1868 / 88 p. 15 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

der Anlage oder die Herstellung des den Bedingungen entsprechenden Zustandes derselben anordnen.

§. 165. Mit Geldbuße bis zu 50 Thalern oder Gefängniß bis zu sechs Wochen wird bestraft: 1) wer, außer den in §. 164 vorgese⸗ henen Fällen, ein stehendes Gewerbe ohne vorgängige Anmeldung, oder nach erfolgter Untersagung beginnt, oder fortsetzt; 2) wer die nach §. 14 erforderte An⸗ oder Abmeldung einer übernommenen Feuer⸗ Versicherungs⸗Agentur unterläßt; 3) wer bei dem Aufsuchen von Waarenbestellungen den Vorschriften im §. 41 zuwiderhandelt; 4) wer ein Gewerbe im Umherziehen ohne polizeiliche Erlaubniß betreibt; 5) wer bei dem Betriebe seines Gewerbes die von der Obrigkeit vor⸗

eschriebenen oder genehmigten Taxen überschreitet; 6) wer als Lehr⸗ err seine Pflichten gegen die ihm anvertrauten Lehrlinge gröblich vernachlässigt.

In allen diesen Fällen bleibt die Strafe ausgeschlossen, wenn die 18e.b Hennblung zugleich eine Zuwiderhandlung gegen die Steuer⸗ gesetze enthält.

§. 166. Mit Geldbuße bis zu 10 Thalern oder Gefängniß bis zu acht Tagen wird bestraft: 1) wer gewerbliche Verrichtungen, zu welchen er nach Vorschrift der §§. 40 und 41 einer Erlaubniß oder Legitimation bedarf, vornimmt, ohne dieselbe zu besitzen, beziehungs⸗ weise mit sich zu führen; 2) wer bei dem Gewerbebetrieb im Umher⸗ ziehen den ihm ertheilten Gewerbeschein oder Legitimationsschein nicht mit sich führt, oder einem Anderen überläßt; 3) wenn ein Gewerbe im Umherziehen, für welches ihm ein auf einen bestimmten Bezirk lautender Gewerbeschein (§. 60) ertheilt ist, unbefugt in einem andern Bezirk betreibt; 4) wer den Vorschriften im §. 61 zuwiderhandelt; 5) wer bei dem Gewerbebetrieb im Umherziehen unbefugt Begleiter mitführt und wer einem Gewerbetreibenden im Umherziehen unbefugt als Begleiter dient; 6) wer den polizeilichen Anordnungen wegen des Marktverkehrs zuwiderhandelt; 7) wer es unterläßt, die in den §§. 136 und 139 vorgeschriebenen Anzeigen zu machen oder Listen zu führen.

Dieselbe Strafe findet gegen Gesellen, Gehülfen und Fabrikarbeiter Anwendung, welche ohne gesetzliche Gründe eigenmächtig die Arbeit verlassen, oder ihren Verrichtungen sich entziehen oder sich groben Un⸗ gehorsams oder beharrlicher Widerspenstigkeit schuldig machen.

§. 167. Wer den Vorschriften in den 8. 134, 135 und 136 zuwider jugendliche Arbeiter annimmt oder beschäftigt, wird mit einer Geldbuße von 1 bis 5 Thalern für jeden vorschriftswidrig angenom⸗ menen oder beschäftigten Arbeiter bestraft.

War er innerhalb der letzten fünf Jahre bereits drei verschiedene Male auf Grund der vorstehenden Bestimmung bestraft, so kann auf den Verlust der Befugniß zur Beschäftigung jugendlicher Arbeiter für eine bestimmte Zeit oder für immer gegen ihn erkannt werden.

Es muß auf diesen Verlust, und zwar für mindestens drei Mo⸗ nate erkannt werden, wenn er innerhalb der letzten fünf Jahre bereits sechs verschiedene Male bestraft war.

S. 168. Sind polizeiliche Vorschriften von dem Stellvertreter eines Gewerbetreibenden bei Ausübung des Gewerbes übertreten worden, so trifft die Strafe den Stellvertreter, ist die Uebertretung mit Vorwissen des Vertretenen begangen worden, so verfallen beide der 1-ö- Sovaße, u

an eine solche Uebertretung der Verlust der Konzession, Appro⸗ bation oder Bestallung geknüpft, so findet derselbe auch als Holge der von dem Stellvertreter begangenen Uebertretung statt, wenn diese mit

Vorwissen des Vertretenen begangen worden. Ist dies nicht der Fall, so ist der Vertretene bei Verlust der Konzession, Approbation u. s. w. verpflichtet, den Stellvertreter zu entlassen.

„§. 169. Verabredungen unter Gewerbtreibenden, welche darauf erichtet sind, ihre Gehülfen, Gesellen oder Arbeiter zu gewissen Hand⸗ ungen oder Zugeständnissen dadurch zu bestimmen, daß sie die Arbeit einstellen, oder die ihren Anforderungen nicht nachgebenden Gehülfen,

Gesellen oder Arbeiter entlassen oder zurückweisen, sind nichtig.

Verabredungen unter Gehülfen, Gesellen oder Fabrikarbeitern, welche darauf gerichtet sind, Gewerbetreibende dadurch zu gewissen Handlungen oder Zugeständnissen zu bestimmen, daß sie die Arbeit einstellen, oder dieselbe verhindern, sind nichtig.

Diejenigen Bestimmungen der Landesgesetze, welche Verabredungen der vorbezeichneten Art unter Strafe stellen, treten außer Kraft.

§. 170. Wer Andere durch Anwendung körperlichen Zwanges,

durch Drohungen, durch Ehrverletzung oder durch Verrufserklärung bestimmt oder zu bestimmen versucht, an solchen Verabredungen (§. 169) Theil zu nehmen, oder ihnen Folge zu leisten, oder Andere durch gleiche Mittel hindert oder zu hindern versucht, von solchen Verabredungen zurückzutreten, wird mit Gefängniß bis zu drei Mo⸗ naten bestraft, sofern nach dem allgemeinen Strafgesetz nicht eine här⸗ tere Sreh Fünrkte §. 17

hlußbestimmungen. §. 171. Wo in diesem Gesetze auf die Landesgesetze verwiesen ist, sind unter den densg 18, 8 88b fassungs⸗ oder gesetzmäßig erlassenen Verordnungen verstanden.

Welche Behörden in jedem Bundesstaate unter der Bezeichnung: öhere Verwaltungs⸗Behörde, untere Verwaltungs⸗Behörde, Gemeinde⸗ ehörde, Orts⸗Behörde, Unter⸗Behörde, Polizei⸗Behörde, Ortspolizei⸗

Behörde zu verstehen sind, wird von der Central⸗Behörde des Bundes⸗ staats bekannt gemacht.

§. 172. Die Titel I., II., IV. bis X. dieses Gesetzes treten drei

““ nach dessen Verkündigung, der Titel III. am 1. Januar 1869

Kraft 1

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er Erlaß übereinstimmender Vorschriften über die Berechtigun

deen P Eö“ Bundes ist wah. b Session des Bundes 8

wiederholt in Anregung gübracht worchen. ““

Ein im Bundesrathe eingebrachter Antrag Sachsens bezeichnete

die Herstellung einer möglichsten Gleichmäßigkeit in diesen Vorschriften als nothwendige Voraussetzung für eine, dem Sinne und Geiste der Bundesverfassung entsprechende Ausführung des Art. 3 derselben. Im Reichstage wurde sowohl durch den Antrag der Abgeordneten Schulze, Dr. Becker und Genossen (Nr. 19 der Drucksachen) und die zu demselben gestellten Amendements, als auch bei der Berathung des Gesetzes über die Freizügigkeit der Versuch gemacht, den in dem An⸗ trage Sachsens ausgedrückten Gedanken durch einige allgemeine Be⸗ stimmungen gerecht zu werden. Wenn auch diesen Versuchen, einzelne Punkte außerhalb des Zusammenhanges mit dem Ganzen der Ge⸗ werbe⸗Gesetzgebung zu ordnen, wesentliche Bedenken entgegenstanden, so fand doch der Gedanke, von welchem diese Bestrebungen geleitet wurden, sowohl im Bundesrathe, als auch im Reichstage weit über⸗ wiegende Anerkennung. Im Auftrage des Bundeskanzlers wurde in der 25. Sitzung des Reichstages die Erklärung abgegeben, derselbe werde bei dem Bundes⸗Präsidium die Ermächtigung nachsuchen, in der nächsten Session des Bundesrathes eine auf der Grundlage der Gewerbefreiheit beruhende Gewerbe⸗Ordnung für den Nord⸗ deutschen Bund vorzulegen. Der Reichstag beschloß hierauf in derselben Sitzung, den Bundeskanzler aufzufordern, dem nächsten Reichstage eine allgemeine auf dem Prinzipe der Gewerbe⸗ öcbetis Geneebe,rnung vorzulegen, und gab hierdurch der nerkennung de edürfnisses für den jetzt vorliegenden Entwur seinerseits vollgültigen Ausdruck. 8 .

In den Staaten des Norddeutschen Bundes ist theils eine auf der Grundlage der Gewerbefreiheit beruhende Gewerbe⸗Gesetzgebung im Wesentlichen schon durchgeführt, theils befindet sich die Gewerbe⸗Gesetz⸗ ses eg n einem Uebergangszustande zur Gewerbefreiheit, theils be⸗ eht die Zunftverfassung noch fort. Die letztbezeichneten Staaten werden durch die einer gemeinschaftlichen Gewerbe⸗Ord⸗ nung für den Norddeutschen Bund tiefgreifende Veränderungen ihres gesammten gewerblichen Lebens erfahren, welche auch auf andere Ver⸗ hältnisse zurückwirken werden. Aber, welche Ansicht man auch von der Zuträglichkeit eines allmäligen Ueberganges hegen mag: stand die Nothwendigkeit eines Ueberganges zur Gewerbefreiheit einmal fest, so konnte den Staaten, welche diesen Uebergang bereits vollzogen hatten, nicht wohl ein in der Entwickelung weiter zurückliegendes Zwi⸗ schenstadium im Interesse der Gemeinschaftlichkeit aufgenöthigt werden. Freizügigkeit und Gewerbefreiheit ergänzen einander mit innerer Noth⸗ wendigkeit, die eine kann ohne die andere nicht zur vollen Wahrheit werden. Die Freizügigkeit ist gegeben, die Gewerbefreiheit kann also lange nicht ausbleiben. Mit kurzen Uebergängen würde in keiner Weise viel gewonnen sein, und die Erfahrung in allen deutschen Län⸗ dern, welche in den letzten zehn Jahren von der Zunftverfassung zur Gewerbefreiheit übergegangen sind, hat gelehrt, daß die Folgen selbst eines raschen Ueberganges dieser Art nicht in dem Grade umwälzend auftreten, wie man oft glaubt. Selbst die Auf⸗ hebung des Unterschiedes zwischen Stadt und Land kann nicht plötzlich wirken, weil nur da eine rasche Vermehrung des Ge⸗ werbebetriebes auf dem platten Lande eintreten kann, wo die sonstigen Bedingungen dafür vorhanden sind. In dem schwierigsten Punkte aber, in der Aufhebung privatrechtlicher ausschließlicher Gewerbeberech⸗ ba gen, Swangs 1 8 11 Föeete ein sofortiger Zwang endig einzutreten, wie dies bei §. 7 K .„E - lche. 8 8en 88 8 11u“ ein Bundesgesetz über den Gewerbebetrieb nur auf dem Grundsatz der Buwerhefsehein aufgebaut werden könne, ver guf nach Vorstehendem und im Hinblick auf die in dem größten Theile des Bundesgebietes bereits bestehenden Gewerbe⸗Gesetzgebungen selbst denen kein Zweifel mehr beigehen, welche an sich der Gewerbe⸗ freiheit nicht zugethan sind. Nur auf der Grundlage der Freiheit der Bewegung ist eine Einigung überhaupt möglich; so wie man das Gebiet der Beschränkungen betritt, stellt die Verschiedenheit der Ver⸗ hältnisse, Gewohnheiten und Anschauungen einer Einigung die größ⸗ ten Hindernisse entgegen, wie denn der Entwurf gerade in denjenigen Partieen die größten Schwierigkeiten zu überwinden hatte, wo es sich um die Aufrechterhaltung gewisser Einschränkungen der gewerblichen Freiheit im sicherheits⸗ oder sittenpolizeilichen Interesse handelte. Der Entwurf, der in seinen materiellen Bestimmungen wesentlich auf dem Grundsatz der Gewerbefreiheit beruht, hat daher schon um der eben gedachten Schwierigkeit willen, die Zahl der noch gewissen Beschränkungen unterliegenden Gewerbe und die polizeilichen ler schränkungen, welchen dieselben unterliegen, auf das zulässig geringste Maaß zurückführen müssen. Sein wesentlichster Zweck besteht in der gemeinsamen Ordnung der gesetzlichen Bestimmungen über die Befugniß dumn Gewerbebetriebe auf der Grundlage der Entfesselung der wirthschaft⸗ lichen Kräfte und der Durchführung der gewerblichen Freizügigkeit innerhalb des Bundesgebiets. Indem er auf dieser Basis ein gemein⸗ sames Gewerberecht schafft, stellt er zugleich die nothwendige Ueber⸗ einstimmung her zwischen der geltenden Gewerbe⸗Gesetzgebung und dem wirthschaftlichen Bewußtsein des Volkes. In dem letzteren hat sich der Grundsatz der Gewerbefreiheit durchgekämpft, und auch in den⸗ Se Kreisen, wo dies etwa noch nicht der Fall, ist es mehr die esorgniß vor etwas unbekanntem Neuen, als die Zufriedenheit mit den bestehenden beschränkenden Bestimmungen, welche den Widerspruch gegen die gewerbefreiheitliche Entwickelung der Gesetzgebung aufrecht erhält. Auch in diesen Kreisen wird sich die Erfahrung bewähren,

welche in den Ländern, wo die Gewerbe⸗Gesetzgebung zur Gewerbe⸗

freiheit tcg langen, n überall gemacht ist, Letgebung. Sewernft

den runa gerfcenissen ö efreundete und schon nach wenigen er a 3 ü 1

Bäeanke v2 ehnte, als die Rückkehr zu den früheren

uf dieser Auffassung beruhen die in den §§. 2—4 an der Spitze

des Entwurfs ausgesprochenen EEET“ h

Aufhebung der Beschränkung gewisser Gewerbe auf die Städte, die

nga des Verbots des gleichzeitigen Betriebes verschiedener Ge⸗ veeg die Aufhebung des Innungszwanges. Mit der letzteren ist zugleich die Prüfungspflicht der Handwerker beseitigt. Darüber, daß die Handwerker⸗ Prüfungen nicht diejenigen Garanticen ge⸗ währen, welche sie zu gewähren beabsichtigen, daß sie dagegen da⸗ durch nachtheilig werden, daß sie den Handwerker zur Aufwendung von Zeit und Kosten zu einer Zeit zwingen, wo er alle seine Kapital⸗ und Arbeitskraft auf die Gründung seiner Existenz verwenden muß, und daß sie die Nothwendigkeit des Versuchs einer, theoretisch un⸗ durchführbaren, praktisch die Entfaltung der Gewerbethätigkeit hem⸗ menden Abgrenzung der Arbeitsgebiete herbeiführen, dürfte es kaum noch nöthig sein, den Streit aufzunehmen, da die Bundesgesetzgebung mit der Einführung der Freizügigkeit, die, wenn sie wirksam sein soll, mit der Prüfungspflicht als lokaler Vorbedingung der gewerb⸗ lichen Niederlassung unvereinbar ist, die Frage bereits entschieden hat. Vorwiegend im Interesse der Freizügigkeit hat die Aufhebung der Prüfungen sogar weiler ausgedehnt werden müssen, als dies in einer großen Zahl der deutschen Gewerbe⸗Gesetzgebungen bereits geschehen ist. Die Duͤrchführung der gewerblichen Freizügigkeit findet nämlich ihre besonderen Schwierigkeiten bei den Gewerben bei welchen die Prüfungspflicht sich nicht aus der Rücksicht auf das Fortkommen der Gewerbetreibenden, sondern daraus motivirt, daß durch un⸗ geschickten Betrieb das Gemeinwohl gefährdet werden kann. Es sind dies die Medizinalgewerbe, das Gewerbe der Seeschiffer und die Baugewerbe. So lange bei diesen Gewerben in jedem Staate für den Betrieb auf seinem Territorium eine Prüfung erfordert wird, be⸗ steht für sie die Freizügigkeit praktisch ni t. Es mußte daher, wo an dem Befähigungsnachweise noch festgehalten werden ollte, der Grund⸗ satz durchgeführt werden, daß der einmal geführte Befähigungsnach⸗ weis zur gewerblichen Niederlassung in jedem Theile des Bundes⸗

;„ ti 8 gebietes berechtige der Seeschiffer und Seesteuerleute §. 31 des Ent⸗

Rücksichtli P 1- g. Frage schon durch Art. 54 der Bundes⸗Verfassung

entschiedec l ch der Medizinal⸗Personen (§. 29 des Entwurfs) konnte

i ufhebung des Befähigungsnachweises nicht wohl in Frage kene iezenn⸗ wenn auch theoretisch hier und da der Satz ausge⸗ sprochen sein mag, daß die Gesetzgebung bei ihnen auf einen Befäaͤhi⸗ ungsnachweis fuͤglich verzichten könne, so würde die Gesetzgebung doch in tiefen Widerspruch mit dem öffentlichen Bewußtsein und mit den berechtigten EE“ welche an die Staatsgewalt im Inter⸗ esse der Sorge für Leben un Gesundheit der Staats⸗Angehörigen gestellt werden, treten, wollte sie auf iesem Gebiete nicht in wirk⸗ samer Weise die Nothwendigkeit eines Befähigungsnachweises aufrecht erhalten. Um einer sehr gebildeten Klasse von Gewerbetreibenden die Freizügigkeit zu gewähren, blieb daher nur der eine Weg, Prüfungen und Approbationen von Vundes wegen einzuführen, und dabei Sorge zu tragen, daß einestheils di⸗ Prüfungen nicht zu einer Förmlichkeit herabsinken, und daß anderntheils eine unnöthige Centralisation des Prüfungswesens vermieden werde. Aus letzterer Rücksicht erschien es räthlich, die Befugniß der Bundes⸗Regierungen, solche Personen für das eigene Staatsgebiet zu approbiren, aufrecht zu erhalten, mit der Maßgabe natürlich, daß die von einer Bundes⸗Behörde ausgestellte Approbation ohne Weiteres für das ganze h 8 ghs gilt. Der Entwurf mußte aber auch die bereits approbirten MW edizinalpersonen ins Auge fassen, und kam zu dem Ergebniß, daß die Stellung der⸗ selben es nicht gestatte, ihnen ein Recht zu versagen, welches den künftig zu approbirenden ohne Weiteres zustehen wird. 1 Andere Gesichtspunkte boten sich in Betreff der Bauhandwerker dar. Während die Seeschiffer und die Medizinalpersonen in allen Bundesstaaten prüfungspflichtig sind, ist der Betrieb der Bauhand⸗ werke in Oldenburg, Bremen, Hamburg und dem vormaligen Herzog⸗ thum Nassau ein freies Gewerbe. Während es zulässig ist, die rüfun⸗ gen der Seeschiffer und der Medizinalpersonen auf wenige rte zu beschränken und dadurch die Kontrole über die Gleichmäßigkeit des Verfahrens zu sichern, würden für die Bauhandwerker sehr zahl⸗ reiche Prüfungs⸗Behörden eingerichtet werden müssen, für deren wirksame Kontrole es an Organen fehlen würde. Wenn hier⸗ nach die Alternative sich aufdrängte, entweder auf die Frei⸗ zügigkeit für diese großen Gewerbe, oder auf die Prüfung für den Betrieb derselben zu verzichten, so entschied sich der Entwurf für die Wahl des letzteren Weges aus den sachlichen Bedenken, welche gegen eine Einrichtung sprechen, die täglich umgangen wird 1 die eine Garantie verheißt, ohne dieselbe zu gewähren, und die durch Trennung der Verantwortlichkeit für den Bau von der thatsächlichen Leitung des Baues das Gefühl der Verantwortlichkeit bei den Personen abstumpft, von deren Gewissenhaftigkeit die Solidität des Baues abhängt. Es konnte endlich nicht unbeachtet bleiben, daß das freie Gewerbe der Civil⸗Ingenieure die bE“ Bauten ausführt, ohne an eine Prüfungspflicht gebunden zu sein. Bei Frofungeosgewelben endlich, bei welchen an der polizeilichen Genehmigung zum Beginn des Betriebes deshalb festzuhalten ist, weil durch Unzuverlässigkeit der Gewerbetreibenden in sittlicher Hinsicht das Gemeinwohl gefaͤhrdet werden kann, treten sowohl die Rücksichten der Freizügigkeit, als auch das Bedürfniß voller Einheitlichkeit der Gesetz⸗ gebung in allen Details in den Hintergrund. 1 Die Frage, ob eine Charaktereigenschaft vorhanden ist, läßt sich nicht im Voraus für alle Zeiten beantworten und muß deshalb in einem Einzelstaate, wie in einem Bundesstaate in jedem Falle geprüft werden, wo Jemand ein solches Gewerbe betreiben will, gleichviel, ob er dasselbe bereits an einem andern Orte betrieben hat, oder nicht. Hier kann also die gewerbliche Freizügigkeit in ihrem vollen Umfange zur Anwendung kommen. Andererseits kann aber auch aus je Sicherheits⸗ und Sittenpolizei auf die Prüfung lässigkeit bei einer gewissen, wenn auch auf das

engste Maß zu beschränkenden Anzahl von Gewerben nicht verzichtet werden. Indeß ist die Frage, ob bei diesen Gewerben eine Prüfung der sittlichen Zuverlässigkeit unerläßlich, bei verschiedenem Stande der gewerblichen und Kultur⸗Entwickelung, der Volksdichtigkeit und vor⸗ wiegenden Beschäftigung oder Neigung der Bevölkerung, endlich bei verschiedenem Stande der sonstigen Gesetzgebung verschieden zu be⸗ antworten. Es konnte daher bei der Mehrhasl dieser Ge⸗ werbe die Konzessionsfreiheit, wo sie gesetzlich bestand, erhalten bleiben. Dagegen war es im Interesse der Freizügigkeit wie der Gewerbefreiheit unbedingt nothwendig, die Gewerbe bestimmt zu bezeichnen, wo eine Prüfung der sittlichen Zuverlässigkeit zu⸗ lässig ist, ferner das Verfahren der Konzessions⸗Entziehung im Interesse der Sicherung des Nahrungsstandes der Gewerbetreibenden den Hauptgrundsätzen nach zu regeln. Bei einigen dieser Gewerbe faßt der Entwurf eine Konzessionsentziehung nur auf Grund oder als Folge eines gerichtlichen Straferkenntnisses unter bestimmten objektiven Vorbedingungen in's Auge. Wo die Möglichkeit der Konzessionsent⸗ seun, im Verwaltungswege unerläßlich ist, ordnet er eine kollegia⸗ ische Entscheidung und einen gesicherten Instanzenzug an. Im Inter⸗ esse möglichster Einschränkung des Konzessionswesens sind Versicherungs⸗ agenten, Commissionaire und Konzipienten von dem Erforderniß der polizeilichen Genehmigung befreit.

Auch bei der Konzessionirung solcher Anlagen, welche durch die oͤrtliche Lage oder die Beschaffenheit der Betriebsstätte für die Besitzer oder Bewohner benachbarter Grundstücke oder für das Publikum über⸗ baupt erhebliche Nachtheile, Gefahren oder Belästigungen herbeiführen können, mußte aus gleichen Gründen und vorwiegend im Interesse der Gewerbetreibenden selbst ein förmliches Verfahren den Hauptgrund⸗ sätzen nach vorgeschrieben werden. Da gleiche und gesetzlich gesicherte Bedingungen der Gründung einer Betriebsstätte zu den Erfordernissen der gewerblichen Freizügigkeit gehören, so werden auch diejenigen Staaten sich der Gemeinsamkeit anschließen müssen, welche diesen Zweig der Konzessionirung bisher in formloserer Weise handhabten.

Bei einem Zweige des Konzessionswesens, auf den vorwiegend aus sicherheitspolizeilichen Gründen nicht verzichtet werden kann, tritt das Interesse der Freizügigkeit wieder sehr in den Vordergrund, es ist dies der Gewerbebetrieb im Umherziehen, eine Form des Gewerbe⸗ betriebes, die als solche nach den Gesetzgebungen fast aller Staaten mit besonderen Garanticen umgeben wird. Der Entwurf hat hier in den Bedingungen der Konzessionirung lediglich das Interesse der öffentlichen Sicherheit und Sittlichkeit ins Auge gefaßt, nicht einen Schutz des stehenden Gewerbes, der mit dem Grundsatze der Gewerbefreiheit nicht vereinbar sein würde. Der Gewerbebetrieb im Umherziehen ist von sehr großer Wichtigkeit nicht nur für die Verbraucher, denen er Befriedigungsmittel zuführt, die ihnen sonst nur um den Preis er⸗- heblicher Mühewaltung zugänglich sein würden, sondern auch für die Industrie, deren Erzeugnisse er mit Fleiß und Betriebsamkeit vertreibt und ihr einen Konsumentenkreis erobert, welcher allmälig dem stehen⸗ den Gewerbebetrieb Boden gewährt, endlich für die ökonomische Aus⸗ nutzung der Abfälle, welche er aufsammelt und der industriellen Ver⸗ wendung F“ Der Entwurf ist bestrebt, dieser in den meisten Gewerbegesetzgebungen sehr stiefmütterlich behandelten Form des Ge⸗ werbebetriebes eine gesetzlich feste Basis, eine erweiterte Sphäre der Thätigkeit, und den legitimen Antheil an der Freizügigkeit dadurch zu gewähren, daß die einmal erfolgte Konzessionirung dem Hausirer, gegenüber den polizeilichen Rücksichten, das gesammte Bundesgebiet b öffnet. Dies war nur möglich durch Trennung der polizeilichen Seite dieses Betriebes von der steuerlichen, welche letztere den Landesgesetz⸗ gebungen verbleibt. Es ist daher die dem Gewerbebetriebe im Umher⸗ ziehen gewährte Freizügigkeit auch nur so zu verstehen, daß der Ge⸗- werbetreibende, wenn er ein anderes Gebiet, als das des Heimaths⸗ landes betritt, keiner neuen polizeilichen Konzession bedarf; der Steuer bleibt er in jedem Staate unterworfen, auf welchen er seinen Ge⸗ schäftskreis ausdehnt.

Die Begriffsbestimmung des Gewerbebetriebs im Umherziehen ist so getroffen, daß nicht jeder Gewerbetreibende, den seine Gewerbe⸗ thätigkeit außerhalb seines Wohnortes führt, als Hausirer betrachtet wird, sondern nur derjenige, dessen Thätigkeit unter die dem Hausir⸗ betrieb ausdrücklich zugezählten Kategorieen fällt. So soll nach dem Entwurfe die Vermittelung von Geschäften außerhalb des Wohnortes nur dann als Gewerbebetrieb im Umherziehen angesehen werden, wenn sie auf das Aufsuchen von Waarenbestellungen gerichtet ist. Das Aufrechterhalten der Bedürfnißfrage für die einzelnen Gebiets theile wuürde mit der Freizügigkeit unvereinbar sein. Es ist dahe davon abgesehen worden. Nur das Umherziehen mit Schaustellun⸗ gen u. s. w., bei welchen die Interessen der Sittenpolizei schwerer ins Gewicht fallen, als die Interessen der Förderung eines Gewerbe⸗ betriebes von sehr zweifelhaftem Werthe, mußte an der Bedürfnißfrage festgehalten werden. 8

Die Konzessionirung kann, da die Hauptvorbedingung sittlicher Natur ist, und der Gewerbeschein zugleich die Natur einer Legitimation hat, jedesmal nur auf ein Jahr erfolgen; jedoch sind die Bedingungen der Versagung einer Verlängerung so bestimmt formulirt, daß Willkür hinreichend ausgeschlossen erscheint. Die von dem Hausirhandel aus⸗ genommenen Artikel sind gegenüber der Mehrzahl der Gewerbe⸗Gesetz⸗ gebungen auf eine geringe Zahl beschränkt; die Ausnahme ist für jede einzelnen derselben durch überwiegende Rücksichten des allgemeinen Interesses gerechtfertigt. Für einen sehr großen Theil des Bundes⸗ gebiets ist es eine wesentliche Erleichterung, daß von der Konzessions⸗ pflichtigkeit des Verkaufs oder Aufkaufs roher Erzeugnisse der Land⸗ und Forstwirthschaft, des Garten⸗ und Obstbaues ganz abgesehen wer⸗ den konnte. Endlich ist, um auch lokalen Gewohnheiten gegenüber Rücksichten walten zu lassen, der Partikular⸗Gesetzgebung noch vor⸗

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behalten, den Verkauf oder Aufkauf im Umherziehen von näher zu