1866 / 166 p. 6 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

Königgrätz hat schwere Opfer gefordert, aber er ist ein Ehren⸗

tag für die ganze Armee, auf welche das Vaterland mit Stolz und Bewunderung blickt. Ich weiß, Ihr werdet auch ferner Mei⸗ nen Erwartungen entsprechen, denn preußische Truppen wußten

stets mit dem Heldenmuth diejenige Mannszucht zu vereinigen, ohne welche große Erfolge nicht erkämpft werden koöͤnnen.

Hauptquartier Horichz, den 4. Juli 1866.

* Wilhelm.

Die gestrige abermalige Anwesenheit Sr. Excellenz des K. K. Feldmarschall⸗Lieutenants Freiherrn von Gablenz, im König⸗ lichen Hauptquartier Pardubitz, welche bereits am Morgen erfolgte, hat nur zu einer Besprechung mit dem Chef des Generalstabes der Armee, General von Moltke, geführt. Eine Audienz bei Sr. Ma⸗ jestät dem Koͤnige hat nicht stattgefunden und ist die Rückreise Seiner Excellenz in der Richtung auf Zwittau alsbald erfolgt. Dem Ver⸗ nehmen nach hat es sich um das wiederholte und dringende Anerbieten eines Waffenstillstandes gehandelt, der nach jenseitiger An⸗ schauung durch die unterdessen eingetretenen veränderten politischen Verhältnisse zweckmäßig noch immer sein mag. Da indessen die Truppen seitdem unausgesetzt im Vorrücken geblieben sind und sich dei Zwittau bereits wieder mit dem Feinde fühlen, so scheint die jenseitige Anschauung der augenblicklichen Lage diesseits nicht getbeilt worden zu sein

Den Telegraphendraht bis Pardubitz zu führen, oder vielmehr ihn in Thätigkeit zu erhalten, war bis zur Verlegung des König⸗ lichen Hauptquartiers von dort bierher, noch nicht gelungen, und möge es dadurch erklärt sein, wenn eine anscheinende Verspätung der nach dem Norden bestimmten Telegramme eingetreten ist. In dieser Beziehung wäre der Besitz von Prag und somit der Verbin⸗ dung auf mebreren Drahten über Dresden nach Berlin, sehr wünschens⸗ werth, kann aber bei dem Vorgehen der beiden Haupt⸗Armeen nach Mähren immer nur ein Nebenzweck sein, zu dessen Erreichung man die gegen den Feind operirenden Truppen nicht schwächen will und darf. Bei Hohenmauth und in dieser Stadt liegen augenblicklich das 3. Garde⸗Grenadier⸗Regiment Koͤnigin Elisabeth, das Regiment der Gardes du Corps und das 2. Landwehr⸗Husaren⸗Regiment, in der Nähe bei Chedzen das 2. Garde⸗Regiment z. F. und ein Tbeil

Obd morgen das Hauptquartier nach Swittau und somit an die Grenze von Mäbren verlegt werden wird, soll sich erst heute Abend entscheiden.

Von der preußischen Armee in Böhmen berichtet das „Walff sche Burzau⸗- Aus Pardubitz, 10. Juli: Trotz des schlech⸗ tem Wattens der letzten Tage ist der Gesundheitszustand bei beiden, jetzt bexeits im Mähren operirenden Armeen verhältnißmäßig ein sehr günftiger. Für die Heilung der Verwundeten zeigt das Wetter sich moßlthlätiger als die früdere Hitze. Der Anfangs sehr fühlbare ülsla Wille der böbmischen Bevölkerung schlägt in gutes Einver⸗ neßmen mir dem preußischen Militair um, wozu die verͤffentllchten Praclamattünnem niel beigetragen haben, auch die Verpflegung wird Zadunch beveumtemnd erieichtert. Wesentlich für die veränderte Stim⸗ mung dex Benülkerung ist die jetzt bis auf Josephstadt und Königgrätz voll⸗ endere Enakmicung des ganzen Königreichs Böhmen von österreichischen Trungen Die Wirksamkeit der dem Königlichen Hauptquartier grachimtem Arxmee⸗Polizei⸗Behörde hat sich hier und in anderen bühmischen Städten als höchst zweckmäßig erwiesen. Ferner aus Hahßenmaunth, 10. Juli. Bis jetzt ist die telegraphische Verbindung ehr schmienig und wird zunächst noch schwieriger werden. Heute 11 Uhr

Weriegung des Küniglüchen Hauptquartiers von hier nach Zwittau, eine Meile aum der mäbrischen Grenze. Besetzung von Prag nahe bevorstehend, aber nur Nab Wargestern Abend glückliches Gefecht in der Nähe vom Zwittan und Abschneidung eines großen österreichischen Pro⸗ giantmransporrs. Gesangene wurnden gestern und werden heute aber⸗ mals im Zegentender Zatzl hier durchtransportirt. Großherzog von Mecklenburg⸗Schmwerin zum Commandeur des bei Leipzig zu formi⸗ rvenbemn zweiten Kefervecerps ernannt, wird von hier aus nach Leipzig abgeem Flügelasjutant v. Schweinitz von Pardubitz aus nach Sit Petersburg a ist. Richtung des weiteren Vormarsches auf Brunn. Enchbläßung der füdschlesischen Grenze von österreichischen Eruppen.

Aus Zwittan in Mähren, 10. Juli, wird gemeldet: Heute Mittag ist zer Käͤnig van Preußen mit dem großen Hauptquartier hier ein⸗ getroffen Einige öͤsterrecchtsche Brigaden sollen nur zwei Meilen nörslich vom hier ber Landskron Ttuppen des Garde⸗Corps sind von Hotenmauch über Böhmisch Trubau gegen dieselben detaͤ⸗ ürt. Uaunterbrochenes Vormarsch und sehr ungünstiges Wetter saürften vemnachst Anen Nahetag fuür die Pruppen beiber Armeen Amtreten lossemn Veberldufer und Landleute erzͤhlen, daß vie öster⸗ eichtsche Nordarmee thven Nückag in süblicher Richtung sortsetzt.

nberweitige Machricht en lassen saß vermuthen, baß auch die Linie Amat⸗Brünn fuͤr Ane Aufstellang der Nordarmee nicht festgehalten, venberm Helbe Plaätze ser Agenen Vertheistgungskraft lübetlassen wer⸗ den sollen, wogegen bie ganze ͤt Aemte bann dne Stellung

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89 Jahren.

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Ueber den neuesten Streifzug unserer Truppen nach Bielitz⸗ Biala geht der »Schles. Ztg.⸗ folgender Bericht zu:

Pleß, 8. Juli. Am 4. d. M., an dem Tage, an welchem die frohe Botschaft des Sieges bei Sadowa hier eingetroffen war und die Stadt in die freudigste Aufregung versetzt hatte, die sich durch Ausstecken von Fahnen und allgemeine Illumination kundgab, hatte von hier aus, der General Graf Stolberg an der Spitze, eine Abtheilung seines Corps, zwei Schwadronen Ulanen und eine Ab⸗ theilung Jäger mit einigen Pionieren früh um sechs Uhr über Bad Goczalkowitz die preußische Grenze überschritten. Nachmit⸗ tag um halb 1 Uhr begrüßten wir die zurückkehrende Schaar, die mit fröhlichen Gesichtern wieder einzog und uns aus den Grenz⸗ städten Bielitz und Biala Grüße brachte. Mit dem Trupp trafen auch sieben Gefangene ein, von denen fünf der wohlhabenden Bürgerklasse von Biala angehörten. Dieselben waren als Geißeln mitgenommen worden, weil aus dem Pöbelhaufen nach unseren Truppen mit Steinen geworfen, und ein Ulan getroffen und verletzt worden war. Der Zweck der Expedition war zunächst die Beitreibung einer Con⸗ tribution in Höhe von 60,000 Gulden als Entschädigung für das in Brand gesteckte Vorwerk Zabrzeg hiesigen Kreises. Seitens der Stadtbehörde wurde diese Summe alsbald gezahlt. Auch die Ge⸗ fängnisse wurden geöffnet und drei Preußen daraus befreit, die seit Wochen wegen unvorsichtiger, an sich harmloser Aeußerungen polizeilich gefangen gehalten worden waren. Außerdem wur⸗ den auf dem Bielitzer Bahnhofe zwei Lokomotiven und ein ganzer Waͤgentrain in die Luft gesprengt, der Telegraphen⸗Apparat aber, welcher schon abgeschraubt und fortgeschafft worden war, mußte von dem Telegraphen⸗Beamten wieder herbeigeschafft werden und wurde von unseren Truppen mitgenommen. Die gedachten Gefan⸗ genen wurden der Polizei⸗Verwaltung übergeben. Den humanen Rücksichten des Herrn Generals entsprechend, fanden dieselben bald eine wohlwollende und anständige Aufnahme in den Häusern der Herren Kaufleute W. und D. Kohn; nach einem zweitägigen Stu⸗ benarrest wurden dieselben wieder entlassen und zogen, froh, so gut davon gekommen zu sein, nach Biala zurück. Nach den neuesten Nachrichten stehen jetzt wieder österreichische Truppen in Kaniow, welche ihre Vorposten bis Rudoltowitz, drei Viertelmeilen von Pleß, vorgeschoben haben und mit unseren Vorposten Schüsse wechseln.

Gnesen, 10. Juli. (Pos. Ztg.) Heute Nachmittag um 8 Ubr starb der hiesige Weihbischof Brodziszewski in einem Alter von

Ratibor, 10. Juli. Der Landrath des hiesigen Kreises, Herr v. Selchow, ist zum Civil⸗Kommissarius von Oesterreichisch Schle⸗ sien ernannt worden. Mit Bezug hierauf wurden folgende Procla⸗ mationen erlassen:

1) Den Gemeinde⸗Vorständen und Bewohnern von Oesterreichisch Schlesien wird eröͤffnet, daß der Königlich preußische Landrath von Sel⸗ chow zu den wegen Verpflegung Königlich preußischer Truppen, Be⸗ schaffung von Vorspann⸗Fuhren und sonstiger militairischer Bedürf⸗ nisse erforderlichen Ermittelungen und Festsetzungen ermächtigt ist, auch zur Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung und Beseitigung gegründeter Beschwerden das Geeignete veranlassen wird. Ich er⸗ warte, daß den Anordnungen meines vorgenannten Civil ⸗Bei⸗ standes Gehorsam geleistet wird. Jeder Act des Ungehorsams wird un⸗ nachsichtlich nach Kriegsgebrauch behandelt und bestraft werden. Dier Justizbehörden werden in Ausübung ihrer Amts⸗Functionen unbehindert bleiben. Die Ablieferung aller Schuß⸗, Hieb⸗ und Stoßwaffen ist un⸗ erläßlich. Die Ortsvorstände haben diese Waffen von den Einwohnern einzufordern und binnen 24 Stunden an den eingesetzten Kommandanten von Troppau abzuliefern. Unterlassene Waffen⸗Ablieferung wird kriegs⸗ rechtlich bestraft werden. Troppau, den 9. Juli 1866. Der Königlich preußische General⸗Major von Knobelsdorff.

2) Mit Bezug auf vorstehende Bekanntmachung bringe ich hiermit zur Kenntniß, daß ich meinen Sitz vorläufig in Troppau genommen habe. Zunächst nichts als die rücksichtsloseste Erfüllung der mir übertragenen Pflichten kennend, werde ich doch auch vertrauendes Entgegenkommen zu erwidern wissen. Es wird meine Aufgabe sein, mit der unnachsichtlichsten Strenge gegen offenkundigen Ungehorsam das Maß von Wohlwollen zu verbinden, auf welches der Einzelne bei williger Erfüllung der nach Kriegs⸗ gebrauch an ihn gestellten Anforderungen bestimmt rechnen darf. Mein Allergnädigster König und Herr hat in diesen Tagen Allerhöchst persön⸗ lich ausgesprochen, Er führe keinen Krieg gegen Oesterreichs Nation und friedliche Bürger, sonderr nur gegen die ihm gegenüberstehende Armee, und wie mein König und Herr gesprochen hat, so denkt jeder seiner Un⸗ terthanen. Unsere Theilnahme für die Verwundeten kennt keinen Unter⸗ schied zwischen Freund und Feind; den Gefangenen begegnen wir mit Nächstenliebe, und sind wir ihr schweres Loos so viel als möglich zu er⸗ leichtern bemüht. Bewohner von Oesterreich⸗Schlesien! Beherzigt auch Ihr die Worte meines Königlichen Herrn. Kein Krieg der Nationen! Kein Krieg friedlicher Bürger! Troppau, den 9. Juli 1866. Der ad latus

gestellte Civil⸗Beistand, Königlich preußische Landrath v. Selchow.

Magdeburg, 11. Juli. Wie der »Magdb. Corr.⸗ meldet, ist Se. Exgcellenz der kommandirende General des 4. Armeecorps, Herr von Schack, unter Belassung in seiner gegenwärtigen Stel⸗ lung mittelst Allerhöchster Kabinets⸗Ordre d. d. Pardubitz, 8. Juli, zum General⸗Gouverneur der occupirten sächsischen Lande ernannt und mit seiner Vertretung der Militair⸗Gouverneur Herwarth von Bittenfeld beauftragt worden, In Folge dessen

zurückgedrängt hat.

wird Herr von Schack heute Abend Magdeburg verlassen, um sich nach Dresden zu begeben.

Braunschweig, 11. Juli. (W. T. B.) Seitens des preußi⸗ schen Kabinets sind eine Anzahl deutscher Regierungen zur Vor⸗ nahme der Wahlvorbereitungen für das deutsche Parlament auf⸗ gefordert worden. Im Königreich Hannover, in Kurhessen und im Königreich Sachsen werden die Vorbereitungen für die Parlaments⸗ wahlen Seitens der preußischen Civilkommissarien getrofsen werden.

Sachsen. Dresden, 11. Juli. (Dr. J.) Der komman⸗ dirende General des Königl. preußischen Reservecorps und dermalige (Gouverneur von Sachsen, Herr General⸗Lieutenant v. d. Mülbe Excellenz, ist heute Nachmittag mit seinen Truppen nach Prag von hier abgerückt, woselbst gestern bereits 6000 Preußen eingezogen sein sollen. Die hiesige Besatzung besteht jetzt aus heute eingerückten Truppen des zweiten Reservecorps. Als künftiger Gouverneur von Sachsen wird der Herr General der Infanterie v. Schack bezeichnet.

Gotha, 10. Juli. (Weim. Ztg.) Auf Anordnung des Mi⸗ nisteriums werden von den Justizämtern bereits die Listen behufs der Wahlen zum deutschen Parlamente angefertigt.

Weimar, 11. Juli. Ihre Königlichen Hoheiten der Groß⸗ herzog und die Frau Großbherzogin haben sich hente Nachmittag auf einige Tage nach Eisenach begeben.

Eisenach, 10. Juli. (W. T. B.) Es heißt in eingegangenen Meldungen, daß sich die preußischen Truppen vom Fuldaischen aus auf Frankfurt a. M. zu bewegen.

Frankfurt a. M., 9. Juli. Wie die ⸗Fr. P. Ztg.⸗ mel⸗ det, ist es unzweifelhaft, daß sich ein starkes preußisches Corps zwi⸗ schen die Bayern und das 8. Bundescorps geschoben und die Bayern Die preußischen Vorposten stehen bereits bei Steinau, 5 Meilen von hier.

Bayern. München, 9. Juli, Abends. (A. A. Z.) Der »Bayer. Ztg.⸗ zufolge verlor die vierte Division am 4. d. 659 Mann, darunter 9 todte und 26 verwundete Offiziere. Der Gesammt⸗ verlust der 3. und 4. Division beträgt gegen 1000 Mann.

Oesterreich. Wien, 11. Juli. (W. T. B.) In den hiesigen entscheidenden Kreisen ist, wie man zuverlässig erfährt, noch immer nicht der Entschluß gefaßt, durch Vorlage von Friedenspräli⸗ minarien den Waffenstillstand zu ermöglichen. Auch Italien gegen⸗ über soll ein Waffenstillstand ohne Friedenspräliminarien nicht zu erwarten sein. asg

Großbritannien und Irland. London, 10. Juli. Auf Befehl Ihrer Majestät der Königin wurde gestern in Buckingham Palace ein Hofconcert gegeben, zu welchem circa 800 Personen Ein⸗ ladungen erhielten.

Das Jamaicanische Comité hielt letzten Abend eine Sitzung, um anstatt des wegen Meinungsverschiedenheit von der Präsident⸗ schaft zurückgetretenen Unterhaus⸗Mitglieds Mr. Ch. Bugton einen neuen Präsidenten zu wählen. Die meisten Comité⸗Mitglieder

sprachen sich dahin aus, daß Eyre für die Hinrichtung Gordons

zur Verantwortung gezogen werden müsse, daß der Verein der Frau Gordon, falls sie denselben gerichtlich verfolgen wolle, allen mög⸗ lichen Beistand zu leisten habe. Zum Präsidenten gewählt wurde J. St. Mill, welcher die auf ihn gefallene Wahl annahm.

Im Oberhause erhob sich gestern Lord Derby, die Bildung seines Kabinets anzuzeigen und die Politik, die er beobachten will, zu kennzeichnen. Aus rein patriotischen Motiven habe er sich entschlossen, den Auftrag Ihrer Majestät anzunehmen. Mit Bedauern müsse er hinzufügen, daß seine Be⸗ mühungen, sich die Dienste einiger Mitglieder der vorigen Regierung und der liberalen Partei zu verschaffen, gescheitert seien. In Folge davon be⸗ stehe seine Verwaltung durchwegs aus Konservativen. Diejenigen, die sich zu einer Antipathie gegen eine konservative Regierung bekennen, suchen die Meinung zu verbreiten, daß die Politik eines kon⸗ servativen Ministeriums nothwendig krieglustig sein müsse eine ganz widersinnige Meinung, denn die konservative Partei habe am meisten im Lande auf dem Spiele stehen und das größte Interesse am Frieden und der Wohlfahrt der Nation. In ihrer Natur liege es am allerwenigsten, sich fortreißen zu lassen durch jenen Volksenthusiasmus, der manchmal die vorsichtigste Regierung zum Kriege zu treiben vermöge. Sein ernstes Stre⸗ ben sei, den Frieden aufrecht zu halten, zu diesem Zweck mit dem Ge⸗ sammtauslande die friedlichsten Beziehungen zu pflegen und mit keiner Macht eine monopolisirende ausschließliche Allianz einzugehen. Eine konservative Regierung müsse vor Allem vermeiden, in die inneren Angelegenheiten, in die Hausangelegenheiten fremder Staaten sich ohne Noth einzumengen; sie dürfe keinem Staat ungebeten ihren Rath aufdrängen und niemals drohen, wo sie nicht die Absicht habe, ihre Drohung auszuführen. Erbetene Freund⸗ schaftsdienste hingegen habe sie gern und willig zu leisten. Er würde es

für höchst unpolitisch halten, in diesem Augenblick über die Lage des Kon⸗

tinents ein Urtheil zu fällen. In den Zwecken und Zielen des furchtbaren jetzt in Deutschland und Italien tobenden Krieges liege nichts, was die Interessen oder die Ehre Englands berühren könnte; der einzelne Engländer möge mit Preußen, mit Oesterreich oder Italien sympathisiren, aber auf in⸗ dividuelle Sympathieen habe die Regierung keine Rücksicht zu nebmen. Seine Politik werde es daher sein, den streitenden Theilen gegen⸗ über die strengste Neutralität zu beobachten und beim leisesten Schimmer einer Hoffnung; daß der. Einfluß Englands zur Wieder⸗ herstellung des Friedens führen könne, seine guten Dienste im Verein mit den andern Neutralen jedem der Kriegfübrenden zur Ver⸗ ügung zu stellen. Was die Frage der Parlaments⸗Reform betreffe, so

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halte er sich und seine Kollegen durch kein Versprechen gebunden. Kein Ministerium habe, wie Lord Russell selbst anerkennt, das Recht, eine Re⸗ form⸗Bill einzubringen ohne gute Aussicht sie durchzuführen und ohne eine Verständigung zwischen den zwei großen politischen Parteien des Staates. Er leugne nicht, daß das bestehende Vertretungssystem an praktischen Anomalien leide und daß viele Personenjetzt ungerechter Weise vom Stimmrecht ausgeschlossen seien. Gern würde er diesen Uebelständen abhelfen, nur fürchte er, daß die⸗ jenigen, die am lautesten nach Reform schreien, mit keiner von beiden Par⸗ teien unterstützten Bill zufrieden sein wuͤrden, und daß eine gemäßigte Re⸗ form, anstatt der Agitation ein Ziel zu setzen, nur ein Schritt zu weiteren Forderungen wäre. Indeß würde es ihm zur Freude gereichen, wenn eine gute Aussicht sich eröffnete, wenn es sich thunlich zeigte, eine solide und be⸗ friedigende Reform durchzuführen. Unter den Gegenständen, denen sein Mi⸗ nisterium zuerst seine Aufmerksamkeit zuwenden werde, zählt er auf: das Bankerottgesetz, die Armenpflege und die dringend einer Besserung bedürfende Verwaltung der Armen⸗Arbeitshäuser. In Irland werde möglicherweise eine Verlängerung der Akte, durch welche die Habeas Corpus suspendirt worden nöthig sein. Earl Russell bemerkt, daß er sich nie ohne Noth in die Angelegenheiten fremder Staaten eingemengt und niemals leere Drohungen ausgestoßen habe. Er freut sich, seinem Nachfolder das Land in günstigster Verfassung, namentlich in Bezug auf die Finanzen, was dem Talent Mr. Gladstone’'s zu verdanken sei übergeben zu können. Der Zeitpunkt zur Lösung der Reformfrage sei günstig, seine Bill mäßig genug gewesen und nur durch den Abfall von Personen die der Reform so gut wie er zugeschworen hatten, sei sie gescheitert. Nach einigen Worten von Lord Brougham schließt die Sitzung.

Italien. Florenz, 11. Juli. (W. T. B.) Der neue Operationsplan Cialdini's für das Vorgehen der italienischen Armee ist, wie zuverlässig versichert wird, von Lamarmora be⸗ kämpft, aber von Ricasoli vertheidigt und durchgesetzt worden. Der nach dem Rückzuge der italienischen Armee über den Mincio projektirte bloße Belagerungskrieg ist sonach aufgegeben.

Hier eingetroffene Nachrichten aus Ungarn melden, daß dort eine neue Rekrutirung im Gange ist, welche auf Widerstand stößt und deshalb zwangsweise ausgeführt wird.

In Rom ist von französischer und päpstlicher Seite jede Kund⸗ gebung des Volkes bei Androhung des Einschreitens mit bewaffneter Hand verboten worden. Cardinal Matteucci ist am 8. Juli

Dänemark. Kopenhagen, 9. Juli. Beim Lands⸗ thing des Reichstages, welches sich unterm Vorsitz des greisen Bischof Grundtvig als Alterspräsident constituirte, wurde Etatsrath Krie⸗ ger zum Präsidenten und die Herren Conferenzrath Madvig und Stiftamtmann Nielsen zu Vice⸗Präsidenten erwählt. Als Secretaire fungiren die Herren Proprietair F. Jörgensen, Capt. Sonne, Raths⸗ mann Boesen und Höchstengerichtssekretair Christensen.

Vereinsthätigkeit für die Armee.

Berlin, 9. Juli. (V. Ztg.) Die blutigen Kämpfe der vergangenen Woche haben der freiwilligen Krankenpflege für die Armee ein weites Feld der Thätigkeit eröffnet, und es bedarf der allseitigen Aufopferung und schnellsten Hülfe, wenn der dringendsten Noth überall rechtzeitig gewehrt

werden soll. Das hiesige »Central⸗Comité des preußischen Ver⸗ eins zur Pflege im Felde verwundeter und erkrankter Krieger« hat deshalb auch mit Aufwendung aller seiner Mittel seine Sen⸗ dungen in die Feldlazarethe täglich abgehen lassen. Um den sämmtlichen Kriegslazarethen der jetzt vereinigten böhmischen Armee die nöthigen Uten⸗ silien, Medikamente, Instrumente und Erfrischungen sicher und rechtzeitig zu⸗ zuführen, ist unter Allerhöchster Billigung Sr. Majestät des Königs auf dem Bahnhofe zu Turnau ein Reserve⸗Depot für die Sendungen des Cen⸗ tral⸗Comités errichtet worden und an alle Lazarethe die Weisung ergangen, ihre Bedürfnisse von diesem Depot zu requiriren. Zum Verwalter desselben ist Herr Dr. Margx ernannt und mit mehreren Gehülfen am Freitag dort⸗ hin abgegangen. Außerdem ist Herr von Karstedt auf Fretzdorff als Delegirter des Militair⸗Inspektors Graf Stolberg und des Central⸗ Comités in Turnau stationirt, um die Verbindung mit den Haupt⸗ quartieren, den Militair⸗Kommando's und Lazarethen zu vermit⸗ teln und die Fortschaffung der Sendungen des Comités zu fördern. Am Freitag früh ging ein erheblicher Transport mit Lazarethgegenstän⸗ den ꝛc. für das Depot unter Führung des Kammerherrn von Schulse nach Turnau ab, ein zweiter Abends eben dahin unter Leitung der Herren v. Berlepsch und Sigismund Blumner. Am Sonnabend hatte das Central⸗Comité wiederum auf dem Dönhofsplatze, Gensdarmen⸗Markt und Frankfurter Bahnhofe Sammlungen freiwilliger Gaben und Naturalien veranstaltet und ist der durch die Opferfreudigkeit der Berliner Einwohner reichlich ausgefallene Ertrag dem Extrazuge beigefügt worden, der Abends 11 Uhr 15 Min. mit einer Ladung von 9 Waggons mit Lazarethbedürfnissen aller Art unter Führung des Geheimen und Ober⸗Regierungs⸗Raths Lüde⸗ mann nach Turnau abgelassen wurde. Der Stettiner Lokal⸗WVer⸗ ein hatte am Nachmittage zwei Waggons mit Erfrischungen, geleitet von 5 Mitgliedern der Kaufmannschast, nach Berlin entsendet, welchen das Cen⸗ tral⸗Comité bereitwilligst gestattete, sich dem Extrazuge anzuschließen. üUm 8 Uhr mit dem schlesischen Personenzuge ging eine Sendung von 80 Cent.

nern Eis und verschiedenen anderen Lazarethbedürfnissen unter Fübrung des

Waldenburg an das Lazareth Weiterbeförderung von Waldendurg ab Frau Fürstin von Pleß gütigst übernemmen hatte. Mit dem Courierzuge um 11 Uhr watren auch, in Folge telsgraphescher Ne⸗ quisition, aus dem Hauptquartier Horiz 35 Krankenwärter mit deen HPreerm Dr. Burg nach Königinhof und 18 mit dem Herrn Amtmanm Meper

Herrn Bezirksvorstehers Sala über

in Friedland ab, deren