1867 / 147 p. 3 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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von Tauffkirchen am 18. Juni in Berlin unterzeichnete Pro⸗ tokoll. In dem letzteren wird festgesetzt, daß Bayern in der Staaten⸗ vertretung 6 Stimmen führen soll. Preußen wird bei Abschlüssen von Handelsverträgen mit Oesterreich und der Schweiz die an⸗ grenzenden Vereinsstaaten zur Theilnahme an den Verhand⸗ lungen einladen. Preußen und Bayern werden dahin wirken, daß die betreffende Vertretung der Bevölkerungen den Namen »Zollparlament« erhält. Dieses Zollparlament soll seinen Ge⸗ schäftsgang durch eine selbstständige Geschäftsordnung regeln und sein Präsidium und seine Schriftführer selbstständig wäh⸗ len, jedoch sollen die Wahlprüfungen des norddeutschen Reichs⸗ tages, falls solche vor dem Zusammentritt des Zollparlaments stattgefunden haben, auch für letzteres gültig sein. Preußen wird auch ferner Beamte aus den süddeutschen Vereinsstaaten bei der Kontrole über Erhebung und Verwaltung der Zölle verwenden.

Oesterreich. Wien, 22. Juni. Die »W. Ztg.« ver⸗ öffentlicht das bereits telegraphisch erwähnte Kaiserliche Hand⸗ schreiben an den Justizminister, wie folgt: .

»Lieber Ritter v. Komers! Da Ich bei der nunmehr in's Leben tretenden Wiederbefestigung der inneren politischen Verhältnisse Meines Gesammtreiches über die seit dem Jahre 1848 in den nicht zur ungarischen Krone gehörigen Königreichen und Ländern vorgefallenen politischen Verirrungen den Schleier der Ver⸗ gessenheit ziehen will, so finde Ich Mich bewogen, allen Unterthanen er genannten Königreiche und Länder, welche seit dem 13. März 1848 bis zum heutigen Tage eines der in den §§. 52, 54, 55, 57, 58, 61

und 66 des Strafgesetzes vom 3. September 1803 oder in den §§. 58, 60, 61, 65, 66, 68 und 73 des Strafgesetzes vom 27. Mai 1852 ge⸗ nannten Verbrechen des Hochverraths, der Störung der öffentlichen Ruhe, des Aufstandes oder Aufruhrs, insofern diese beiden letztern aus politi⸗ schen Gründen oder Anlässen entstanden sind, oder eines der in den §§. 300 und 302 des Strafgesetzes vom 27. Mai 1852 bezeichneten politischen Ver⸗ gehen oder einer der in den Artikeln I. bis V. des Gefetzes vom 17. Dezember 1862 Nr. 8 des R. G. B. vorgesehenen strafbaren Hand⸗ lungen, durch ein Füasgsrich gcge Erkenntniß, sei es auch durch ein Kontumazialurtheil schuldig erklärt oder blos aus Unzulänglichkeit der Beweismittel freigesprochen worden sind, oder wider welche aus dem letztgenannten Grunde die Untersuchung gufgehoben oder von derselben abgelassen wurde, alle Strafe, welche sie etwa dafür noch abzubüßen ätten, und zugleich alle mit den eben erwähnten strafgerichtlichen Er⸗ enntnissen verbundenen gesetzlichen Folgen, aus Gnade nachzusehen.

Sollte mit einer der vorerwähnten strafbaren Handlungen politi⸗

scher Natur noch ein anderes gemeines Verbrechen oder Vergehen oder eine solche Uebertretung konkurrirt haben, so wird Mein Oberster Gerichtshof nach seinem Ermessen endgültig darüber entscheiden, inwieweit durch die etwa bereits abgebüßte Strafe oder, vermöge der relativen Geringfügigkeit der konkurrirenden strafbaren Handlung, auch ür diese letztere die Strafe als abgebüßt und beziehungsweise die gesetzlichen Folgen der Verurtheilung als erloschen anzusehen seien. Aus gleichem Grunde finde Ich denjenigen Unterthanen der er⸗ wähnten Königreiche und Länder, welche sich der strafgerichtlichen Ver⸗ folgung wegen einer der genannten, zwischen dem 13. März 1848 und dem 15. Dezember 1866 als dem Tage der von Mir zuletzt gewährten umfeassenden Amnestie begangenen strafbaren Handlungen politischer Natur durch Entfernung aus dem Kaiserstaate oder durch Verbergung innerhalb desselben entzogen haben, die straffreie Rückkehr in den österreichischen Kaiserstaat, so wie den nicht zu beanständenden dauern⸗ den Aufenthalt in demselben, in der Art zu bewilligen, daß sie wegen dieser strafbaren Handlungen weder eine f chestce Verfolgung 1 8 Strafe, noch sonstige nachtheilige Rechtsfolgen zu erleiden haben sollen. 1 Gleichzeitig trage Ich Ihnen auf, zu erheben, welche von den wegen strafbarer Handlungen der erwähnten Kategorien seit deim 15. Dezem⸗ ber 1866 anhängig gewordenen strafgerichtlichen Untersuchungen ohne Nachtheil für die öffentliche Sicherheit im Wege Meiner Gnade nieder⸗ geschlagen werden koͤnnen, und Mir darüber bezüglich jeder einzelnen dieser Untersuchungen Ihre Anträge zu unterbreiten. . Wien, den 20. Juni 1867. Jos 3 Franz Joseph m. p.« 8 Pesth, 21. Juni. In der gestrigen Konferenz des Deaͤk⸗ Cluhs wurde beschlossen, daß die Majorität in der heute zur Verhandlung kommenden Honved⸗Frage ihre Ansichten offen ausspreche und der Minorität nicht blos mit der größeren Zahl ihrer Voten entgegentrete. Auch wurde ein Antrag angenommen, welcher dahin zielt, daß der Theilnahme der Nation für das Schicksal des Kaisers Maximilian Ausdruck gegeben werde. hielt gestern J Fee erse und acceptirte uf die Krönung bezüglichen Zusatz⸗Entwürfe mit geringen Modisicationen. 8 Zusat Ces der heutigen Sitzung der Deputirtentafel a seinen Antrag bezüglich der Honveds. ämpft denselben, weil durch die Unterstützung der Honveds dem Lande weder durch Steuererhöhung, noch durch Aufnahme eines Anlehens neue Lasten auf⸗ gelegt werden dürften. Demzufolge könne der erforderliche onds bloß durch Privatspenden von Patrioten geschaffen werden, welche dem hochherzigen Beispiele Ihrer Majestäten fol⸗ gen wollen. Justizminister Horvaäth sprach im Namen des 88. Ministeriums gegen den Antrag, welcher zu einer nach⸗

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I räglichen Desavouirung der bisherigen Majoritätspolitik führen

will; das Ministerium beantrage daher die motivirte Tageg. ordnung. Die Debatte dauerte bis nach 3 Uhr. Hierauf folar namentliche Abstimmung, welche eine große Majorität gegen Tiszas Antrag ergab. Es stimmten 202 gegen, 79 für den 1e Tisza’'s, 2 Abgeordnete votirten nicht, 99 waren ahb⸗ wesend.

22. Juni. In der heutigen Sitzung der Deputirtent richtete Bernath an die betreffenden Minister in Form afe fünf Anträgen die Aufforderung, während der bevorstehenden Vertagung Gesetzentwürfe über die Gleichstellung der Juden über die Ersetzung des suspendirten Gesetz⸗Artikels XXII. vom Jahre 1848, über Wiedereröffnung des Ludoviceums, über Auf⸗ hebung des Konkordats und über die Erleichterung der Dampfschif⸗ fahrt auszuarbeiten. Auf der Tagesordnungist sodann der Beschluß⸗ entwurfdesJustizministers, nach welchem zur Vorberathung überdie bereits ausgearbeiteten Justizministerial⸗Gesetzentwürfe eine Kom⸗ mission gewählt werden soll. Varady sprach im Namen der Linken für die Bectagung dieser Wahl, bis die Gesetzentwürfe vorliegen, jedoch ohne Erfolg; die Wahl wird übermorgen statt. finden. Der zweite Antrag Varadys, daß durch die Kom. missionsberathungen die Abtheilungsberathungen nicht umgan⸗ gen werden sollen, wurde angenommen. Schließlich legte der Präsident den Kommissionsbericht über die Krönung vor.

Großbritannien und Irland. London, 21. Juni. Der Jahrestag der Thronbesteigung der Königin ist für die Marine stets ein besonderer Festtag. Auch gestern prangten die Kriegsschiffe, die Küstenwachtfahrzeuge und nicht minder die Kauffahrteischiffe in sämmtlichen Häfen im Flaggenschmuckt und begrüßten den festlichen Tag mit einer Königlichen Salve, die von den Küstenbatterieen „Forts und Citadellen der ver⸗ schiedenen Plätze eine donnernde Antwort erhielt.

„Die Revue im Hyde⸗Park macht hier, wo eine Zusammen⸗ jiehung von 10,000 Mann Truppen An den Seltenheiten gehört,

ortwährend viel von sich reden. Alle irgendwie disponiblen

Truppentheile, die nicht gerade gar zu weit entfernt sind, wer⸗ den herangezogen. Selbst eine Abtheilung Marine⸗Infanterie soll, aus den an verschiedenen garnisonirenden Marinesoldaten gebildet, an der Parade Theil nehmen.

Die Spezialkommission gegen die in Limerick ge⸗ fangenen Fenier 5 ihre Sitzungen geschlossen und gegen eine Reihe der überführten Angeklagten das Urtheil gesprochen. Das Resultat der Verhandlungen im Ganzen war, daß Henessy und Sheahan ju siebenjähriger, und Sullivan zu fünfjähriger Transportation verurtheilt wurden. Von den übrigen wurde ein gewisser Grogan, der sich Dienstags ver⸗ heirathete und am folgenden Tage, dem Aschermittwoch, sein Weib verließ und bewaffnet auf den Kriegspfad schritt, zu zwei⸗ jähriger Zwangsarbeit verurtheilt. Alle anderen standen vor den Schranken unter der sogenannten White⸗boy⸗Akte, die zu⸗ nächst gegen bewaffnete Zusammenrottungen gerichtet ist. 17 derselben wurden mit 8 Monaten bis 1 Jahr Zwangsarbeit bestraft, 8 freigesprochen, einer gegen 400 Pfd. St. Bürgschaft für sein ferneres Verhalten zur Disposition des Gerichtshofes entlassen und fünf den nächsten Assisen des Distriktes überwiesen. Der Streit zwischen den Schneidermeistern und Gesellen ist in ein neues Stadium getreten. Vor einem der hiesigen Polizeigerichtshöfe erschien einer der größten Schneidermeister der Hauptstadt und trug auf gerichtliche Vorladung des Vorsiteen⸗ den des Exekutiv⸗Comite's der Gesellen, sowie des Präsidenten und des Secretairs ihrer Union an. Die Klage, auf Grund deren der Beistand des Gerichts begehrt wurde, lautet auf Con⸗ spiration gegen mehrere Schneidergeschäfte, welche namhaft ge⸗ macht werden, zum Zwecke, dieselben an ihrem Geschäftsbetrieb zu beeinträchtigen und in ihrem Erwerb zu schädigen. Der Friedensrichter leistete dem Gesuche der klagbaren Partei Folge und stellte 6 Vorladungen gegen die Häupter der kriegführenden Gesellen aus und sieht man jetzt mit einiger Spannung dem Resultate dieses neuen Manövers der Meister entgegen.

„In der Sitzung des Oberhauses am 20. brachte Lord Russell die Luxemburg er Angelegenheit zur Sprache, nicht, wie er selber bemerkt, um ihr neue Seiten abzugewinnen, sondern weil es dem Oberhause zieme, sich über diesen Gegenstand vernehmen zu lassen. Er für seine Person erkläre sich mit dem, was Lord Stanley gethan, vollkommen einverstanden. Lord Stanley habe sich durch seine Hal⸗ tung vor und zur Zeit der Konferenzen des vollen Vertrauens Eng⸗ lands würdig gezeigt, und er für seine Person (Russell) billige jeden seiner gethanen Schritte. Nach einer längeren Debatte stellt Herzog v. Argyll ganz präzise die Frage auf, ob, falls in einem europät⸗ schen eg.e sich Luxemburgs bemächtigte, Preußen, in Ver⸗ bindung mit den andern Mächten, das Recht haben würde, Eng⸗ land aufzufordern, daß es ihnen beistehe, Frankreich wieder aus Luxem⸗ burg hinauszudrängen? Seiner Meinung nach würde England in einem derartigen Falle jeder Verpflichtung enthoben sein, dag nachdem der Angriff von einer der Garantiemächte ausgegangen, von

einer Kollektiv⸗Vertheidigung nicht mehr die Rede sein koͤnne.

Darauf erwidert Lord Derby, er könne nicht vermuthen, daß Preu⸗ ßen über den Unterschied zwischen einer Separat⸗ und kiner Kollektiv⸗

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Garantie in Unkenntniß gewesen sei. Wenn Lord Stanley sich einige Tage besonnen habe, sei dies lediglich deshalb geschehen, weil er die Abneigung des englischen Publikums gegen jedwede neue Verpflich⸗ tung gekannt habe. Im Uebrigen sei er (Derby) mit der Interpre⸗ tation Lord Argyll’'s vollkommen einverstanden. Wenn demnach Frankreich, mit Verletzung des Traktats, von Luxemburg Besit er⸗ reifen sollte, würde England, wenngleich von Preußen zum Beistand aufgefordert, nicht verpflichtet sein, diese zu gewähren. Darauf Lord Russell: Er seinerseits gebe dem Vertrage nicht diese Deutung. Seiner Meinung nach würden, im Fale einer Vertragsverletzung durch Frankreich, die andern europäischen Mächte verpflichtet sein, es zur Räumung Luxemburgs aufzufordern.

22. Juni. Ihre Majestät die Königin war gestern von Windsor hereingekommen, um eine Cour abzuhalten, bei welcher aber nur eine Reihe ausdrücklich geladener Per⸗ sonen erscheinen durften. Nachdem Ihre Majestät noch der Prinzessin von Wales und der Prinzessin von Teck (Mary von

ambridge) Besuche abgestattet hatte, begab sie sich nach Windsor zurück. Am nächsten Montag wird die Königin von Preußen erwartet, zu deren Empfang Graf Bernstorff sammt Gemahlin sich nach Dover begeben werden. Später tritt der preußische Gesandte eine längere Urlaubsreise nach Deutschland an. Der Prinz von Wales wird in Begleitung seiner Schwester und seines Schwagers, der Prinzessin und des Prinzen Christian von Schleswig⸗Holstein, wahrscheinlich schon im Laufe der nächsten Woche einen zweiten Ausflug nach Paris machen.

Die große Flottenrevue vor Portsmouth, bei der der Sultan anwesend sein wird, ist auf den 17. des nächsten Mo⸗ nats anberaumt. Der Admiralität liegt daran, bei dieser Ge⸗ legenheit die Veränderungen anschaulich zu machen, die neuester Zeit in der Flotte vorgenommen worden sind, und demgemäß

wird sie Kriegsfahrzeuge der verschiedensten Construction dabei erscheinen lasen, vom hölzernen Schraubendampfer älterer Bauart bis zur schwersten Panzerfregatte, dem neumodischen Thurmschiff und den allerneuesten Produkten der Schiffbaukunst, den gepanzerten Kanonenbooten.

In der Oberhaus⸗Sitzung vom 21. kam die Luxembur⸗ er re edelehen he. abermals zur Sprache. Lord aughkon erhob sich zu der Erklärung, der Stand der Verantwort⸗ ichkeitsfrage, die das Land in der besagten Angelegenheit auf sich ge⸗ nommen, sei, nach seiner Ansicht, in Anbetracht der Wider⸗ sprüche zwischen den Angaben des Premiers und denen des Staats⸗ secretairs für das Auswärtige, so wenig befriedigender Natur, daß er am 25sten sich die Freiheit nehmen werde, den Premier⸗Minister um Erklärung darüber zu bitten, welche Auslegung und Bedeutung Ihrer Majestät Regierung im 2. Art. des Vertrages dem Worte Kol⸗ lekti⸗Garantie beilege. Earl Derby erwiedert darauf: Er habe be⸗ reits Tags vorher die Interpretation gegeben, unter welcher die Re⸗ ierung das Wort auffasse und es bleibe ihm weiter nichts hinzuzu⸗ fügen. Wenn der edle Lord nichtsdestoweniger seine Motion einbringen wolle, so stehe es ihm natürlich frei, das zu thun. Worauf Lord

Houghton auf die von ihm vorher gemachten Einwürfe in Betreff.

widerstreitender Angaben seitens des Premier⸗Ministers und Lord Stanley's zurückkommt und die Absicht sn erkennen giebt, trotz der Bemerkung Lord Derby's, die Sache auf’s Neue in Anregung zu bringen. Lord Stratford de Redcliffe interpellirte darauf wegen des Schicksals der so vielfach erwähnten Gefangenen in Abys⸗ sinien und verlangte Auskunft in Betreff der zu ihrer Be⸗ freiung gethanen Schritte. Die Erklärungen Lord Derby's bringen nur allgemein bekannte Fakta. Es sind im Ganzen 18 Gefangene, darunter Cameron und Rassam, und 6 Ausländer, die nicht im bri⸗ tischen Unterthanenverbande stehen. Eine Anzahl Arbeiter, die sich als reiwillige gemeldet, und Geschenke der britischen Regierung sind an aiser Theodor abgesandt, da er indessen die Gefangenen nicht freiließ zurückgehalten worden. Ehe man durchgreifende Maßregeln einschlage, bemerkte Lord Derby am Schlusse seiner Auseinandersetzungen, müsse man die kritische Lage der Gefangenen in's Auge fassen, mehr sei es unter den gegenwärtigen Umständen nicht wünschenswerth zu äußern. Im Unterhause stellte Monk an den Minister des Auswärti⸗ gen die Anfrage, ob er über den in dem Proteste der kandiotischen Revolutions⸗Regierung vom 24. Mai enthaltenen Angaben, »daß Omer Pascha 23 Dörfer eingeäschert, Kirchen zerstört, Mühlen niedergerissen, Leichname verbrannt, gegen 100 Weiber und Kinder niedergemetzelt und einige Weiber lebendig verbrannt habe«, offizielle Berichte erhal⸗ ten habe. Lord Stanley erhebt sich zu folgender Erwiderung: Die fraglichen Behauptungen sind in einem Manifest des Revolutions⸗ Comites, das die Erweckung von Sympathieen und die Erlangung thätigen Beistandes bezweckt, enthalten. Derartige Schriftstücke sind ihrer Natur nach weder unpartheiisch, noch streng und genau und in der Regel werden sie auch in diesem Sinne aufgenommen. Das Haus konstituirt sich sodann zum Comité und setzt die Be⸗ rathung der Reformbill fort. h“

Frankreich. Paris, 22. Juni. Der Herzog von Sach⸗ sen⸗Coburg⸗Gotha stattete gestern dem Kaiserlichen Prinzen einen Besuch ab. Vorgestern dinirten der Vicekönig von Aegypten, der Großherzog und die Großherzogin von Baden und der Kron⸗ prinz und die Kronprinzessin von Sachsen in den Tuilerieen. Ihr ganzes Gefolge und alle hohen Staats⸗Würdenträger waren dazu geladen. Heute giebt der Minister des Aeußern ein Diner zu Ehren des Vicekönigs, und nächsten Montag

diniren der Prinz Humbert von Italien und der Herzog und

in den Tuilerieen, zu dem der .es und die Großherzogin

gehen der Kaiser un

die Herzogin von Aosta bei ihm. Heute Abend ist auch Diner von Baden, Prinz Humbert, der Herzog und die Herzogin von Aosta und einige andere prinzliche Personen geladen sind. Die großen Festlichkeiten beginnen nicht vor Ende dieses Monats. Die Stadt Paris bereitet wieder einen großen Ball vor. Dem Vicekönige iebt sie ein Diner. Ende Juli ind die Kaiserin nach Biarritz. In der heutigen Sitzung des gesetzgebenden Körpers brachte gelegent⸗ ich der Supplementar⸗Kredite für 1866 Herr Morin (de la Drome) den Artikel V. des Prager Friedens zur Sprache und lenkte die Aufmerksamkeit des Hauses auf die Zögerung, mit der Preußen bei Ausführung dieses Artikels, Dänemark gegenüber, zu Werke gehe. Er zähle für genaue Erfüllung dieser vertragsmäßigen Verpflichtungen Preußens auf die Bemühungen Frankreichs und die politische Weisheit der Großmächte. Picard verlangte, wie gestern schon Berryer, Mittheilung verschiedener, Mexiko betreffender Aktenstücke, insbesondere der Beschwerden und Rückforderungen der in Mexiko beschädigten Franzo⸗ sen und der auf die Jecker'sche Schuldforderung bezüglichen Pa⸗ piere. Herr Rouher theilt den von Berryer begehrten Vertrag wischen der Regierung und den Konzessionairen des mexikani⸗ schen Obligationen⸗Anlehens mit. Die Jecker'schen Erinnerungen will er nicht wieder heraufbeschworen haben. Die Entschädigung der mexikanischen Staatsgläubiger wird auch von Haentjens angeregt, allein Herr Rouher erklärte, darauf sich nicht einlassen zu können, um auswärts keinerlei Deutungen hervorzurufen.

Spanien. Madrid, 22. Juni. Im Senate hat die Minorität der Budget⸗Kommission einen besonderen Vorschlag eingebracht gegen die Verpachtung des Salz⸗ und Tabaksmono⸗ pol8, so wie gegen die Ausgaben von Hypothekenscheinen, und daß für die Zinsen der Fould'schen Anleihe nicht mehr wie neun Millionen angewiesen werden sollen. 1

Italien. Florenz, 22. Juni. (W. T. B.) Zum Refe⸗ renten der Kommission für das Kirchengütergesetz wurde Ab⸗- geordneter Ferraris ernannt. Die »Opinione« meldet: Die Kommission werde vorschlagen, die Regierung zur Emission von Grund⸗Obligationen zu ermächtigen, welche in⸗ nerhalb einer bestimmten Periode durch den Ertrag der Kirchengüter selbst zu amortisiren wären. Die Emission würde zur Halkt⸗ mittelst öffentlicher Subscription im Inlande, zur Hälfte durch Abschluß mit inländischen Kredit⸗Instituten oder ausländischen Bankhäusern zu decken sein. Die Kom⸗

mission wünsche jedoch, in Anbetracht der ungünstigen Bedin⸗

gungen, unter welchen die Emission voraussichtlich im gegen⸗ wärtigen Zeitpunkte stattfinden müßte, die ganze Operation aufgeschoben, bis durch Votirung der neuen Auflagen den Staatsfinanzen eine Mehreinnahme von 80 Millionen Lire ge⸗

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Türkei. Der Sultan ist am 21. Juni Nachmittags zu Schiff gegangen und in Begleitung Fuad Pascha's nach Frank⸗ reich abgereist. Die Ehren⸗Escorte bilden zwei türkische Schrauben⸗ dampfer, ein Aviso und das französische Kriegsschiff »Forbin«, an dessen Bord sich der Botschafter, Herr Bourée, befindet. Die Fahrt geht zunächst nach Neapel, wo man am Mittwoch anzulangen denkt, und von da längs der italienischen Küste zwischen Elba und Festland hindurch direkt nach Toulon, wo die Ankunft am 28. d. erfolgen wird.

In Bulgarien sind nun wirklich Unruhen ausgebrochen, und der General⸗Gouverneur der Provinz, Midhat Pascha, hat mit zwei Bataillonen Infanterie gegen die Aufrührer ausrücken müssen, welche »die bulgarische Krone dem Groß⸗ fürsten Alexis« übertragen zu wollen erklären. Zehn Stunden von Sistow ist es zum Kampfe gekommen, in welchen »60 Christen drei Stunden lang gegen Türken, Tataren und Tscher⸗ kessen fochten⸗ und der Pascha 70 Mann verlor.

Nach Briefen aus Djeddah vom 10. Mai, die dem »Moniteur« zugehen, lauten die Nachrichten über den gegen⸗ wärtigen Gesundheitszustand in Mekka und Medinah aus⸗ gezeichnet. Man hofft, daß für dieses Jahr kein einziger Cholera⸗ fall unter den Pilgern und den Bewohnern von Djeddah nach⸗ gewiesen werden wird. Die türkischen Behörden haben große Umsicht bewiesen und die nöthigen Vorsichtsmaßregeln getroffen. Nichts ist übrigens, nach der Beschreibung des Korrespondenten, jammervoller und widerlicher, als der Anblick einer von den heiligen Städten nach Djeddah zurückkehrenden Pilgerkarawane.

Rußland und Polen. Warschau, 22. Juni. Die Kaiserin verließ Warschau heute Abends 5 Uhr, um die Reise nach dem Süden fortzusetzen. Der Kaiser reiste um 8 ½ Uhr per Extrazug nach Petersburg weiter. Zahlreiches Publikum die Abreise der Allerhöchsten Herrschaften mit Vivat⸗ rufen.

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