1863 / 157 p. 4 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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1“ Griechenland. Athen, 27. Juni. Der »Köln. schreibt man von hier: »Der Streit wegen der Minister⸗Portrfeuilles dauerte in der National⸗Versammlung die ganze Woche hindurch, bis zur Stunde jedoch ohne ein Resultat. Die Abgeordneten der Opposition versuchten Straßendemonstrativnen hervorzurusen, um durch diese dann das Ministerium zum Falle zu bringen; allein da durch zwei bis drei Nächte die Garnison der Hauptstadt und die Nationalgarde auf den Brinen waren, so wurde aus dem beabsich⸗ tigten Putsche nichts. Der Kriegs⸗Minister Bozzaris ist zwar schon seit vergangenem Montag um seine Entlassung eingekommen, dieselbe wurde indessen bis jetzt noch nicht angenommen. Die nach Kopenhagen gesandte Deputation langte am Mittwoch Abend wieder hier an.

Am Donnerstag fand eine außerordentliche Sitzung der Ab⸗ geordneten statt, in welcher ein Brief des Königs Georg vorgelesen wurde. In diesem dankt der junge König denselben für die auf ihn gefallene Wahl und wünscht recht bald nach Griechenland kommen zu können, wo er hofft, als wahrer Grieche zu leben und zu sterben.

Die Vorlesung dieses artigen Schreibens erzeugte einen wahren⸗

Jubel in der Versammlung, welche beschloß, eine Danksagung an den König Friedrich von Dänemark zu richten, welcher sich so edel bei Lösung der Königsfrage erwiesen habe. Der Zustand der Provinzen ist ziemlich befriedigend, obgleich von Zeit zu Zeit kleine Unordnungen sich ereignen. So in Nauplia, wo der neue Präfekt eben so wenig von den Einwohnern angenommen wurde, als sein unglücklicher Vorgänger; auch in Messenien sind Ruhestörungen vor⸗ gekommen, und die Mainoten, treu ihrem alten Ruse, suchten das Dorf Elos zu stürmen, wurden aber abgeschlagen.- Vergl. die telegr. Nachrichten im gestrigen »Staats⸗Anzeiger⸗ aus Athen vom 3. Juli, wonach in Griechenland eine neue Militair⸗Revolution aus⸗ gebrochen war.)

Türkei. Konstantinopel, 27. Juni. Den Mittheilungen des Korrespondenten der »Triest. Ztg.“ von hier entnehmen wir Folgendes: »Rochebrune, der bekannte Insurgenten⸗Chef, ist, nachdem er sich hier ungefähr acht Tage aufgehalten, nach Tultscha abgegan⸗ gen, um den Befehl über die dort in der Organisation begriffene Expedition nach der Ukraine zu übernehmen. Er hofft mit minde⸗ stens tausend auserlesenen Streitern in das Feld rücken zu können. Wann, ist unbestimmt, da noch fortwährend von allen Theilen der Türkei, und sogar von anderen Ländern Europas Verstärkungen ein⸗ treffen; viele junge Franzosen befinden sich darunter. Sämmtliche in Diensten der Pforte befindliche polnischen Offiziere, gleichviel, ob sie zum Islam übergetreten waren oder nicht, haben auf Betrieb der Agenten der Nationalregierung ihren Abschied genom⸗ men. Die wenigen Ausnahmen bilden einzelne Individuen, die es bis zum Pascha durch Gluͤck und Gunst gebracht haben, wie z. B. Kocielski, Czaikowski und Freund. Die Türken unterstützen die Emi⸗ granten nach Kräften und thun alles Mögliche, um sie mit Geld und Waffen zu versorgen. Jeder Offizier, der abgeht, erhält eine Gratification seines zweijährigen Gehaltes und der Soldat einen Sold von täglich 6 Piaster und freie Ueberfahrt nach der Donau. Verlockt durch diese glänzenden Aussichten, versuchten auch mehrere Ungarn unter denselben Bedingungen entlassen zu werden und sich dem Rochebrune'schen Corps anzuschließen, allein sie wurden, wahr⸗ scheinlich mit Rücksicht auf Oesterreich, geradezu abgewiesen und ihnen bedeutet, daß sie sich vorläufig ruhig verhalten sollten oder, wenn sie darauf beständen, auszutreten, auf die den Polen be⸗ willigte Vergünstigung keinen Anspruch erheben dürften. Die Herren Magyaren sind darüber, wie man sich vorstellen kann, im höchsten Grade mißgestimmt, und viele von ihnen würden mit Freu⸗ den in russische Dienste treten, wenn man sie dort nur haben wollte. Die Engländer verhalten sich den Polen gegenüber hier ziemlich gleichgültig; dagegen bieten die Franzosen Alles auf, um ihnen be⸗ hülflich zu sein. Auch Geld, und zwar ungesähr eine halbe Million Franken, ist von Paris eingetroffen, um die Aus⸗ rüstung der Expedition möglichst vollkommen zu bewerkstelligen. Der Herzog von Cboiseil, ein junger Franzose, der seine Studien in Kiew durchgemacht, aber beim Ausbruch der Insurrection mit seinen Kameraden zu den Waffen gegriffen hatte, traf am Montag, mit einer besonderen Mission von Seiten der Notabeln der Ukraine betraut, hier ein. Hassan Pascha, der Gouverneur von Ismid, ist, in Folge der von Achmed Wefik Effendi gegen ihn vorgebrachten, bis zur Evidenz erwiesenen Anklagen abgesetzt, degradirt und zur Einschließung in eine Festung verurtheilt worden.

Aus Skutari, vom 23. Juni, wird dem französischen »Mo⸗ niteur⸗ von einem Exzeß türkischer Soldaten gegen das französische Konsulatsgebäude berichtet, wofür die türkischen Behörden sofort Ge⸗ nugthuung gegeben. Unter dem Dienstpersonal des Konsuls befand sich nämlich ein Mensch, den einige Unteroffiziere als einen Deserteur zu erkennen glaubten und deshalb am 19. Juni verhaften wollten. Es kam darüber im Konsulatsgebäude selbst zu blutigem Kampfe, dem erst das energische Einschreiten des Konsuls Moreau ein Ende machen konnte. Noch bevor Letzterer seine Beschwerde bei den türkischen Be⸗ hörden angebracht, erschien der Divisions⸗General Osman Pascha bereits am 20. Juni in großer Uniform und mit Geleit bei dem

Konsul zu einem Entschuldigungsbesucht und versptach, den Ser · geanten, der aus Unwissenheit den Exceß herbeigeführt und verschul⸗ det, degradirt und mit Gefängniß bestrafen zu lassen. Am 21. Juni machte dann auch der Genkral⸗Gouverneur Aziz Pascha Herrn Mo⸗ reau einen Besuch, um sein Bedauern über den Vorfall auszusprechen.

Alexandrien, 22. Juni. Nachdem mit dem letzten triester Boote der neue preußische General⸗Konful für Aegypten, Legations⸗ Rath Theremin, hier eingetroffen, wurde derselbe, nach der »Köln. Ztg.“, heute in feierlicher Audienz vom Vicekönig empfangen, um sein Beglaubigungs⸗Schreiben zu überreichen.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 5. Juli. Die hiesigen Zeitungen veröffentlichen noch ein Rundschreiben des Kriegs⸗Gouverneurs von Wilna, General⸗Gouverneurs von Grodno, Minsk und Kowno, Oberbefehlshabers in den Gouvernements Wi⸗ tebsk und Mohilew, General Murawjeff, an die Gouvernements⸗ Chefs, welches lautet:

» Bei dem jetzigen Aufstande befinden sich in der Zahl der Personen verschiedenen Standes, welche an demselben Antheil genommen, eine große Menge aus der Schlachta (dem niederen polnischen Adel) und Ein⸗ höfler, die Ansprüche auf ihre Abkunft von der Schlachta machen. Diese Personen, meistentheils als Ansiedler auf den Ländereien der Kron⸗ und zeitweilig verpflichteten Bauern lebend, verlassen ihre Wohnungen und Wirthschaften und schließen sich den Rebellen an, oder sie bleiben in ihren Wohnungen und unterstützen jene Banden, indem sie dieselben mit mannigfachen Lebensmitteln versorgen oder um sie vor den Nachstellungen des Militairs zu schützen, ihnen eine Zufluchtsstätte in ihren Behausungen gewähren. Indem ich es als gerecht erachte, solchen Leuten die Nutznießung derjenigen Vortheile, wie sie den Bauern, die ihrer Pflicht und ihrem Eide treu geblieben sind, gewährt werden, zu entziehen, ersuche ich Ew. Excellenz, Anordnungen zu treffen, daß die Landstücke mit den Wohnstellen, in denen Einhöfler, die Schlachta und Rasnotschinzen sich niedergelassen haben, solchen Personen, die sich am Auf⸗ stande betheiligten, sofort abgenommen und mit allen Wirthschaftseinrichtun⸗ gen den Gemeinden derjenigen Kron⸗ oder zeitweilig verpflichteten Bauern, in deren Gebiet sie sich befinden, unter folgenden Bedingungen übergeben werden: 1) Die Gemeinden sollen sie den Bauern, Gemüsegärtnern und Tagelöhnern, die keinen Landantbeil besitzen, zur Benutzung überlassen. 2) Diese Landstücke sollen von den Gemeinden solchen Bauern uͤbergeben wer⸗ den, die sich durch einen ordentlichen Lebenswandel auszeichnen, und namentlich denjenigen, die sich bei der Verfolgung und Vernichtung der Rebellen thäͤtig bewiesen. 3) Die Uebergabe solcher Landstücke darf nur durch einen Ur⸗ theilsspruch des Friedensrichters erfolgen. Außerdem ersuche ich Ew. Ex⸗ cellenz, nach gehöͤriger Bekanntmachung dieser Vorschrift, den Bauern zu er⸗ öffnen, daß ich, überzeugt von der Anhänglichkeit dieser Gemeinden an Kaiser und Regierung, es ihrer Sorge überlasse, die aufruͤhrerischen Schlach⸗ tschizen, Einhöfler, Rasnotschinzen, Hofeleute u. s. w., die auf dem Gemeindelande leben, in der Verüuͤbung verrätherischer Handlungen zu hindern und dieselben von der Theilnahme an dem Aufstande abzuhalten, diejenigen aber, die sich als schuldig erweisen oder im Verdachte des Ein⸗ verständnisses mit den Rebellen stehen, ohne Unterschied des Ranges und Standes, zu ergreifen und dem nächsten Militairkommando zu uͤberliefern; und, sollte sich vielleicht auch unter den Bauern ein solcher finden, der, seiner Unterthanenpflicht untreu, sich zu den Aufständischen gesellt oder ihnen zum Nutzen wirkt, mit seinem Lande und Besitzthum ebenfalls nach den oben angegebenen Re⸗ geln zu verfahren. Indem ich Ew. Excellenz ersuche, die Militair⸗Kreis⸗ Chefs und Kreisrichter zu beauftragen, daß sie streng auf die Erfüllung obiger Vorschrift achten, und auch den Wilnaschen Domainenhof aufzufor⸗ dern, fuͤr die Ausführung dieser Maßregel auf den Krongütern durch zuver⸗ lässige Beamte Sorge zu tragen, bitte ich Sie zugleich, auch Ihrerseits Ihre besondere Aufmerksamkeit auf den erfolgreichen Gang dieser Sache zu lenken und mir rechtzeitig zu berichten. General von der Infanterie Murawjeffll.« Dänemar. Kopenhagen, 4. Juli. »Flyveposten« er⸗ fährt, daß Geheimerath Braestrup in sehr kurzer Zeit als dänischer akkreditirter Gesandter beim Hofe in Athen nach Griechenland ab⸗ gehen werde. »Sieht man von dem bereits sehr vorgeschrittenen Alter des Geheimeraths ab«, bemerkt das Blatt, »so muß diese Wahl als eine sehr glücklich getroffene erscheinen, um so mehr, als er der Landessprache vollkommen mächtig sein soll.. Dem »Hamb. Korr.« wird geschrieben: »Prof. Köppen, Däne von Geburt, wird den König Georgios I. in den Anfangsgründen der griechischen Sprache unter⸗ richten, um einem dazu befohlenen geborenen Griechen später die Vollführung der Mission zu überlassen. Zugleich verlautet, daß Prof. Köppen in der Eigenschaft eines Secretairs den unterm 30sten v. M. aus dem Amte eines General⸗Zolldirektors entlassenen Grafen Sponneck nach Athen begleiten soll.“«

Afrika. Madagaskar. Die »Triester Zeitung⸗ bringt über die Revolution in Madagaskar folgende nähere Mittheilungen, welche die neueste ostindische Post mitgebracht hat: »König Radama⸗«, so lauten dieselben, »war bekanntlich seinem Volke weit vorange⸗ schritten; er war liberal in seiner Regierungsweise, menschlich in der Gerechtigkeitspflege und wohlwollend gegen seine ganze Umgebung. Sein Hauptbestreben ging dahin, der europäischen Civilisation in Madagaskar Eingang zu verschaffen, und zu diesem Zwecke ließ er auch den christlichen Missionären, ohne Unterschied, ob dieselben katholisch oder protestantisch waren, jede Aufmunterung angedeihen. Andererseits besaß er jedoch einen zu wenig festen und entschlossenen Charakter, zu wenig Scharfblick und Menschenkenntniß, um die beab⸗ sichtigte Umgestaltung mit Erfolg durchzuführen, und ließ sich manchmal zu Maßregeln verleiten, welche die Unzufriedenheit der Hova⸗Häuptlinge, die eine mächtige aristokratische Körperschaft bil⸗

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den, in immer höherem Grade erregte. Diese Aristokratie, intelli⸗ gent und nicht ohne Kenntniß der Dinge, welche außerbalb Mada⸗ askars vorgehen, hatte die den Europäern gemachten Zugeständnisse, die Abschaffung der Einfuhrzölle, die den Missionairen gewährten Vorrechte schon lange mit mißgünstigen Blicken angesehen; am meisten aber erregte die zu Gunsten des Herrn Lambert und ganz im Widerspruche mit den Gewohnheiten des Landes geschehene Ab⸗ tretung großer Landstrecken ihr Mißfallen. Sie gewahrten die Unterstützung, welche die französische Regierung dem Genannten an⸗ gedeihen ließ, und besorgten, daß es, wenn der fragliche Landbesitz einmal eine vollbrachte Thatsache sei, mit der Unabhängigkeit Madagaskars zu Ende geben würde. Um diese zu retten, be⸗ schlossen sie, einen Staatsstreich auszuführen. Es scheint daß eine Unklugbeit des Königs die Entwickelung des Drama’s beschleunigte. Herr Ellis, der Vorsteher der Londoner Mission, soll Personen mit dem Auftrage abgeschickt haben, in einem Dorfe zu predigen, wo die verstorbene Koͤnigin begraben ist. Dies wurde von der gegenwär⸗ tigen Königin als eine Beleidigung und Entweihung angeschen, und die Prediger erbielten keinen Zutritt. Auf eine Beschwerde des Herrn. Ellis beim Könige bestrafte Letzterer die angesehensten Doesbewohner und verschaffte den Predigern Zugang. Dies erregte den Unwillen der Königin und der einflußreichsten Hovas. Man hielt kurz darauf eine Zusammenkunft mit dem Minister der verstorbenen Königin, wobei eine neue Verfassung berathen und angenommen wurde, bemächtigte sich dann der Minister Radama's, 27 an der Zahl, und hängte dieselben auf. Unmittelbar nach dieser That begaben sich die Verschworenen zum König und drangen in ihn, die neue Ver⸗ fassung anzunehmen, widrigenfalls sie ihn mit dem 2 ode bedrohten. Er weigerte sich, indem er sein förmliches schriftliches Versprechen nicht zurücknehmen wollte, und wurde in Folge dessen, trotz der Vorstellungen der Königin, von den Verschworenen erdrosselt. Das geschab am 12. Mai. Nun proklamirte man die Königin Rabadou⸗ als Herrscherin, verkündete die neue Verfassung und erklärte die Herrn Lambert ertheilten Konzessionen für null und nichtig. Missionäre sollen mit dem Tode bestraft werden, wenn sie sich an Bewegungen gegen die Regierung betheiligen. Europäer sollen nicht belästigt werden. Der französische und der englische Konsul haben die Hauptstadt verlassen. Da der von Radama mit der französischen Regierung abgeschlossene und bereits ratifizirte Vertrag, wodurch der König unter Anderem auf das Recht verzichtete, Aus⸗ und Einfuhrzölle aufzulegen eine Klausel, die große Unzufriedenheit erregte von den neuen Macht⸗ babern wahrscheinlich nicht respektirt werden wird, so stehen Ver⸗ wickelungen sehr ernster Natur zwischen diesen und Kaiser Napoleon bervor, und die in Cochinchina entbehrlich gewordenen Truppen⸗ kͤnnten wohl dazu verwendet werden, den Hovas eine empfindliche Züchtigung beizubringen. In Tamatave war bereits ein Be⸗ amter der neuen Regierung mit dem Auftrage eingetroffen, die Zölle neuerdings einzuheben.⸗

8 Aus dem indagassischen Hafen Tamatave vom 22. Mai bringt der »Constitutionnel⸗ noch folgende Einzelheiten über diese Revolu⸗ tion: „Radama's Gemablin, die Königin Rabodo, ist sofort unter dem Namen »Rasoahery Manjoka⸗ (starke Macht) proklamirt wor⸗ den. In der Thronbesteigungs⸗Akte nennt sie sich Nachfolgerin Ranavalo's; Radama's Name ist aus der Geschichte vollständig ge⸗ lͤscht. Die Revolution hatte übrigens vier Tage gewährt. Am 9. Mai hatten circa 6000 Offiziere (2) sich beim ersten Minister ver⸗ sammelt und dort eine Liste von 383 Manamasses (Großen des Landes) aufgesetzt, deren Köpfe sie vom Könige verlangten; sieben von denselben waren die intimen Günstlinge des Königs, welche be⸗ ständig in seiner Nähe lebten. Am 10. sandte man eine Deputa⸗ tion an den König ab, um ihm im Namen des Volkes den Be⸗ schluß der Versammlung mitzutheilen. Radama weigerte sich, dieser Forderung nachzukommen, und zog sich in seinen Palast zurück, wo er seine Manamasses versteckt hielt. Die Königliche Wohnung war umringt von allem, was man an Truppen hatte. Zuletzt batte die seindliche Partei vom Könige verlangt, daß er die Proskribirten ausliefere, unter der Bedingung, daß man ihnen das Leben lasse. Als er jedoch erfahren hatte, daß sie in Ketten gelegt werden sollten, widersetzte er sich dieser Maßregel und erklärte, lieber mit ihnen sterben zu wollen, als zu leiden, daß sie so grausam behandelt wür⸗ den. Einige Augenblicke darauf wurde eine Thür des Palastes mit Gewalt erbrochen, und man bemächtigte sich des unglücklichen Monarchen. Es ist wahrscheinlich, daß der König in demselben Augen⸗ blicke ermordet worden ist, obgleich es heißt, daß er erst am 12. Mai getödtet worden sei. Er ist erdrosselt worden, da das Blut eines Königs nicht vergossen werden darf. Man hat ihn als „besiegten König« erklärt und Abends ohne Pomp an einem für die entthron⸗ ten Könige reservirten Platze einscharren lassen. Man spricht davon, daß bei diesem Attentate 28 Opfer gefallen sind, die übrigen hätten sich durch die Flucht gerettet. In der Proclamation ihrer Thronbe⸗ steigung sagt die Königin, daß die Fremden nichts zu fürchten haben, daß sie ihre Geschäfte fortsetzen können, und daß die Ereignisse, welche sich zugetragen haben, nur die Madagassen unter sich angehen. Der Tanguin bleibt abgeschafft, und den Madagassen steht es frei, sich zu der Religion zu bekennen, welche ihnen am besten gefällt. Man

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sagt, daß die Thronbesteigung der Königin Nabodo viele Unzufrie- dene gemacht hat und man sich nicht wundern dürfe, wenn ein Bürgerkrieg ausbräche. Ein großer Theil der Armee soll besonders unzufrieden sein. die neue Regierung die mit Nadama abgeschlossenen Verträge an⸗ erkennen wird.⸗

Es handelt sich nun nur darum, zu wissen, ob

Der »France⸗ wird von La Réunion, 30. Mai, geschrieben: »Die Königin Rabodo ist die Nichte der Königin Ranavalo Man⸗ joka, der Mutter ihres Gemahls Radama, und jetzt 47 Jahre alt, 15 Jahre älter als der Ermordete. Die neue, von der Königin Rabodo erlassene Verfassung bestimmt, daß alle mit den Europäern abgeschlossenen Verträge revidirt werden sollen. Der französische General⸗Konsul in Tananariva, Laborde, hat seine Flagge einge- zogen; sein Sohn war Radama'’s Minister des Auswärtigen und ist mit ermordet worden. Der englische Konsul Packenham hat sich in das Landhaus des Herrn Laborde geflüchtet. Ein Dekret de Königin hat alle Franzosen aus der Hauptstadt verwiesen. Da Ra⸗ dama offiziell „nie existirt« hat, so sind alle von ihm geschlossenen Verträge null und nichtig. Der Gouverneur der Insel Réöunion bhat den Transportdampfer ⸗Licorne⸗ abgesandt, aber nicht nach Madagaskar, sondern der Dampffregatte „Hermione“ entgegen, um den darauf befindlichen Kommandanten Dupré und die Kommission vor der Landung zu warnen, weil sie sonst alle ermordet werden

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Dagegen glaubte man, nach einer Nachricht, die dem franzoö-

sischen „Moniteur⸗ aus Port Louis auf Mauritius ützer die Repo⸗

lution auf Madagaskar zugekommen ist, daß die Königin die Ver⸗

träge mit den Europäern, so wie die Religions⸗ und Handelsfreiheit,

aufrecht zu erhalten beabsichtige.

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9 00900. . 90 veb Telegraphische Depeschen 1

us dem Wolff'’schen Telegraphen⸗Bureau.

Hamburg, Montag, 6. Juli. Heute Morgen it der öster⸗ keichische Generalkonsuxl Baron Ernst von Merck gestorben.

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Lemberg, Montag, 6. Juli, Nachmittags. Die »Lemberger Zeitung⸗ berichtet: Warschauer Privatdepeschen zufolge hat der Mark⸗ graf Wielopolski die Demission erhalten, und wird ins Ausland

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Bern, Montag, 6 Juli. Heute wurde die Bundesversamm. lung eröffnet. Der Präsident des Ständerathes, Vigier, gedachte in seiner Eröffnungsrede der günstigen Verhältnisse des Vaterlandes und der weniger günstigen des Auslandes. Der Kampf in Amerika bedrohe fortwährend die Industrie der Schweiz; der Kampf in Polen

finde in jedem Thale innige Theilnahme.

Der Nationalrath erwählte zum Präsidenten den Dr. J. Heer von Glarus, zum Vicepräsidenten Ruffy von Waadt; der Stände⸗ rath zum Präsidenten Häberlin von Thurgau, zum Vicepräsiden⸗ ten den General Dufour. ““ .““ Eex

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London, Montag, 6. Juli, Nachts. In der heutigen

des Unterhauses fragte Warner (Mitglied für Norwich, liberal), ob die französischen Blätter wahr sprächen, daß in einem eventuellen Kriege wegen Polens die Neutralität Englands unmöglich sei. Lord Palmerston erwiederte, die Regierung habe mit keiner Macht ein Engagement bezüglich Polens entrirt, sie sei nach keiner Seite ge⸗ bunden und könne den Ereignissen sowie den Interessen Englands gemäß frei entscheiden.

* S“ Kopenhagen, Montag, 6. Juli. D.

wird als Königlicher Kommissar fungiren.

8 5 r 8 b versammlung ist zum 17. d. einberufen. Der Etatsrath Kranold