Bereits aus Italien hatte er einen Eeeern für die Glyptothekfresken mitgebracht; während der Wintermonate in Düsseldorf zeichnete er die Cartons, und die meist durch Ferien der Akademie ausgefüllten Sommermonate sahen ihn mit seinen Schülern nach München überge⸗ siedelt, wo sich in den Sälen der Glyptothek ein reiches thätiges Kunst⸗ leben entfaltete. Die nächste sich darbietende Gelegenheit benutzte König Ludwig von Bayern, der 1825 den Thron seiner Väter bestiegen, den großen Meister, den er so hoch schätzte, ganz an München zu fesseln. 1824 war der Direktor der Münchener Kunstakademie Joh. Peter von Langer gestorben, und die erledigte Stelle wurde dem Corne⸗ lius angetragen. 1826 folgte er dem Rufe und trat in den bayerischen Staatsdienst über. Schon am letzten Tage des Vorjahres hatte der König ihm den ersten von ihm verliehenen bayerischen Civilverdienst⸗ Orden, mit dem der persönliche Adel verbunden ist, in den von ihm geschmückten Glyptotheksälen persönlich in Fervs9 seiner Schüler überreicht; denn man pflege Helden auf dem Schauplatze ihrer Thaten zu Rittern zu schlagen.
In der Glyptothek waren die Kreuzgewölbe und Spiegelwände zweier Säle und eine zwischen beiden liegende Vorhalle auszumalen. In dieser behandelte er die Prometheussage. In dem Wandbilde des Gewölbes zeigt sich Prometheus den Menschen formend, der von Athene beseelt wird. Rechts wird Prometheus von Herakles befreit, links Epimetheus durch das Entweichen der Erdenplagen aus der Büchse der Pandora für seine Unbedachtsamkeit bestraft. — In dem ersten, dem Göttersaale, nimmt die Mitte der Decke, die Spitzen der vier Gewölbekappen, Eros mit den symbolischen Thieren der vier Elemente, dem Delphin, dem Adler, dem Pfau und dem Kerberos, ein. Daran reihen sich Darstellungen des Frühlings, Sommers, Herbstes und Winters, weiter herab des Morgens, des Mittags, des Abends und der Nacht. Je vier mythologische Sce⸗ nen, durch einen Arabeskenstreif getrennt, vollenden, verwandte Ideenkreise durchlaufend, die Darstellungen der Decke. Die drei halb⸗ kreisförmigen Wandflächen (eine wird in diesem wie in dem zweiten
Saale durch das Fenster eingenommen) verherrlichen in großen und reichen Compositionen die Reiche der drei Kroniden: Poseidon und Amphitrite lauschen dem Gesange des Arion; Hebe reicht dem in den Olymp aufgenom⸗ menen Herakles die Nektarschale; Orpheus gewinnt dem stygischen Zeus die Rückgabe der geliebten Eurydike ab. Indem so die Haupt⸗ bilder die Macht der Liebe verkündigen, die selbst die Götter bezwingt, geht die Gedankenreihe auf ihren Ausgangspunkt in den Eroten mit den Symbolen der Elemente zurück. Mythologische Reliefs, zu denen gleich⸗ falls Cornelius die Zeichnungen entworfen, schließen sich an die Hauptbil⸗ deran. Schon während der Arbeit erscholl das Gerücht von diesen Composi⸗ tionen in alle Lande und verbreitete den Ruhm des Meisters. Seit der Sixtinischen Kapelle Michel Angelo's war so etwas nicht dagewesen, diese mit dem gegebenen Raum gleichsam naturnothwendig verschmol⸗ zene Anordnung, diese folgerichtige und vielgestaltige Gliederung eines einheitlichen Grundgedankens, diese großartige Durchbildung und selb⸗ ständige Haltung des Einzelnen. Dennoch erhob sich Cornelius Kunst in dem zweiten Saale fast zu noch höheren Triumphen. In dem V. oder Trojaner⸗Saale erzählen die Malereien der Wände die
eschichte des trojanischen Krieges. Die Hochzeit des Peleus und der Thetis, bei der die einzig nicht geladene Göͤttin der Zwietracht den goldenen Apfel für die schoͤnste der Göttinen in den Saal rollen ließ, iebt die erste entfernte Veranlassung zu dem unseligen Zuge; ie nimmt daher als Rundbild die Mitte des Gewölbes ein, die zwölf Götter, plastisch dargestellt, umschließen das Bild. Das Urtheil des Paris, die Vermählung des Menelaos, die Entführung der Helena die Opferung der Iphigeneia, grau in grau gemalt, vollenden die Vorgeschichte. Eine Anzahl von großen Scenen des zehnjährigen Krieges, durch Arabeskenstreifen getrennt, füllt den übrigen Raum der Gewölbefelder. Die drei Wandflächen nehmen drei Bilder von kolossalem Umfange und gigantischer Macht der Composition ein: Achilleus im Zorn gegen Agamemnon wegen der Wegführung der Bessac üer 5 8g Seg des Patroklos; die Zerstörung Troja's. Ueber diesen Bildern befinden dar 8 denbdes Krieges s sich plastisch dargestellte Epi⸗
„Im Jahre 1830 wurden die Glyptothek⸗Fresken vollend ⸗ nelius selbst hatte nur einen Theil derselben Fes n nc 1ndh, VE88 König Ludwig drängte zur Vollendung, und nahm schon zu neuem Unternehmen die künstlerischen Kräfte des Meisters in Anspruch. Be⸗ reits 1826 war ihm die Ausmalung der Loggien der alten Pinakothek übertragen worden. Zwischen den Secitenvorsprüngen des Gebäudes zieht sich ein 419 Fuß langer, 29 Fuß hoher und 18 Fuß breiter Bogen⸗ gang hin, der sich in 25 Loggien nach außen öffnet. In den Hänge⸗ kuppeln und auf den halbkreisförmigen Lunetten der Wände stellte Cornelius die Geschichte der Malerei dar, und zwar so, daß, von den beiden Endpunkten beginnend, die ersten zwölf Loggien die Entwicke⸗ lung der italiänischen, die zwölf letzten die der deutschen Ma⸗ lerei vorführen, beide Entwickelungsreihen in der dreizehnten dem Naphael gewidmeten Loggia zusammenlaufen. Die an poetischen und besonders malerischen Motiven überaus reiche Künstler⸗ legende hat häufig die Idee zu den Bildern hergeben müssen, und so schlingt sich das heitere Band der Dichtung um den Ernst der I Thatsachen. Dem Zweck und der Auffassung des ganzen Cyclus entspricht die Durchführung auf das Vollkommenste. Beson⸗ ders hoch ist dabei dem Meister die tiefe Einsicht in die historischen Zusammenhänge seines weitschichtigen Stoffes anzurechnen, zu einer Zeit, wo die wissenschaftliche Forschung auf diesem Gebiete noch weit urück war. Man erkennt daraus, daß Cornelius die alten Vorbil⸗
er seiner Kunst noch auf etwas mehr, als blos auf den nachahmens⸗ werthen Zug ihrer Linien angesehen hat, wobei seine schwächeren Mit⸗ strebenden häufig stehen blieben. Dem größten historischen Künstler erschloß sich unwillkürlich der Vlich in die tieferen Be⸗ züge neben oder nach einander auftretender Erscheinungen,
und eine bewundernswerthe Objektivität und Gerechtigkeit lei
Beurtheilungen auch der Hnecn Wesen SGee so gleich solche Fülle der Erkenntniß und des kritischen Scharfblickes aus den Werken spricht, drängt sich doch nirgends das Gefühl dieser Ein⸗ sicht vorlaut auf, sondern als Kunstleistung ist der Eyklus ganz auf sich gestellt, nicht die geistige Arbeit bei der Disposition des Stoffes verrathend. — Die Entwürfe zu dem gesammten Cyklus entstanden in den Jahren 1827 bis 1836 und wurden von dem Professor Clemens Zimmermann a fresco ausgeführt. Auch hier wie in der Glyp tothek ist der Plastik neben der Malerei ein nicht unbeträchtlicher An⸗ theil an der künstlerischen Ausschmückung zugewiesen.
Cornelius war in München nicht Zeit
Plan vollständig durchzuführen, bevor er einem neuen gegen. über trat. „Das Kunstleben München's entfaltete sich Unter König Ludwig's Aegide mit einer wunderbaren Schnelligkeit. So wurde denn auch die Arbeit an den Pinakothekbildern durch ein neues äußerst großartiges Werk gekreuzt. Doch war diesmal der König nur mittelbarer Urheber der Bestellung. Die Stadt München veranlaßte Cornelius zur Uebernahme der Ausmalung der 1829 gegründeten Lud. wigstirche. Gegenstand der Bilderfolge, die sich über den hohen Chor und das Querschiff verbreitet, ist das Oogma von der heiligen Dreieinig⸗ keit. Es galt also, eine streng kirchlich⸗dogmatische Idee künstlerisch monumental darzustellen; es war das erste Mal, daß eine solche Auf⸗ gabe an Cornelius herantrat, und dies unmittelbar, nachdem er sein
gegönnt, einen
künstlerisches Selbst in antiken Anschauungen und Erscheinungsformen
ausgelebt und einen profan⸗historischen Krei ler Leichtigkeit durchlaufen hatte. s säeh.d. 1 alfo hlermnit nüs Universalität seines Geistes, der Vielseitigkeit seiner Künstlernatur eine gewaltig schwere Zumuthung gemacht. Aber er entsprach dem auf ihn gesetzten Vertrauen in der glänzendsten Weise. Wenigstens mußte c1 4 1 “ ““ gs Werke urtheilen, als man noch m 1— e, wie weit der Meister i n Ri ä daar 18 da ngasgarn “ ster in derselben Richtung später „Die Gemälde der Ludwigskirche gliedern sich ßen. Die Deckengemälde im hohen Chor cheg⸗ Gott sic Trn gged 80n Mittelbild zeigt Gott als Schöpfer und Regierer der Welt, umgeben von den sieben Ordnungen der Engelchöre, die beiden Seitenstichkappen enthalten rechts den Erzengel Michael mit den abwehrenden und streitenden, links den Erzengel Gabriel mit den schützenden und vermittelnden Engeln des Gerichtes. — Der Verherrlichung des heili⸗ gen Geistes und seines Waltens sind die Gewölbe des Puerschiffe ewidmet. Im Schlußstein des Kreuzganges schwebt die Taube als b ymbol, umgeben in den Gewölbevierteln von den auserwählten Rüstzeugen des heiligen Geistes, den Patriarchen und Propheten, den Aposteln und Märtyrern „den Kirchenlehrern und Ordensstiftern, den Verbreitern des Christenthums und den heiligen Königen und Jung⸗ frauen. In den Kreuzarmen sind die lnspirken Schriftsteller darge⸗ stellt, nördlich die vier Evangelisten, füdlich die vier Kirchenväter (let⸗ tere von. Hermann entworfen). Die Malereien an den Wänden stellen die Sendung Christi dar: die nördliche Querschiffwand oben in zwei Seitenbildern die Verkündigung (gleichfalls von Hermann entworfen), darunter die Anbetung der Könige; die südliche Querschiffwand die Kreuzigung Christi; und dasae in zwei Seitenbildern den auferstandenen Christus und gegenüber Mag⸗ dalena, der er erscheint (zu letzterer der Karton entworfen von Her⸗ man n). Seinen erhabenen Abschluß erhält das Ganze durch die riesige Chorwand, auf der das umfangreichste, je auf einer Fläche gemalte
Bild sich darstellt, das jüngste Gericht, eine Composition von 63 Fuß
Höhe und 39 Fuß Breite. Dieses Bild ist nicht blos in räumli
b 1 . os in r Beziehung das bedeutendste der Ludwigskirche, . 1“ Ausführung sind hier von einer Großartigkeit, der sich wenig vorher
Geschaffenes vergleichen läßt, ja selbst den durch Gegenstand und Um⸗
fang des Werkes herausgeforderten Vergleich mit Michel Cornelius im geringsten nicht zu scheuen. — helangele braune Jahre 1830 begonnen, wurde das riesige Werk der Ludwig⸗ Fresken erst 1836 in den Cartons, 1840 in der farbigen Ausführung auf der Mauer fertig; das jüngste Gericht malte Cor⸗ nelius selbst bis zum letzten Pinselstriche mit eigener Hand. Zum Entwerfen des ganzen so wie einzelner Theile war er 1830 und 1834 nach Rom gezangen, hatte dann nach lebensgefährlicher Krankheit die Ausführung geleitet und zum Theil selbst übernommen, und seine Arbeiten nur während einer 1838 unternommenen Reise nach Paris, die für ihn an den auserlesensten Ehren reich war (er erhielt unter Anderem vom Könige Louis Philipp den Orden der Ehrenlegion), und einer Reise nach Stuttgart als Vertreter der Münchener Künstler und der deutschen Malerei bei der Enthüllung des Thorwaldsen'schen Schiller⸗ denkmals 1839 (wie er auch 1828 der Grundsteinlegung zu Rauch's Dürerstatue in Nürnberg beigewohnt) unterbrochen, nach Vollendung der Fresken und der Einweihung der Ludwigskirche “ . 8 vethes vern ein großes Fest, bei welchem b 8 auf die Einigkei b jenes 5 Selbstbekenntniß ablegte: 1 “ 8— Die Kunst hab' ich geliebeeê, Die Kunst hab' ich geübet 95 kehen dang. 88 Die Künste hab' ich verachtet, Nach Wahrheit nur decencheet, e he hietzit Darum 11I“*“ rmit war auch die Zeit seines Schaffens an dieser Stelle abgelaufen. Die Müncheller Verhältnisse halten sichts “ mehr für ihn, der Ort, dem er zwanzig Jahre unausgesetzt seine Kräfte ewidmet, konnte ihm ferner keine Gelegenheit zu höherem Fluge Enca Senirde, biegen nand en ergriff 19— auch nicht ohne z6ernde - gliche Hand, die ihn auf ei 8, wei biet des Schaffens hinüberführen wollte 1“ Z te Beilage
zum Koͤniglich Preußischen Staats⸗A
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. Montag, den 8. Ap “ 3 ga. 66 1
Gemeindeverfassungs⸗Gesetz für die Stadt Frankfurt a. M⸗ Vom 25. März 1867.
Wir Wilhelm, 88 Gnaden König von Preußen ꝛc. verordnen hiermit, was folgt: 1 .1. Das gegenwärtige Versassungagescz soll Geltung haben für die Stadtgemeinde Frankfurt a. M. einschließlich Sachsenhausen und
ren Gemarkung. b 8 .2. Der Stadtgemeinde Frankfurt a. M. steht die Selbstver⸗ waltung ihrer Angelegenheiten nach näherer Vorschrift dieses Gesetzes ss Sie wird durch einen Magistrat und eine Stadtverordneten⸗Ver⸗ mmlung vertreten. 8 §. 3,8 Durch übereinstimmenden Beschluß des Magistrats und der Stadtverordneten⸗Versammlung können für die Stadtgemeinde Frank⸗ furt a. M. mit Genehmigung der Regierung statutarische Anordnun⸗ en getroffen werden, welche jedoch den bestehenden Gesetzen nicht wider⸗ prechen dürfen: 1 . 1) über solche Angelegenheiten der Stadtgemeinde, so wie über solche Rechte und Pflichten ihrer Mitglieder, hinsichtlich deren das gegenwärtige Gesetz Verschiedenheiten gestattet, oder keine aus⸗ rüͤcklichen Bestimmungen enthält; 1 2) über sonstige eigenthümliche Verhältnisse und Einrichtungen, ins⸗ bpesondere auch Behufs Herstellung einer etwa als wünschens⸗ weerth sich herausstellenden kommunalen Verbindung zwischen der Setaͤdtgemeinde Frankfurt a. M. und deren Nachbargemeinden, poorbehaltlich der Zustimmung der letzteren. 1
§. 4. Die Vereinigung eines anderen Gemeindebezirks mit dem Bezirk der Stadtgemeinde 7 rankfurt a. M. kann nur unter Zustim⸗ mung der betheiligten Gemeinden und mit Genehmigung des Königs erfolgen.
Andere Veränderungen des Stadtbezirks können vorgenommen werden: 1) mit Genehmigung der Re ierung, wenn die betheiligten Gemeinden und die Besitzer der betreffenden Grundstücke damit ein⸗ verstanden sind, oder nur: 2) mit Genehmigung des Königs, wenn diese Voraussetzungen nicht zutreffen, die Veränderung gleichwohl aber als ein im öffentlichen Interesse liegendes dringendes Bedürfniß an⸗
nen ist. 1b 5. M. durch Veränderungen des Stadtbezirks, in Ermangelung einer Einigung der Betheiligten erforderlich werdende Regulirung der Verhältnisse erfolgt, unbeschadet aller aus privatrechtlichen Titeln ent⸗ springenden Rechte und Pflichten, durch Beschluß der Regierung. Von den Rechten und Pflichten der Einwohner und Bürger
der Stadtgemeinde. 5
6. Alle Einwohner des Stadtbezirks, mit Ausnahme der servis⸗ berechtigten Militairpersonen des aktiven Dienststandes, gehören zur Stadtgemeinde Frankfurt a. WNM. 1
Als Einwohner “ betrachtet, welche im Stadt⸗
bezirke ihren gesetzlichen Wohnsitz haben. 1
1 §. 7 e des Stadtbezirks sind, unbeschadet der durch stiftungs⸗ und sonstige privatrechtliche Titel begründeten besonderen Rechtsverhältnisse, zur Mitbenutzung derjenigen öffentlichen Anstalten berechtigt, welche der Stadtgemeinde als solcher gehören, und sind verpflichtet, zu den Gemeindelasten nach Vorschrift dieses Gesetzes bei⸗ utragen. . 8 8. Wer, ohne im Stadtbezirke zu wohnen, daselbst Grund⸗ besitz hat oder ein stehendes Gewerbe betreibt, ist dennoch verpflichtet, zu denjenigen Gemeindelasten beizutragen, welche auf den Grundbesitz oder das Gewerbe oder auf das aus jenen Quellen fließende Einkom⸗ men gelegt sind. 14“ 1
Dieselbe Verpflichtung haben juristische Personen, welche im Stadt⸗ bezirke Grundbesitz haben, oder ein stehendes Gewerbe betreiben.
§. 9. Alle nicht zu den Einwohnern gehörigen Personen, welche sich im Stadtbezirke seit länger als drei Monaten aufhalten, um dort ihren Unterhalt zu erwerben, sind vom Beginne des vierten Monats ab zu den Gemeindelasten beizutragen verpflichtet.
§. 10. Zu den Gemeindelasten, welche auf den Grundbesitz oder auf das stehende Gewerbe oder auf das aus jenen Quellen fließende Einkommen gelegt sind, müssen auch die im §. 6 erwähnten Militair⸗ personen beitragen, wenn sie im Stadtbezirke Grundbesitz haben, oder
ein stehendes Gewerbe betreiben. 1
Von andern direkten Gemeindeabgaben und Lasten sind dieselben, mit Ausnahme der Militairärzte, rücksichtlich ihres Einkommens aus einer Civilpraxis, frei; von Verbrauchssteuern bleiben nur die Mili⸗ tair⸗Speise⸗Einrichtungen und ähnliche Anstalten in dem bisherigen Um⸗ fange befreit. “]
§. 11. Die Civil⸗ und Militairbeamten, die auf Inaktivitäts⸗ Pehalt gesetzten Offiziere, die Geistlichen und Elementarlehrer, die mpfänger von Wittwen⸗ und anderen Pensionen, von Wartegeldern, Waisenerziehungsgeldern, Sterbe⸗ und Gnadenmonaten sind nur nach Maßgabe des Fesees vom 11. Juli 1822 (Gesetz⸗Samml. Seite 184), der Declaration vom 21. Januar 1829 (Gesetz⸗Samml. S. 9) und der Kabinets⸗Ordre vom 14. Mai 1832 (Gesetz⸗Samml. S. 145) zu den Gemeindelasten beizutragen verpflichtet. Im Uebrigen finden persön⸗ liche Befreiungen nicht statt. 1 1 .12. Ertragsunfähige, desgleichen die zu einem öffentlichen Dienste oder Gebrauche bestimmten Grundstücke und die Dienstgrund⸗ stücke der Geistlichen, Kirchendiener und Elementarlehrer sind von den Gemeindelasten befreit. Im Uebrigen sind nur zeitweilige Befreiungen für neubebaute Grundstücke zulässig.
§. 13. Das Bürgerrecht besteht in dem Rechte zur Theilnahme an den Gemeindewahlen, so wie in der Befähigung zur Uebernahme unbesoldeter Aemter und Stellen in der Gemeindeverwaltung und in der Gemeindevertretung.
Jeder selbstständige Preuße erwirbt dasselbe, wenn er seit einem Jahre 1) Einwohner des Stadtbezirks ist und zur Stadtgemeinde ge⸗ hört (§. 6), 2) keine Armenunterstützung aus öffentlichen itteln em⸗ pfangen; 3) die ihn betreffenden Gemeindeabgaben bezahlt hat und außerdem 4) entweder a) ein Wohnhaus im Stadtbezirke besitzt (§. 24), oder b) ein stehendes Gewerbe selbstständig als Haupterwerbsquelle mit wenigstens zwei Gehülfen betreibt, oder c) ein Jahreseinkommen von 700 Gulden bezieht.
Einkommen un Hausbesitz der Ehefrau werden dem Ehemanne, Einkommen und Hausbesitz der minderjährigen, beziehungsweise der in väterlicher Gewalt befindlichen Kinder dem Vater angerechnet.
K. 14. Als selbstständig (§. 12¹ wird derjenige angesehen, der das vier und zwanzigste Lebensjahr vollendet und einen eigenen Hausstand hat, sofern ihm das Recht, über sein Vermögen zu verfügen und das⸗ selbe zu verwalten, nicht durch richterliches Erkenntniß entzogen ist.
§. 15. Von dem Vorhandensein einer einjährigen Dauer der im §. 13 aufgeführten Erfordernisse kann der Magistrat unter Zustim⸗ mung der Stadtverordneten⸗Versammlung in einzelnen Fällen dispen⸗ siren. In den Fällen, wo ein Haus durch Vererbung auf einen An⸗ deren übergeht, kommt dem Erben bei Berechnung der Dauer des ein⸗ jährigen Wohnhausbesitzes die Besitzzeit des Erblassers zu Gute.
§. 16. Durch Beschluß des Magistrats und der Stadtverord⸗ neten⸗Versammlung und mit Genechmigung der Regierung kann nach Maßgabe der Bestimmungen des Gesetzes vom 14. Mai 1860 (Gesetz⸗ Samml. S. 237) ein Bürgerrechtsgeld eingeführt und von dessen vor⸗ gängiger Entrichtung die Ausübung des Bürgerrechts abhängig ge⸗ macht werden.
SK. 17. Jeder Bürger ist verpflichtet, eine unbesoldete Stelle (Amt) in der Gemeindeverwaltung oder Vertretung anzunehmen und dieselbe mindestens drei Jahre lang zu versehen.
z. 18. Zur Ablehnung oder Niederlegung einer unbesoldeten Stelle in der Gemeindeverwaltung oder Vertretung berechtigen nur folgende Gründe: 1) anhaltende Krankheit, 2) Geschäfte, die eine häufige oder lange andauernde Abwesenheit mit sich bringen, 3) ein Alter von 60 Jahren, 4) die dreijährige Wahrnehmung der betreffenden oder einer anderen unbesoldeten Stelle für die nächsten drei Jahre, 5) die Verwaltung eines anderen öffentlichen Amtes, 6) ärztliche oder wundärztliche Praxis, 7) sonstige besondere Verhältnisse, welche nach dem Ermessen der Stadtverordneten⸗Versammlung eine gültige Ent⸗ schuldigung begründen. Werr sich ohne einen dieser Gründe weigert, eine unbesoldete Stelle in der Gemeindeverwaltung oder Vertretung anzunehmen, oder die noch nicht drei Jahre lang wahrgenommene Stelle ferner zu versehen, sowie derjenige, welcher sich der Verwaltung solcher Stellen thatsächlich entzieht, kann durch Beschluß der Stadtverordneten⸗Versammlung mit Genehmigung der Regierung auf drei bis sechs Jahre der Ausübung des Bürgerrechtes für verlustig erklärt und um ein Achtel bis ein Viertel stärker zu den direkten Gemeindeabgaben herangezogen werden.
§. 19. Das Bürgerrecht geht verloren, sobald eins der zur Er⸗ languͤng desselben vorgeschriebenen Erfordernisse bei dem bisher Be⸗ rechtigten nicht mehr zutrifft. 8 88
Wer in Folge rechtskräftigen Erkenntnisses der bürgerlichen Ehre verlustig geworden ist (§. 12 des Strafgesetzbuchs), verliert dadurch auch das Bürgerrecht und die Befähigung, dasselbe zu erwerben.
Wem durch rechtskräftiges Erkenntniß die Ausübung der bürger⸗ lichen Ehrenrechte untersagt ist (§. 21 des Strafgesetzbuchs), verliert damit auch das Bürgerrecht und erlangt dasselbe erst mit dem Ab⸗ lauf der im Erkenntnisse bestimmten Zeit von selbst wieder.
Wer in Konkurs verfällt, verliert das Bürgerrecht; dasselbe kann ihm jedoch, wenn er die Befriedigung seiner Gläubiger nachweist, von dem Magistrate unter Zustimmung der Stadtverordneten⸗Versamm⸗ lung wieder verliehen werden. “ r
§. 20. Ist gegen einen Bürger wegen eines Verbrechens die Ver⸗ setzung in den Anklagestand, oder wegen eines Vergehens, welches die Untersagung der Ausübung der bürgerlichen Ehrenrechte nach sich iehen muß oder kann, die Verweisung an das Strafgericht ausge⸗ svoen, oder ist derselbe zur gerichtlichen Haft gebracht’ so ruht die Ausübung des Bürgerrechts, bis die gerichtliche Untersuchung, bezie⸗ hungsweise die gerichtliche Haft beeendigt ist. “
§. 21. Der Verlust des Bürgerrechts zieht den definitiven Ver⸗ lust der das Bürgerrecht als Bedingung voraussetzenden Stellen und Aemter, das Ruhen des Bürgerrechts aber die Suspension von den⸗ selben nach sich.
§. 22. Der ist befugt, unter Zustimmung der Stadt⸗ verordneten⸗Versammlung Männern, welche sich um die Stadt ver⸗ dient gemacht haben, ohne Rücksicht auf die oben gedachten besonderen Erfordernisse, das Ehrenbürgerrecht zu ertheilen, wodurch keine Ver⸗ pflichtungen gegen die Stadtgemeinde entstehen.
Von der Zusammensetzung und Wahl der Stadtverord⸗ neten⸗Versammlung.
S. 23. Die Stadtverordneten⸗Versammlung besteht, vorbehaltlich anderweitiger statutarischer Anordnung, aus vier und fünfzig Mit⸗
gliedern. ö“ 8 §. 24. Die Stadtverordneten müssen
zur Häͤlfte aus Haus⸗