen. Nach einer kurzen Debatte, die namentlich finan⸗ zielle Gegenstände betraf, schloß der Praäͤsident diese Vorberathung und setzte für morgen den dritten Theil des Ausschußberichts, be⸗ treffend den Entwurf einer Spezial⸗Verfassung für Holstein, auf die Tagesordnung. (H. B. H.)

Sachsen. Dresden, 22. März. Die Erste Kammer hat hente das Königliche Dekret, die Regulirung des Elbstromes betreffend, berathen. Dieselbe ist den zustimmenden Beschlüssen der Zweiten Kammer beigetreten und hat bierbei noch den Antrag an die Staatsregierung gerichtet, die Frage wegen einer angemessenen Erhöhung der Tarifsaͤtze für die Benutzung der Winterhäfen in Erwägung zu ziehen. (Dr. J.)

Frankfurt a. M., 22. Maͤrz. In der gestrigen Bundes⸗ tags⸗Sitzun g kam nach Entgegennahme der üblichen Eisenbahn⸗ notizen ein Schreiben des Comités des Ressel⸗Denkmals zur Verlesung, worin dasselbe seinen Dank für den Beitrag mehrerer deutschen Regierungen ausspricht. Der englische Gesandte zeigt der h. Versammlung an, daß im Mai k. J. in London eine Weltausstel⸗ lung stattfindet (wie 1851), und knüpft daran eine Einladung an die deutschen Regierungen, sich an derselben zu betheiligen. Die XII. Kurie (die Herzoglich sächsischen Hauser) giebt eine Erklärung be⸗ züglich der Reserve⸗Infanterie⸗Dibision dahin ab, daß ohne Zustimmung und Anhörung der Betheiligten kein Beschluß auf Aenderung vorgenommen werden könne. Hierauf folgen Beschlußziehungen und Vorträge über Festungs⸗Dotations⸗ und Ausrüstungsgegenstände ohne Bedeutung; desgleichen ein Vortrag uͤber Gehalts⸗Erhöhung eines Kanzlei⸗Beamten. Die nächste Bundestagssitzung fällt des Gründonnerstags wegen aus; ob in der Woche nach Ostern eine Sitzung stattfinden wird, ist noch un⸗ bestimmt. Hr. v. Usedom war wi der durch den österreichischen Gesandten vertreten. (Fr. J.)

Itzeh b⸗, 21. März. In der heutigen Mittags⸗

Großbritannien und Irland. London, 21. Maͤrz. Die Königin empfing gestern aus den Händen des Earl St. Germans und des Viscount Bury die Beileids⸗Adressen beider Parlamentshäuser. In Edinburg, Manchester und den meisten größeren Städten des Landes werden derartige Adressen an Ihre Majestät vorbereitet. Die Herzogin von Cambridge und die Prinzessin Mary haben sich nach Kew zurückgezogen, um daselbst die Trauerzeit zuzubringen.

Parlaments⸗Verhandlungen vom 20. März. Unterhaus.

Sir J. Trelawny die zweite Lesung der von ihm eingebrachten „County Rates and Expenditure Bill“ einer Maßregel, welche den Steuerpflichtigen in den Grafschaften mehr Kontrole über die Erhebung und Verausgabung der Grafschaftssteuern verschaffen foll. Jede Graf⸗ schaft soll ein Finanzkollegium wählen, das den finanziellen Theil der Ge⸗ fängniß⸗ und Irrenhaus⸗Verwaltung überwacht, während der richterliche Theil aller Grafschafts⸗Anstalten den Magistraten (Friedensrichtern) über⸗ lassen bleibt. Sir M. W. Ridley beantragt die Lesung in 6 Monaten, d. h. Verwerfung, da die Maßregel nicht nur unnöthig sei, fondern nichts als Verwirrung stiften und ewige Kompetenzkonflikte verursachen würde. Der Minister des Innern, Sir G. C. Lewis, will gern für die zweite Lesung stimmen, hält aber darauf eine längere Rede gegen die Einzeln⸗ heiten der Maßregel, worüber Mr. Osborne und einige andere Mitglie⸗ der verwundert und ungehalten sind. Schließlich wird das Amendement mit 163 gegen 125 Stimmen angenommen und die Bill verworfen.

Die weiteren Verhandlungen über die Kossuth⸗Noten sollen, wie verlautet, erst nach den Osterferien wieder aufgenommen werden.

Die hier lebenden polnischen Fluͤchtlinge hatten gestern eine feierliche Todtenmesse für die bei den neuesten warschauer Un⸗ ruhen gefallenen Landsleute veranstaltet. Zur Abhaltung dieser Todtenfeier war die sogenannte bayerische Kapelle in Warwickstreet auserkoren worden, so genannt, weil die Mitglieder der bayerischen Gesandtschaft seit vielen Jahren dort dem Gottesdienste beiwohnen. Es war ein Katafalk errichtet und die Kapelle schwarz behängt worden; auch hatte eine große Zahl Polen und Polenfreunde sich zur bestimmten Stunde eingefunden. Da trat im letzten Augenblick der oberste Geistliche der Kapelle vor den Altar und erklärte, daß der Trauergottesdienst, insofern er lediglich eine politische Demon⸗ stration sei, das Gotteshaus entweihen würde und daher nicht statt⸗ finden dürfe. Die Versammlung trennte sich ohne Ruhestörung.

22. März. (Telegraphisch.) In der gestrigen Sitzung des Ober⸗ hauses verlangte Lord Normanby eine Auseinanderfetzung über die Vorgänge auf den jonischen Inseln, und warf die Schuld derselben auf Lord John Russell's revolutionaire Theorien. Der Herzog von New⸗ castle bestätigte die bekannten Zeitungsberichte und vertheidigte Lord John Russell, dessen oft besprochene Oktober⸗Depesche nur auf Italien Bezug gehabt habe. Derselbe erklärte gleichzeitig, die Regierung billige Storks’ Auftreten und werde das Protektorat über die jonischen Inseln dersöhnlich, aber entschieden aufrecht erhalten.

Der Unter⸗Staatssecretair der Kolonial⸗Angelegenheiten, Lord Fortescue, machte die Mittheilung, daß das jonische Parlament ver⸗ tagt worden sei, weil es wegen Annexion an Griechenland und wegen Unabhängigkeit des griechischen Volksstammes von der Türkei an das all⸗ gemeine Stimmrecht appellirt habe.

Frankreich. Paris, 22. März. Der „Moniteur“ ver⸗ öffentlicht heute im amtlichen Theile nur einige Dekrete von lokaler Bedeutung. Man hatte behauptet, daß in diesem Jahre keine Garde⸗Truppen an dem Lager von Chalons Theil nehmen werden. Der „Constitutionnel“ versichert heute, daß die verschie⸗ denen Corps der Garde am 1. Mai dahin abgehen werden.

Den neuesten Nachrichten zufolge soll hier beschlossen worden sein, die Besatzung aus Rom nicht abzuberufen. General Dumont geht heute (an die Stelle von General Denoue) nach Rom. Man hält die Eventualität baldiger Truppenfendungen im

Auge, wie aus dem Umstande hervorgeht, daß General Trochu den

Befehl über eine in Lyon stationirte Division erhalten hat. Auch meldet das „Pays“ aus Rom, „daß die Befürchtungen von der baldigen Ankunft der Piemontesen dort verschwunden sind. Man ist jetzt sicher, daß die französische Armee fernerhin Rom bewachen und nicht gestatten wird, daß diese Stadt gleichzeitig von den Pie⸗ montesen besetzt werde.“ 8

Der Bischof von Orleans hat vom heiligen Vater ein im „Ami de la Religion“ veröffentlichtes Anerkennungsschreiben für die Broschüre erhalten, mit welcher derselbe die „mit Lügen ange⸗ füllte Denkschrift Laguerronnière’'s“ zurückgewiesen und die Rechte des heiligen Stuhles vertreten habe.

In der gestrigen Sitzung des Gesetzgebungs⸗Körpers begann die Diskussion über den Adreß⸗Paragraphen 25, der die italie⸗ nische Frage betrifft. Alle Tribünen waren dicht gefüllt. Man be⸗ merkte den Prinzen Napoleon, den General⸗Adjutanten Fleury, den Mar⸗ schall Canrobert, den Marquis de Larochejaquelein und eine große An⸗ zahl anderer Notabilitäten. Die Senatoren waren in großer Anzahl an⸗ wesend. Der §. 25 lautet wie folgt:

„Sire! Die diplomatischen Dokumente und die letzte Truppensendung nach Rom in einem kritischen Momente haben der gesammten Welt dar⸗ gethan, daß Ihre ständigen Bemühungen dem Papstthume seine Sicher⸗ heit und Unabhängigkeit bewahren und seine weltliche Souverainetät schützten, soweit dieses die Macht der Dinge und das Widerstreben gegen 88 e Rathschläge gestatteten.“

Zu diesem Paragraphen stellten J. Favre, Darimon, Picard, Olli⸗ vier und Henon folgendes Amendement:

„Die Stunde ist gekommen, auf Rom die weisen Grundsätze der Nicht⸗ intervention in Anwendung zu bringen und Italien durch die unverzüg⸗ liche Zurückziehung unserer Truppen zum Herrn seiner Geschicke zu machen.“

Jules Fahre ergreift das Wort, um dasselbe zu vertheidigen. Er sagt, er glaube, das Organ der Kammer und des Landes zu sein, wenn er berlange, daß man die Frage, welche der italienische Krieg unentschieden gelassen habe, endlich löse; er meint, daß die von ihm vor⸗ geschlagene Lösung keineswegs den legitimen Einfluß beeinträchtige, welchen der Katholizismus auf die Civilisation ausübe. Man habe viel von der Aufregung gesprochen, welche diese Frage im Lande errege. Die Regie⸗ rung habe darauf erwidert, diese Aufregung sei künstlich, hervorgerufen durch Parteimänner. Diese beiden Meinungen sind dem Redner zufolge übertrieben; doch sei die herrschende Aufregung nicht der Art, daß sie einen ernstlichen Widerstand zur Folge haben könne, und man duͤrfe zu⸗ geben, daß unter den unverzagten Kämpfern für die Kirche solche sind, die sich erst kürzlich bekehrt haben, und deren Glaube wohl bis zu einem gewissen Punkte von den politischen Leidenschaften inspirirt sein könnte. Die Macht des Papstes sei einer ihrem hohen Ursprunge unwürdigen Controbverse anheimgegeben. Das Papstthum vertheidige sich durch sich selbst, und seine Hauptkraft fei seine Schwäche. Wenn man sich aus der Geschichte eine dramatische und ergreifende Ge⸗ stalt in die Erinnerung zurückrufen wolle, so könne man keine finden, die mehr Sympathie einsftößte, als die Pius’ IX. J. Fabre erinnert daran, daß, nachdem Gregor XVI. so viele Unglückliche aufs Schaffot, in die Verbannung und auf die Galeeren gesandt, sein Nachfolger Pius IX. 1847 einfach und voll Liebe vom Vatikan berab dem entzuͤckten Italien ein Wort der Freiheit zugerufen habe. Sodann spricht er von der Ge⸗ schichte der Kämpfe bis zum Jahre 1848. Italien, diese große Natio⸗ nalität, habe die Hand des Papstthums selbst aus ihrem Grabe her⸗ aufbeschworen. Er giebt hierauf die Geschichte dieser „Illusion“ und behauptet, daß das römische Volk im Jahre 1848 die Wieder⸗ berstellung der weltlichen Herrschaft des Papstes nicht gewollt habe, und daß ihre Wiederherstellung eine Ueberraschung gewesen sei; denn der Ge⸗ neral Lamoriciere habe in der Kommission der Kammer erklärt, daß die römische Republik von der Besetzung von Civita⸗Vecchia durch Frankreich nichts zu befürchten habe. Und doch sei der Papst nach Rom zurück⸗ gekehrt. „Bis nach dem Siege“, fährt der Redner fort, „stimmten die⸗ jenigen, welche den Präsidenten der Republik mit Verletzung der Ab⸗ sichten der National⸗Versammlung zu dieser Extremität verleitet hatten, Triumphlieder an. Aber schaut, wie Gott der Menschen spottet man wähnte die weltliche Herrschaft des Papstes wieder hergestellt und hatte sie vernichtet. Denn am Tage seines Wiedereinzuges in Rom mittels frem⸗ der Bajonnette hat Pius IX. aufgehört., Souverain zu sein.“ Der Redner zeigt hierauf die Unfähigkeit der römischen Verwaltung; er meint, ganz Europa sei in diesem Punkte einig. Nachdem der Redne gezeigt, wie Victor Emanuel sich der Gefahr aussetzte, entweder wie sein Vater auf fremder Erde und in einem Kloster seine Tage zu beendigen oder als Abenteurer betrachtet zu werden, dem das Schicksal nicht ans gewesen, beglückwünscht er den Kaiser wegen seiner Politik in dieser großen Frage. „Das Staats⸗Oberhaupt“, sagt er, „hat sein Gewissen, das Recht, das nationale Interesse befragt, und er hat seine Hand in die Hand Victor Emanuel's gelegt“. Orsini's Name, meint er, hätte in der Kammer nicht ausgesprochen werden dürfen. „Es war“, fügte er hinzu, „eine Be⸗ schimpfung des Souverains, eine Infulte für die Ehre Frankreichs“. Jules Fabre schließt mit einer Skizze über die Geschichte des italienischen Feldzuges, zieht daraus Schlüsse zu Gunsten der Befreiung Italiens, und betrachtet die franzöͤsische Oeccupation in Rom als unpoli⸗ tisch. Granier de Cassagnac nimmt das Wort, um im Namen der Kommission das Amendement zu bekämpfen. Frank⸗ reichs Politik sei katholisch und freisinnig; sie wolle das Papstthum ohne Mißbräuche und die italienische Freiheit ohne Hirngespinnste. In der Kommiffion wäre Niemand, der dem Papste die verlorenen Probinzen wiedergegeben wissen will; aber das Papstthum müsse, um unabhängig zu sein, Rom und dessen Gebiet haben. Frankreich und seine Dhnastie haben das Interesse, die weltliche Macht des heiligen Vaters aufrecht zu erhalten. Die italienische Einheit sei bedrohlich für Frankreich. Zwischen Rom und Turin herrsche bittere Verstimmung; aber Rom werde hoffent⸗ lich einsehen, daß es der Unterstützung Europa's und der italtenischen Nation, und Turin, daß es der Unterstützung des Katholizismus bedarf. Der h. Stuhl könne sich nicht von Italien, und Italien sich nicht vom h. Stuhle trennen wollen. Frankreichs Aufgabe ser, beide mit einander u versöhnen. Schneider erklärte hierauf, daß die Meinungen, denen Granier de Cassagnac Worte leihe, nur zum Theil die der Kommission seien, und daß er in der morgenden Sitzung die Ansichten des Herrn Granier von

denen der Kommissfion trennen werde. Die Sitzung wurde hierauf 84 v“ ““

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(Aus dem Wolffe'schen Telegraphen⸗Büreau.)

Breslau, Sonnabend 23. März. Die heutige „Breslauer Zeitung“ meldet aus Warschau, daß von der dortigen Bürger delegation in ihrer jüngsten Sitzung über die große Gefährlichkeit des Mukhanoffschen Reskripts verhandelt worden sei. Es wurde anerkannt, daß das Reskript eine Willkürherrschaft unaufgeklärter Massen in Aussicht stelle, daß es den Zweck habe, die ländliche Bevöl⸗ kerung aufzuhetzen, wodurch jede Garantie für die persönliche Sicherheit genommen werde. Der Fürst Statthalter i