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Bei der Entlassung aus der Quarantaine muß das Vieh mit dem DQDuarantainezeichen versehen, und nur das mit solchem Zeichen ver⸗ sehene Vieh jener Art darf ohne Weiteres im Innern des Landes zugelassen werden.
Es ist die Obliegenheit der in den Einlaß⸗Orten bestellten Revisoren, der Kreisphysiker und Thierärzte, sich mit den Kennzeichen des von anderen Rindvieh⸗Racen durch Gestalt und Farbe leicht zu unterscheidenden Steppenviehes bekannt zu machen, und nach diesen Merkmalen allein ist über die Nothwendig⸗ keit der Quarantaine zu entscheiden.
Wird in einen Ort im Innern der östlichen Provinzen Rind⸗ vieh eingebracht, welches von Sachverständigen, nach seinen äußern Merkmalen, für Steppenvieh erklärt wird, welches aber mit dem Quarantaine ⸗Zeichen nicht versehen ist, so muß dasselbe, wie nahe oder entfernt auch der Einbrin⸗ gungsort der Grenze liegen mag, sosort angehalten wer⸗ den, und der Eigenthümer, oder wer es sonst eingebracht bat, sich über die Unverdächtigkeit ausweisen, daß dasselbe nämlich ent⸗ weder inländischen Ursprungs oder doch schon seit geraumer Zeit (mindestens seit drei Monaten) im Lande gewesen, oder daß dessen Zulassung aus dem Auslande und zum inneren Verkehr von den dazu ermächtigten Behörden genehmigt ist. Kann ein solcher Ausweis nicht sofort beigebracht werden, so muß das angehaltene Vieh außerhalb des Orts in beson⸗- deren Futter⸗ und Lagerstellen außer Berührung mit anderm Vieh gehalten werden. Doch soll eine solche Aufbewahrung, wenn dieselbe in Folge des geführten Ausweises über die Uuverdächtigkeit nicht schon früber eingestellt werden kann, nicht länger als
21 Tage statthaben. Aeußern sich bei dem angehaltenen Vieh verdächtige Symptome, so muß das kranke Vieh sogleich getödtet und mit Haut und Haar vergraben werden. Sind der an⸗ gehaltenen Thiere mehrere: so muß es in solchem Falle mit densel⸗ ben, wie es wegen der auf den Wirthschaftshöfen des Inlandes aus⸗ brechenden Rindviehseuche im §. 38 des Patents vom 2. April 1803 vorgeschrieben ist, gehalten werden. Bleibt dagegen das Vieh wäh⸗ rend der Zeit seiner Aufbewahrung gesund, so wird dasselbe dem Eigenthümer, oder wer es sonst eingebracht hat, nach geführtem Beweise der Unverdächtigkeit freigegeben. Wird aber dieser Ausweis nicht innerhalb 21 Tagen beigebracht, so kann der Eigenthümer die Herausgabe des Viehes nur gegen Niederlegung des Werthes fordern; erfolgt diese nicht, so wird das Vieh sofort öffentlich verkauft. Dem Eigenthümer wird dann von der Orts⸗Polizei⸗Behörde nach den Umständen des Falles eine an⸗ dere endliche Frist zur Beibringung des Ausweises über die Unver⸗ dächtigkeit bestimmt, und wenn er solchen auch in dieser Frist nicht beibringt, so wird das deponirte Geld oder das Kaufgeld als Strafe seiner Nachlässigkeit eingezogen.
Nichtamtliches.
Preußen. Berlin, 1. Juni. Se. Majestät der König nahmen heute die Vorträge des Hausministers, des Polizei ⸗ Präsi⸗ denten, des Wirklichen Geheimen Raths von Olfers, die Monats⸗ Rapporte, so wie die Meldung des Generals der Kavallerie Prinzen Hohenlohe entgegen und empfingen den Oberst⸗Lieutenant vom Ge⸗ neralstabe von Strantz aus Schleswig.
Breslau, 31. Mai. (»Prov. Ztg. f. Schles.⸗) Der Herr Fürstbischof hat unterm heutigen Tage an den zeitigen Präfekten des fürstbischöflichen Conviktoriums eine Verordnung erlassen, worin den Candidaten der katholischen Theologie in Anbetracht kriegerischer Eventualitäten gestattet wird, das examen pro ingressu in Alum-
natum schon jetzt abzulegen. Diese Prüfung wurde in früheren V
Jabren erst Anfang August abgehalten. Uebrigens steht heute schon eine nicht unbedeutende Zahl der Herren Bewerber als einjährig Freiwillige unter den Waffen. Mittelst Anschlags am schwarzen Brett macht die medizinische
akultät der hiesigen Königlichen Universität unterm 30. Mai Fol⸗ gendes bekannt:
„Des Herrn Ministers Excellenz haben geruht, dem Antrage der V
unterzeichneten Fakultät gemäß zu bestimmen, daß diejenigen Kandidaten der Medizin, welche sich sofort zur Ablegung des Examen rigorosum melden, von der Vertheidigung einer Dissertation dispensirt sein, also nach bestandenem Examen auf den Grund der Vertheidigung, von Thes en promovirt werden, aber verpflichtet sein sollen, die Difsertation später nachzuliefern.« Schleswig⸗Holstein. Kiel, 31. Mai. (W. T. B.) hach der ⸗Kieler Zeitung⸗ sind von der holsteinschen Regierung Entwürse für ein Strafgesetzbuch, eine Strafprozeßordnung und eine Gerichtsverfassung ausgearbeitet worden. Zur Begutachtung dersel⸗ ben hat die Statthalterschaft eine Kommission berufen. Sachsen. Dresden, 31. Mai. Das ⸗Dresdener Journal⸗
bestätigt auch seinerseits die Nachricht, daß die Mitglieder des Frank⸗
furter Bundestags⸗Ausschusses einig seien, den bayerschen Staats.⸗
minister Freiherrn von der Pfordten als Bevollmächtigten des Bundes bei den Pariser Konferenzen vorzuschlagen.
Oesterreich. Wien, 30. Mai. Das bereits telegraphisch
angezeigte Gesetz vom 25. Mai 1866 über die Ausschreibung eines Zwangsanlehens für das lombardisch⸗venetianische Königreich im Betrage von zwölf Millionen Gulden österreichischer Währung lau⸗ tet also:
In der Erwägung, daß das Gesetz vom 5. Mai 1866 wegen Ueber⸗ nahme der Banknoten zu 1 Gulden und 5 Gulden auf den Staatsschatz für das lombardisch⸗venetianische Königreich nicht wirksam ist, gleichwohl⸗ aber es den Geboten der Billigkeit wie der Staatsnothwendigkeit ent⸗ spricht, daß auch dieses Königreich in einer seinen Kräften angemessenen Weise zur Deckung der außerordentlichen finanziellen Bedürfnisse des Staats herangezogen werde, finde Ich auf Grund Meines Patentes vom 20. September 1865 nach Anhörung Meines Ministerrathes zu verordnen:
1. Es wird im lombardisch „venezianischen Königreiche ein Zwangs⸗ Anlehen im Betrage von zwölf Millionen Gulden österreichischer Währung ausgeschrieben.
Die Einzahlungen haben in sechs gleichen, für die Provinzen Verena, Udine, Padua, Treviso, Rovigo und Mantua mit Ende Juni, für die Provinzen Venedig, Vicenza und Belluno mit Ende Juli 1866 beginnen⸗ den Monatsraten in baarer Silbermuünze oder in Goldmüͤnze, und zwar in der letzten nach dem jeweilig von der Staatsverwaltung zu bestimmen⸗ den Kurse zu erfolgen.
II. Die Auftbeilung des Anlehens und die Abfuhr an den Staat unter den für die Einhebung der direkten Steuern geltenden Normen er⸗ folgt nach Provinzen, und zwar entfallen auf die Provinzen Venedig. 1,273,000, Verona 1,862,000, Udine 1,32 1,000, Padua 1,830,000, Vicenza 1,841,000, Treviso 1,328,000, Rovigo 1,039,000, Belluno 308,000, Mantua⸗
8 r1,198,000, sämmtlich Fl. ö. W.
Jede Provinz ist ermäͤchtigt, ihre Anlebenstangente auf die einzelnen
Gemeinden nach Verhältniß der für diese vorgeschriebenen Imposta Prediale
mit Inbegriff des casatico (Grund⸗ und Gebäudesteuer) umzulegen. Die Gemeinden sind zur leichteren Aufbringung des Anlehens kraft dieses Gesetzes ermächtigt, ihr unbewegliches oder bewegliches Eigenthum
zu veräußern oder zu verpfänden, Darlehen aufzunehmen und Zuschläge
auf die direkten Steuern umzulegen, ohne daß es hiezu der Einholung einer weiteren Ermächtigung bedarf. Desgleichen werden die Gemeinden
biemit ermächtigt, zu dem obigen Zwecke für die Dauer der Jahre 1867
und 1868 fünfprozentige Zuschläge zur ärarischen Verzehrungssteuer ein⸗ zuführen und dort, wo solche Zuschläge schon bestehen, sie in demselben Ausmaße zu erhöhen.
III. Für die abgeführten Anlehensbeträge werden sechsprozentige Certificate des Monte Veneto in Appoints zu 100 Fl., 10 Fl. und 1 Fl. ddto. 1. Oktober 1806 in den Provinzen Venedig, Vicenza und Belluno, beziehungsweise ddto. 1. September 1866 in den andern sechs Provinzen al pari hinausgegeben.
Die Certifikate lauten auf die Provinz, für deren Anlehenseinzahlung sie erfolgt wurden. Sie werden vom Jahre 1867 angefangen unter Hin⸗ zurechnung der Zinsen, welche vom Ausstellungstage der Effekten für die bis zur Zeit ihrer Verwendung an Zahlungsstatt voll abgelaufenen Ka⸗ lendermonate entfallen, in jener Provinz, für deren Rechnung die Hin⸗ ausgabe stattgefunden hat, für je die Hälfte der Imposta Prediale mit Inbegriff des casatico (Grund⸗ und Gebäudesteuer) sammt Staatszuschlä⸗
gen wieder al pari an Zahlungsstatt angenommen werden und es sind in gleicher Weise die Ricevitori provinciali und die Essatori communali verpflichtet, die Certifikate zur Hälfte der in Rede stehenden Staatsabga⸗ ben von den Kontribuenten ihrer Provinz an Zahlungsstatt anzunehmen.
IV. Die Zinsen der Certificate sind von der Einkommensteuer befreit.
Die Kommission zur Kontrole der Staatsschuld wird überwachen, daß die Hinausgabe der Certificate den Betrag von zwölf Millionen Gul⸗ den österreichischer Währung nicht überschreite.
V. Mein Finanzminister ist mit der Vollziehung dieses Gesetzes be⸗ auftragt und zugleich ermächtigt, Meinen Statthalter für das lombardisch⸗ venezianische Königreich mit den entsprechenden Vollmachten zur Durch⸗ führung zu versehen.
— 31. Mai. (W. T. B.) Die Erwiederung Oesterreichs auf die Einladungsschreiben zur Konferenz ist abgegangen und lautet zustimmend. Graf Mensdorff wird als Bevollmächtigter Oester⸗ reichs fungiren und zu diesem Zwecke sich demnächst nach Paris begeben.
(W. Ztg.) Das böhmische Großpriorat des Johanniter⸗ Ordens hat den Beschluß gefaßt, auf die Dauer des eventuell be⸗ vorstehenden Feldzuges ein Spital für verwundete Krieger zu er⸗ richten, zu dessen Erhaltung der Großprior Feldzeugmeister Franz Graf Khevenhüller⸗Metsch einen jährlichen Beitrag von 3000 Fl. und der Ordensbailli Graf Friedrich Schönborn⸗Buch⸗ heim den Betrag von 1000 Fl. spenden zu wollen erklärten. Ebenso haben die Ehrenritter des Johanniter⸗Ordens, die Gutsbesitzer Grafen Franz und Joseph Wratislaw, sich bereit erklärt, auf die Dauer des eventuell bevorstehenden Krieges in ihrem Schlosse und Garten zu Wottitz in Böhmen ein Spital für das Militair auf zwanzig Betten mit voller ärztlicher und häuslicher Ver⸗ pflegung zu errichten. 1
Prag, 30. Mai. Man scheint maßgebenden Orts, schreibt man dem »Dresd. Journal⸗, wenig oder gar keine Hoffnung auf Erhaltung des Friedens zu haben, wenigstens wird fortgefahren, Maßregeln für eine kriegerische Eventualität zu treffen.
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So informirte gestern Statthaltereirath Klingler, dem das Schulwesen
bier untersteht, die Direktoren der Mittelschulen, die Vorträge daselbst möglichst zu beschleunigen, die Prüfungen raschest vollziehen zu lassen, um eventuell eine Schließung der ihnen unterstehenden Institute schon in den nächsten Wochen vornehmen zu können. Eine gleiche Auf⸗
forderung wird an die Rektoren der Universität und des Polytech⸗
nikums gerichtet werden, an denen sofort bei Beginn eines even⸗ tuellen Krieges die Vorträge eingestellt werden sollen. — Olmütz, 28. Mai. (Pr.) Gestern Nacht langte Erzherzog Wilhelm hier an und nahm sein Absteigequartier in der Residenz des Domprälaten Barons Schneeberg. — Heute Morgen kam Feld⸗
zeugmeister Benedek hier an und stieg in dem Fürsterzbischöflichen
Palais ab. Auch Sectionschef von Kriegsau, der Civil⸗Intendant der Nordarmee, ist bereits in Olmütz eingetroffen.
Aus Oesterreichisch⸗Schlesien, 29. Mai, wird der ⸗Schl. Ztg.⸗ geschrieben: Die Militairtransporte auf der Nordbahn dauern noch ununterbrochen fort. Jede Stunde geht ein Militairzug mit 40 Wagen, theils von Lemberg ab, theils von Olmütz aus. In den letzten Tagen wurden namentlich Militairzüge von Lemberg
nach Josephstadt geführt, wo sich ein bedeutendes Heer zu konzen⸗
triren scheint. Außer den Truppen gehen aber auch große Train⸗ kolonnen nach Olmütz und Josephstadt. Die kolossalen Lieferungen haben auch bereits begonnen. Wir sahen unter andern einen Zug mit 180 galizischen Ochsen, der nach Leipnik bestimmt war. Ueber die Stellung der Truppen an der Grenze können wir mittheilen, daß vor Krakau eine Brigade aufgestellt ist. Eine zweite Brigade beginnt bei Oswigcim und hat die Eisenbahn bis Pruchna besetzt. Sie umfaßt die beiden Regi⸗ menter Karl Ferdinand und Erzherzog Joseph, ein Ulanen⸗Regiment und eine Batterie, sowie ein Jäger⸗Bataillon. Das Jäger⸗Bataillon, so wie die Batterie befinden sich in Oswiecim. Die übrigen Trup⸗ pen sind in den Dörfern an der Grenze vertheilt. Ein Bataillon vom Regiment Erzherzog Joseph liegt in Biala. Von Pruchna beginnt alsdann eine dritte Brigade, welche bis Oderberg sich auf den Dörfern und Städten von der Grenze bis ans Gebirge ver⸗ theilt. Der Mittelpunkt dieser Brigade befindet sich in Teschen, woselbst der Erzherzog Joseph, der Commandeur dieser beiden Bri⸗ gaden, seit etwa 14 Tagen in dem Schlosse residirt und bereits meh⸗ rere Male die Truppen in den umliegenden Dörfern und Städten besichtigt hat. In Teschen selber liegt ein Jäger⸗Bataillon und eine Batterie, so wie der gesammte Train der beiden Brigaden. In Skotschau und der Umgegend ist das Regiment Baron Schmerling kan⸗ tonnirt. Es ist dies bis in die Gebirgsthäler einquartiert, so liegt selbst in dem 3 Meilen von der Grenze entfernten Dorfe Ustron noch Ein⸗ quartierung. In dieser Brigade befindet sich ein Regiment Husaren, welches um Freistadt kantonnirt ist. Die Truppen dieser Brigade liegen bis einen Büchsenschuß von der Grenze entfernt, namentlich finden sich sehr viele Truppen in den Doͤrfern Pietrowitz und Sei⸗ bersdorf zur Bewachung jener Viadukte, die nahe der preußischen Grenze gelegen sind und durch deren Sprengung so leicht die Passage auf der Nordbahn unterbrochen werden kann. An diese Brigade reiht sich noch eine vierte, welche bis Troppau geht, und eine fünfte wird jetzt bis gegen Jauernig vorgeschoben. Dazu werden noch etwa 20,000 Mann erwartet. Es sind in allen Orten bereits noch weitere Einquartierungen angesagt, beispielsweise allein in dem kleinen Orte Skotschau noch außer dem dort kantonnirenden Ba⸗ taillon 1400 Mann. 85 v 8
— 5 v141.“
* 34 MNiiederlande. Haag, 3 Herr Pels⸗ ycken hat das Portefeuille der Marine und Herr van den Bosch das des Kriegs übernommen. Die Bildung des neuen Kabinets ist nunmehr
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Großbritannien und Irland. London, 30. Mai. Die »Gazette⸗« veröffentlicht, daß die Königin dem Right Hon. John, Baron Wodehouse (Vicekönig von Irland) für sich und seine männlichen Nachkommen die Würde eines Earl des Vereinig⸗ ten Königreichs unter dem Titel »Earl Kimberley of Kimberley (in Norfolk)⸗ verliehen hat.
In der Westminster⸗Abtei wurde gestern in Gegenwart zahl⸗ reicher hoher Beamten des indischen Dienstes das Monument ent⸗ hüllt, das dem Andenken Sir James Outram's (im März 1863 daselbst beigesetzt) vom Staatssecretair für Indien errichtet worden ist. Dasselbe ist vom Bildhauer Noble in weißem Marmor ausge⸗ führt und besteht in einer Büste des Verstorbenen, darunter eine Tafel, die eine Reliefdarstellung des Zusammentreffens von Qutram, Havelock und Clyde in Lucknau enthält.
Durch einen Geheimrathsbeschluß werden die wegen der Rinder⸗ pest erlassenen Verfügungen, deren Geltung mit dem 1. Juni zu Ende gehen sollte, bis auf Weiteres in Kraft erhalten.
Auf Jamaica war nichts von Bedeutung vorgefallen. Dem Berichte der Untersuchungs⸗Kommission wird von den Kolonisten mit großer Spannung entgegengesehen. Man erwartete, daß Sir Henry Stocks im nächsten Monat die Insel verlassen würde, so⸗ bald der für jetzt mit der Regierung Jamaica's betraute Oberbefehls⸗
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haber auf den Bahama⸗Inseln, W. Rawson, daselbst angekommen sei.
Im O berhause ging gestern die Bill zur Einführung von Reformen in Eton, Harrow und einigen anderen Lateinschulen durch die zweite Lesung. Earl Russell beantragt, daß sich das Haus der Adresse der Gemeinen an
die Krone um Untersuchung des Bestechungssystems, das bei der Parlaments⸗
wahl in Lancaster geherrscht haben soll, anschließen möge. Earl Grey stellt dazu das Amendement, daß nur eine allgemeine Untersuchung über den Ge⸗ genstand etwas fruchten könnte. Zehn Burgflecken seien speziellen Unter⸗ suchungen unterzogen worden, es sei bei den Verhören sehr viel falsch ge⸗ schworen worden, aber andere Folgen habe das Verfahren nicht gehabt, und er glaube, diese der Corruption überführten Flecken seien nicht schlechter als andere, außer insofern sie sich erwischen ließen. Auf Lord Derby s Vor⸗ schlag wird die Debatte vertagt.
Im Unterhause fragte gestern Akroyd den Schatzkanzler, ob es nicht seiner Aufmerksamkeit entgangen sei, daß der Zinsfuß der französischen Bank jetzt 4 pCt., der der englischen aber 10 pCi. betrage und daß dieser Unterschied ein großer Nachtheil für englische Handels⸗ und Fabrikunterneh⸗ eass. sei; ferner, ob nicht eine Untersuchung über die Operationen der englischen Bank am Platze wäre, da die Schwankungen in ihrem Zinsfuße so viel häufiger und extremer seien, als die der französischen Bank! — Der Sch atzka nzler erwiedert, jenen Unterschied kenne die ganze Welt. Auch die preußische Nationalbank habe jetzt einen so hohen Minimalfuß, wie die englische. Ueber das Währungssystem in Frankreich sei vor einiger Zeit eine Untersuchung angestellt worden, doch wüßte er nicht, daß ihr Zwech schon vollkommen erreicht worden wäre. Warum die Schwankungen hier häufiger seien als anderswo, erkläre sich aus nahe liegenden Gründen. Es wür⸗ den in England ausgedehntere Geschäfte gemacht als in Frankreich, und zwar mit einer viel größeren Oekonomie der englischen Währung und daher mit einer viel kleineren Reserve als irgend anderswo, während die englischen Geldbesitzer allgemeiner, als anderwärts ihr Geld zu verwerthen suchen. Er wolle damit nicht sagen, daß deshalb nicht von Zeit zu Zeit eine öffentliche Untersuchung am Platze wäre. In diesem Augenblick sei die Lage des Geldmarktes mehr oder weniger derjenigen analog, die vor zwei oder drei Wochen herrschte, als die Regierung ein auf die Bank Charter Act bezügliches Schreiben erließ, und ehe diese Umstände sich geändert hät⸗ ten, wäre es nicht wünschenswerth, die Frage zu erörtern, ob und wann die Zahl der zu verschiedenen Zeiten uͤber das englische Währungssystem ange⸗ stellten Untersuchungen um eine neue vermehrt werden sollte. Er glaube, daß eine solche Untersuchung in diesem Augenblick sehr ungelegen kommen würde. Vivian beantragt die Resolution, daß nach der Meinung des Hauses Jedermann, der durch eine Königliche Kommission überführt worden ist, bei einer Parlamentswahl bestochen zu haben oder bestochen worden zu sein, auf Lebenszeit das aktive und das passive Wahlrecht verlieren sollte. Bugxton beantragt dazu, daß der Attorney⸗General verpflichtet sein sollte, jeden bestochenen Wähler gerichtlich zu verfolgen. Osborne bemerkt, daß alle neueren Gesetze gegen die Bestechung mehr geschadet als genützt hätten. Die Wahlprüfungsausschüsse des Unterhauses müßten, wenn es diesem ernst wäre, durch ganz unabhängige Tribunale ersetzt werden. Der Attorney⸗ General billigt das Prinzip des Vorschlages, kann ihn selbst aber nicht gutheißen, weil er nicht auf dem Resolutionswege, sondern vermittelst einer Bill vorgebracht werden müßte. Smokett meint, das Haus müsse sehr wohl wissen, daß die Sünde der Corruption auch oben grassire. Die Regierung z. B. könne gewissen Gentlemen kein halbwegs einträgliches Amt geben oder lassen, wenn sie nicht im Hause Sitz und Stimme hätten. Ihm selbst habe die Regierung noch keine Bestechung, in der Form von 1000 Pfd. St. jaͤhrlich, für seine Stimme während der Session angeboten, aber er würde sich zwei⸗ mal besinnen ehe er ein solches Anerbieten ablehnte. — Vivian ist bereit, die Resolution zurückzunehmen, da er hoffe, daß die Regierung, nachdem sie das Prinzip seiner Vorschläge gebilligt hat, selbst eine Bill einbringen werde. — Otway sagt, das Land werde aus diesem Manöver erkennen, was es von der Aufrichtigkeit des Parlaments in dieser Frage zu halten habe. — Die Resolutionen Vivian’s und Buxton’s werden schließlich zurück⸗ genommen.
Frankreich. Paris, 30. Mai. In der heutigen Sitzung des gesetzgebenden Körpers begann die Diskussion über das Ge⸗ setzprojekt Betreffs der Bestrafung im Auslande von Franzosen be⸗ gangener Verbrechen und Vergehen. Die Hauptpunkte des der Kammer vorliegenden Gesetzes sind folgende: 1) Die Verfolgung in Frankreich eines jeden Franzosen, der im Auslande ein Verbrechen, sei es gegen einen Franzosen oder gegen einen Fremden, begangen hat, ist bei seiner Heimkunft zulässig; 2) ein Franzose, der ein Ver⸗ gehen im Auslande begeht, kann nach seiner Rückkehr ebenfalls be straft werden; 3) ein Franzose, der sich gegen die Forst⸗, Zoll⸗ Steuer⸗ und QAckergesetze versündigt, kann bestraft werden, jedoch nur unter der Bedingung der Gegenseitigkeit.
— 31. Mai. Die preußische Antwort auf die diesseitige Auf bohesang zur Beschickung des Pariser Kongresses ist bereits einge troffen.
RNußland und Polen. St. Petersburg, 30. Mai. Di „Deutsche St. Petersb. Ztg.⸗ veröffentlicht folgendes Kaiserl. Rescrip vom 26. d. Mts. an den Präses des Minister⸗Comités, Geheimrat Fürsten Gagarin:
Fürst Pawel Pawlowitsch! Die einmüthigen Kundgebunge
der Unterthanentreue und des Vertrauens, die Mir von Seiten des Vol kes, dessen Regierung Mir die göttliche Vorsehung anvertraut, zu Thei
geworden sind, dienen Mir als Bürgschaft für die Gefühle, in welche
Ich die beste Belohnung Meiner Arbeiten für das Wohl Rußlands finde
IFe trostreicher diese Ueberzeugung für Mich ist, um so mehr erkenne Ich s als Meine Pflicht an, das russische Volk vor jenen Keimen schädliche und falscher Lehren zu bewahren, welche mit der Zeit die gesellschaftlich Ordnung erschüttern könnten, wenn ihrer Entwickelung nicht Schranke gesetzt würden. Das Ereigniß,