1861 / 297 p. 2 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

vertrag bezüglichen Ansprüche nicht nur vor den Gerichten des Landes in welchem die Dirertion der Versicherungs⸗Gesellschaft sich befindet, son⸗ dern auch vor den Gerichten des Orts belangt werden, wo die Haupt⸗ Agentur, durch welche der Versicherungsvertrag vermittelt worden ist, ihren Sitz hat. 8

Die Uebernahme einer Pachtung, verbunden mit dem persönlichen Aufenthalte auf dem erpachteten Gute, soll in Bezug auf den allgemeinen persönlichen Gerichtsstand des Paͤchters (Art. 8.) den Wirkungen des Wohnsitzes gleichstehen.

Artikel 16.

Ausnahmsweise sollen Studirende, ferner alle im Dienste Anderer stehende Personen, so wie dergleichen Lehrlinge, Gesellen, Handlungs⸗ diener, Kunstgebülfen, Hand⸗ und Fabrikarbeiter, auch in demjenigen Staate, wo sie sich in dieser Eigenschaft aufhalten, während dieser Zeit noch einen persoͤnlichen Gerichtsstand haben, hier aber, so viel ihren persönlichen Zustand und die davon abhangenden Rechte betrifft, ohne Ausnahme nach den Gesetzen ihres Wohnorts und ordentlichen Gerichts⸗ standes beurtheilt werden. v“

b Gerichtsstand der Erben.

Erben werden wegen persönlicher Verbindlichkeiten ihres Erblassers vor dessen Gerichtsstande so lange belangt, als die Erbschaft ganz oder tbeilweise noch dort vorhanden, oder, wenn der Erben mehrere sind, noch nicht getheilt ist.

Allgemeines Konkursgericht.

Bei entstehendem Kreditwesen wird der persöͤnliche Gerichtsstand des Schuldners auch als allgemeines Konkursgericht (Gantgericht) anerkannt; hat Jemand nach Art. 9. 10. wegen des in beiden Staaten zugleich ge⸗ nommenen Wohnsitzes einen mebrfachen persöͤnlichen Gerichtsstand, so entscheidet für die Kompetenz des allgemeinen Konkursgerichts die Prä⸗ vention.

Der erbschaftliche Liquidationsprozeß oder das Verfahren zur Aus⸗ mittelung und Befriedigung aller Ansprüche, welche an eine liegende od er mit der Wohlthat des Inventars angetretene. Erbschaft gemacht werden, wird von dem Gerichte des Wobnorts des Erblassers und im Falle eines mehrfachen solchen Gerichtsstandes von dem Gerichte eingeleitet, bei welchem er von den Erben oder dem Nachlaßkurator in Antrag ge⸗ bracht wird.

Der Antrag quf Konkurseröffnung findet nach erfolgter Einleitung eines erbschaftlichen Liquidationsprozesses nur bei dem Gerichte statt, bei welchem der letzterk bereits 24484** vb . v“ Artikel 19.

Der hiernach in dem einen Staate eröffnete Konkurs, resp. erbschaft⸗ liche Liquidationsprozeß erstreckt sich auch auf das in dem anderen Staate befindliche Vermögen des Gemeinschuldners, welches daher auf Verlangen des Konkursgerichtes von demjenigen Gerichte, wo das Vermögen sich be⸗ findet, sichergestellt, inventirt, und entweder in natura oder nach vorgän⸗ giger Versilberung zur Konkursmasse ausgeantwortet werden muß.

Hierbei finden jedoch folgende Einschränkungen statt:

1) gehört zu dem auszuantwortenden Vermögen eine dem Gemein⸗ schuldner angefallene Erbschaft, so kann das Konkursgericht nur die Ausantwortung des, nach erfolgter Befriedigung der Erbschafts⸗ gläubiger, insoweit nach den im Gerichtsstande der Erbschaft gel⸗ tenden Gesetzen die Separation der Erbmasse von der Konkursmasse noch zulässig ist, so wie nach Berichtigung der sonst auf der Erb⸗

schaft ruhenden Lasten verbleibenden Ueberrestes zur Konkursmasse fordern;

ebenso können vor Ausantwortung des Vermögens an das allge⸗ meine Konkursgericht alle nach den Gesetzen desjenigen Staates, in welchem sich das auszuantwortende Vermögen befindet, zulässigen Vindications⸗, Pfand⸗, Hypotheken⸗ oder sonstige, eine vorzugsweise Befriedigung gewährenden Rechte an den zu diesem Vermögen ge⸗ hörigen und in dem betreffenden Staate befindlichen Gegenständen, vor dessen Gerichten geltend gemacht werden, und ist sodann aus deren Erlös die Befriedigung dieser Gläubiger zu bewirken und nur der Ueberrest an die Konkursmasse abzuliefern, auch der etwa unter ihnen oder mit dem Kurator des allgemeinen Konkurses oder erbschaftlichen Liquidationsprozesses über die Verität oder Priorität einer Forderung entstehende Streit von denselben Gerichten zu ent⸗ scheiden;

besitzt der Gemeinschuldner Bergtheile oder Kuxe oder sonstiges Berg⸗ werkseigenthum, so wird, Behufs der Befriedigung der Berggläu⸗ biger, aus demselben ein Spezialkonkurs eingeleitet und nur der verbleibende Ueberrest dieser Spezialmasse zur Hauptmasse abgeliefert ebenso kann, wenn der Gemeinschuldner Seeschiffe oder dergleichen Schiffsparte besitzt, die vorgängige Befriedigung der Schiffsgläu⸗ biger aus diesen Vermögensstücken nur bei dem betreffenden See⸗ und Handelsgerichte im Wege eines einzuleitenden Spezialkonkurses erfolgen. 8 8 8

Insoweit nicht etwa die in dem vorstehenden Artikel 19 bestimmten Ausnabhmen eintreten, find alle Forberungen an den Gemeinschuldner bei dem allgemeinen Konkursgerichte einzuklagen, auch die Nücksichts ihrer etwa bei den Gerichten des anderen Staates bereits anhängigen Prozesse bei dem Konkursgerichte weiter zu verfolgen, es sei denn, daß letzteres

vwericht deren Fortsetzung und Entscheidung bei dem prozeßleitenden Ge⸗ richte auedrücklich genehmigt oder verlangt.

Auch diejenigen Forderungen, welche nach Inbalt des Artikels 19 bei dem besonderen Gerichte geltend gemacht werden dürfen, dort aber nicht angezeigt oder nicht befriedigt worden sind, können bei dem allge⸗ meinen Konkursgerichte noch geltend gemacht werden, so lange bei dem letieren nach den Gesetzen desselben eine Anmeldung noch zulässig ist.

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Dingliche Rechte werden jedenfalls nach den Gesetzen des Orts, wo

die Sache belegen ist, beurtheilt und geordnet.

Hinsichtlich der Gültigkeit persönlicher Ansprüche entscheiden, wenn es auf die Rechtsfähigkeit eines der Betheiligten ankommt, die Gesetze des Staates, dem er angehört; wenn es auf die Form eines Rechts⸗ geschäftes ankommt, die Gesetze des Staates, wo das Geschäft vorgenom⸗ men worden ist (Art. 32); bei allen anderen als den vorangeführten Fällen die Gesetze des Staates, wo die Forderung entstanden ist. Ueber die Rangordnung persönlicher Ansprüche und deren Verhältniß zu den dinglichen entscheiden die am Orte des Konkursgerichts geltenden Gesetze Nirgends aber darf ein Unterschied zwischen in⸗ und ausländischen Gläu⸗ bigern rücksichtlich der Behandlung ihrer Nechte gemacht werden.

Dinglicher Gerichtsstand. 8 ö Alle Realklagen, desgleichen alle possessorischen Rechtsmittel, wie auch die sogenannten actiones in rem scriptae müssen, dafern sie eine unbeweg⸗ liche Sache betreffen, vor dem Gerichte, in dessen Bezirk sich die Sache befindet, erhoben werden. Bei beweglichen Sachen hat der Kläger die Wahl, ob er bei dem Gerichte der belegenen Sache oder dem personlichen Gerichtsstande des Beklagten obengedachte Klage anstellen will.

In Betreff der hypothekarischen Klage wird von den kontrahirenden Staaten gegenseitig anerkannt, daß der Klageantrag, auch wenn er nicht auf Einräumung des Besitzes der als Hypothek haftenden Sache, sondern auf Befriedigung aus derselben gerichtet ist, doch als eine wirklicheé“ hypo⸗ thekarische Klage betrachtet werden soll.

Artikel 22. In dem Gerichtsstande der Sache können keine blos (rein) persön⸗ lichen Klagen angestellt werden. Axrtikel 23.

C Ausnahme von dieser Regel findet jedoch statt, wenn gegen den Besitzer unbeweglicher Güter die Klage auf Theilung und Grenzregulirung oder eine solche persönliche Klage angestellt wird, welche aus dem Besitze des Grundstückes oder aus Handlungen fließt, die er in der Eigenschaft als Gutsbesitzer vorgenommen hat. Wenn daher ein solcher Gutsbesitzer

1) die mit seinem Pachter oder Verwalter eingegangenen Verhindlich⸗ keiten zu erfüllen, oder

2) die zum Besten des Grundstückes geleisteten Vorschüsse oder geliefer⸗

ten Materialien und Arbeiten zu vergüten sich weigert, oder

3) seine Nachbarn im Besitze stoͤrt,

4) sich eines auf das benachbarte Grundstück ihm zustehenden Rechtes

berühmt, oder 5) wenn er das Grundstück ganz oder zum Theil veräußert und den Kontrakt nicht erfüllt oder die schuldige Gewähr nicht leistet, so muß derselbe in allen diesen Fällen bei dem Gerichtsstande der Sache Recht nehmen, wenn sein Gegner ihn in seinem persönlichen Gerichts⸗ stande nicht belangen will. Artikel 24. Erbschaftsklagen.

Erbschaftsklagen werden da, wo die Erbschaft sich befindet, erhoben. Wenn die Erbschaftsstücke zum Theil in dem einen, zum Theil in dem anderen Staatsgebiete sich befinden, so steht es dem Kläger frei, die Klage in dem einen oder dem anderen Gerichtsstande der belegenen Erbschaft ungetheilt anzustellen, ohne Rücksicht darauf, wo der größte Theil der Erbschaftssachen sich befinden mag.

Doch werden alle beweglichen Erbschaftsstücke so angesehen, als be⸗ fänden sie sich an dem Wohnorte des Erblassers. Aktivforderungen werden ohne Unterschied, ob sie hypothekarisch sind oder nicht, den beweglichen Sachen beigezählt.

Artikel 2,5.

Gerichtsstand des Arrestes.

Ein Arrest darf in dem einen Staate und nach den Gesetzen dessel⸗

ben gegen den Bürger des anderen Staates ausgebracht und verfügt werden, unter der Bedingung jedoch, daß entweder auch die Hauptsache dorthin geböre, oder daß sich eine wirkliche gegenwärtige Gefahr auf Seiten des Gläubigers nachweisen lasse. Ist in dem Staate, in welchem der Arrest verhangen worden, ein Gerichtsstand für die Hauptsache nicht begründet, so ist diese, nach vorläufiger Regulirung des Arrestes, an den zuständigen Richter des anderen Staates zu verweisen. Was dieser rechtskräftig erkennt, unterliegt der allgemeinen Bestimmung im Art. 9

Artikel 26.

Gerichtsstand des Kontraktes.

Der Gerichtsstand des Kontraktes, vor welchem ebensowohl auf Er⸗ füllung, als auf Aufhebung des Kontraktes geklagt werden kann, ist, im Fall ein bestimmter Erfüllungsort verabredet worden, in diesem, außer⸗ dem aber an dem Orte, wo der Vertrag zum Abschluß gekommen war, begründet. Er findet jedoch nur dann seine Anwendung, wenn der be⸗ klagte Kontrahent in dem Bezirke dieses Gerichtsstandes die Ladung auf die Klage behändigt erhalten hat.

Dieses ist namentlich auf die auf öffentlichen Maͤrkten geschlossenen Kontrakte, auf Viehhandel und dergleichen anwendbar. 2 Artikel 27. Gerichtsstand in Wechselklagen.

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Wechselklagen können sowohl bei dem Gerichte des Zablungsortes,

als bei dem Gerichte, bei welchem der Beklagte seinen persönlichen Ge⸗ richtsstand hat, erhoben werden. 1 Wenn mehrere Wechselschuldner zusammen belangt werden, so ist außer dem Gerichte des Zahlungsorts jedes Gericht kompetent, welchem Einer der Beklagten persönlich unterworfen ist. 1 Bei dem Gerichte, bei welchem hiernach eine Wechselklage anhängig gemacht ist, müssen sich demnächst auch alle Wechselverpflichteten einlassen, welche von einer Partei in Gemäßheit der in den verschiedenen Staaten oder Landestheilen bestehenden Prozeßgesetze zur Negreßleistung beigeladen oder nach gehörig geschehener Streitverkündigung belangt werden. Aus dem ergangenen Erkenntnisse soll selbst die Personal⸗Exekution

gegen den Schuldner bei den Gerichten des anderen Staates vollstreckt werden, vorausgesetzt, daß der Schuldner zu denjenigen Personen gehört, gegen welche nach den Gesetzen des Staates des requirirten Gerichtes der Wechselarrest zulässig ist.

1 Artikel 28.

SGerichtsstand geführter Verwaltung.

Bei dem Gerichtsstande, unter welchem Jemand fremdes Gut oder Vermögen bewirthschaftet oder verwaltet hat, muß er auch auf die aus einer solchen Administration angestellten Klagen sich einlassen, es müßte denn die Administration bereits völlig beendigt und der Verwalter über die gelegte Rechnung quittirt sein. Wenn daher ein aus der quittirten Rechnung verbliebener Rückstand gefordert, oder eine ertheilte Quittung angefochten wird, so kann dieses nicht bei dem vormaligen Gerichtsstande der geführten Verwaltung geschehen. 8 8

Ueber Intervention.

Jede echte Intervention, die nicht eine besonders zu behandelnde Rechtssache in einen schon anbängigen Prozeß einmischt, sie sei prinzipal oder accessorisch, betreffe den Kläger oder Beklagten, sei nach vorgängiger Streitankündigung oder ohne dieselbe geschehen, begründet für die Ver⸗ handlung und Enscheidung des Interventionsverfahrens die Gerichtsbar⸗ keit des Staates, in welchem der Hauptprozeß geführt wird.

Artikel 30. „Wirkung der Rechtshängigkeit. .“

Sobald vor irgend einem in den bisherigen Artikeln bestimmten Ge⸗ richtsstande eine Sache rechtshängig gemacht ist, so⸗.ist der Streit daselbst zu beendigen, ohne daß die Rechtshängigkeit durch Veränderung des Wohnsitzes oder Aufenthalts des Beklagten gestört oder aufgehoben wer⸗ den könnte.

Die Rechtshängigkeit einzelner Klagesachen wird durch Insinuation

der Ladung zur Einlassung auf die Klage für begründet erkannt. 8 Artikel 31. 1 Wenn in Civilprozeßsachen die persönliche Gegenwart der Zeugen an dem Orte, wo der Prozeß verhandelt wird, erforderlich ist, soll von dem requirirten Gerichte des anderen Staates die Gestellung der Zeugen inso⸗ fern nicht verweigert werden dürfen, als dieselbe auf Requisition eines Gerichtes desjenigen Staates, dem der Zeuge angehört, nach den Landes gesetzen würde erfolgen müssen. 1

2. In Hinsicht der Gerichtsbarkeit in nicht streitigen 8

Rechtssachen. Artikel 32. Alle Rechtsgeschäfte unter Lebenden und auf den Todesfall werden,

was die Gültigkeit. derselben rücksichtlich ihrer Form betrifft, nach den

Gesetzen des Ortes beurtheilt, wo sie eingegangen sind.

Wenn nach der Verfassung des einen oder des anderen Staates die Gültigkeit einer Handlung allein von der Aufnahme vor einer bestimmten Behörde in demselben abhängt, so hat es auch hierbei sein Verbleiben.

Verträge, welche die Begründung eines dinglichen Rechtes auf un⸗ bewegliche Sachen zum Zweck haben, richten sich lediglich nach den Ge⸗ setzen des Ortes, wo die Sachen liegen, und der Gerichtsstand der belege⸗ nen Sache ist zur Ingrossation und Confirmation solcher Rechtsgeschäfte der ausschließlich kompetente.

Jedoch haben die vor einem Gerichte oder Notare des einen Staates nach dessen Gesetzgebung gültig abgeschlossenen und rekognoszirten Ver⸗ träge in dem anderen Staate dieselbe Wirksamkeit, als ob sie vor einem Gerichte oder Notare des letzteren abgeschlossen oder rekognoszirt worden

Artikel 33.

Die Bestellung der Personalvormundschaft für Minderjäͤhrige oder ihnen gleich zu achtende Personen gehört vor die Gerichte, wo der Pflege⸗ befohlene seinen Wohnsitz hat, oder, bei mangelndem Wohnsitze, wo er sich aufhält, und bei doppeltem Wohnsitze (Art 10) ist das prävenirende Ge⸗ richt kompetent. In Absicht der zu dem Vermögen der Pflegebefohlenen gehörigen Immobilien, welche unter der anderen Landeshoheit liegen, steht der jenseitigen Gerichtsbehörde frei, wegen dieser besondere Vor⸗ münder zu bestellen oder den auswärtigen Personalvormund ebenfalls zu bestätigen, welcher letztere jedoch bei den auf das Grundstück sich beziehen⸗ den Geschäften die am Orte des gelegenen Grundstückes geltenden gesetz⸗ lichen Vorschriften zu befolgen hat. Im ersteren Falle sind die Gerichte der Hauptvormundschaft gehalten, der Behörde, welche wegen der Grundstücke besondere Vormünder bestellt hat, aus den Akten die nöthigen Nachrichten auf Erfordern mitzutheilen; auch haben die beider⸗ seitigen Gerichte wegen Verwendung der Einkünfte aus den Gütern, soweit solche zum Unterhalt und der Erziehung oder dem sonstigen Fortkommen der Pflegebefohlenen erforderlich sind, sich mit einander zu vernehmen, und in dessen Verfolg das Nöthige zu verabreichen. Erwirbt der Pflege⸗ befohlene später in dem anderen Staate einen Wohnsitz im landesgesetz⸗ lichen Sinne, so kann die (Personal⸗ oder Haupt⸗) Vormundschaft an das Gericht seines neuen Wohnsitzes zwar übergehen, jedoch nur auf Antrag des Vormundes und mit Zustimmung der beiderseitigen obervormundschaft⸗ lichen Behörden. L6“ b

Die Beendigung der (Personal⸗) Vormundschaft richtet sich nach den Gesetzen des Landes, unter dessen Gerichten sie steht. Mit der Vormundschaft über die Person erreicht auch die rücksichtlich des im Gebiete des anderen Staates belegenen Immobiliarvermögens eingeleitete Vormundschaft ihre Endschaft, selbst dann, wenn der Pflege⸗

befohlene nach den Gesetzen dieses Staates noch nicht zu dem Alter der

Volljährigkeit gelangt sein sollte.

3. Rücksichtlich der Strafgerichtsbarkeit.

28 Artikel 34. 1

Bestrafung der Unterthanen wegen der im anderen, Staate begangenen Verbrechen.

Die Uebertreter vonm Strafgesetzen werden von dem Staate, welchem

p 8 1 ap 6 9 „. 8 sie angehören, an den anderen nicht ausgeliefert, sondern können nur in

demselben wegen der in dem anderen Staate begangenen Verbrechen, Ver⸗

gehen oder Uebertretungen, wenn sie auch nach den Gesetzen des Staates, dem fie angehören, strafbar sind, zur Untersuchung gezogen und nach dessen Gesetzen bestraft werden. Daher findet auch ein Kontumazial⸗Verfahren

des anderen Staates gegen sie nicht statt. 1 Hinsichtlich der Forst⸗ und Jagdfrevel in den Grenzwaldungen bewende

1 9. Nobvember es bei den zu deren Verhuͤtung . z hütung und Bestrafung unter dem 710. Sktober 182

4„ 1 und E s Oktober 1846 abgeschlossenen besonderen Uebereinkommen.

Artikel 35. Vollstreckung der Straferkenntnisse.

Wenn ein Unterthan des einen Staates in dem Gebiete des andere sich eines Verbrechens oder Vergehens oder einer Uebertretung schuldi gemacht hat und daselbst ergriffen und zur Untersuchung gezogen worde ist, so wird, wenn der Angeschuldigte gegen juratorische Caution oder Handgelöbniß entlassen worden ist und sich in seinen Heimatsstaat zurück⸗ begeben hat, von dem ordentlichen Richter desselben die Behändigung von Vorladungen des ausländischen Gerichts bewirkt und das Erkenntniß des letzteren nach vorgängiger Requisition und Mittheilung des Urtheils, so⸗ wohl an der Person als an den in dem Staatsgebiete befindlichen Gütern des Verurtheilten vollzogen, vorausgesetzt, daß die Handlung, wegen deren die Strafe erkannt worden ist, auch nach den Gesetzen des requirir⸗ ten Staates mit Strafe bedroht und nicht blos gegen polizei⸗ oder finanzgesetzliche Vorschriften gerichtet ist, ingleichen unbeschadet des dem requirirten Staate zuständigen Strafverwandlungs⸗ oder Begnadigungs⸗ rechtes. Ein Gleiches findet im Fall der Flucht eines Angeschuldigten nach der Verurtheilung oder während der Strafverbüßung statt. .

Hat sich der Angeschuldigte aber vor der Verurtheilung der Unter⸗ suchung durch die Flucht entzogen, so soll es dem untersuchenden Gerichte nur freistehen, unter Mittheilung der Akten auf Fortsetzung der Unter⸗ suchung und Bestrafung des Angeschuldigten nach Maßgabe der Gesetze des requirirten Staates und, insofern nach denselben ein strafgerichtliches Verfahren zulässig ist, auf Einbringung der aufgelaufenen Unkosten aus dem Vermögen desselben anzutragen, und muß diesem Antrage, wiederum unter der Voraussetzung, daß die Handlung, wegen deren die Untersuchung eingeleitet war, auch nach den Gesetzen des requirirten Staates mit Strafe bedroht ist, ein strafgerichtliches Verfahren zuläßt und nicht blos gegen polizei⸗ oder finanzgesetzliche Vorschriften gerichtet ist, von dem requirirten Staate entsprochen werden. In Fällen, wo der Verurtheilte nicht ver⸗ mögend ist, die Kosten der Strafvollstreckung zu tragen, tritt die Bestim⸗ mung des Artikels 44 ein. J“

Bedingt zu berstattende Selbststellung.

Hat der Unterthan des einen Staates Strafgesetze des anderen Staa⸗ tes durch solche Handlungen verletzt, welche in dem Staate, dem er an⸗ gehört, gar nicht mit Strafe bedroht sind, z. B. durch Uebertretung eigen⸗ thümlicher Abgabengesetze, Polizei Vorschriften und dergleichen, und welche demnach auch von diesem Staate nicht bestraft werden können, so soll auf vorgängige Requisition zwar nicht zwangsweise der Unterthan vor das Gericht des anderen Staates gestellt, demselben aber sich selbst zu stellen verstattet werden, damit er sich gegen die Anschuldigungen vertheidigen und gegen das in solchem Falle zulässige Kontumazialverfahren wahren könne.

Doch soll, wenn bei Uebertretung eines Abgabengesetzes des einen Staates dem Unterthan des anderen Staates Waaren in Beschlag ge⸗ nommen worden sind, die Verurtheilung, sei es im Wege des Kontumazial⸗ Verfahrens oder sonst, nur insofern eintreten, als sie sich auf die in Be⸗ schlag genommenen Gegenstände beschränkt. In Ansehung der Contra⸗ vention gegen Zollgesetze bewendet es bei dem unter den resp. Vereins⸗ staaten abgeschlossenen Zollkartell.

Artikel 37.

Der zuständige Strafrichter darf auch, so weit die Gesetze seines Landes es gestatten, über die aus dem Verbrechen entsprungenen Pribat⸗ ansprüche mit erkennen, wenn darauf von dem Beschädigten angetragen

worden ist. Artikel 38. Auslieferung der Geflüchteten (Bundesbeschlüsse vom 18. August 1836 und 26. Januar 1854).

Unterthanen des einen Staates, welche wegen Verbrechen, Vergehen oder Uebertretungen ihr Vaterland verlassen und in den anderen Staat sich begeben haben, ohne daselbst zu Unterthanen aufgenommen worden zu sein, werden nach vorgängiger Requisition gegen Erstattung der Kosten ausgeliefert. 8 b“ Artikel 39. 8 Auslieferung der Auslaͤnder.

Solche eines Verbrechens, Vergehens oder einer Uebertretung bver⸗ dächtige Individuen, welche weder des einen noch des anderen Staates Unterthanen sind, werden, wenn sie Strafgesetze des einen der beiden Staaten verletzt zu haben beschuldigt sind, demjenigen Staate, in welchem die strafbare Handlung verübt wurde, auf vorgängige Requisition gegen Erstattung der Kosten ausgeliefert. Es bleibt jedoch dem requirirten Staate überlassen, ob er dem Auslieferungsantrage Folge geben wolle, bebor er die Regierung des dritten Staates, welchem der Angeschuldigte angehört, von dem Antrage in Kenntniß gesetzt und deren Erklärung er⸗ halten habe, ob sie den Angeschuldigten zur eigenen Bestrafung reklami⸗ ren wolle.

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Artikel 40, 1 Verbindlichkeit zur Annahme der Auslieferung. 8

In denselben Fällen, wo der eine Staat berechtigt ist, die Ausliefe⸗

rung eines Beschuldigten zu fordern, ist er auch verbunden, die ihm von dem anderen Staate angebotene Auslieferung anzunehmen. In Kriminalfällen, wo die persönliche Gegenwart der Zeugen an dem Orte der Untersuchung nothwendig ist, soll die Stellung der Unterthanen