1865 / 137 p. 2 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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Preußen. Berlin, 13. Juni. In der heutigen (68.) Sitzung des Abgeordnetenhauses wurde zunächst der Bericht der Budget⸗Kommission über die Nachweisung des Vermögens des Staatsschatzes in den Jahren 1863 und 1864 und über die Rech⸗ nungen der Rendantur des Staatsschatzes pro 1860, 1861 und 1862 berathen und nach den Anträgen der Kommission durch Ab⸗ lehnung der Decharge erledigt.

Dann folgte die Berathung des Berichts derselben Kommission über die Vorlage der Königlichen Staatsregierung, betreffend die außerordentlichen Ausgaben, welche durch den Krieg gegen Däne⸗ mark veranlaßt sind.

Die Verhandlungen, welchen die Minister von Bismarck, von Roon, von Bodelschwingh, von Selchow und mehrere Regierungs⸗ Kommissare beiwohnten, wurden um 2 Uhr 35 Minuten abge⸗ brochen, um heut Abend 6 Uhr wieder aufgenommen zu werden.

Danzig, 12. Juni. (D. D.) Sr. Majestät Panzerschiff »Ar⸗ minius« wurde heute Nachmittags an der Königlichen Werft außer Dienst gestellt. Das Widderschiff „Cheops⸗ wird morgen in's Dock aufgenommen werden. Mittwoch wird Sr. Majestät Corvette „Vi⸗ neta« von Kiel hier erwartet.

Von dem hiesigen Provinzial⸗ Steuer⸗Direktorat sind für die⸗ jenigen Fabrikanten und Producenten, welche die am 15. d. Mts. beginnende landwirtbschaftliche Ausstellung in Riga mit Waaren beschicken wollen, Zollbegünstigungen zugesagt.

Wolgast, 11. Juni. Bald nach 12 Uhr traf Se. Majestät der König auf der »Grille⸗ von Putbus nach stürmischer Fahrt hier ein und wurde, wie der „Osts.⸗Ztg.“ gemeldet wird, auf dem Bollwerk von einer zahlreichen Menschenmenge aus der Stadt und Umgegend unter lautem Hurrahrufen begrüßt. Die Spitzen der

ehörden, sowie die Schützengilde hatten sich an der Empfangsstelle

ufgestellt und der hiesige Bürgermeister Hache hielt eine Ansprache

an Se. Majestät unter spezieller Hinweisung auf den Uebergang

unserer Stadt unter Preußens Herrschaft, worauf Se. Majestät kurz aber freundlich antworteten. Demnächst begaben sich der König und die Prinzen nebst Gefolge durch die festlich geschmückte Stadt zur irche, wo einstündiger Gottesdienst abgehalten wurde, und folg— ten dann einer Einladung zum Frühstück bei der Geheimen Kom⸗ merzien⸗Räthin Homeyer. Dort brachte Se. Majestät einen Toast auf das Wohl der Stadt Wolgast aus. Gegen 3 Uhr erfolgte die Abreise mittelst Extrazuges nach Stettin. Warmbrunn, 11. Juni. Heut fand hierselbst, wird der »Pr. Ztg. f. Schl.⸗ geschrieben, die feierliche Grundsteinlegung zum hiesi⸗ gen Militair⸗Kurhause statt, wozu sich ein Fest⸗Comité gebildet hatte. Die Hoffnung, Se. Königliche Hoheit den Prinzen Albrecht, als Protector des Hauses, bei dem Feste anwesend zu sehen, wurde leider nicht erfuͤllt, da Höchstderselbe verhindert war, der Feier beizu⸗

wohnen; mit seiner Vertretung hatte er den Grafen von Schaff⸗

gotsch beauftragt. Erfurt, 7. Juni. Das neueste »Amtsblatt⸗ der Königlichen

8 Regierung zu Erfurt enthält eine Verfügung, betreffend die Ein⸗ deckung der Dachpfannen mit Strohdocken bei ländlichen Gebäuden, nach welcher nach Ablauf von 10 Jahren vom Tage der Publica⸗

tion (22. Mai d. J.) an gerechnet, bei sämmtlichen Gebäuden die Strohdocken beseitigt sein müssen. Quedlinburg, 9. Juni. Heute Mittag traf, wie der »N.

Hall. Z.⸗ gemeldet wird, der Herr Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten hier ein, und besichtigte zuerst das neue Gym—

nasialgebäude, sodann die Schloßkirche, in welcher er mit sichtlichem Interesse verweilte, und nicht nur deren Sehenswürdigkeiten in Augenschein, sondern auch von dem seit 1862 begonnenen Restau⸗ rationsbau derselben eingehend Kenntniß nahm. Gegen 3 Uhr setzte derselbe zu Wagen seine Reise über Neinstedt, wo er das Brüder⸗ und Knabenrettungshaus und die Anstalt für Blödsinnige zu besich⸗ tigen gedachte, nach Thale fort.

Wie der⸗Köth. Ztg.“aus zuverlässiger Quelle mitgetheilt wor⸗ den, werden die diesjährigen Herbstübungen des preußischen 4. Arme⸗ Corps (resp. der 7. Division), an welchen das Regiment Anhalt Theil nehmen wird, am 4. September beginnen und mit dem 24. September cr. ihren Schluß erreichen, so daß an diesem Tage von dem Regimente der Rückmarsch angetreten wird. Es werden diese Uebungen in der Gegend diesseits und jenseits Halle, nament⸗ lich in der Gegend von Merseburg, theilweise aber auch bei Salz⸗ münde und in der Gegend des Petersberges stattfinden. Am 18ten September ist Parade vor Sr. Maäjestät dem Könige in der Nähe von Merseburg, allwo das Hauptquartier genommen wird, am 19. September ist Corpsmanöver.

Sachsen. Altenburg, 10. Juni. Durch eine im Gesetzesblatt erschienene Ministerialbekanntmachung sind der französisch⸗ deutsche Handels⸗ und Schifffahrtsvertrag nebst der Uebereinkunft über die Zollab⸗ fertigung des internationalen Verkehrs auf den Eisenbahnen, sowie auch die zwischen Preußen und Frankreich besonders abgeschlossene Ueber⸗ ei egenseitigen Schutzes der Rechte an literarischen E

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zeugnissen und Werken der Kunst nebst den weiteren protokollarischen Verabredungen vom 14. Dezember v. J., mit im Voraus ertheilter landschaftlicher Zustimmung, nunmehr auch für das Herzogthum mit Gesetzeskraft verkündet worden. Wegen der in der Literar⸗Convention als Bedingung des Schutzes gegen Nachdruck, Nachbildung und un⸗ befugte Uebersetzung vorgeschriebenen Eintragung der beziehentlichen Werke enthält die Bekanntmachung die Anordnung, daß für die in Frankreich erschienenen Werke der Eintrag bei dem preußischen Unter⸗ richtsministerium zugleich mit voller Wirksamkeit auch für das hiesige Herzogthum geschieht.

Oesterreich. Wien, 11. Juni. Der Finanzausschuß be⸗ schloß in seiner heutigen Sitzung, auf die vom Finanzminister Plener gemachten Forderungen (siehe St. Anz. Nr. 134) eine Be⸗ willigung neuer Creditforderungen von Seiten der Regierung sei erst zulässig nach Feststellung des Finanzgesetzes pro 1865 und unter Garantie für die künftige Verfassungsmäßigkeit der Finanzmaßregeln.

Großbritannien und Irland. London, 10. Juni. Von Seiten des auswärtigen Anmts ist gestern amtlich angezeigt, daß der Regierung die Mittheilung geworden sei, Brasilien beabsich⸗ tige, sämmtliche Häfen und Ufer von Paraguay in Blokadezustand zu erklären, das Blokade⸗ Geschwader befand sich am 24. April auf dem Wege nach dem Parana; ferner ist der Regierung angezeigt, daß alle Häfen in der Provinz Matto Grosso für fremde Schiffe geschlossen seien.

Von derselben Seite wird nachfolgender, auf den Handels⸗ verkehr der amerikanischen Südstaaten bezügliche Erlaß des Präsiden⸗ ten Johnson d. d. Washington, 29. April veröffentlicht:

Von dem Wunsche beseelt, alle in aufständischen Staaten lebenden loyalen Bürger und wohlgesinnten Personen von unnöthigen Handels⸗ beschränkungen zu befreien und sie zur Rückkehr zu friedlichen Beschäftigun⸗ gen zu ermuthigen, wird hiemit verfügt: 1) daß alle Beschraͤnkungen des inneren, heimischen und Küstenhandels in den innerhalb der Linien der nationalen militairischen Occupation begriffenen Theilen der Staaten Tennessee, Virginia, Nord ⸗Carolina, Süd⸗ Carolina, Georgia, Florida, Alabama, Mississippi und in dem östlich vom Mississippi gelegenen Theile von Louisiana wegfallen, mit Ausnahme der durch Kongreßakte und in Gemäßheit derselben auferlegten, vom Schatz⸗ Secretair vorgeschriebenen und vom Präsidenten genehmigten Beschrän⸗ kungen und mit Ausnahme folgender, unter die Rubrik der Kriegs⸗Contre⸗ bande fallender Artikel: Waffen, Munition, alle Artikel, aus welchen Muni⸗ tion angefertigt wird, graue Uniformen und graues Tuch, Lokomotiven, Karren, Eisenbahn⸗Eisen und Maschinen, die bei Eisenbahnen ver⸗ wandt werden, Telegraphen⸗Drähte, Isolatoren und Instrumente, die bei Telegraphen verwandt werden. 2) Alle bestehenden Militair⸗ und Marine⸗Befehle, die in irgend einer Weise den inneren, heimischen und Küstenhandel mit oder in den vorerwähnten Oertlichkeiten beschränken, sind hiermit zurückgenommen, und kein Land⸗ oder Seeoffizier hat in irgend einer Weise den Handel zu unterbrechen oder Boote und andere Schiffe zu stören, die unter der geziemenden Autorität und in Gemäßheit der Regulationen des Schatzsecretairs zum Handel verwandt werden.

»The Preß⸗ sagt:

»Wir haben Grund zu glauben, daß in Folge des wahrscheinlichen Rücktritts des Lord Palmerston einige Häupter der liberalen Partei Unter⸗ handlungen anknüpfen und einen Versuch machen werden, ein Ministerium

unter dem Earl Russell als Premier⸗Minister und Gladstone als Haupt im

Unterhause zu bilden. «

Frankreich. Paris, 11. Juni. Der gesetzgebende Körper nahm

gestern den Gesetzesvorschlag in Bezug auf die Annulation der der Amortisationskasse angehörenden Renten mit 238 gegen 6 Stimmen an. Dann schritt die Kammer zur Diskussion des Bud⸗ gets von 1865. Die Budgets des Finanz⸗Ministeriums und des Staats⸗Ministeriums wurden ohne Diskussion angenommen. Das Budget der Justiz und der Kulte gab zu Debatten Veranlassung, wurde dann aber gleichfalls angenommen.

6 Die gestrige Mittheilung der Journale von einem Geschenk des Papstes an Herrn Thiers wird heute dahin modifizirt, daß die Rolle, welche der Kardinal-Erzbischof von Mecheln aus Rom mitgebracht und in der Nunciatur abgegeben hat, nichts weiter als eine Karte eines Theils des Kirchenstaates enthalten habe, die Herr Thiers zu haben wünschte, und die Herr de Corcelle, einer seiner Freunde, ihm von Rom hat kommen lassen.

Der »Moniteur⸗ veröffentlicht eine erklärende Note über die Neutralitäts⸗Erklärung vom 10. Juni 1861. Diese Note weist die in der Lage Amerika's stattgefundene Veränderung und die Zurück⸗ nahme jener Erklärung nach.

Aus Martinique meldet man, daß heftige Regengüsse große Ueberschwemmungen veranlaßt haben.

12. Juni. Das Wolff'sche Bureau meldet: Der „France⸗ zufolge melden aus Brest hier eingetroffene Briefe, daß dort am ver⸗ gangenen Freitag der Befehl angelangt sei zur sofortigen Ausrüstung von 5 Linienschiffen, einer Fregatte und 5 Transportschiffen Diese Schiffe sollen, wie man wissen will, aus Algier 30,000 Mann Truppen nach Frankreich zurückführen. In Cherbourg wird die »Vigie⸗ ausgerüstet für einen noch unbekannten Bestimmungsort. Auch ist der Befehl nach Cherbourg ertheilt worden, die Reparatur⸗ arbeiten an drei ferneren Transportschiffen auf das Thätigste zu be⸗

treiben.

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Nach der »Patrie⸗ haben heute Sizungen des Ministerconseils

und des Geheimen Raths stattgefunden, denen die Kaiserin beige⸗

wohnt hat. Wie man versichert, ist das gegen die Frankfurter „Europe⸗ erlassene Verbot wieder aufgehoben worden.

Spanien. Nach einem Madrider Telegramm vom 11. d. hat die Königin den Justizminister Herrn Arrazola an die Stelle des Herrn Bonavides zum interimistischen Staatsminister ernannt. Nach dem Vorgange von England und Frankreich hat nun auch die Regierung Spaniens durch ein Dekret vom 4. d. die Anerken⸗

nung der amerikanischen Südstaaten, als einer kriegführenden

racht, zurückgezogen. 2 Nach der »Epoca⸗ sind gute Nachrichten aus Chili eingetrof⸗

fen. Es sind offene und freundschaftliche Erklärungen zwischen dem Minister dieser Republik und dem spanischen Gesandten ausgetauscht worden und man hofft auf eine baldige gütliche Verständigung.

Griechenland. Athen, 9. Juni. Der Koͤnig Georg hat heute die hellenische Kammer persönlich eröffnet. In der Thron⸗ rede sagt er, die Regierung beschäftige sich mit Arrangements zur Bezahlung der Anleihe von 1832, um sodann späterhin auch den frühern Verbindlichkeiten zu genügen. Mehrere wichtige Gesetz⸗

Entwürfe sind angekündigt. 89

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Rußland und Polen. St. Petersburg, 11. Duni. Die Brände im Innern des Reichs dauern fort. Abgesehen von zahlreichen weniger erheblichen Brandschäden vernichteten Feuersbrünste am 27. April in dem Dorfe Peltew (Kreis Rjasan) 49 Häuser mit den Hofgebäuden und 24 Rigenf in der Stadt Sskopin (Gouv.

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Rjasan) am 22. und 23. Mai 240 Häuser und alle bewegliche Habe

der ärmsten Bewohner; am 23. und 27. Mai 500 Häuser in der

Stadt Sspassk desselben Gouvernements; am 22. Mai in Bo⸗ rissow (Gouv. Minsk) einen bedeutenden Theil der Stadt: 295

Wohnhäuser mit allen Nebengebäuden, das Gebäude der städtischen

Waage, 15 der Stadt gehörige und 138 Privat⸗Buden, 2 Brannt⸗ weinniederlagen, die Synagoge, 5 Gebetschulen und 1 Apotheke. Von der polnischen Grenze, 11. Juni, wird der »Osts.⸗

Ztg.⸗ geschrieben: Ich habe neulich von den russischen Sympathieen

berichtet, die sich in der polnischen Gesellschaft wieder zu regen be⸗ ginnen und in ihr den Wunsch nach einer Aussöhnung mit Ruß⸗ land wach rufen. Diese Sympathieen dürften jedoch schnell wieder

kalten, wenn die Polen die Bedingungen erfahren, unter denen

e Milutin'sche Partei die ihr dargebotene Hand der Versöhnung

anzunehmen bereit ist. Das Hauptorgan dieser Partei, die Mos⸗ kowskija Wiedomoski⸗, hat sich beeilt, diese Bedingungen offen und deutlich auszusprechen. Es schreibt: 1

»Die Polen wünschen sich mit uns auszusöhnen. Wir sind dazu be⸗ reit. Doch muß nach unserer Meinung der erste Schritt zur Versöhnung seitens der Polen sein, daß sie sich die russische Sprache aneignen. Nur darin haben wir eine Garantie für die Aufrichtigkeit ihrer Versöhnung, daß sie aufhören, sich Polen zu nennen. Kommen sie jetzt wirklich zur Erkennt⸗

ihrer Pflichten als Unterthanen und Bürger Rußlands, so müssen sie icht blos in Worten, sondern in der That zeigen, daß sie das Eine wie

as Andere sind ohne alle Hintergedanken, daß sie zur russischen Nation ge⸗

hören wollen und sich mit ihr im Geist und in der Form, im bürgerlichen V Gefühl, in Sprache und Sitte vereinigen und auf immer alle Solidarität mit dem historischen Polen brechen. a

Zu den Reformen, welche jetzt in den meisten Branchen der

Verwaltung zur Verbesserung der Zustände in Angriff genommen worden sind, gehört, schreibt man der »Schles. Ztg.⸗ aus Litthauen vom 4. Juni, auch die Reorganisation des Justizwesens. Vorerst soll das Beamtenpersonal in diesem Departement gesichtet,

und dahin gestrebt werden, daß die höhern Stellen nur mit wissen⸗ schaftlich durchbildeten Juristen besetzt und auch zu den Subaltern⸗ stellen nur solche Männer zugelassen werden sollen, die neben der rein technischen Vorbildung auch eine genügende wissenschaftliche Aus bildung genossen haben. Die strengste Rechtschaffenheit soll ins

Künftige das erste Erforderniß bei Besetzung der Stellen sein, die Ueberwachung nach dem entworfenen Plane genau durchgeführt, der Gang der Geschäfte soll besser geregelt und Verschleppungen durch strenge Kontrole der einzureichenden Monatslisten aller schwebenden

Sachen unmöglich gemacht werden. 4

8 Dänemark. Kopenhagen; 9 Juni. Der König und die Königin, so wie die Prinzessin Dagmar wohnten heute Vor⸗ mittag in Beziehung auf die heute in St. Petersburg stattgefundene Beisetzung der sterblichen Ueberreste des verstorbenen Großfürsten Thronfolgers von Rußland einem feierlichen Trauergottesdienste in der hiesigen russischen Kapelle bei. 1

Der Commandeur der Artillerie⸗Brigade, General⸗Major Ull⸗ strop, ist pensionirt und der Oberst⸗Lieutenant de Jonquidres zu seinem Nachfolger ernannt worden. Andererseits wurde der Artille⸗ rie⸗Major von Kauffmann, welcher durch die Rechtfertigung der General de Mezaschen Raͤumung des Dannewerks in weiteren

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geworden ist, zum Chef der durch Königliche Reso⸗

lution dem Artillerie⸗Kommando untergeordneten Kopenhagener See⸗ B atterieen ernannt. 8 114A4*“

Amerika. Die Amnestie⸗Proclamation des Präsi⸗-

denten der Vereinigten Staaten vom 29. Mai d. J. lautet, der

„Köln. Ztg.⸗ zufolge, im Wesentlichen folgendermaßen:

„Damit die Autorität der Regierung der Vereinigten Staaten wieder hergestellt, damit Friede, Ordnung und Freiheit wieder walten möge, prokla⸗ mire ich Andrew Johnson, Präsident der Vereinigten Staaten, daß ich hier⸗ mit allen Personen, die direkt oder indirekt an der bestandenen Rebellion sich betheiligten, unter den nachbezeichneten Ausnahmen, Amnestie und Be gnadigung mit Wiederherstellung ihrer Rechte und ihres Eigenthums er⸗ theile, jedoch mit Ausnahme der Eigenthumsrechte auf Sklaven und in allen solchen Fällen, in welchen nach Maßgabe der Gesetze der Vereinigten Staa⸗ ten das gerichtliche Eigenthums⸗Confiscations⸗Verfahren gegen solche Per⸗ sonen eingeleitet worden ist, die in der Rebellion engagirt gewesen sind, jedoch unter der Bedingung, daß alle solche Personen den folgenden Eid leisten und unterzeichnen und von da an jenen Eid gewissenhaft und unver⸗ letzt halten, welcher Eid Behufs der immerwährenden Aufbewahrung re⸗ gistrirt, und der folgendermaßen lauten soll, nämlich:

»Ich (R. N.) schwöre und bekräftige hiermit feierlich in der Gegen⸗ wart des allmächtigen Gottes, daß ich fortan die Constitution der Ver⸗ einigten Staaten und die Union der Staaten getreulich aufrecht erhalten und vertheidigen will, und daß ich gleicher Weise allen Gesetzen und Pro⸗ clamationen, welche während der bestandenen Rebellion in Bezug auf die Emancipation der Sklaven gemacht worden sind, gehorchen und dieselben getreulich aufrecht erhalten will, so wahr mir Gott helfe.“«

Die folgenden Personen sind von den Wohlthaten dieser Proclamation ausgenommen: 1) Alle diejenigen, die sich als Civil⸗ oder diplomatische Beamte, oder anderweitige einheimische oder auswärtige Agenten der soge⸗ nannten konfoͤderirten Regierung gerirt haben. 2) Alle diejenigen, die Justiz⸗ stellen in den Vereinigten Staaten verlassen haben, um der Rebellion beizu⸗ stehen. 3) Alle diejenigen, die Militair⸗ oder Flotten⸗Offiziere der sogenannten konföderirten Regierung in höherem Range als dem eines Kolonels in der Armee oder eines Lieutenants in der Flotte gewesen sind. 4) Alle diejeni⸗ gen, die Sitze im Kongreß der Vereinigten Staaten aufgegeben haben, um der Rebellion beizustehen. 5) Alle diejenigen, die ihre Kommissionen in der Armee und der Flotte der Vereinigten Staaten aufgegeben haben, um der Pflicht auszuweichen, der Rebellion Widerstand zu leisten. 6) Alle diejenigen, die in irgend einer Art sich dazu hergaben, anderwei⸗ tig als gesetzmäßiger Weise als Kriegsgefangene Personen zu behandeln, die im Dienste der Vereinigten Staaten als Offiziere, Soldaten, Seeleute oder in anderweitiger Eigenschaft befunden worden sind. 7) Alle Personen, welche die Vereinigten Staaten verlassen haben, oder noch abwesend sind, um der Rebellion beizustehen. 8) Alle Militair⸗ und Flotten⸗Offiziere im Rebellendienst, die auf Kosten der Regierung in der Militair⸗Akademie zu. West⸗Point, oder in der Vereinigten Staaten⸗See- Akademie herangebildet worden sind. 9) Alle Personen, welche die angeblichen Aemter von Gou⸗ verneuren in Staaten bekleidet haben, die gegen die Vereinigten Staaten in Insurrection begriffen waren. 10) Alle Personen, die ihre innerhalb der Jurisdiction und des Schutzes der Vereinigten Staaten gelegenen Heim⸗ stätten verlassen haben, und die über die Bundes⸗Militairlinien in die soge⸗ nannten konfoͤderirten Staaten gegangen sind, um der Rebellion beizustehen. 11) Alle Personen, die in der Zerstörung des Handels der Vereinigten Staaten auf der hohen See engagirt gewesen sind, und alle Personen, die Streifzüge in die Vereinigten Staaten von Canada aus unternommen haben, oder die engagirt gewesen sind, den Handel der Vereinigten Staaten auf den Seen und Flüssen zu zerstören, welche die Scheidelinie zwischen den bri⸗ tischen Provinzen und den Vereinigten Staaten bilden. 12) Alle Personen, die, wenn sie die Wohlthaten des hierin vorgezeichneten Eides nachsuchen, sich in militairischer oder der Haft der Marine oder der Civilbehörden befin⸗ den, oder unter Bürgschaft gegenüber den Civil⸗, Militär⸗ oder Marine⸗ Behörden oder der Agenten der Vereinigten Staaten als Kriegsgefangene

oder als wegen Vergehen und Verbrechen vor oder nach der Verur⸗

theilung in Haft gehaltene Gefangene stehen. 13) Alle Personen, die freiwillig Antheil genommen haben, der Rebellion beizustehen, und deren steuerbares Vermögen nach dem Schätzungswerth den Betrag von 20,000 Dollars übersteigt. 14) Alle Personen, die den in der Proclamation des Präͤsidenten vom 8. Dezember 1863 vorgezeichneten Am⸗ nestie⸗Eid oder der Regierung der Vereinigten Staaten einen Eid der Treue seit dem Datum der genannten Proclamation geleistet und denselden nicht unverletzt gehalten haben alles dieses unter der Voraussetzung, daß irgend eine Person, die zu den ausgenommenen Klassen gehört, sich mit einem de- sonderen Begnadigungsgesuch an den Präsidenten wenden kann, und daß solchen Personen die nachgesuchte Milde liberaler Weise zu Theil werden wird, so weit sich dieses mit den Thatsachen des Falles und dem Prieden und der Würde der Vereinigten Staaten vereinbaren läßt. Der Staats⸗ secretair wird Vorschriften und Regulationen erlassen, nach denen der ge⸗ nannte Amnestie⸗Eid zu leisten und zu registriren ist, so daß dadurch dem Volke die Wohlthaten desselben entstehen mögen und die Regierung gegen Betrügerei geschützt werde.“ 1 b Ueber die brennende amerikanische Tagesfrage: die Erthei⸗ lung des Stimmrechtes an die Farbigen, finden sich, schreibt man der »Köln. Ztg.“, in den amerikanischen Zeitungen die wider- sprechendsten Ansichten. Die Abolitionisten sind dafuͤr aus Prinzip. aus Konsequenz, sonst aber scheint keiner Partei recht wohl bei deam Gedanken zu sein, den Reger in die politische Maschine einzureiden⸗ Und doch wird für seine politische Emancipation jetzt sehr stark agi⸗ tirt, rein von wegen des Nebengedankens, daß er bei zukünstigen Wahlen den Ausschlag gegen den Süden geben werde, nicht ader aus Liebe zu seiner Hautfarbe, oder aus Ebhrfurcht fuͤr die sogenannten angeborenen politischen Rechte einer jeden Menschen⸗Kreatur die mit den