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v“ Eisenbahnwesen. “
Art. 41. Eisenbahnen, welche im Interesse der Vert des Bundesgebiets oder im Interesse des gemeinsamen Verkehrs für nothwendig erachtet werden, können kraft eines Bundesgesetzes auch gegen den Widerspruch der Bundesglieder, deren Gebiet die Eisenbah⸗ nen durchschneiden, unbeschadet der Landeshoheitsrechte, für Rechnung des Bundes angelegt oder an Privat⸗Unternehmer zur Ausführung konzessionirt und mit dem Expropriationsrechte ausgestattet werden.
Jede bestehende Eisenbahn⸗Verwaltung ist verpflichtet, sich den dinsea neuangelegter Eisenbahnen auf Kosten der letzteren gefallen zu lassen.
Die gesetzlichen Bestimmungen, welche bestehenden Eisenb ahn⸗ Unternehmungen ein Widerspruchsrecht gegen die Anlegung von Parallel⸗ oder Konkurrenzbahnen einräumen, werden, ünbeschadet bereits erworbener Rechte, für das ganze Bundesgebiet hierdurch auf⸗ gehoben. Ein solches Widerspruchsrecht kann auch in den künftig zu ertheilenden Konzessionen nicht weiter verliehen werden.
Art. 42. Die Bundes⸗Regierungen verpflichten sich, die im Bun⸗ desgebiete belegenen Eisenbahnen im Interesse des allgemeinen Ver⸗ kehrs wie ein einheitliches Netz verwalken und zu diesem Behuf auch die neuherzustellenden Bahnen nach einheitlichen Normen anlegen und ausrüsten zu lassen.
Art. 43. Es sollen demgemäß in thunlichster Beschleunigung übereinstimmende Betriebs⸗Einrichtungen getroffen, insbesondere gleiche Bahn⸗Polizei⸗Reglements eingeführt werden. Der Bund hat dafür Sorge zu tragen, daß die Eisenbahn⸗Verwaltungen die Bahnen jeder Zeit in einem, die nöthige Sicherheit gewährenden baulichen Zustande erhalten und dieselben mit Betriebsmaterial so ausrüsten, wie das Verkehrs⸗Bedürfniß es erheischt. b
Art. 44. Die Eisenbahn⸗Verwaltungen sind verpflichtet, die für
den durchgehenden Verkehr und zur Her ellung ineinandergreifender Fahrpläne nöthigen Personenzüge mit entsprechender Fahrgeschwindig⸗ keit, desgleichen die zur Bewältigung des Güterverkehrs nöthigen Güterzüge einzuführen, auch direkte Expeditionen im Personen⸗ und Güterverkehr unter Gestattung des Ueberganges der Transportmittel 18 einer Bahn auf die andere, gegen die übliche Vergütung einzu⸗ richten. Dem Bunde steht die Kontrole über das Tarifwesen 1 8 Derselbe wird namentlich dahin wirken: 1) daß baldigst auf den Eisenbahnen im Gebiete des Bundes übereinstimmende Betriebs⸗Regle⸗ ments eingeführt werden; 2) daß die möglichste Gleichmäßigkeit und Herabsetzung der Tarife erzielt, insbesondere daß bei größeren Entfer⸗ nungen für den Transport von Kohlen, Coaks, Holz, Erzen, Steinen, Salz, Roheisen, Düngungsmitteln und ähnlichen Gegenständen, ein dem Bedürfniß der Landwirthschaft und Industrie entsprechender er⸗ mäßigter Tarif, und zwar zunächst thunlichst der Ein⸗Pfennig⸗Tarif eingeführt werde. dArt. 46. Bei eintretenden Nothständen, insbesondere bei unge⸗ wöhnlicher Theuerung der Lebensmittel, sind die Eisenbahn⸗Verwal⸗ tungen verpflichtet, für den Transport, namentlich von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten und Kartoffeln, zeitweise einen dem Bedürfniß ent⸗ sprechenden, von dem Bundes⸗Präsidium auf Vorschlag des betreffen⸗ den Bundesraths⸗Ausschusses festzustellenden, niedrigen Spezial⸗Tarif einzuführen, welcher jedoch nicht unter den niedrigsten auf der betref⸗ enden Bahn für Rohprodukte geltenden Satz herabgehen darf.
Art. 47. Den Anforderungen der Bundes⸗Behörden in Betreff er Benutzung der Eisenbahnen zum Zweck der Vertheidigung des Bundesgebietes haben sämmtliche Eisenbahn⸗Verwaltungen unweiger⸗ lich Folge zu leisten. Insbesondere ist das Militair und alles Kriegs⸗ ma terial zu gleichen ermäßigten Sätzen zu befördern. 1
VIII.
8 Post⸗ und Telegraphen⸗Wesen.
Art. 48. Das Postwesen und das Telegraphenwesen werden für das gesammte Gebiet des Norddeutschen Bundes als einheitliche Staatsverkehrs⸗Anstalten eingerichtet und verwaltet. b
Die im Artikel 4. worgeschene Gesetzgebung des Bundes in Post⸗ und Telegraphen⸗Angelegenheiten erstreckt sich nicht auf diejenigen Gegenstände, deren Regelung, nach den gegenwärtig in der Preußischen Post⸗ und Telegraphen ⸗»Verwaltung maßgebenden Grundsätzen, der reglementarischen Festsetzung oder administrativen Anordnung über⸗
lassen ist.
Art. 49. Die Einnahmen des Post⸗ und Telegraphen⸗ Wesens sind für den ganzen Bund gemeinschaftlich. Die Ausgaben werden aus den gemeinschaftlichen Einnahmen be⸗ stritten. Die Ueberschüsse fließen in die Bundeskasse (Abschnitt XII.)
Art. 50. Dem Bundes⸗Präsidium gehört die obere Leitung der Post⸗ und Telegraphen⸗Verwaltung an. Dasselbe hat die Pflicht und das Recht, dafür zu sorgen, daß Einheit in der Organisation der Ver⸗ waltung und im Betriebe des Dienstes, so wie in der Qualification der Beamten hergestellt und erhalten wird.
Das Präsidium hat für den Erlaß der reglementarischen Fest⸗ setzungen und allgemeinen administrativen Anordnungen, so wie für die ausschließliche Wahrnehmung der Beziehungen zu andern deutschen E 11“.“ Post⸗ und Telegraphen⸗Verwaltungen Sorge zu
Sämmtliche Beamte der Post⸗ und Telegraphen⸗Verwaltung sind verpflichtet, den Anordnungen des Bundes⸗Präsidiums Folge zu Eisind Diese Verpflichtung ist in den Diensteid aufzunehmen.
Die Anstellung der bei den Verwaltungs⸗Behörden der ost und Segb- in den verschiedenen Bezirken erforderlichen oberen Beamten (z. B. der Direktoren, Räthe, Ober⸗Inspektoren), ferner die Anstellung der zur Wahrnehmung des Aufsichts⸗ u. s. w. Dienstes in den einzel⸗ nen Bezirken als Organe der erwähnten Behörden fungirenden Post⸗
und Telegraphen⸗Beamten (z. B. Inspektoren, Controleure) geht fuͤr
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1“ heidigung
das ganze Gebiet des Norddeutschen Bundes von dem Präsidium aus, welchem diese Beamten den Diensteid leisten. Den einzelnen Landesregierungen wird von den in Rede stehenden Ernennun en soweit dieselben ihre Gebiete betreffen, behufs der landesherrlichen 8 stätigung und Publication rechtzeitig Mittheilung gemacht werden. Die anderen bei den Verwaltungs⸗Behörden der Post und Tele⸗ graphie erforderlichen Beamten, sowie alle für den lokalen und tech⸗ nischen Betrieb bestimmten, mithin bei den eigentlichen Betriebsstellen fungirenden, Beamten u. s. w. werden von den betreffenden Landes⸗ regierungen angestellt. „Wo eine selbstständige Landes⸗Post⸗ resp. Telegraphen⸗Verwaltung nicht besteht, entscheiden die Bestimmungen der besonderen Verträge. Art. 51. Zur Beseitigung der Zersplitterung des Post⸗ und Telegraphen⸗Wesens in den Hansestädten wird die Verwaltung und der Betrieb der verschiedenen dort befindlichen staatlichen Post⸗ und Telegraphen⸗Anstalten nach näherer Anordnung des Bundes⸗Präsi.
diums, welches den Senaten Gelegenheit zur Aeußerung ihrer hierauf
bezüglichen Wünsche geben wird, vereinigt. Hinsichts der dort befind⸗ lichen deutschen Anstalten ist diese Vereinigung sofort auszuführen.
Mit den außerdeutschen Regierungen, welche in den Hansestädten noch Postrechte besitzen oder ausüben, werden die zu dem vorstehenden Zweck nöthigen Vereinbarungen getroffen werden. 1b
Art. 52. Bei Ueberweisung des Ueberschusses der Post⸗Verwal⸗ tung für allgemeine Bundeszwecke (Art. 49) soll, in Betracht der bis. herigen Verschiedenheit der von den Landes ⸗Postverwaltungen der einzelnen Gebiete erzielten Rein⸗Einnahmen, zum Zwecke einer ent⸗ sprechenden Ausgleichung während der unten festgesetzten Uebergangs⸗ zeit folgendes Verfahren beobachtet werden.
Aus den Post⸗Uebers chüssen, welche in den einzelnen Postbezirken wäh⸗ rend der fünf Jahre 1861 bis 1865 aufgekommen sind, wird ein durchschnitt⸗ licher Jahres⸗Ueberschuß berechnet, und der Antheil, welchen jeder einzelne Postbezirk an dem für das gesammte Gebiet des Norddeutschen Bundes sich darnach herausstellenden Post⸗Ueberschusse gehabt hat, nach Pro⸗ zenten festgestellt.
Nach Maßgabe des auf diese Weise festgestellten Verhältnisses werden aus den im Bunde aufkommenden Post⸗Ueberschüssen während der nächsten acht Jahre den einzelnen Staaten die sich für dieselben ergebenden Quoten auf ihre sonstigen Beiträge zu Bundeszwecken zu Gute gerechnet.
Nach Ablauf der acht Jahre hört jene Unterscheidung auf, und fließen die Post⸗Ueberschüsse in ungetheilter Aufrechnung nach dem in Art. 49 enthaltenen Grundsatz der Bundeskasse zu.
VVon der während der vorgedachten acht Jahre für die Hansestädte sich herausstellenden Quote des Post⸗Ueberschusses wird alljährlich vor⸗ weg die Hälfte dem Bundes⸗Präsidium zur Disposition gestellt zu dem Zwecke, daraus zunächst die Kosten für die Herstellung normaler Posteinrichtungen in den Hansestädten zu bestreiten. ““
IX. 8 8 Marine und Schifffahrt. “
Art. 53. Die Bundes⸗Kriegsmarine ist eine einheitliche unter
reußischem Oberbefehl. „Die Organisation und Zusammensetzung der⸗ elben liegt Sr. Majestät dem Könige von Preußen ob, welcher die Offiziere und Beamten der Marine ernennt und für welchen dieselben nebst den Mannschaften eidlich in Pflicht zu nehmen sind. Der Kieler Hafen und der Jahde⸗Hafen sind Bundeskriegshäfen. Deer zur Gründung und Erhaltung der Kriegsflotte und der da⸗ mit zusammenhängenden Anstalten erforderliche Aufwand wird aus der Bundeskasse bestritten. 1
Die gesammte seemännische Bevölkerung des Bundes, einschließ⸗ lich des Maschinen⸗Personals und der Schiffs⸗Handwerker ist vom Dienste im Landheere befreit, dagegen zum Dienste in der Bundes⸗ Marine verpflichtet.
Die Vertheilung des Ersatzbedarfs findet nach Maßgabe der vorhandenen seemännischen Bevölkerung statt und die hiernach von
jedem Staate gestellte Quote kommt auf die Gestellung zum Landheere in Abrechnung.
Alrt. 54. Die Kauffahrteischiffe aller Bundesstaaten bilden eine
einheitliche Handelsmarine.
ze.⸗Der Bund hat das Verfahren zur Ermittelung der Ladungs⸗
fähigkeit der Seeschiffe zu bestimmen, die Ausstellung der Meßbriefe,
sowie der Schiffscertifikate zu regeln und die Bedingungen festzustellen,
h lchen die Erlaubniß zur Führung eines Seeschiffes abhän⸗ 4 .
In den Seehäfen und auf allen natürlichen und künstlichen Wasserstraßen der einzelnen Bundesstaaten werden die Kauffahrtei⸗ schiffe sämmtlicher Bundesstaaten gleichmäßig zugelassen und behandelt. Die Abgaben, welche in den Seehäfen von den See chiffen oder deren Ladungen für die Benutzung der Schifffahrtsanstalten erhoben werden, 8.. die zur Unterhaltung und gewöhnlichen Herstellung dieser An⸗ stalten erforderlichen Kosten nicht übersteigen.
Auf allen natürlichen Wasserstraßen duͤrfen Abgaben nur für die Be⸗ nutzung besonderer Anstalten, die zur Erleichterung des Verkehrs be⸗ stimmt sind, erhoben werden. Diese Abgaben, so wie die Abgaben für die Befahrung sarche künstlichen Wasserstraßen, welche Staats⸗ eigenthum sind, dürfen die zur Unterhaltung und gewöhnlichen Her⸗ stellung der Anstalten und Anlagen erforderlichen Kosten nicht über⸗ steigen. Auf die Flößerei finden diese Bestimmungen insoweit An⸗ wendung, als dieselbe auf schiffbaren Wasserstraßen betrieben wird.
Auf fremde Schiffe oder deren Ladungen andere oder höhere Ab⸗ zu legen, als von den Schiffen der Bundesstaaten oder deren Faedungen zu entrichten sind, steht keinem Einzelstaate, sondern nur dem
Art. 55. Die Flagge der Kriegs⸗ und Handels⸗Marine i varz⸗ weiß noich Flagg g 5 Marine ist schwarz
normirt, und wird
des
8 1769
Zweite Beile 11“
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lage zum Koniglich Preußischen
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Staats
MNiittwoch, den 1. Mai
Art. 56. Das gesammte Norddeutsche Konsulatwesen steht unter der Aufsicht des Bundes⸗Präsidiums, welches die Konsuln, nach Vernehmung des Ausschusses des Bundesrathes für Handel und Ver⸗ kehr, anstellt. “ 8 8 3
In dem Amtsbezirk der Bundes⸗Konsuln dürfen neue Landes⸗ Konsulate nicht errichtet werden. Die Bundes⸗Konsuln üben für die in ihrem Bezirk nicht vertretenen Bundesstaaten die Functionen eines Landes⸗Konsuls aus. Die sämmtlichen bestehenden Landes⸗Konsulate werden aufgehoben, sobald die Organisation der Bundes⸗Konsulate dergestalt vollendet ist, daß die Vertretung der Einzelinteressen aller Bundesstaͤaten als durch die Bundes⸗Konsulate gesichert von dem Bundesrathe anerkannt wird. v““ Bundeskriegswesen. 1b “ Art. 57. Jeder Norddeutsche ist wehrpflichtig und kann sich in Ausübung dieser Pflicht nicht vertreten lassen. “
Art. 58. Die Kosten und Lasten des gesammten Kriegswesens des Bundes sind von allen Bundesstaaten und ihren Angehörigen gleichmäßig zu tragen, so daß weder Bevorzugungen, noch Prägra⸗ vationen einzelner Staaten oder Klassen grundsätzlich zulässig sind. Wo die gleiche Vertheilung der Lasten sich in natura nicht herstellen läßt, ohne die öffentliche Wohlfahrt zu schädigen, ist die Ausgleichung nach den Grundsätzen der Gerechtigkeit im Wege der Gesetzgebung fest⸗ zustellen. “ 8
Art. 59. Jeder wehrfähige Norddeutsche gehört sieben Jahre lang, in der Regel vom vollendeten 20. bis zum beginnen⸗ den 28. Lebensjahre, dem stehenden Heere — und zwar die ersten drei Jahre bei den Fahnen, die letzten vier Jahre in der Reserve — und die folgenden fünf Lebensjahre der Landwehr an. In denjenigen Bundesstaaten, in denen bisher jeine längere als zwölfjährige Gesammtdienstzeit gesetzlich war, findet die allmälige Herabsetzung der Verpflichtung nur in dem Maße statt, als dies die Rücksicht auf die Kriegsbereitschaft des Bundesheeres zuläßt. 8
In Bezug auf die Auswanderung der Reservisten sollen lediglich
diejenigen Bestimmungen maßgebend sein, welche für die Auswande⸗ rung der Landwehrmänner gelten.
Art. 60. Die Friedens⸗Präsenzstärke des Bundesheeres wird bis zum 31. Dezember Wi auf ein Prozent der Bevölkerung von 1867 böro rata derselben von den einzelnen Bundes⸗ staaten gestellt. Für die spätere Zeit wird die Friedenspräsenzstärke eeres im Wege der Bundesgesetzgebung festgestellt. lrt. 61. Nach Publication dieser Verfassung ist in dem ganzen Bundesgebiete die gesammte preußische Militairgesetzgebung ungesäumt einzuführen, sowohl die Gesetze selbst, als die zu ihrer Ausführung, Erläuterung oder Ergänzung erlassenen Reglements, Instructionen und
Rescripte, namentlich also das Militair⸗Strafgesetzbuch vom 3. April
1845, die Militair⸗Strafgerichtsordnung vom 3. April 1845, die Verord⸗ nung über die vom 20. Juli 1843, die Bestimmungen über Aushebung, Dienstzeit, Servis⸗ und Verpflegungswesen, Ein⸗ quartierung, Ersatz von Flurbeschädigungen, Mobilmachung u. s. w. für Krieg und Frieden. Die Militair⸗Kirchenordnung ist jedoch aus⸗
eschlossen. 1“ 1“ 8 beseh gleichmäßiger Durchführung der Bundeskriegs⸗Organisation
wird das Bundes⸗Präsidium ein umfassendes Bundes⸗Militairgesetz dem Reichstage und dem Bundesrathe zur verfassungsmäßigen Beschluß⸗
8
fassung vorlegen. 1 s Art 62 Zur Bestreitung des Aufwandes für das gesammte
Bundesheer und die zu demselben gehörigen Einrichtungen sind bis zum 819 Dezember 1871 dem Bundesfeldherrn jährlich sovielmal 225 Thaler, in Worten zweihundert fünf und zwanzig Thaler, als die Kopfzahl der Friedensstärke des Heeres nach Artikel 60 beträgt, zur Verfügung zu stellen. Vergl. Abschnitt XII. 1
Die Zahlung dieser Beiträge beginnt mit dem ersten des Monats nach Publication der Bundesverfassung. 1 3
Nach dem 31. Dezember 1871 müssen diese Beträge von den ein⸗
elnen Staaten des Bundes zur Bundeskasse fortgezahlt werdch. Zur
Pgerxe derselben wird die im Artikel 60 interimistisch festgestellte Friedenspräsenzstärke so lange festgehalten, bis sie durch ein Bundes⸗ gesetz abgeändert ist. 3 “
Die Verausgabung dieser Summe für das gesammte Bundesheer und dessen Einrichtungen wird durch das Etatsgesetz festgestellt.
Bei der Feststellung des Militair⸗Ausgabe⸗Etats wird die auf Grund⸗ lage dieser gesetzlich feststehende Organisation des Bundes⸗ 1 runde gelegt. 1 “ 1 Cr Die esamante Landmacht des Bundes wird ein ein⸗ heitliches Heer bilden, welches in Krieg und Frieden unter dem Be⸗ fehle Sr. Majestät des Königs von Preußen als Bundesfeldherrn steht.
Die Regimenter ꝛc. führen fortlaufende Nummern durch die ganze Bundes⸗Armee. Für die Bekleidung sind die Grundfarben und der Schnitt der Königlich preußischen Armee maßgebend. Dem betreffen⸗ den Kontingentsherrn bleibt es überlassen, die äußeren Abzeichen (Ko⸗ karden ꝛc.) zu bestimmen. “ Wun begemmen hat die Pflicht und das Recht, dafür Sorge zu tragen, daß innerhalb des Bundesheeres alle Truppentheile voll⸗ zählig und kriegstüchtig vorhanden sind und daß Einheit in der Or⸗ anisation und Formation, in F und Kommando, in der Nusbildung der Mannschaften, so wie in der Qualification der Offi⸗
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ziere hergestellt und erhalten wird. Zu diesem Behufe ist der Bundes⸗ Feldherr berechtigt, sich jederzeit durch Inspectionen von der Verfassung der einzelnen Kontingente zu überzeugen und die Abstellung der dabei vorgefundenen Mängel anzuordnen.
Der Bundesfeldherr bestimmt den Präsenzstand, die Gliederung und Eintheilung der Kontingente der Bundes⸗Armee, so wie die Or⸗ ganisation der Landwehr, und hat das Recht, innerhalb des Bundes⸗ gebietes die Garnisonen zu bestimmen, so wie die kriegsbereite Auf⸗ stellung eines jeden Theils der Bundes⸗Armee anzuordnen.
Behufs Erhaltung der unentbehrlichen Einheit in der Administra⸗ tion, Verpflegung, Bewaffnung und Ausrüstung aller Truppentheile des Bundesheeres sind die bezüglichen künftig ergehenden Anordnungen für die preußische Armee den Commandeuren der übrigen Bundes⸗ Kontingente, durch den Art. 8 Nr. 1 bezeichneten Ausschuß für das Landheer und die Festungen, zur Nachachtung in geeigneter Weise mitzutheilen.
Art. 64. Alle Bundestruppen sind verpflichtet, den Befehlen des Bundesfeldherrn unbedingte Folge zu leisten. Diese Verpflichtung ist in den Fahneneid aufzunehmen. 8e
Der Höchstkommandirende eines Kontingents, so wie alle Offiziere, welche Truppen mehr als eines Kontingents befehligen, und alle Festungs⸗Kommandanten werden von dem Bundesfeldherrn ernannt. Die von Demselben ernannten Offtziere leisten Ihm den Fahneneid. Bei Generalen und den Generalstellungen versehenden Offizieren inner⸗ halb des Bundes⸗Kontingents ist die Ernennung von der jedesmaligen Zustimmung des Bundesfeldherrn abhängig zu machen. .
Der Bundesfeldherr ist berechtigt, behufs Versetzung mit oder ohne Beförderung für die von ihm im Bundesdienste, sei es im preußischen Heere, oder in anderen Kontingenten zu besetzenden Stellen aus den Offizieren aller Kontingente des Bundesheeres zu wählen.
Art. 65. Das Recht, Festungen innerhalb des Bundesgebietes anzulegen, steht dem Bundesfeldherrn zu, welcher die Bewilligung der dazu erforderlichen Mittel, so weit das Ordinarium sie nicht gewährt, nach Abschnitt XII. beantragt. 8 1
Art. 66. Wo nicht besondere Conventionen ein anderes bestim men, ernennen die Bundesfürsten, beziehentlich die Senate die Offiziere ihrer Kontingente, mit der Einschränkung des Art. 64. Sie sind Chefs aller ihren Gebilten angehörenden Truppentheile und genießen die damit verbundenen Ehren. Sie haben namentlich das Recht der Inspizirung zu jeder Zeit und erhalten, außer den regelmäßigen Rap⸗ porten und Meldungen über vorkommende Veränderungen, behufs der nöthigen landesherrlichen Publication, rechtzeitige Mittheilung von den die betreffenden Truppentheile berührenden Avancements und Er⸗ nennungen. 8
Alcg steht ihnen das Recht zu, zu polizeilichen Zwecken nicht blos ihre eigenen Truppen zu verwenden, sondern auch alle andern Trup⸗ pentheile der Bundes⸗Armee, welche in ihren Ländergebieten dislozirt si u requiriren.
N. o Ersparnisse an dem Militair⸗Etat fallen unter keinen Umständen einer einzelnen Regierung, sondern jederzeit der Bundes⸗
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tasse au. 68. Der Bundesfeldherr kann, wenn die öffentliche Sicher⸗
eit in dem Bundesgebiete bedroht ist, einen jeden Theil desselben in Kriegszustand zu erklären. Bis zum Erlaß eines die Voraussetzungen, die Form der Verkündigung und die Wirkungen einer solchen Erklärung regelnden Bundesgesetzes gelten dafür die Vorschriften des preußischen Gesetzes vom 4. Juni 1851. “ 1851, X“ flgd
Art. 69. Alle Einnahmen 1eec nüs⸗ des Bundes müssen für jedes Jahr veranschlagt und auf den Bundeshaushalts⸗Etat ge⸗ bracht werden. Gehe, Beginn b Etatsjahres nach fol⸗
en Grundsätzen durch ein Gesetz festgestellt. le 29 bZun Bestreitung aller gemeinschaftlichen Ausgaben dienen zunächst die etwaigen Ueberschüsse der Vorjahre, sowie die aus den Zöllen, den gemeinschaftlichen Verbrauchssteuern und aus dem Post⸗ und Telegraphenwesen fließenden gemeinschaftlichen Einnahmen. Insoweit dieselben durch diese Einnahmen nicht gedeckt werden, sind sie, so lange Bundessteuern nicht eingeführt sind, durch Beiträge der ein⸗ zelnen Bundesstaaten nach Maßgabe ihrer Bevölkerung aufzubringen, welche bis zur Höhe “ Betrages durch das Präsi⸗ di t hrieben werden. verah Vrsch Die gemeinschaftlichen Ausgaben werden in der Regel für ein Jahr bewilligt, können jedoch in besonderen Fällen auch für eine längere Dauer bewilligt werden. “
Während der im Art. 60 normirten Uebergangszeit ist der nach Titeln geordnete Etat über die Ausgaben für das Bundesheer dem Bundesrath und dem Reichstage nur zur Kenntnißnahme und zur
Erinnerung vorzulegen. 8 Art. 72. Ueber die Verwendung aller Einnahmen des Bundes
ist von dem Präsidium dem Bundesrathe und dem Reichstage zur
Entlastung jährlich Rechnung zu legen. b “ Art. 73. In Fällen eines außerordentlichen Bedürfnisses können
im Wege der Bundesgesetzgebung die Aufnahme einer Anleihe, sowie
die Uebernahme einer Garantie “ des Bundes erfolgen.
XIII.
Schlichtung von Streitigkeiten und Strafbestimmungen. Art. 74. Jedes Unternehmen gegen die Existenz, die Integrität,
die Sicherheit oder die Verfassung des Norddeutschen Bundes, endlich
8