1867 / 111 p. 3 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

1884

Gestern Nachmittag traf die Königin⸗Mutter von Bayern zum Besuche unseres Hofes dahier ein und stieße ims Palais des Prinzen Karl von Hessen ab, woselbst auch seit dem 1. Mai die Herzogin Anna von Mecklenburg⸗Schwerin zum Besuche ihrer Großeltern verweilt. 8

Luxemburg, 6. Mai. Gestern Abend ist der Minister Baron v. Tornaco, als Vertreter des Großherzogthums Luxem⸗ burg, in Begleitung des Hrn. Servais, Mitglied des Staats⸗ rathes, zur Konferenz nach London abgereist. 1

Oesterreich. Pesth, 7. Mai. In der schwach besuchten Deputirtensitzung wurden zum Schlusse die Deputirten ein⸗ geladen, sich bei der Ankunft Ihrer Majestäten im Bahnhofe

2 .

einzufinden.

Großbritannien und Irland. London, 7. Mai. Der Prinz von Wales wird im Laufe der nächsten Tage in seiner Eigenschaft als Präsident der englischen Ausstellungs⸗ Kommission, sich nach Paris begeben. In Anbetracht des Gesundheitszustandes seiner Gemahlin wird der Aufenthalt des Prinzen in der französischen Hauptstadt dieses Mal nur ein

kurzer sein. In der gestrigen Sitzung des Unterhauses kündigte Labou⸗

I1 1

chere, wie bereits telegraphisch mitgetheilt ist, eine Interpellation an den

Staatssecretair des Auswärtigen folgenden Inhalts an: v»ob für den

Fall daß die Regierung es für rathsam halten sollte, sich irgend einer

arantie betreffs der zukünftigen politischen Lage Luxemburgs anzu-

schließen, der Charakter dieser Verpflichtungen erklärt werden würde, bevor das Land gebunden sein würde, um dem Parlamente Gelegen⸗ heit zu geben, seine Meinung über die Ersprießlichkeit einer derartigen Garantie auszusprechen.“ Der größere Theil der Sitzung war von der fortgesetzten Comitédebatte über die Reformbill in Anspruch ge⸗ nommen. Die Motion Ayrtons, den Ansässigkeitstermin aller Jener, die weniger denn 10 Pfd. St. Miethe in Burgflecken zahlen, von zwei Jahren auf ein Jahr zu ermäßigen, wurde ohne Einsprache und Ab⸗ stimmung angenommen. Der Schatzkanzler machte hierauf die Mit⸗ theilung, daß die Regierung bereit sei, betreffs der Compound House⸗ holder verschiedene Concessionen zu machen/ die ihm die Erlangung des Stimmrechts leichter machen sollen. Auch betreffs der oft⸗ erwähnten Abmietherklausel (lodger franchise) erklärt der Schatzkanzler sich prinzipiell zu den gewünschten Zugeständnissen bereit, behält sich jedoch vor, sich über die Details derselben später auszusprechen. Im weitern Verlaufe der Sitzung wurde eine Resolution angenommen, daß alle Kosten für Wahlbestechungs⸗Untersuchungen von der Regierung bestritten werden sollen, welcher das Haus die dafür erfor⸗ derlichen Gelder votiren würde. Die Bill selber, welche gegen Wahl⸗ bestechungen gerichtet ist, wurde nach längerer Diskussion einem Sonder⸗ ausschuß zur Begutachtung zugewiesen.

Das gestrige Reformmeeting im Hyde⸗Partk ist trotz der mancherlei Befürchtungen in aller Ruhe und Ordnung ver⸗ laufen. Nachmittags gegen sechs Uhr strömte der Zug des Publikums, der dichter und dichter wurde, in den Park hinein und die Menschenmasse schwoll bald zu einer großen Versamm⸗ lung an. Die Männer der Liga, der Präsident Beales, O'Donoghue und andere hatten sich eingefunden und an 10. verschiedenen Orten wurden an das Publikum Ansprachen ge⸗ halten. Sie bewegten sich um die bekannten Forderungen, ver⸗ urtheilten die Regierungsbill ꝛc. Bei dem allen aber herrschte ein Ton der Ruhe und Mäßigung, wie er bei früheren Ver⸗ sammlungen dieser Partei manchmal vermißt wurde. Um den Präsidenten der Liga und seine Genossen war der Zudrang am stärksten und der Beifall am lautesten, so daß selbst in nächster Nähe die Reden nicht verständlich wurden.

sterna ist offiziell angekündigt worden.

Verwaltung und die Dotirung des Staats

Als die

Dämmerung anbrach, wurde das Meeting geschlossen und wie

sie in Ruhe gekommen waren, so zogen die ab. Um 10 Uhr war alles vorüber. 1 s

Frankreich. Paris, 7. Mai. In der gestrigen Sitzung des gesetzgebenden Körpers theilte der Präsident drei De⸗ krete mit, welche den Kriegs⸗Minister, den Marine⸗Minister und den Unterrichts⸗Minister für die Dauer der Budget⸗Diskussion zu Regierungs⸗Kommissarien beim gesetzgebenden ernennen.

8 Portugal. Wie der »Moniteur« unter dem 7. Mai meldet, ist die Königin von Portugal am 5. d. Abends in Madrid angekommen, und wurde an dem darauf folgen⸗ den Tage in Paris erwartet.

¹ Dem »Moniteur« wird aus Bucharest gemeldet, daß das Projekt einer Armee⸗Reorganisation in den enhanfeseene ümern, da es in der legislativen Session, die so eben ge bis auf das nächste Jahr vertagt ist.

Dänemark. Kopenhagen, 6. Mai. Sitzung des Folkethings wurde die 2te Behandlung ees Gesetzes, betreffend die Niederlegung der Kopenhagener Festungswerke und die Aufhebung der Demarcations⸗Begren⸗ ungen, fortgesetzt. Die Diskussion drehte sich meist um die rage, ob das wegen der Festung auf dem innerhalb der De⸗

Massen in

Rumänien.

Ruhe

chlossen ward, nicht zur Diskussion gelangen konnte,

marcationslinie liegenden Privateigenthum ruhende Servitut bei Aufhebung der Festung von selbst wegfalle, oder ob die Besitzer für die Verdoppelung des Werthes ihres Grundeigen⸗ thums dem Staate einen Ersatz zu geben hätten. Die Regie⸗

bauernfreundlicher Seite wurde das Gegentheil behauptet.

rung und die Ausschuß⸗Majorität sind letzterer Ansicht. Von

Amerika. Der »Corresp. Havas« gehen Nachrichten aus

Montevideo vom 29. März zu, welche melden, daß in Pa⸗ raguay alle Kräfte der Nation auf Fortsetzung des Krieges verwandt werden. Ein Dekret des Marschalls Lopez bringt zur Kenntniß, daß die Ein⸗ und Ausfuhrzölle beiderseits zwifchen

Bolivia und Paraguay ganz aufgehoben worden sind, welche jetzt durch die brasilianische Provinz Matto⸗Grosso, die

seit Anfang des Krieges von paraguitischen Truppen besetzt ist, mit einander in Verbindung stehen. . 1“ 8

8 8*½ 8 EEE1111““

Telegraphische Depeschen F

aus dem Wolff'schen Telegraphen⸗Büreau. Bremen, Mittwoch, 8. Mai, Abends. Auf Antrag des Senates genehmigte die Bürgerschaft soeben einstimmig und

ohne Diskussion die Verfassung des norddeutschen Bundes. London, Mittwoch, 8. Mai, Abends. Lord Stanley hatte heute Einzelbesprechungen mit mehreren Mitgliedern der Konferenz, deren Gegenstand dem Vernehmen nach die Garan⸗ tie⸗Frage war. Die Stimmung in diplomatischen Kreisen ist

eine hoffnungsvolle.

Labouchere's gestern ohne Angabe der Gründe vertagte Interpellation kommt muthmaßlich morgen zur Verhandlung.

London, Donnerstag, 9. Mai, Morgens. »Times«, »Morning Post« und »Morning Herald« halten das Resultat der Konferenz für gesichert. Die beiden ersten Blätter sprechen sich für, Daily News« gegen eine Betheiligung Englands an der Kollektiv⸗Garantie aus.

Florenz, Mittwoch, 8. Mai, Abends. Der König hat auf 4 Millionen jährlich von seiner Civilliste verzichtet. Die Heirath des Prinzen Amadeus mit der Prinzessin von Ci⸗

Landtags „Angelegenheiten.

Berlin, 9. Mai. Der am 6. d. Mts. von dem Finanzminifter 8J.en von der Heydt in Folge Allerhöchster Ermächtigung im Abgeordnetenhause eingebrachte und heute auf die Tagesordnung ge⸗

stellte Gesetzentwurf wegen Ausführung des Gesetzes vom

28. September 1866, betreffend den durch den Krieg von 1866 hervorgerufenen außerordentlichen Gebean der Militair⸗ und Marine⸗ al⸗ 1 chatzes, lautet: Wir Wilhelm ꝛc. verordnen mit Zustimmung beider Häuser des Landtags der Monarchie, was folgt: 8 Einziger Artikel. Die Bestimmung im §. 7 des Gesetzes vom 28. September 1866, betreffend den durch den Krieg von 1866 hervorgerufenen außerordent⸗ lichen Geldbedarf der Militair⸗ und Marine⸗Verwaltung und die Do⸗

tirung des Staatsschatzes, wird dahin erweitert, daß über die Ausfüh⸗ rung des gedachten Gesetzes dem Landtage erst bei dessen nächster regel⸗

mäßiger Zusammenkunft (Artikel 76 der Verfassung) Rechenschaft zu geben ist. Bis dahin bleibt auch die in den §§. bis 3 298 scftarze

Körper

ten Orte der Staatsregierung ertheilte Ermächtigung in Kraft.

Unterschrift und bei⸗ gedrucktem Königlichen Insiege 1 Flebrn

Dem Gesetzentwurf sind folgende Motive beigegeben:

Gemäß der Bestimmung im §. 7 des Gesetzes vom 28. Septem⸗ ber 1866, betreffend den außexordentlichen Geldbedarf der Militair⸗ und Marine⸗Verwaltung und die Dotirung des Staatsschatzes, ist dem Landtage über die Ausführung dieses Gesetzes bei der nächsten Zu⸗ sammenkunft desselben Rechenschaft zu geben und, soweit die Aus⸗ führung dann noch nicht erfolgt ist, hinsichtlich der Fortdauer der der Staatsregierung ertheilten Ermächtigung (§§. 1—3) gesetzliche Anord⸗ nung vorcehalten.,

ei dieser Bestimmung ist von der Voraussetzung ausgegangen daß derselben erst bei der nächsten gewöhnlichen Zusammenanft des Landtags zu genügen sein werde, indem nicht vorausgesehen werden konnte, daß besondere Umstände eine außerordentliche ee dessel⸗ ben nothwendig machen würden.

Schon aus diesem Grunde wird nicht erwartet werden können, daß die Staats⸗Regierung bereits jetzt im Stande sei, die vorgeschrie⸗ bene cche e über die Ausführung des Gesetzes abzulegen. Sie hält sich deshalb für verpflichtet, weitere gesetzliche Anordnung dahin u 8 daß diese Rechenschafts⸗Ablegung erst bei der nächsten

usammen unft des Landtags gegeben werde und daß bis da⸗

8 88 3

Urkundlich unter Unserer Heehsteigengenbtgen

bleibe.

Bischofsstuhl, eine

Menge deutscher Kunstschätze birgt.

storben 131 Mann; Summe

hin die ihr ertheilte Ermächtigung (§§. 1—3) des Gesetzes in Kraft

Nachdem im Monat September des verflossenen Jahres die Demobilmachung des Heeres erfolgt ist, sind die Bestrebungen unaus⸗

etzt und mit dem größten Eifer darauf gerichtet gewesen, die Kosten

des Krieges festzustellen und rechnungsmäßig nachzuweisen. Allein bei dem außerordentlichen Umfange dieser Arbeiten und des zu bewälti⸗ genden Materials ist es bis zum Finalabschlusse für das Jahr 1866 (Mitte März 1867) nicht möglich gewesen, die bereits geleisteten Aus⸗ gaben rechnungsmäßig festzustellen, noch weniger aber denjenigen Aus⸗ gabebedarf mit einiger Genauigkeit zu ermitteln, welcher zum Ersatz der im Kriege verbrauchten Gegenstände aufzuwenden sein wird.

Ein großer Theil der bereits geleisteten Ausgaben wird noch ge⸗ genwärtig theils bei der General⸗Staatskasse, theils bei den Regie⸗ rungs⸗Hauptkassen als Vorschuß geführt, dessen definitive Verrechnung von der Prüfung und Festsetzung der Beläge abhängig ist und bei der großen Zahl derselben erst allmälig erfolgen kann. 3

Noch zeitraubender ist die Feststellung sowohl des Umfanges als auch der Kosten der Wiederherstellung des im Kriege verbrauchten Ma⸗ terials an Bekleidung, Waffen, Munition und anderen Gegenständen, indem bei der großen Zahl der letzteren die Ermittelung des Bedarfs und die Wiederanschaffung ebenfalls nur nach und nach geschehen kann.

Auch die auf Grund des Gesetzes vom 11. Mai 1851 vom Lande in Anspruch genommenen Lieferungen und Leistungen sind, wiederhol⸗ ter Aufforderungen ungeachtet, noch nicht vollständig angemeldet und vergütet.

1 Da nach §. 21 des erwähnten Gesetzes die Anmeldung der Ver⸗ gütungen innerhalb eines Jahres nach erfolgter Demobilmachung zu⸗ lässig ist und die in dieser Frist nicht angemeldeten Ansprüche mit cinem dreimonatlichen Präklusivtermine öffentlich aufgerufen werden sollen, so ist der definitive Abschluß hinsichtlich dieser Zahlungen erst mit Ende dieses Jahres zu ermöglichen. 1 1u“ 1

Unter diesen Umständen würde ein Versuch, die Kosten des Krie⸗ ges annähernd zu ermitteln und nachzuweisen, kaum ein mehr zuper⸗ lässiges Ergebniß liefern, wie die Kosten⸗Ueberschläge, welche bei Ge⸗ legenheit der Berathung des Gesetzes vom 28. September 1866 auf⸗ gestellt und in ihrem Resultate mitgetheilt worden sind. Jedenfalls würde eine solche Ermittelung als eine Rechenschafts⸗Ablegung, wie das Gesetz sie verlangt, nicht angesehen werden können, und es wird daher Billigung finden, daß die Staatsregierung von einer derartigen Aufstellung Abstand genommen hat. X“ 1

Was die Mittel zur Deckung der Kriegskosten betrifft, so liegt es auf der Hand, daß erst nach erfolgter Feststellung der letzteren über die Beschaffung der Mittel Rechenschaft gegeben werden kann, indem die Höhe der Mittel durch die Höhe der Ausgaben bedingt wird.

Von der Feststellung der Kriegskosten und von der Höhe des Er⸗ löses, welcher für die noch im Bestande der Ceernaecetcg ece befind⸗ lichen Stamm⸗Actien der Cöln⸗Mindener Eisenbahn⸗Gesellschaft zu erwarten ist, bleibt namentlich die Beschlußnahme darüber abhängig, inwieweit die Anleihe von 30 Millionen Thalern (§. 3 des Gesetzes) zu realisiren sein wird. ““ . 8

Die Aufnahme dieser Anleihe ist durch die Allerhöchste Ordre vom 31. März 1867 (Gesetz⸗Sammlung S. 400) zwar angeordnet, es ist davon jedoch erst ein Theil realisirt worden. 8

Dagegen hat die Ausgabe verzinslicher Schatz⸗Anweisungen bisher nicht stattgefunden.

Unter diesen Umständen glaubt die Staats⸗Regierung auf Geneh⸗ migung des vorliegenden Gesetz⸗Entwurfs rechnen zu dürfen.

Kunst⸗ und wissenschaftliche Nachrichten.

Ueber die wiederentdeckten, gothischen Monumente auf Palma entnimmt das »Wochenblatt des Architekt. Vereins« einer ausführli⸗ cheren Mittheilung im »Christlichen Kunstblatte« u. A. Folgendes: Der Dom auf Palma, ein mächtiges Bauwerk, hoch an der See ge⸗ legen, ist in seinen Dimensionen weit größer als die meisten unserer deutschen Dome. Konstruktiv äußerst lehrreich, gewinnt derselbe noch ganz besonderes Interesse durch die Puerta del Mirador, ein rei⸗ zendes Portal, von Emik Alamant (Heinrich dem Deutschen), Ende des 14. Jahrhunderts gebaut also deutsche Arbeit. Bedeutend sind das prächtige Chor inmitten der Kirche, die imposante gothische Orgel, ebenfalls deutsche Arbeit, ein höchst origineller und monumentaler Menge prächtiger Grabmäler ꝛc. Außer diesem gothischen Dom giebt es mehrere, theils große und reiche Kirchen, na⸗ mentlich merkenswerth ist San Francesko mit einem wundervollen Kreuzgang, der viel maurisches Element zeigt aber auch wieder eine

Von Civilbauten ist der bedeutendste die Casa Lonja (Börse).

Der fehr gut erhaltene Bau bildet viele herrliche Facaden.

Der Hauptwerth der Palmanenser Architektur aber liegt in der Menge von durchaus erhaltenen und mit allem Comfort versehenen Wohnhäusern und Palästen (an Hundert!), namentlich ihren für die Kunstgeschichte völlig neuen Höfen, sowohl der gothischen als der Re⸗ naissance⸗Periode. 1“

Berlin, 8. Mai. Wie das »Milit.⸗Wochenbl.« mittheilt, sind nach den Napporten von den im März ärztlich behandelten Unter⸗ offizieren und Soldaten der preußischen Armee, einschließlich des vom Monat Februar verbliebenen Bestandes von 13,158 Kranken,

ärztlich behandelt 41/791 Mann; hiervon 2) abgegangen: a) geheilt einschließlich 228 Invaliden und 279 Dienstuntauglicher 29,308, b) ge⸗ des Abganges 29,439 Mann. Mithin

verblieben im Bestande 12,352 Mann. Kranken geheilt ꝛc.: 70,130 Prozent, gestorben 0,319 Prozent, stande geblieben 29,557 Prozent, bez. sind von 319 Kranken 1 224 geheilt ꝛc. und 94 im Bestande geblieben. Unter den Verstorbenen befinden sich 10 Invaliden.

CGSGewerbe⸗ und Handels⸗Nachrichten.

Dem Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbei⸗ ten ist kürzlich von der Direction des Gewerbevereins für Hannover eine 75 Seiten starke Denkschrift über die Gewerbeverhält⸗ nisse Hannovers beim Eintritt in den preußischen Staat überreicht worden, in welcher die Bedürfnisse und Wünsche des hannoverschen Gewerbestandes vorgetragen werden. Die⸗ selbe giebt in ihrer Einleitung ein allgemeines Bild der wirth⸗ schaftlichen Zustände Hannovers, dem wir nachstehende Be⸗ merkungen entnehmen: Unter den Erwerbs⸗ und Nahrungsquellen der Bevölkerung im vormaligen Königreich Hannover hat die eigent⸗ liche Gewerbsthätigkeit bis auf die neuere Zeit eine besonders hervor⸗ ragende Stelle nicht eingenommen. Eine im Ganzen glückliche Ver⸗ theilung des Grundeigenthums, dessen überflüssige Produkte bei der günstigen Lage des Landes hinlängliche Absatzgelegenheit fanden, wies die bei weitem überwiegende ländliche Bevölkerung auf den Land⸗ bau als das Arbeitsfeld hin, welches bei weiterer Aufschlie⸗ ßung der noch schlummernden Kräfte selbst für eine dichtere Bevölkerung die ausreichendsten Mittel zur Erhaltung soliden Wohlstandes versprach. Der Landeskultur und der Hebung des Ackerbaues hat demnach auch die Regierung von alter Zeit her eine vorzügliche Sorge in der Gesetzgebung sowohl als in der Ver⸗ waltung zugewandt. Unter den industriellen Bestrebungen waren es ebenfalls vornehmlich diejenigen Gewerbszweige, die sich an den Acker⸗ bau als unmittelbare Verarbeitung seiner Produkte oder als häusliche Nebenbeschäftigung der ländlichen Bevölkerung zunächst anschließen, denen eine erhebliche Bedeutung beiwohnte. Der eigentliche Ge⸗ werbsbetrieb beschäftigte hauptsächlich nur die Bewohner der Städte, deren Privilegien das Handwerk im größten Theile des Landes sogar grundsätzlich vom platten Lande fern hielten. In den Städten war der Kleinbetrieb herrschend, wesentlich auf den Bedarf des nächsten Kreises berechnet.

Auch der Bürger, Theil nehmend an den Rutzungen des meist be⸗ deutenden städtischen Grundbesitzes, war von Alters her gewohnt, seine

im B

Zeit zwischen dem Gewerbe und ländlicher Wirthschaft zu theilen, ein

Verhältniß, welches bei niedrigem Stande der gewerblichen Technik unverkennbar dazu gedient hat und noch dient, selbst die untern Volks⸗ klassen, namentlich in den kleineren Städten auf dem Niveau eines gewissen Wohlstandes zu erhalten, andererseits aber den Antrieb ver⸗ mindert hat, nach einer höheren Stufe der gewerblichen Leistungs⸗ fähigkeit zu streben. Begünstigende Verhältnisse für die frühzeitige Entwickelung einer Fabrik⸗Industrie waren, abgesehen von dem Metall⸗Reichthum des Harzes, den Steinkohlenlagern im Calenbergschen und Osnabrück⸗ schen, den Salzquellen und den in nicht unerheblicher Ausdehnun vorkommenden Eisensteinlagern, nicht eben vorhanden; das Kapita suchte lieber Verwendung in der von den Fesseln getheilter Eigen⸗ thums⸗Verhältnisse sich befreienden Landwirthschaft, als in Ge⸗ werbsanlagen von zweifelhafter Haltbarkeit, und wie die Regie⸗ rung auch in Zeiten des herrschenden Mercantil⸗Systems nie ihr besonderes Augenmerk darauf gerichtet hat, Industrie

Handelspolitik von ähnlichen Tendenzen frei. Ihre traditionelle frei⸗ händlerische Richtung wurde vielmehr durch die Rücksichten bestimmt, welche die Lage an der See und den bedeutendsten deutschen Flüssen, die eigenen Beziehungen zu den großen norddeutschen Handelsstädten, und der als ganz besonders wichtig und werthvoll für das Land angesehene Transithandel nach Mittel⸗ und Süddeutschland mit sich brachten. Die Besorgniß, diese Vortheile durch eine den Süden abschneidende Zolllinie einzubüßen, motivirte den Widerstand der hannoverschen Regierung gegen den sich bildenden Zollverein und ihre Bemühungen um Gründung eines mitteldeutschen Handelsvereins, so wie später die Bildung des Steuervereins. So berechtigt jene Rücksichten gegen das System des Zollvereins auch sein mochten, so ist doch nicht zu leugnen, daß in einer Zeit, wo der industrielle Aufschwung Deutschlands durch die neuen großen Verkehrsanstalten ganz neue Impulse empfing, die ge⸗ werbliche Production Hannovers bei einem Zollsystem, welches für den Export das natürliche Absatzgebiet abschnitt, nicht gedeihen konnte, und daß die Nachtheile dieser Verhältnisse, nachdem auch der Durchfuhrhandel auf den Eisenbahnen eine andere Gestalt angenom⸗ men, seine Vortheile je länger je mehr überwogen. Der Anschluß Hannovers an den ich der Gesammtlage sich ergebende Nothwendigkeit, und daß es heilsam war, hat die seitherige Entwickelung ergeben. Es ist seitdem an günstig gelegenen Orten des Landes eine Großindustrie erblüht, welche die ge⸗ gebenen Mittel mit Erfolg zu verwerthen begonnen, in dem Güter⸗ austausche eine neue Bewegung hervorgerufen, und größtentheils zu

befriedigenden Ergebnissen geführt hat.

Weniger erfreulich ist das Bild, welches der Zustand des Klein⸗ ewerbes, des Handwerks, darbietet. Hier ist ein Zurückbleiben, ast kann man sagen, ein Rückgang, zu beklagen, der an sich in den

vorhandenen wirthschaftlichen Bedingungen wie auch in der allerdings

nicht zu verkennenden beschränkenden Einwirkung des Fabrikbetriebes

auf das Handwerk eine genügende Rechtfertigung nicht findet, sondern hauptsächlich sich dadurch erklärt, daß, wie überhaupt für die Gewerbsthätigkeit, so auch für das durch die Ver⸗ vollkommnung der Technik und der Verkehrsmittel die Bedin⸗ büngen eines lohnenden Betriebs andere geworden sind, und das Bewußtsein, daß Jeder nur nach der mehreren oder minde⸗ b h““ 8 8

und Mannfakturen durch künstliche Mittel heranzuziehen, so war auch ihre

Hiernach sind von sämmtlichen

Mann

eines

Zollverein war demnach wirthschaftlich eine aus