soll. 2) In Betreff der finanziellen Verpflichtungen, welche Griechen⸗ land durch die Anleihe laut Artikel XII. der Convention vom 7. Mai 1832 übernommen, hat man sich dahin verständigt, daß die Höfe von Frank⸗ reich, Großbritannien und Rußland gemeinschaftlich über die strenge Aus⸗ führung des in Athen durch die Vertreter der drei Mächte vorgeschlagenen und durch die griechische Regierung mit Zustimmung der Kammern im Mo⸗ nate Juni 1860 angenommenen Engagements machen werden. Die Ver⸗ treter der drei Mächte in Griechenland sollen zu diesem Zwecke in demselben Geiste abgefaßte Weisungen erhalten, nach denen sie sich zu richten haben werden. Die drei Höfe sollen einander diese Weisungen, welche zur Schutz⸗ nahme ihrer Interessen durch vereinigte Bemühung bestimmt sind, mitthei⸗ len. (gez.) Baron Gros, Russell, Brunnow. «
Der Lordmayor, selbst der konservativen Partei angehörend, hatte dieser zu Ehren gestern Abend ein großes Bankett im Mansion⸗ House veranstaltet. Graf Derby nebst Gemahlin und Sohn, Herr Disraeli, Graf Malmesbury und alle anderen bedeutenden Mitglie⸗ der der Partei hatten sich eingefunden. Lord Derby, als Haupt⸗ redner des Abends, wies, wie Herr Disraeli beim letzten großen konservativen Bankett gethan hatte, nach, daß die Partei in den letzten Jahren an Kraft gewonnen habe, und daß ihre Stellung sich von Tag zu Tag im Lande hebe. 8
Commodore Wilmot hat so eben einen Bericht von seinem offiziellen Besuche am Hofe des Negerkönigs Dahomey veröffentlicht. In Begleitung des Capitains Luce und des Dr. Harran kam Wilmot am 9. Januar d. J. in Cannah, 8 englische Meilen von der Hauptstadt des Landes Dahomey, an und wurde zwei Tage darauf vom Könige zur Audienz vorgelassen. Dieser saß unter einem strohbedeckten Zelt in dem Hofe seines weitläufig gebauten Palastes, seine Pfeife rauchend und von seinen im buntesten Schmucke prangenden Frauen, etwa hundert an der Zahl, zu beiden Seiten umgeben. Er ist ungefähr 43 Jahre alt, ein hübscher, hochgewachsener, breitschultriger Mann, von freundlichem Aussehen, wenn er guter Laune ist. Seine Hautfarbe ist viel heller als die seiner Unterthanen. Er trug eine sehr einfache Kleidung; der Oberkörper war ohne alle Hülle. Die linke Seite des Palasthofes nahm seine wohlbewaffnete Amazonenleibwache ein. Zum Empfange der englischen Gäste hielt der König eine Parade seiner Kriegerinnen ab, welche aus Tanz und Gesang bestand. Nachdem die Mit⸗ glieder der königlichen Familie den britischen Offizieren vorgestellt, die Kom⸗ plimente ausgetauscht und eine Flasche gebrannten Wassers gemeinschaftlich geleert worden, entließ der König den Commodore und seine Begleiter freund⸗ lichst, während aus einigen kleinen Geschützen Salutschüsse abgefeuert wur⸗ den. Am 14. hielt der König seinen Einzug in die Hauptstadt Abomey in einem von Amazonen gezogenen Wagen, die er, um seinen Gästen ein besonderes Vergnügen zu bereiten, mehrere Male um den Schloßplatz galoppiren ließ. Nach Verlauf einer Woche hatte Commodore Wilmot wieder eine Privat⸗Audienz im königlichen Schlosse. Der Commodore überreichte während derselben mit
einer geeigneten Ansprache das Bildniß der Königin Victoria, welches Ge⸗ schenk dem Negerkönig diele Freude zu machen schien, der er in folgenden Worten Ausdruck gab: »Forthin sind die Königin von England und der
König von Dahomey eins und dasselbe. Die Königin ist der größte Sou⸗ verain in Europa und ich bin der König der Schwarzen. Ich will das Haupt des Königreichs Dahomey halten, und Ihr sollt seinen Schweif halten«, mit welchem letzteren Ausdrucke er zu verstehen geben wollte, daß die Engländer den Ort Whydah als Handelsstation inne haben und den König von dort aus mit allem Gewünschten verseben sollten. Sein erster Rathgeber theilte die Gefühle seines Gebieters und erklärte in feierlichem Tone: »Endlich haben die Freunde sich gefunden.« Der Commodore benutzte die Gelegenheit, um die ihm aufgetragene Botschaft auszurichten. Auf alle in derselben erwähnte Gegenstände ging der König mit sicht⸗ licher Wißbegierde ein und bewies eine schnelle Fassungskraft. Ueber den Sklavenhandel wollte er sehr gern Rath und Belehrung an⸗ nehmen, nannte ihn jedoch seine einzige Hülfsquelle, da die Bodenerzeugnisse seines Landes ganz ohne Werth seien; gegenwärtig erhalte das Land all seine Bedürfnisse von den Weißen zur See gegen Austausch von Sklapen, und wollte er den Sklavenhandel ganz abschaffen, so würde sein Volk zu RNaub und Plünderung gezwungen sein. Ernstliche Vorstel⸗ lungen machte der Commodore dem König über die grausamen Menschen⸗ opfer, worauf dieser sich gern bereit erklärte, ihnen Einhalt zu thun, aber er babe dann einen Aufruhr seines Volkes und Gefahr für seine eigene Person zu befürchten. Doch wolle er allmälig die Metzeleien ab⸗ zuschaffen versuchen. Ferner forderte der Commodore ihn auf, von seinen steten Kriegen gegen benachbarte Völker abzulassen, seine Unterthanen zur Boßenkultur zu gewöhnen, einen Gesandten nach England zu schicken, die Eröffnung eines rechtlichen Handelsverkehrs in Whydah zu betreiben und seinen Unterthanen zu gestatten, ihre Kinder in die Missions⸗ schulen zu schicken. Der König nahm diese Rathschläge mit großer Freund ⸗ lichkeit und Aufmerksamkeit entgegen, und der Commodore glaubt auf eine schleßliche Erfüllung derselben rechnen zu dürfen. der König dem Commodore einen hübschen schwarzen Knaben, der dadurch von dem ihm schon bestimmten Opfertode gerettet wurde; für die Königin Victoria gab er ihm außer anderen Geschenken zwei schöne intelligente Neger⸗ mädchen mit, welche der Commodore jedoch einstweilen, bis er die Befehle Ihrer Majestät eingeholt haben würde, in Whydah zurückgelassen hat.
Heute veröffentlichte die Regierung die Ausweise über die Staats⸗ einnahmen des abgelaufenen Semesters. Sie lauten Angesichts der großen Störungen, welche der Verkehr des Landes durch den ameri⸗ kanischen Krieg erlitten hat, und der bedeutenden Steuernachlässe, über alle Erwartung befriedigend. Betrachtet man das letzte
Quartal für sich allein, so ergiebt sich eine Nettosteigerung der Re⸗
venten um 50,900 Pfd.,, während sich in den letzten vier Quartalen zusammengenonumen die Revenüen um 998,072 Pfd. gehoben haben. Ein Ausfall ergiebt sich blos bei der Accise in Folge der den Brauern enree Nachzahlung (481,000 Pfd.). Dagegen erscheint ein
Mehrertrag der Zölle um 66/000 Pfd., der Stempelgefälle um
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Zum Abschiede schenkte
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141,000 Pfd., der Einkommensteuer um 146,000 Psd., verschiedener direkter Steuern um 33,000 Pfd., der Post um 100,000 Pfd. und diverser Einnahmen um 74,800 Pfd. (alles im letzten Quartal).
Bei den Vorbereitungen zur Erprobung der verschiedenen Dampf⸗ feuerspritzen in den Anlagen des Krystallpalastes ist es der amerika⸗ nischen Feuerspritze (Manhattan) übel ergangen; sie rollte einen Ab⸗ hang hinab und stürzte um. Dem Führer ging ein Rad quer über Schenkel und Unterleib, so daß an seinem Aufkommen gezweifelt wird. Dem Aufseher der Maschine gelang es noch rechtzeitig abzu⸗ springen, doch erlitt auch er beim Sturze schwere Verletzungen.
Frankreich. Paris, 2. Juli. Marschall O'Donnell ist, nach der »France«, hier angekommen. Derselbe will in ein Pyre⸗ näenbad gehen, im August aber dem großen Lager⸗Manöver bei Chalons beiwohnen, zu welchem sich dann auch der Kaiser dort ein⸗ finden wird.
Der »France« zufolge unterliegt es keinem Zweifel mehr, daß Ortega wirklich entkommen ist. Es wird übrigens nicht minder bestimmt behauptet, daß weder er, noch sonst ein Stabsoffizier der Puebla⸗Garnison sich auf Ehrenwort verpflichtet habe, nicht mehr gegen die Franzosen die Waffen zu führen. Die »France« bestätigt ferner, daß die in der Hauptstadt Mexiko ansässigen Franzosen von Juarez den Befehl erhalten haben, binnen drei Tagen sich nach den 150 Kilometer entfernten Städten Morelos oder Hueretaro zu ver⸗ fügen, wo sie internirt werden sollen; doch sei diese Maßregel keines⸗ wegs streng zur Ausführung gekommen.
»Pays⸗ und »France« erklären die Meldungen italienischer Blätter, daß auf Begehr der Gesandten Oesterreichs und Frankreichs in Rom der Prozeß Fausti einer Revision unterzogen werden solle, daß Cardinal Antonelli seine Entlassung verlangt habe, und daß die Mächte die Entfernung des Königs Franz II. von Rom gefordert hätten, mit aller Bestimmtheit für grundlos.
Italien. Turin, 2. Juli. Ueber den Prozeß gegen die dem Orden der Ignorantelli angehörigen Geistlichen wird der »Ind.
belge«, telegraphirt: Pater Théoger ist in contumaciam zu 15, zu 6 Jahren Ge⸗
Pater Narcissus zu 8, und Pater Telesphorus fängniß verurtheilt worden.
Rom, 27. Juni. Ueber die Verhaftung Tristany's wird der »Correspondance Havas⸗Bullier« geschrieben, daß der erwähnte bour⸗ bonistische Bandenführer in der Wohnung des Grafen Brunet, eines ehemaligen französischen Dragoner⸗Offiziers, in der Straße Della Merceda, von dem Maréchal des Logis der französischen Gendarmerie, Castel, festgenommen wurde. Er lag zu Bette, und man sand weder Waffen noch Geld bei ihm. Er befindet sich gegenwärtig in einem großen Zimmer der Engelsburg und wird wie ein höherer Offizier behandelt. Er soll Neapel verlassen haben, weil nach seiner Ansicht der Aufstand keine Aussicht auf Erfolg hat, und wollte sich nach Triest zurückziehen. Seine Anwesenheit und sein Aufenthaltsort in
Rom wurde den Franzosen durch einen seiner ehemaligen Waffen⸗ gefährten verrathen. Ein anderer Bandenführer, Stramongo, wurde gleichfalls auf die Denunciation eines Neapolitaners hier in Rom verhaftet.
Türkei. Konstantinopel, 25. Juni. Ueber Marseille wird der »Indep. belge⸗ gemeldet: »Sämmtlsche Polen, die bisher noch in türkischen Diensten gestanden, haben ihre Entlassung begehrt, um in ihr Vaterland zurückzukehren. Der Kaiser von Rußland hat dem Sultan in einem eigenhändigen Schreiben für die Aufmerksamkeit gedankt, den Großfürsten Michael in Tiflis durch eine besondere Ge⸗
sandtschaft bewillkommt zu haben, zugleich aber auch lebhafte Vor⸗ stellungen wegen der Rekrutirungen gemacht, welche in der Türke für das aufständische Polen vor sich gehen. Verschiedene Anzeichen deuten auf ein Nähertreten der Pforte zu Rußland. Der Großwesi Fuad Pascha giebt zur Feier der Thronbesteigung des Sultans eir großes Fest, welchem der Souverain persönlich beiwohnen wird. Die Bezirke Grahovo und Gravnik, welche alte österreichische Pro⸗ vinzen zu sein behaupteten, haben jetzt die Souverainetät des Sul tans anerkannt.«
Rußland und Polen. St. Petersburg, 1. Juli. Der »Russ. Inv.« berichtet nach dem »Wilnaer Boten«: Der Her General⸗Gouverneur hat es für nothwendig erachtet, Angesichts der
ments⸗Chefs in folgender Zuschrift Sr. Excellenz unter dem 8. d. M.
mitgetheilt: »Aus den Berichten der Militairbefehlshaber ersehe ich, daß die Trup⸗
pen⸗Abtheilungen, die zum Aufsuchen und Verfolgen der Insurgentenbanden
abgeschickt worden, an vielen Orten, wo sie durch gutsherrliche Besitzungen 1b marschiren, nur die Familie der Gutsbesitzer antreffen, während die letzteren
selbst unter mannigfachen Vorwänden abwesend sind. Da in gegenwärti⸗ 8
ger Zeit die Anwesenheit der Gutsherren auf ihren Besitzungen nothwendig ist, damit die Lokalbehörden über ihr Benehmen und Wirken bei der jetzigen
aufrührerischen Bewegung im Lande Kenntniß erhalten, um den Befehlshabern der durch ihre Gebiete marschirenden Truppen die nöthigen Nachrichten zu ge- ben, um hinsichtlich der Versorgung der Truppen mit Lebensmitteln Anord-
nungen zu treffen, zumeist aber, damit die Gutsbesitzer die Pflichten, die
ihnen nach 99. 10, 11 und 13 der von mir gegebenenen Instruction behufs , 9 h. )
vorgegangen, das schwer entscheiden läßt,
jetzigen Verhältnisse des Landes die Anordnung zu treffen, daß dienn Gutsbesitzer sich ohne dringende Ursache nicht von ihren Besitzungen und Gütern entfernen dürfen. Diese Anordnung ist den Gouverne⸗
muß. Als ob bei uns die »Kaiserliche Kanzlei«,
Herstellung einer militairisch⸗bürgerlichen Organisation auferlegt sind, pünkt⸗ lich erfüllen, — so fordere ich Ew. Excellenz auf, unverzüglich in dem unter hrer Leitung stehenden Gouvernement bekannt machen zu lassen, daß die Gutsbesitzer, — mit Ausnahme derjenigen, die mit Bescheinigungen von den Militair⸗Kreischefs fich in die Gouvernements⸗ oder Kreisstädte entfernt haben — unter keinem Vorwande ihre Güter und Be⸗ sitzungen Die Güter derjenigen Besitzer aber, die nach Publication dieser Anordnung abwesend sein sollten, als des Einverständ⸗ nisses mit den Insurgenten Verdächtigen angehörig, nach Entfernung ihrer amilien, unverzüglich zu sequestriren; den Militairchefs aber anzuempfehlen, auf die Erfüllung dieser Vorschrift die strengste Acht zu haben und mit den⸗ jenigen Gutsbesitzern, die dieses Gesetz übertreten, nach den §§. 9 und 13 meiner Instruction zu verfahren«.
Im »Wilnaer Courier« ist folgendes Verbot für die Bewohner des Gouvernements Wilna, Trauer und andere revolutionaire Ab⸗ zeichen zu tragen, publizirt:
»Vor Beginn der politischen, Wirren in dieser Gegend hat außer anderen regierungsfeindlichen Manifestationen ein großer Theil der weiblichen Bevöl⸗ kerung der Stadt Wilna, um ihre Sympathie mit den revolutionairen Be⸗ wegungen im Königreich Polen an den Tag zu legen, in verschiedenen For⸗ men Trauer, als schwarze Kleider mit und ohne Besatz, schwarze Hüte mit weißen Federn, desgzeichen aber auch besonders bestimmte revolutionaire Ab⸗ zeichen, als Brochen mit dem vereinigten Wappen Polens und Litthauens, ein zerbrochenes Kreuz in der Dornenkrone u. dgl. m. zu tragen angefangen. Diese Manifestationen dauern mehr oder weniger noch bis jetzt fort. Da aber jede Sympathie mit der gegenwärtigen aufrührerischen Bewegung vom Ge⸗ setz in gleicher Weise verfolgt wird, wie jene Handlungen selbst, so hat der Herr Ober⸗Befehlshaber am 20. Juni den Herrn Gouvernementschef auf⸗ gefordert, zur Beseitigung dieser verbrecherischen Manifestationen folgende Anordnung zu treffen: 1) In der Stadt Wilna bekannt zu machen, daß dem weiblichen Geschlecht das Tragen von verschiedenen Trauergewändern und anderen revolutionären Abzeichen in der jetzigen Zeit nicht gestattet werden kann. 2) Diejenigen Beamten unverzuͤglich aus dem Dienst zu entlassen, aus deren Familien Personen weiblichen Geschlechts mit Trauergewändern und sonstigen revolutianairen Ab⸗ zeichen öffentlich erscheinen werden. 3) Alle Personen weiblichen Geschlechts, die öffentlich in Trauergewändern oder mit bestimmten repolu⸗ tionairen Abzeichen erscheinen, ohne Unterschied des Ranges, Standes und der Nationalität einer Geldstrafe zu unterwerfen, das erste Mal von 25 R. S., das zweite Mal von 50 R. S., darauf aber dieselben gefänglich einzu⸗ ziehen und mit ihnen, wie am Aufruhr Betheiligten, zu verfahren. 4) Im Falle die Schuldigen die Geldbuße nicht leisten können, unvorzüglich zum Verkauf ihres unbeweglichen Vermögens zu schreiten, zum Erlös der Straf⸗ summe. 5) Die angesammelten Strafgelder für die Uebertretung obigen Verbots sind S. H. Excellenz einzuhändigen, um dieselben zum Nutzen der Familien derjenigen Landbewohner zu verwenden, welche durch die von den Insurgentenbanden verübten Plünderungen und Gewaltthaten ge⸗ litten haben. 6) Personen, welche um den Verlust ihrer nächsten Angehörigen trauern, müssen der Polizei gesetzliche Bescheinigungen über den wirklich eingetretenen Todesfall vorlegen, und in diesem Falle wird es ihnen gestattet, bis zum Ablauf der Frist, die durch den Gebrauch festgesetz ist, Trauer zu tragen. 7) Alles in den angeführten 6 Punkten Gesagte bezieht sich gleichfalls auch auf diejenigen Personen männlichen Geschlechts, welche öͤffentlich in den fuür die Kleidung des männlichen Geschlechts allgemein an⸗ genommenen Trauerabzeichen erscheinen, desgleichen Tschamarken, Kon⸗ föderatken, lange Stiefel über den Beinkleidern oder andere Abzeichen der Revolutionspartei tragen. Zur Erfüllung dieser vom Herrn Ober⸗Befehlshaber gegebenen Vorschrift hat die Wilnaer Gouvernements⸗ Regierung durch be⸗ sondere Circulare allen Polizeiverwaltungen und Kreisrichtern anbefohlen, für die Bekanntmachung dieses Erlasses in allen unter ihrer Leitung stehen⸗ den Städten und Kreisen Sorge zu tragen, desgleichen zur Beseitigung ver⸗ brecherischer Manifestationen auf Grundlage der vom Herrn Oberbefehlshaber ertheilten Vorschrift die geeigneten Maßregeln zu ergreifen; darauf zu ach⸗ ten, daß alle vom Herrn General⸗Gouverneur gegebenen Vorschriften auf’'s Pünktlichste, ohne die geringste Abänderung zu irgend Jemandes Nutzen, befolgt werden — und bringt solches hiermit zur allgemeinen Kenntniß, zur Nachachtung und Erfüllung.«
— 2. Juli. Die »St. Petersburgische Zeitung« bringt folgen⸗ des Dementi: »Aus dem Korrespondenzbüreau der Czartoryski's, das jetzt von Paris aus Europa mit den lächerlichsten Lügen über Rußland und Polen überfluthet, ist jetzt wieder ein Aktenstück her⸗ orgeg ob die Böswilligkeit oder die Lügenhastigkeit, die es geschaffen, größer ist. Es wurde zuerst von der Pariser »Agence Havas Bullier« verbreitet, dann von den
Pariser Blättern und von der »Independance belge«, von letzterer
mit bedeutenden Zweifeln, reproduzirt und zuletzt von deutschen Blättern, freilich mit der größten Reserve, mitgetheilt. Dieses Aktenstück führt den Titel: Instruction der Regierung für den General Murawjew, und ist ein Gewebe gehässigster Lüge und Er⸗ findung. Seine Verfertiger wußten aber nicht einmal in der Or⸗ ganisation unserer Staatsverwaltung Bescheid, denn das Dokument trägt lächerlicherweise die Unterschrift »Kaiserliche Kanzlei⸗, eine Unterschrift, die selbst im Auslande Jedem, der nur einen Begriff von unserem Staatsorganismus hat, die Unechtheit deutlich beweisen die aus vier ganz gesonderten großen Verwaltungen besteht, einem kommandirenden General und Gouverneur Instructionen gäbe!«
Warschau, 30. Jum. Der »Ostsee⸗Zeitung« wird von hier geschrieben: Ein Gefecht, welches vor einigen Tagen unweit Siedlce eim Dorfe Graszek durch Ueberfall eines Kosakendetachements seitens er Insurgenten begann und Tags darauf durch eine Compagnie nfanterie und 3 Compagnieen nebst 150 Kosak att
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g zogener Kanonen unter dem Militair⸗Chef aus Siedlce General⸗ Major Dreyer, seine Fortsetzung fand, hatte für die Insurgenten, welche 1500 Mann stark, aber ohne Kanonen waren, einen äußerst verlustbringenden Ausgang, indem die Aufständischen über 200 Mann an Todten und Verwundeten, viele ganz neue gezogene Ge⸗ wehre, 100 Sensen, 25 Fuhrwerke und ihre sämmtlichen Kriegs⸗ bedürfnisse und Lebensmittel verloren. Der Verlust des russischen Militairs war deshalb ein verhältnißmäßig unbedeutender, weil es auf große Entfernung die Insurgenten mit gezogenenen Geschützen angreifen konnte. Auch attaquirten die Kosaken, jeder einen Infan⸗ teristen hinter sich oder im Steigbügel, nach dem Kanonenfeuer sehr stürmisch und schlugen den Rest der Aufständischen in die Flucht. Das Gefecht hat sich lange durch mehrere Dörfer hindurch gezogen. So wie die Petersburg⸗Warschauer Bahn, ist auch die Warschau⸗ Wiener und Bromberger jetzt unter die Oberaufsicht des Ober⸗DBiri⸗ genten der Land⸗ und Wasser⸗Communication, General Kierbedz 8 gestellt, um möglichst mehr Ordnung und Sicherheit bei diesen Bahnen einzuführen, da die bisherige Ober⸗Aufsichtsbehörde, die Schatz⸗Kom⸗ mission, sich zu lax benommen hat. Die Beamten der Petersburger Bahn sollen, bis auf einige, alle ihre Posten verlassen haben und zu den Insurgenten übergegangen sein. Vor einigen Tagen soll auch auf dieser Bahn ein Zusammenstoß und die Beschädigung eines “ Militair⸗Transports stattgefunden haben. — Der Wirkl. Staatsrath und Direktor der Regierungs⸗Kommission der geistlichen Angelegen⸗ heiten und des Unterrichts, Solnicki, hat auf sein Verlangen die Entlassung erhalten. — Dieser Tage haben wieder viele Verhaftun⸗ gen, auch mehrerer katholischen Geistlichen, stattgefunden. Von der polnischen Grenze, 2. Juli, bringt die »Ostsee⸗ Zeitung⸗ folgende Mittheilungen: »Die im Kreise Wloclawek schon 1 seit Mitte v. Mts. organisirten Bauernwachen leisten der Militair⸗ 4 Behörde sehr wesentliche Dienste. In den letzten 14 Tagen sind wiederholt theils von Wloclawek, theils von Petrikau aus von einer Schaar Bauern begleitete Kosaken⸗Detachements ausgesendet worden, um bei von Bauern denuncirten Gutsbesitzern Haussuchungen vorzu⸗ nehmen oder die Bildung von Insurgenten⸗Abtheilungen zu hindern. Eine solche Expedition wurde am 23. v. M. von Wloclawek aus vom Oberst Nelsdorff nach der Gegend von Lubrow unternommen, von wo die Anzeige eingegangen war, daß dortige Gutsbesitzer ihre Leute veranlaßten, zu den Insurgenten zu gehen, und diejenigen, die sich dazu bereden ließen, mit Geld und Waffen versähen. Am 25. kehrte die Expedition mit zahlreichen Gefangenen und einer reichen Beute von Pferden, Waffen, Munition u. s. w. nach Wloclawek zurück. Sie wurde von der Bevölkerung mit lauten Freuden⸗ bezeugungen empfangen. Eine zweite derartige Expedition, be⸗ stehend aus 150 Kosaken und 15 Bauern, ging am 24. v. M. unter Auführung des Commandeurs der Grenzwache, Capi⸗ tains Deniken, aus Petrikau nach dem Dorfe Wola Sosnowa bei Jzbica ab, um bei dem dortigen Gutsbesitzer, der denunzirt war, daß er den Insurgenten Waffen, Kleidung und Lebensmittel zuführe, eine Haussuchung abzuhalten. Das Resultat der sechs Stunden dauernden Revision war die Auffindung mehrerer Waffen und Kugelformen, einer Menge Patronen und verschiedener Aus⸗ rüstungsgegenstände für Kavallerie. Der Besitzer hatte sich schon zwei Tage zuvor mit seiner Familie auf preußisches Ge⸗ biet geflüchtet. Statt seiner wurde der Wirthschafts⸗Inspektor, obwohl er jede Verbindung mit den Insurgenten leugnete, als Gefangener mitgeführt. Das Detachement zog in der Richtung auf Koval weiter, um noch bei anderen Gutsbesitzern Haussuchungen vorzunehmen. Es kehrte erst am 27. nach Petrikau zurück. Dies energische Auftreten der Militairbehörde hat auf den Adel im Kreise Wloclawek einen entmuthigenden Eindruck gemacht und viele Guts⸗ besitzer zur Flucht nach der Provinz Posen veranlaßt. — Am 30sten v. M. fand bei Kleczew im Kreise Konin wieder ein blutiges Gefecht statt, in welchem die Insurgenten, deren Zahl auf 450 angegeben wird, schwere Verluste erlitten und nach tapferer Gegenwehr in die Flucht geschlagen wurden; am folgenden Tage wurde dieselbe In⸗ surgenten« Abtheilung im Walde von Kazmierz von den Russen abermals angegriffen und in die Flucht geschlagen.⸗
Schweden und Norwegen. Stockbolm, 27. Juni. Drei Stände des Reichstages, nämlich der Adels⸗, der Priester⸗ und der Bauernstand, haben, dem »Hamb. Korr.⸗ zufolge, nach Beendi⸗ dung der Sommer⸗Ferien, ihre Arbeiten wieder aufgenommen. Die beiden letzteren Stände haben die vom Staats⸗Ausschusse aufgestell⸗ ten Votirungs⸗Propositionen in der Eisenbahnfrage angenommen, während dieselben seitens der Ritterschaft einer neuen Prüfung unter zogen werden sollen.
An die schwedische Regierung ist aus Woolwich auf telegraphi schem Wege die Nachricht eingegangen, daß die Dampf⸗Korvett »Orädd« unterm vorgestrigen Tage daselbst eingetroffen war und die Theilnehmer der Expedition Lapinski’'s ans Land gesetzt hatte.
Amerika. New⸗York, 20. Juni. Die große Aufregung,
.
welche die Nachricht von dem Anmarsch der konföderirten Armee her- vorgerufen hatte, ist einer bedeutend ruhigeren Stimmung gewichen,
indem die Berichte über die Stärke der in Pennsylvanien und Mary⸗
land eingerückten feindlichen Truppen sich als sehr übertrieben her⸗ 8