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ündwaarenfabriken mit 219 Arb. in den Kreisen Gandersheim und
lankenburg, 3 Glashütten mit 129 Arb. in den Kreisen Holzminden und Blankenburg, 1 Spiegelglasfabrik mit 27 Arb., 1 Porzellanfabrik mit 39 Arb. und 2 Steingutfabriken mit 13 Arb., sämmtlich im Holzmindener Kreise. Mit Zubereitung von Pflanzen⸗ und Thierstoffen für den gewerblichen und häuslichen Bedarf waren u. A. 201 Oelmühlen mit 302 Arb., 47 Sägemühlen und Fournierschneidereien mit 89 Arb im Betriebe. Von geringerer Bedeutung ist die Fabrication von Papier, Holz⸗ und kurzen Waaren; es sind hier namentlich 12 Papier⸗ und Pappefabriken mit 187 Arb., 3 Papiertapeten⸗Fabriken, 1 Lederwaarenfabrik, 6 Strohhut⸗ und Strohwaaren⸗Manufakturen mit 82 Arb. hervorzuheben. mestärk⸗ sten ist die Fabrication von Verzehrungsgegenständen, bei welcher namentlich die Mühlen⸗Etablissements, die Tabaks⸗ und Ci⸗ garren⸗Fabriken, die Rübenzuckerfabriken, die Bierbrauereien, Brannt⸗ weinbrennereien und Cichorienfabriken in Betracht zu ziehen sind. Wassermühlen, die sich in allen Kreisen, am meisten aber in dem von Helmstedt, finden, gab es 275 mit 549 Mahlgängen und 603 Arbeitern; Windmühlen zählte man 107 mit 219 Arbeitern, außer⸗ dem waren noch 2 durch thierische Kräfte und 4 durch Dampf ge⸗ triebene Getreidemühlen vorhanden. Die Fabrication von Tabak und Cigarren wird in den Kreisen Braunschweig und Gandersheim am stärksten betrieben; von 52 Fabriken mit 1060 Arb. speist ersterer 25 mit 666 Arb., letzterer 5 mit 238 Arb. nach. Die Rübenzucker⸗ Industrie hat ihren Sitz in den Kreisen Braunschweig, Wolfenbüttel und Helmstedt und hier in den letzten Jahren bedeutend an Aus⸗ dehnung gewonnen. Die Fabriktabellen für 1861 weisen nur 16 der⸗ artige Fabriken mit 2651 Arb. nach; es bestehen deren gegenwärtig aber 25, die im Betriebsjahre 1866/67 4,162,100 Ctr. rohe Rüben ver⸗ arbeitet und daraus ca. 330,000 Ctr. Rohzucker gewonnen haben; die von denselben entrichtete Rübenzuckersteuer hat 1,040,525 Thlr. betra⸗ gen. Die Bierbrauerei ist gegen frühere Zeit allerdings etwas zurück⸗ gegangen, doch erfreuen sich einige der im Lande gebrauten Biere, na⸗ mentlich die Mumme aus Braunschweig und der Duckstein aus Kö⸗ nigssag eer noch immer einigen Rufes. Man zählte 1865 überhaupt 120 Brauereien, von denen jedoch nur 105 im Betriebe gewesen sind; ihre Production betrug 98,353 Ohm à 160 Qrt. Bier, zu deren Her⸗ stellung 65,451 Ctr. Getreide erforderlich gewesen sind. An Braumalz⸗ steuer sind in dem gedachten Jahre 35,427 Thlr. aufgekommen. Brannt⸗ weinbrennereien gab es im Jahre 1865 67 mit 269 Arb., welche 71,491 Scheffel Getreide, 608,188 Schffl. Kartoffeln und 48,569 Schffl. andere Materialien verarbeiteten, aus denen 8,568,415 Qrt. Spiritus à 50 pCt. gewonnen worden sind; die dafür vereinnahmte Steuer belief sich auf 207,934 Thlr. — Cichorien⸗Fabriken, denen in der amt⸗ lichen Tabelle aber auch Chokoladen⸗ und Senf⸗Fabriken zugerechnet sind, gab es im Jahre 1861: 16 mit 309 Arb., die bedeutendsten der⸗ selben (11 mit 284 Arb.) in der Hauptstadt; die größeren derselben haben ihren Absatz nicht blos über den Zollverein, der Schweiz, Oesterreich ꝛc. ausgedehnt.
Von Anstalten und Unternehmungen für den literari⸗ schen Verkehr sind schließlich noch zu nennen: 4 Schriftgießereien, 18 Buch⸗ und Notendruckereien mit 351 Arb., 11 Druckereien von Kupfer⸗ und Stahlstichen, Holzschnitten ꝛc., 1 Institut für Globen, Landkarten, Planetarien, 21 Buch⸗, Kunst⸗ und Musikalien⸗Handlungen. Die bedeutendsten dieser Anstalten befinden sich in der Ha
Der fruchtbare Landstrich zwischen der Weichsel und Nogat, Theile der Kreise Marienburg und Elbing, verdankt seine Kul⸗ tur erst der Ende des 13. Jahrhunderts begonnenen Erbauung der Dämme an der Weichsel und Nogat. Vor der Nieder⸗ lassung des deutschen Ritterordens in Preußen war das Weichsel⸗
Delta nur eine öde, den Ueberschwemmungen ausgesetzte Sumpf⸗
fläche, die durch zahlreiche Wasserläufe durchschnitten war. Auf den höher gelegenen Inseln wohnten im 5. Jahrhundert Viri⸗ darier oder Vidivarier, ein slawisches Mischvolk, welches in dem Wild der Rohrbrüche und den Fischen der fließenden Gewässer reichliche Nahrung fand, jedoch der Tradition zufolge nur fünf Dörfer besessen haben soll. Nachdem das große Werder von den Herzögen von Pommerellen in den Besitz der Ritter übergegangen war, welche später auch die masowischen Antheile durch Kauf erwarben, wurde das Werder durch die großartigen Dämme, die angeblich 1288 von dem Landmeister Meinhard von Querfurt begonnen und in sechs Jahren voll⸗ endet wurden, dem Landbau gewonnen. Einwanderer aus Norddeutschland und den Niederlanden, die unter großen Be⸗ günstigungen von den Rittern herbeigezogen wurden, begannen die Kultur des Landes, welcher 1308 durch die Erwerbung Pommerellens die große Wasserstraße nach Danzig eröffnet und dadurch der Absatz der Produkte nach England und den skan⸗ dinavischen Reichen ermöglicht wurde. Als dann 1309 auch der Hochmeistersitz nach Marienburg selbst verlegt und die
*) Nach dem Aufsatz des Dr. Eckerdt in der Zeitschrift für Preußische Geschichte und Landeskunde — Septemberheft — und dem in Berlin bei Wiegandt und Hempel 1864 erschienenen Buche: Die Provinz Preußen.
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reichen Landstriche des Werders allmälig eine er iebige Finanzquelle für den Orden wurden, blühte das Werder unter der Fürsorge der Hochmeister schnell auf und das deutsche Element verdrängte in kurzer Zeit das nichtdeutsche oder machte es sich dienstbar. Unter dem Hochmeister Carl Beffard von Trier (1311 — 1324) wurden hier allein 13 deutsche Dörfer gegründet und bis zum Regierungsantritt Winrichs von Knip⸗ rode (1351) 23, unter seiner Regierung 8 neue Dörfer angelegt; in die Zeit Konrad Zöllners (1381—1392) fällt die letzte Fun⸗ dationsurkunde der Ordensritter, die von Montau. Die Colo. vadtolnh des Werders geschah nach einem bestimmten Systeme, die ersten Anlagen der Dörfer bis 1324 fallen in die engen Theile des Werders zwischen Dirschau und Marienburg,/ die nördlichste war Mirau bei Neuteich, die südlichsten Milenz und Schönau. Es waren zunächst die höher belegenen, bereits trockenen, Stellen zu Ansied⸗ lungen ausersehen; die nördlicheren Landstriche lagen noch im Sumpfe. Im J. 1340 wurde die Querdurchschnittslinie dieses Strichs, die gerade Straße von Marienburg nach Dirschau, zur Weichselüberfahrt hin, mit Dörfern besetzt. In den folgen⸗ den Decennien wurden die Lücken ausgefüllt und die Kolonieen nach dem Haff hin längs der alten Weichsel und Nogat erwei⸗ tert/ daßegen blieb die Gegend zwischen der Nogat und dem Drausensee in der Ordenszeit wenig berücksichtigt; der östliche Theil dieser Gegend wurde erst unter der polnischen Herrschaft durch Mennoniten urbar gemacht.
„Die Ansiedler kamen aus verschiedenen Gegenden; um Elbing „und andere wässrige Orte« hatten sich Leute aus Sach⸗ sen, Jülich und Holland niedergelassen, im Ermländischen reisige Knechte aus dem Jülichschen und Geldernschen, im Kulmerlande und in Pomesanien Bauern aus dem Meißenschen und aus Schlesien. Die ursprünglichen Bewohner des Werders, die Preußen, Polen und Wenden, wurden von den Ansiedlern ger⸗ manisirt und sanken zu Dienstleuten herab, die aber durch Jahrhunderte hindurch einen tiefen Haß gegen die deutschen Einwanderer bewahrten.
.Die Vertheilung der Ländereien unter die Ansiedler geschah vielleicht, nach altgermanischer Sitte, durch das Loos, woher sich noch heut im Werder die Hofzeichen erhalten haben mögen, in denen die alte Rune, mit welcher die Loose bezeichnet waren, erkennbar ist. Sämmtliche Dörfer wurden vom Orden zu vbmischem Rechte verliehen und hießen deshalb cölmische
rfer.
Die Lasten, welche die Ansiedler zu tragen hatten, waren nicht unerheblich; außer den Geld⸗ und Natural⸗Abgaben, sowie den Diensten bei den Burgbauten, war besonders die Unterhal⸗ tung der Dämme, die jeder Hufe zu einem Sail (5—6 Ruthen) oblag, lästig. Die ergiebige Ernten der Niederung wogen diese Lasten und die Schäden, welche Ueberschwemmungen zeitweise verursachten, aber reichlich auf, und die Ansiedler galten Ende des 14. und Anfangs des 15. Jahrhunderts als sehr reiche Leute. Mit dem Reichthum war aber der Luxus und der Ueber⸗ muth der Werderer gewachsen, der viele Excesse und Konflikte mit den Rittern Lö
Mit der Schlacht bei Tannenberg (1410), welche die Macht des Ordens brach, war auch die Blüthezeit des Werders vor⸗ über. Krieg, Pest, Ueberschwemmungen und Mißwachs suchten die Ansiedelungen heim und der Orden konnte nicht nur nicht helfen, sondern mußte, um seine Kriege führen zu können, die Werderer noch durch neue Steuern bedrücken. Hierdurch wuchs die Erbitterung gegen den Orden, und die Bewohner des Wer⸗ ders wurden die treuesten Anhänger des Königs von Polen. Als aber nach langen blutigen Kriegen das Werder durch den Frieden von Thorn 1466 an Polen fiel, war das Weichseldelta wüst und verödet. Im ganzen Ordenslande hatten von 21,000 Dörfern nur 3013 die Kriege überdauert; 1019 Kirchen waren fast ganz zerstört worden.
Auch die drei Jahrhunderte der polnischen Herrschaft brach⸗ ten über das Weichseldelta so viele und schwere Leiden, daß es den Kulturzustand, auf welchen es die Ritter erhoben hatten, nicht wieder erreichen konnte. Erst seit seiner Vereinigung mit Preußen (1772) ist es allmälig auf den Stand seiner früheren Production zurückgelangt und hat denselben, trotz mancher schwerer Kalamität, welche Ueberschwemmungen verursachten, überschritten. 1
Zu dem Weichseldelta wird jetzt nicht allein der Landstrich zwischen der Weichsel und Nogat nördlich der Montauer Spite gerechnet, sondern es werden auch alle die neugebildeten Vor⸗ ländereien des Haffs hinzugezählt, welche durch die Verzwei⸗ gungen der Nogat und der Weichselmündungen unter der Be⸗ zeichnung der »Haff⸗ und Weichselkampen⸗ vom Ausfluß der Nogat bis zur Düne an der Ostsee sich hinziehen. Das Delta veceict außer diesen Kampen aus dem großen Marienburger Werder und der Tiegenhöfer und Elbinger Niederung und nimmt etwa 60 pCt. der Fläche der Kreise Marienburg und Elbing ein. Es hat in diesem Umfange einen Flächeninhalt
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von ca. 158 Meilen, auf welche im Jahre 1858 (in den neueren Zählungen ist das Delta nicht besonders ausgezählt), ca. 46,000 Bewohner gezählt wurden. Auf die Meile kamen also 3060 Einwohner, was zwar hinter dem Durchschnitte des Staates (3476 Einwohner pr. Meile) zurückblieb, aber doch die Hurchschnittszahl von Westpreußen (2408 Einwohner pr. Meile) erheblich überstieg. Hierbei ist noch zu berücksichtigen, daß in dem Weichseldelta Städte, die auf die Dichtigkeit der Bevöl⸗ kerung großen Einfluß üben, nicht vorhanden sind, auch daß die Cholera und die große Ueberschwemmung im Jahre 1855 auf die Bevölkerungsverhältnisse des Deltas sehr nachtheilig gewirkt hatten. Als Westpreußen an Preußen kam, lebten dort auf der Quadratmeile nur 948 Einwohner, im Jahre 1817 nur 1040 Einwohner. Im lettgenannten Jahre lebten auf dem platten Lande der Kreise Elbing und Marienburg im Ganzen
(nur 51,460 Bewohner, also nur ca. 5400 mehr, als im Jahre
1858 im Weichseldelta allein. Von der Bevölkerung desselben beschäftigten sich im Jahre 1858 38,600 Personen mit der Land⸗ wirthschaft. Auf dem die Weichsel⸗Insel umschließenden, höher elegenen, Areal von ca. 10 Quadratmeilen, der Werdergegend, herrscht der größere Grundbesitz von 300 — 600 Magd. Morgen vor, während in der ö kleine Grundbesitz von 5 — 200 M. überwiegt. Für die Entwässerung des Landes sind die Jahre 1845— 1852, während welcher die Niederungen vier⸗ mal unter Wasser gesetzt wurden, folgereich gewesen. In den nächsten fünf Jahren wurden hier über 24 Entwässerungs⸗ Dampfmaschinen errichtet, woneben zahlreiche, durch Wind⸗ mühlen betriebene Wasserschöpfräder im Gange sind. Die Communication hat durch die das Weichseldelta im Süden durchschneidende Ostbahn mit den in jeder Jahreszeit gesicherten Stromübergängen bei Dirschau und Marienburg und durch eine gleichlaufende Chaussee, sowie durch den gleichzeitig mit der Eisenbahn eröffneten Weichsel⸗Haff⸗Kanal, welcher die Verbin⸗
dung mit Danzig und Elbing vermittelt, sehr wesentliche Ver⸗
besserungen erfahren. Auch haben sich durch die Eisenbahn⸗ stationen Dirschau, Siemonsdorf und Marienburg neue Ver⸗
sehrspunkte gebildet.
Die Landwirthschaft hat sich lange gegen die Stallfütterung und den Hackfruchtbau gesträubt. Das Werder, welches, wie bemerkt, etwa zwei Drittel des gesammten Areals der Weichsel⸗ Insel umfaßt, beginnt bei der Montauer Spitze und geht bei den Dörfern Jankendorf, Vogtey, Siebenhuben, Fürstenau, Meusdorf und Lupushorst in die Niederung über. Es genießt vor der letzten, die nur künstlich entwässert werden kann und durch zahlreiche, wassergefüllte Gräben durchschnitten ist, den Vorzug der natürlichen Entwässerung. Im Werder hat das ungünstige Wiesenverhältniß (1:5) schon in den zwan⸗ ziger Jahren zur Beseitigung der Dreifelderwirthschaft und zur Einführung einer 52127. elterwirthschaft veranlaßt. Die Vieh⸗
haltung beträgt hier 7 bis 10 Stück Großvieh pro Hufe culm.
(=— 65 Magd. M.) und zwar ist das Verhältniß des Nutzviehs zum Betriebsvieh wie 3:4. Die Ackerbestellung geschieht mit passenden Pflügen und mit großer Sorgfalt; die Brache wird einschließlich der Hakfurchen 14 Mal und darüber gewendet und durchfurcht. Die Erträge sind pro Morgen: vom Weizen 10 — 18 Scheffel, Roggen 10— 18 Sch., Gerste 12 — 24 Sch., Hafer 12 — 25 Sch., Vohnen 10 —20 Sch., Erbsen 8—15 Sch., Klee 25 Ctr. Der Preis des Grund und Bodens wechselt von 4“ bis 6000 Thlr. pro Hufe culm. (60— 90 Thlr. pro M.). In der Niederung besteht die Hauptnutzung des Landes in der Viehhaltung, wozu ½ bis ⅞ des Areals verwendet wird, während der übrige Theil zum Anbau von Sommergetreide dient und nur in vereinzelten Fällen mit Wintergetreide aus⸗ genutzt wird. Das Nutzvieh besteht meist in Kühen, deren Milch zu Käse und Butter verarbeitet wird. Der Milchertrag erreicht in den ersten Monaten nach dem Kalben und während des Weidegangs nicht selten täglich 20 Quart, die Verwerthung einer Kuh jährlich 30 — 40 Thlr. An Nutz⸗ und Betriebsvieh werden pro Hufe culm. 10—12 Stück gehalten. In neuerer eit werden die Weiden auch durch Mastung von Ochsen und ühen, und zwar noch höher als durch die Kuherei verwerthet. Die am Haff belegenen s. g. Kampen stehen in wirth⸗ schaftlicher Beziehung den Niederungen gleich, bieten aber auf dn Mheukanderbelen noch umfangreichere Weiden⸗ und Rohr⸗ utzungen. Eine ganz abweichende wirthschaftliche Benutzung zeigt die sg. einlage, 1 2 ½ Meilen langer, 350 Hufen culm. (23,040 M.) großer, sich zwischen Sommerort und dem frischen Haff hinziehender Au endeichpolder, über welchen im Winter das Nogatwasser geleitet wird. Vermöge der hierdurch herbeigeführ⸗ ten Schlickablagerungen ist dieser Landstrich im Sommer einer der fruchtbarsten der Risegrigh Er wird vorzugsweise mit Hafer bebaut, der hier einen Ertrag bis 70 Scheffel pro M. culm. (= 32 Scheffel pro Magd. M.) liefert. Bei Aufnahme der statistischen Tabellen ist das Delta aus
den Kreisen Elbing und Marienburg nicht ausgesondert; die wirthschaftlichen Verhältnisse jenes Landstrichs lassen sich daher nicht in bestimmten Zahlen mit denjenigen anderer Gegenden des preußischen Staats vergleichen, da zu den Kreisen Elbing und Marienburg außer dem Delta noch 40 pCt. anderen, zum Theil schlechten Bodens gehören. Die Ergiebigkeit des Weichsel⸗ deltas ist aber aus den Ertragsabschätzungen ersichtlich, welche behufs der Grundsteuerregulirung vorgenommen worden sind. Die Niederung bei Elbing ist hierbei theilweis mit 150 Sgr., theilweis gleich dem großen Werder im Kreise Marienburg mit 135 Sgr. Reinertrag pro Morgen erster Klasse abgeschätzt worden. Der Durchschnittsertrag ist für die Niederung im Kreise Elbing auf 98 Silbergroschen pro Morgen Acker und auf 76 Sgr. pro M., alle Kulturarten, Aecker, Gärten, Wiesen, Weiden u. s. w. zusammengerechnet, ermittelt worden, für das große Werder im Kreise Marienburg auf 81, resp. 75 Sgr. Der Durchschnittsertrag ist für den Kreis Elbing auf 51, resp. 49 Sgr., für den Kreis Marienburg auf 86, resp. 79 Sgr., für den Regierungsbezirk Danzig auf 34, resp. 25 Sgr. festgestellt worden. Das Delta ist mithin im Kreise Elbing im Durchschnitt bis 47, resp. 27 Sgr. oder bis 93, resp. 50 pCt. höher eingeschätzt worden, als der Kreis Elbing. Daß das große Werder im Kreise Marienburg gegen den Durchschnitt des Kreises etwas zurückbleibt, liegt daran, daß das hier belegene kleine (nicht zum Delta gehörige) Werder, welches auf 108, resp. 92 Sgr. abgeschätzt ist, dem übrigen Theil des Kreises zu Gute kommt. Gegen den Regierungsbezirk Danzig ist der Durch⸗ schnittsertrag des Deltas bis 64, resp. 51 Sgr. (für Elbing, ca. 200 pCt.) und 47, resp. 50 Sgr. (für Marienburg, 140 pCt.) höher. Wenn das Oderbruch im Kreise Königsberg um 24 Sgr. resp. 14 Sgr. pro M. höher als selbst das kleine Werder ab geschätzt ist, so ist dies nicht durch die günstigen Bodenverhält⸗ nisse des Oderbruchs, sondern nur durch die besseren klimati⸗ schen und Absatzverhältnisse und den dadurch bedingten höheren Kulturzustand in der Provinz Brandenburg begründet worden. Der Reinertrag im Durchschnitt des ganzen preußischen Staats (der alten Provinzen) ist bekanntlich auf 44, resp. 33 Sgr. pro M. festgestellt worden; über diesen Durchschnittssatz geht schon das große Marienburgische Werder mit ca. 100 pCt. hinaus.
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Die Wartburg *).
(S. die Bes. Beil. zu Nr. 222 d. Bl.) II “
Das Hauptgebäude der Hofburg bildet das im alt⸗ romanischen Stil erbaute Landgrafenhaus, welches im Anschluß an die Kemenate die ganze östliche Seite des Hofburgraums einnimmt. Als Palas (palatium, Pfalz) diente es theilweis zur Wohnung, hauptsächlich aber zur Hof⸗ haltung und enthielt deshalb außer den Keller⸗-, Küchen⸗ und Speiseräumen in dem unteren Stockwerke, in dem oberen den (durch eine Balkenlage in zwei Etagen getheilten) Festsaal, (Rittersaal, Solarium) zu welchem man von Außen auf einer Freitreppe (den Greden) gelangte. Bei der Wartburg war dieser Saal, wie auch bei anderen Burgen, gleichzeitig Waffensaal, weshalb das ganze Gebäude auch Mushaus (d. h. Waffenhaus) hieß. Im unteren Stockwerk tritt man zunächst in die Vorhalle (Laube), eine Galerie, die sich die Wohnräume entlang zieht und in der schönen Jahreszeit als Aufenthaltsort diente. In der unteren Galerie hatten die Jagdvögel ihren Sitz (Heerd), hier hielten sich daher meist Männer und die Dienerschaft auf; in den oberen Lauben, wo die Damen lustwandelten, waren Singvögel in Käfigen aufgehängt. Die Zimmer hatten nach der Galerie hin keine Fenster, sondern nur Thüren, welche im Nothfall vermauert wurden. Die erste Thür in der Laube führt zum Speisezimmer, dem ficnetiche Wohn⸗ und Versammlungs⸗ raum der Bewohner des Landgrafenhauses. In demselben be⸗ Vor
findet sich ein großer Küchenkamin, auch ein Ausgußstein. und in den hohen Brüstungen der Fenster sind Sitze ange⸗ bracht (»Sie sazzen in den Fenstern⸗). Dieser Raum der Burg hatte wahrscheinlich die ersten Glasfenster; die übrigen Räume hatten Fensterscheiben aus Marienglas; die Fensteröffnungen in den nur in der warmen Jahreszeit benutzten oberen Etagen
waren durch Läden und Teppiche verschlossen. Den Fußboden bildet ein Gyps⸗Estrich, welcher gewöhnlich mit Stroh, geschnit⸗ tenen Binsen oder kleinen Tannenzweigen, bei festlichen Ge⸗ legenheiten aber mit Blumen bestreut wurde. Links von dem Speisesaale befindet sich ein gewölbtes Gemach (jetzt Küche),
*) Bearbeitet nach der Schrift des Hof⸗Bau⸗Raths Professor Dr. H. v. Ritgen zu Gießen, »Führer auf der Wartburg«. 2. Auflage, Leipzig bei J. J. Weber 1868. 8 G
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