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Wird hierbei eine Uebereinkunft de heiligten vermittelt, o genügt die Genehmigung der Regierung, andernfalls ent⸗ shecger der Minister der Unterrichts⸗Angelegenheiten.
§. 32. Die Fentch zur Errichtung, Unterhaltung und Er⸗ weiterung der öffentlichen Volksschule erstreckt sich auf die Be⸗ schaffung alles dessen, was zur vollständigen Erreichung ihres Zweckes erforderlich ist. 1
Insbesondere soll den Lehrern überall ein ihrem Bildungs⸗ stande und den örtlichen Verhältnissen entsprechendes Dienst⸗ Einkommen gewährt werden.
§. 33. Die Lehrer an den Elementarschulen in Städten unter 10,000 Einwohnern, erhalten freie Wohnung oder eine eutsprechende Miethsentschädigung, und an anderweitigem Ein⸗ kommen mindestens 200 bis 250 Thlr. Rektoren an Bürger⸗ schulen sollen außer der Wohnung nicht unter 400 bis 600 Thlr. erhalten.
n Städten über 10,000 Einwohner können die vorstehen⸗ den inimalsätze des Gehalts nach Bedürfniß bis auf den doppelten Betrag erhöht werden.
Bei mehrklassigen Schulen sind die Lehrergehälter unter ange⸗ messener Abstufung so zu erhöhen, daß der Durchschnittsbetrag aller Gehälter den Minimalsatz um Ein Drittheil übersteigt.
§. 34. Die Lehrer auf dem Lande erhalten: 1) freie Woh⸗ nung nebst Wirthschaftsraum und den nöthigen Brennbedarf für Küche und Haus, oder, wenn solches nicht in Natur ge⸗ währt werden kann, eine angemessene Entschädigung dafür;
2) an Land, Naturalien und Geld soviel, als zu ihrem standes⸗ gemäßen Unterhalte erforderlich ist.
Die Höhe dieses Dienst⸗Einkommens und die Grundsätze, nach welchen Landdotationen und Naturalien darauf anzu⸗ rechnen sind, werden für jede Provinz durch Beschluß des Pro⸗ vinzial⸗Landtags, vorbehaltlich dex Bestätigung desselben durch die Staatsregierung, festgestellt. Dabei sind die Minimalsätze für die Hauptlehrer an mehrklassigen Landschulen, für allein⸗ stehende Lehrer und für zweite und folgende Lehrer gesondert festzustellen; auch ist innerhalb dieser Kategorien noch eine wei⸗ tere Abstufung der Minimalsätze nach den verschiedenen Gegen⸗ den der Provinz oder nach anderen thatsächlichen Verschieden⸗ heiten zulässig.
§. 35. Innerhalb dieser Grenzen (§§. 33. 34) bestimmen die Regierungen nach Anhörung der Verpflichteten unter Be⸗ rücksichtigung der Vermögens⸗Verhältnisse derselben, so wie der Größe und Theuerungsverhältnisse des Schulorts den Minimal⸗ betrag des Einkommens der Lehrer.
§. 36. Die Herabsetzung des Einkommens einer über den Minimalsatz hinaus dotirten Lehrerstelle ist nur mit Genehmi⸗ gung des Ministers der Unterrichts⸗Angelegenheiten zulässig.
Auch behält es da, wo gegenwaͤrtig bereits höhere gesetzliche Minimalsätze bestehen, als die in §. 33 vorgeschriebenen, bei jenen sein Bewenden.
§. 37. Ist die Schulstelle mit einem kirchlichen Amt ver⸗ bunden, so wird der Werth der mit dem letzteren verbundenen fixvirten Einnahmen und der Reinertrag der dazu gehörigen Dotationsgrundstücke auf das zu gewährende Minimal⸗Ein⸗ kommen angerechnet.
Im Falle der Trennung ist das Einkommen des Schul⸗ amtes von den zur Unterhaltung der Schule Verpflichteten bis auf den auskömmlichen Betrag zu erhöhen.
G Die zur Unterhaltung des Lehrers Verpflichteten haben den neu anziehenden Lehrern bis auf eine Ent⸗ ernung von 10 Meilen vom Schulorte für die Fort⸗ chaffung ihrer Familien und ihrer Effekten Fuhrwerk zu stellen oder eine Entschädigung bis zum Betrage von 20 Thir. zu ge⸗ vähren. Die Höhe derselben setzt in Ermangelung einer güt⸗ ichen Vereinigung die Regierung fest. Eine Rückzahlung der Anzugskosten findet nicht statt. 1 . 39. Die Auseinandersetzung zwischen dem abziehenden Lehrer oder den Erben eines verstorbenen Lehrers und dem neu
nziehenden Lehrer oder den Vertretern der Stelle, erfolgt nach Verhältniß der Amtszeit des abziehenden oder verstorbenen Leh⸗
ers während des letzten Wirthschaftsjahrs, welches vom
.Oktober bis letzten September zu rechnen ist.
Im Streitfall wird sie durch eine vollstreckbare Verfügung
auf Abhülfe drangen.
zur Schule gewiesenen Hausvätern
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gierungen erlassenen Verfügungen ist innerhalb vier der Rekurs an den Minister der Unterrichts⸗Angekegecoeß zulässig. dn In schleunigen Fällen kann die Rekursfrist in der Ve fügung selbst bis auf 8 Tage abgekürzt werden. 1 Der Rechtsweg ist nach Maßgabe des Gesetzes vom 24. Maj 1861 §. 15 (Gesetz⸗Sammlung Seite 244) zulässig. I §. 42. Alle Vorschriften, welche den 2 estimmungen dieses Gesetzes entgegenstehen, werden hierdurch außer Kraft gesetzt, s mögen in allgemeinen Landes⸗ und Provinzialgesetzen und Ler ordnungen oder in besonderen Gesetzen enthalten sein. — Mit der Ausführung dieses Gesetzes wird der Minister de
88 8 des Innern. „ 9
Motive zu dem Gesetz⸗Entwurf, betreffend die Unterhaltung der öffentlichen Volksschulen.
2 Das erste organische Gesetz über die Einrichtung des 5 entlichen Volksschulwesens in Preußen war das General⸗Landschul⸗Re lement Köͤnig Friedrich II. vom 12. August 1763. An dieses Gesetz schlofen sich die katholischen Schulreglements für Schlesien von 1765 und 1801 und das Allgemeine Landrecht von 1794.
Aber in der gewaltigen Periode der Zertrümmerung und Wieder. geburt des preußtschen Staats von 1806 bis 1815 erlitten die Unter. lagen, auf denen das System des öffentlichen Volksunterrichts damals erbaut war, tiefgehende Erschütterungen. Eine völlige Umgestaltun der kommunalen zund der sozialen Verhältnisse in Stadt und Lan trat ein, die Petrung der einzelnen Provinzen in Verfassung und Verwaltung hörte auf, gemeinsame Ideen, gemeinsame Ziele und Zwecke für das Ganze des Staates machten sich energisch geltend, und wurden in teestiegender Wechselwirkung mit der in dieser 1 allgemeinen Wehrhaftigkeit der gesammten
ation, auch für das öffentliche Volksschulwesen eine gebietende
Macht. Als daher im Jahre 1817 die Verwaltung des Landes neu geordnet wurde, machte sich in den Instructionen für die Regierungs. und die Konsistorial⸗Behörden die Forderung geltend, es solle »um der allgemeinen Jugendbildung der Nation eine feste Richtschnur zu geben« eine allgemeine Schulordnung entworfen werden und auf Grund derselben demnächst die Ausarbeitun besonderer Schulord⸗ nungen für die einzelnen Provinzen erfolgen, bei welchen deren Eigen⸗ thümlichkeiten möglichste Berücksichtigung finden würden.
Indessen war es der damaligen Zeit nicht gegeben, die Aufgabe auf dem hier vorgezeichneten Wegezu loͤsen. Denn obwohl bereits im Novpember 1817 unter dem Vorsitze des Staatskanzlers von Hardenberg eine Kommission zur Ausarbeitung einer allgemeinen Schulordnung nie⸗ dergesetzt wurde und diese bis zum Jahr 1819 ihre Arbeit vollendete, so entbehrte doch dieser Entwurf der praktischen Durchführbarkeit. Es trat in der Gesetzgebung für das öffentliche Volksschulwesen, abgesehen von einigen minder bedeutenden Erlassen für die Rheinprovinz und für Neu⸗Vorpommern „für längere Zeit ein Stillstand ein und der Verwaltung allein blieb es überlassen, innerhalb der bestehenden all⸗ gemeinen Landes⸗ und der besonderen Provinzial⸗Gesetze die Mittel und Wege für die Entwickelung und Verbesserung des Schulwesens, dem fortschreitenden Bedürfnisse gemäß zu
Einen erneuten Impuls erhielt die Gesetzgebung erst wieder durch die Anträge der preußischen Provinzialstände, welche bie Unzulänglich⸗ keit der bestehenden Gesetzgebung am schmerzlichsten Fenfattham und
iffe d. Die Regierung nahm diesen Impuls auf, und nach langjährigen Verhandlungen konnte endlich am 11. Dezember 1845 eine neue Schulordnung für die Elementarschulen der Provinz
begründeten
Preußen (Gesetz⸗Sammlung de 1846 Seite 1) erlassen werden.
Bei Abfassung dieser Schulordnung war der Grundsat leitend: zdaß überall von den bestehenden Verhältnissen auszugehen sei, und Abänderungen nur in so weit beschlossen werden dürften, als die ver⸗
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anderten Zeitverhältnisse ein bestimmtes Bedürfniß dazu nachzuweisen
vermöchten«, und dieser Grundsatz hatte nur in zwei Punkten eine durchgreifende Veränderung des bestehenden Rechts geboten, daß näm⸗ lich: 1) die Unterhaltung der Schulen nicht, wie bisher, lediglich den 1 — auferlegt, sondern zu einer Ver⸗ pflichtung der bürgerlichen Gemeinden gemacht wurde, und daß 2) für das Einkommen der Lehrer bestimmte, allgemein gültige Minimalsätze
festgestellt wurden.
Nach dem Muster der preußischen Schulordnung sollten nun
auch für die übrigen Provinzen Schulordnungen erlassen werden,
die Vorbereitungen dazu waren getroffen und die Vorlegung der ausgearbeiteten Entwürfe an die Provinzial⸗Landtage war für das Jahr 1848 in Aussicht genommen, als die Ereignisse des Jahres den weiteren Fortgang hemmten.
irektoren dieser Anstalten im April und Mai des nächstfolgenden ahres abgehalten, welche den Entwurf eines die höheren Lehranstalten treffenden Gesetzes vorlegte. luf Grund dieser Vorarbeiten und der Gut hten ließ der Minister von Ladenberg den Entwurf eines Unterxichts⸗ 8. es ausarbeiten, welcher das Fv . Unterrichtswesen einschließ⸗ sch der Universitäten umfaßte. Dieser Entwurf wurde den kirchlichen Behörden zur Begutachtung mitgetheilt, gelangte aber in Folge des Ausscheidens des Ministers von Ladenberg aus dem Ministerium nicht weiter zur Berathung. Die Frage wegen des Erlasses eines Unterrichts⸗Gesetzes, wurde ch in dem folgenden Zeitraume bis zum Jahre 1858 nicht „außer Acht gelassen. Indessen hatten schon die Verhandlungen während der Jahre 1848 bis 1850 gezeigt, welche außerordentlichen Schwierig⸗ kiten bei der Emanation eines allgemeinen Unterrichtsgesetzes zu über⸗ winden seien und der Minister von Raumer wandte deshalb seine Auf⸗ merksamkeit vorzgich darkanc⸗ diejenigen speziellen Gegenstände, rück⸗ htlich deren ein baldiges Einschreiten erforderlich und im Wege der nglementarischen Anordnung ausführbar erschien, abgesondert zu n. rgeln näͤchst wurden die Verhandlungen wegen Emanatiou eines Un⸗ terrichtsgesetzes im Jahre 1859 von dem Minister von Bethmann⸗ ßzollweg wieder aufgenommen. Auf seine Veranlassung wurde der Entwurf eines Gesetzes ausgearbeitet, welches, anknüpfend an die Porarbeiten von Ladenberg's, eine vollständige Erledigung des Art. 26 ferbeizuführen bezweckte, mit dem Unterschiede jedoch, daß jetzt die Universitäten, welche nicht Unterrichts⸗Anstalten im Sinne der Ver⸗ fassungs⸗-Urkunde zu sein schienen, ausgeschieden wurden. Auch dieser Entwurf gelangte nicht mehr zur Vorlage an den Landtag. Inzwischen blieb dem Gegenstande die unausgesetzte Auf⸗ merksamkeit der Stagtsrehtering zugewendet und die weiteren Erwä⸗ ungen wurden zunächst auf der vorgefundenen Basis fortgeführt. abei stellte sich jedoch bald mehr und vehr die Erkenntniß heraus, daß je umfassender und spezieller die Aufgabe des Gesetzes gefaßt werde, um so schwieriger die Bewältigung derselben durch alle Sta⸗ wien der Gesetzgebung sein würde, und daß, wenn man sich für jetzt entschließe, den Blick auf das zunächst Liegende und Erreichbare zu be⸗ scränken, die Hoffnung des Gelingens eine um so größere sein werde. Eine gleiche Auffassung machte sich nun auch bei der Landesvertre⸗ zung geltend. Am 6. April 1865 faßte das Haus der Abgeordneten, welches bis dahin lediglich auf der strikten Ausführung des Art. 26 der Verfassungs⸗Urkunde bestanden hatte, aus freier Erwägung den Beschluß: 1 f8 Königliche Staatsregierung aufzufordern, einen Gesetzentwurf, betreffend die Feststellung der äußeren Verhältnisse der Volksschule, insbesondere der Lehrerbesoldungen, sobald als möglich vorzulegen,⸗« nd zwar, indem dasselbe, nach Ausweis des Kommissions⸗Berichts nd . Verhandlungen im Hause von der Auffassung ausging, daß in solches, die äußern Verhältnisse der Schulen regelndes Gesetz sich thr wohl von dem allgemeinen Unterrichts⸗Gesetze abtrennen lasse, nd daß durch eine Vorwegnahme desselben die Schwierigkeiten sich esentlich vermindern würden, welche dem Erlasse eines allgemeinen nterrichtsgesetzes entgegenständen. t Aus diesen, von der Staatsregierung adopirten Erwägungen ist her gegenwärtige Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Einrichtung ind Unterhaltung der öffentlichen Volksschulen, hervorgegangen. Der Entwurf bheschränkt sich auf das Volksschulwesen und für gieses wiederum auf diejenigen Materien, bei denen das erkennbare vraktische Bedürfniß eine gesetzlliche Regelung fordert. Hiernach besteht der Hauptinhalt des Gesetzes wesentlich in der segelung der Dotations⸗Verhältnisse der Lehrer an den öffentlichen Polksschulen und in unzertrennlichem Zusammenhange damit, in der segelung der Verpflichtung zur Unterhaltung der Schulen und Lehrer. Damit aber diese, durch das unmittelbare praktische Bedürfniß tbotenen Bestimmungen nicht gleichsam in der Luft stehen blieben, ondern als Glieder eines größeren Ganzen erkennbar und in das schtige Verhältnitz gestellt würden, war es nothwendig, noch eine äihe allgemeiner Sätze über das Volksschulwesen in das Gesetz mit
—
be sonst erforderten Gut⸗
uzunechmen, nicht so sehr, um hierin etwas Neues festzusetzen, son⸗ Iin um das System des öffentlichen Unterrichts, wie dasselbe sich in
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ausammenhange zu sichern und zu befestigen. b b Das Gesetz zarfaftchFiernach in 4 Hauptabschnitte, nämlich: Ueber die allgemeine Schulpflicht (§. 1),
felche die durchgehende Basis aller öffentlichen Volksschuleinrichtungen V „und die deshalb in erster Linie der zweifellosen zeitgemäßen Fest⸗
illung bedarf;
Ueber die Einrichtung der öffentlichen Volksschulen G in den älteren Gesetzen und so auch in der Verfassungs⸗Urkunde mi
(§§. 2 bis 18), welchem Abschnitte die bten und ben sandenen Grundsätze über Zweck und Inhalt des öffentlichen Volks⸗ tterrichts, über die verschiedenen Abstufungen der öffentlichen Volks⸗
ngjähriger Erfahrung herausgearbeitet und bewährt hat, in seinem
in langer Praxis erprobten und bewährt nh Kategorie von Schulen bezeichnet ist, welche hier als »Elementarschulen«
keit desselben auch auf h zu prüfen. Die Staatsregierung beklagt diesen Aufschub nicht. Er hat ihr die Gewißheit gegeben, daß die von ihr aufgestellten Grundsätze auch für die neuen Provinzen brauchbar sind und den nicht hoch genug zu schätzen⸗ den Gewinn gesichert, die Fürsorge für den öffentlichen Volksunter⸗ richt in seinen wesentlichen Grundzügen als einen Gegenstand der allgemeinen Gesetzgebung z, abgelöst von blos partikularen oder heehttegen Interessen, als ein großes, öffentliches Staats⸗Interesse estzuhalten.
Nach dieser Einleitung wird jetzt zu der Motivirung der einzelnen Paragraphen des Gesetzes übergegangen werden können. 95
I. Allgemeine Schulpflicht. „ §. 1. Grundlegend für die Einrichtung und Unterhaltung der öffentlichen Volksschulen sind vor Allem die Bestimmungen über Die allgemeine Schulpflicht.
Dieselbe besteht in allen Landestheilen der Monarchie, den älteren sowohl als den neu erworbenen, in dem Sinne, daß jedes Kind wäh⸗ rend gewisser Jahre die öffentliche Volksschule besuchen muß, wenn nicht auf andere Weise für seinen Unterricht Mesorgt ist. In erster Linie war danach für jedes Kind ein gewisses Maß von Unkerricht bes meden, wie denn auch die Verfassungs⸗Urkunde im Artikel 21
estimmt:
»Eltern und deren Stellvertreter dürfen ihre Kinder oder Pflegebe⸗
„fohlene nicht ohne den Unterricht lassen, welcher für die öffentlichen
»Volksschulen vorgeschrieben ist.«
Demgemäß stellt der erste Absatz des §. 1 des Gesetzes die Noth⸗ wendigkeit des Unterrichts aller Kinder, und zwar sowohl hinsichtlich ihrer Dauer als hinsichtlich ihres Inhalts an die Spitze.
Das Allgemeine Landrecht läßt die Schulpflichtigkeit der Kinder schon mit dem vollendeten 5. Jahre beginnen. Dieser Termin ist im Allgemeinen zu früh. Die Kinder sind in diesem Alter, vornehmlich auf dem Lande physisch und psychisch selten schon so weit entwickelt, um einen geregelten Schul⸗Unterricht mit Erfolg benutzen zu können. Die älteren deutschen Schulordnungen des 17. Jahrhunderts setzen daher meist das vollendete 6. Jahr als Anfang der Schulpflicht. Auch in der neuesten preußischen Schulordnung von 1845 ist man auf die⸗ sen Termin wieder zurückgekommen. Die Regierungen empfehlen in ihren Gutachten das vollendete sechste Jahr.
„Das Ende der Schulzeit setzt das Allgemeine Landrecht auf den Zeitpunkt, wo das Kind »nach dem Befunde seines Seelsorgers die einem jeden vernünftigen Menschen seines Standes nothwendigen Kenntnisse gefaßt hat«. An die Stelle dieses unbestimmt gefaßten Zeitpunktes tritt in der Praxis in der Regel der regelmäßige Termin der Confirmation, das vollendete 14. Jahr. Es empfiehlt sich, diese bestimmte Altersgrenze nunmehr auch durch das Gesetz festzustellen.
Die weitere Bestimmung des ersten Absatzes, daß der Unterricht ein geordneter sein und daß er die Religion und die für das bürger⸗ liche Leben nothwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten umfassen soll, schließt Alles ein, was für die Erziehung und Bildung der Jugend allgemein gefordert werden kann, aber auch gefordert werden muß.
Die zweite und dritte Alinea des §. 1 enthält die Bestimmung, daß der nach dem Gesetz für jedes Kind nothwendige Unterricht in der öffentlichen Volksschule ertheilt werden soll, und daß der Besuch der⸗ selben eine Zwangspflicht ist, wenn nicht für den Unterricht der Kinder auf andere Weise genügend gesorgt ist.
Diese Bestimmung entspricht lediglich dem bestehenden Rechte
IlI. Einrichtung der öffentlichen Volksschulen (Elementar schulen, Bürgerschulen.)
Der Begriff der öffentlichen Volksschule umfaßt alle diejenigen Anstalten, welche dazu bestimmt sind, das allgemein gesetzlich erfordert Maß des Unterrichts zu gewähren. Die Leistungen der öffentlichen Volksschule können aber, je nach Verschiedenheit der Verhältnisse und des Bildungsbedürfnisses, entweder auf der untersten Stufe dieses Maßes verbleiben, oder eine höhere Vervollkommnung erreichen, ohn jedoch in die den höheren Lehranstalten vorbehaltene Sphäre überzu Fecsesn Hiernach sind, innerhalb des Gebiets der Volksschule, zwe
lbstufungen zu unterscheiden, von denen die eine diejenige Klasse von Elementarschulen umfaßt, die nur das unter allen Umständen noth⸗ wendige Maß von Kenntnissen und Fertigkeiten gewähren; die andere die gehobenen Elementarschulen — auch Mittelschulen, Bürgerschulen Rektoratschulen genannt — begreift, welche einen weitergehenden, jedoch
noch innerhalb der Aufgabe der Volksschule liegenden Bildungszwee
verfolgen.
Der Entwurf schließt sich dieser, den bestehenden Verhältnissen entsprechenden Eintheilung an und begegnet damit zugleich dem le haft empfundenen Bedürfnisse, für diese Verhältnisse eine feste gese liche Basis und Terminologie zu schaffen. Hervorzuheben ist aber, daß
dem Ausdruck vöffentliche Volksschule« im Allgemeinen nur diejeni lenig.
bezeichnet werden, und daß daher auch die Bestimmungen üͤber die
Durch die Bestimmungen der Verfassungs⸗Urkunde vom 5. De⸗
zember 1848 Art. 17 bis 28 und der Verfassungs⸗Urkunde vom 99. 31. Januar 1850 Art. 20 bis 26 wurde die Gesetzgebung jetzt auf eine hb Berücksichtigung der lokalen, sozialen und konfessionellen andere Bahn gelenkt. Diese Bestimmungen verhießen ein das ganz erhältnisse festgestellt werden;
Unterrichtswesen regelndes Gesetz und stellten zugleich gewisse allge⸗ Ueber die Unterhaltung deröffentlichen Volksschulen
meine maßgebende Grundzüge für ein solches im Voraus fest. 8 §§. 19 bis 40),
Zur Vorbereitung eines solchen umfassenden Unterrichtsgesetzes WV. endlich in §§. 41 und 42 einige, die Anwendung des Gesee
wurden im Mai und Dezember des Jahres 1848 die Elementarlehrer seine Einfügung in den Zusammenhang der übrigen Schulgesetz⸗
zu Kreis⸗ und Provinzial⸗Konferenzen versammelt, erfahrene Lehrer ung betreffende Schlußbestim mun g en.
und Direktoren von Schullchrer⸗Seminarien in Betreff der Vorschrif⸗ er Entwurf des gegenwärtigen Gesetzes war in seinem Haupt⸗
ten über die Lehrerbildung zur Berathung hierher berufen. 8 schon zur Zeit der Berufung des vorjährigen Landtages vol⸗
der höheren Lehranstalten zu schriftlicher Aeußerung ihrer Ansichten teerfolgte Erweiterung des Staatsgebiets hat dahin geführt, den
aufgefordert und eine Konferenz von Abgeordneten der Lehrer und urf auf ein Jahr zurückzulegen und in wischen die Anwendbar-
Verpflichtung zum Besuch, zur Einrichtung und zur Unterhaltung der Volks⸗ oder Elementarschulen bisher nicht ohne Weiteres auch auf di gehobenen Elementarschulen — jetzt Bürgerschulen genannt — Anwen dung fanden. Soweit der Entivurf die gleichen Bestimmungen auch auf die Bürgerschulen ausdehnt, enthält er also zwar zum Theil Neues — aber nach der fortschreitenden Entwickelung Nothwendiges Denn die öffentliche Volksschule muß namentlich in den größerern Städten fast überall zur Bürgerschule ausgebildet werden, wenn sie dem Bedürfniß der Betheiligten genügen soll — und doch tritt se da⸗ mit noch in keiner Beziehung in die Reihe der gelehrten, Real⸗ oder höheren Bürgerschulen, die wesentlich andere Grundlagen und Zwecke haben. Sie verbleibt vielmehr als gehobene Elementarschule mit der gewöhnlichen Elementarschule ders sgabe aller öffentlichen Volks
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der Regierung mit Vorbehalt des Rechtsweges bestimmt. ulen und über die bei deren Organisation und inneren Einrichtung
§. 40. Nach dem Tode eines Lehrers verbleiben dessen Wittwe und Kinder, nach Ablauf des Sterbemonats, noch zwei Monate im Genuß der Wohnung und der Einkünfte der Stelle, haben aber auf Erfordern dem Stellvertreter unentgeltlich Unter⸗ kunft zu gewähren, sosfern die Wohnung dazu Raum bietet, und für Reinigung und Heizung der Schule zu sorgen, sofern dies dem Lehrer obgelegen hatte. Die Stellvertretungskosten tragen die zur Unterhaltung der Schule Verpflichteten. 1. IV. Schlußbestimmungen. 41. Gegen die auf Grund dieses Gesetzes von den
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