1869 / 27 p. 7 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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ganz deutlich aus, daß die Regierung verpflich tet sei, bei jeder Einsetzung oder Abänderung einer Be⸗ hörde den Landtag zuzuziehen. Der Artikel 96 lautet: »Die Kompetenz der Gerichte und Verwaltungsbehörden wird durch das Gesetz bestimmt. Ueber Kompetenzkon⸗ flikte zwischen den Verwaltungs⸗ und Gerichtsbehörden entscheidet ein durch das Gesetz bezeichneter Gerichtshof.« Die Regierung ist immer der Ansicht gewesen, daß der ganze Para⸗ graph sich nur auf das Verhältniß der Verwaltungsbehörden zu den Gerichtsbehörden bezieht, und nichts anderes hat sagen wollen, als daß, wenn gerichtliche Funktionen auf Verwaltungs⸗ behörden übergehen sollen, es dazu eines Gesetzes und der Mit⸗ wirkung des Landtages bedürfe. Der Beweis für die Rich⸗ tigkeit dieser Ansicht ist leicht zu führen, wenn man sich erstens EW“ daß dieser Artikel sich in dem Abschnitte er Verfassungsurkunde befindet, der von der richterlichen Gewalt handelt, daß auch ausdrück⸗ lich im Art. 89 gesagt ist, die Organisation der Gerichte könne nur durch Gesetz erfolgen, was e contrario schließen läßt, daß die Organisation der Verwaltungsbehörden ohne Gesetz stattfin⸗ den kann, und daß endlich der Art. 110 der noch in Bezug ge nommen ist, eine reine Uebergangsbestimmung ist, die auf die Entscheidung der Frage keinen Einfluß ausübt. Nach der Ver⸗ fassung hat also der König das Recht zur Organisation der

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spreche es

Verwaltungsbehörden mit denjenigen Einschränkungen, welche

Herren sagen, wie können Sie glauben, daß das dem es ja nie eingefallen ist, in die Prärogative der Krone

der Herr Regierungs⸗Kommissar Ihnen angeführt hat. Beruht die Organisation einer Behörde auf Gesetz, so kann sie blos durch Gesetz abgeändert werden. Soll in dem Umfange r materiellen Regierungsrechte etwas geändert werden, eine

Einschränkung oder Erweiterung derselben eintreten, so kann

dies nur im Wege der Gesetzgebung geschehen. Endlich wird der Landtag da gehört werden müssen, wo die Geldfrage ins Spiel kommt, also wo die Regierung behufs Ausführung der Organisationen Mittel und die Bewilligung dieser Mittel durch den Landtag in Anspruch nimmt.

In allen diesen Fällen ist die Zustimmung des Landtages erforderlich, und wo es eines Gesetzes bedarf, stehen Sie bei Er⸗ theilung dieser Sustimmung mit dem Abgeordnetenhause vollständig gleich, also namentlich wenn eine gesetzlich angeordnete Behörde auf⸗ gehoben oder abgeändert werden soll, wenn inden gesetzlichen Kompe⸗ tenzen der Verwaltungsbehörden etwas geändert werden soll u. s. w.

Nur in dem einen Falle, wo die Frage eine bloße Budget⸗ frage ist, stehen Sie anders und beklagen sich, daß Sie schlechter ständen, als das Abgeordnetenhaus. Sie hätten Recht, wenn der ursprüngliche Grundsatz der wäre, daß der König nur mit dem Landtage organisiren könnte. Dann würde bei blos budgetmäßiger Behandlung einer Organisationsfrage das Her⸗ renhaus allerdings in die zweite Linie gedrängt werden. Aber so liegt die Sache nicht. Der König hat in vielen Fällen das Recht, selbstständig zu organisiren, nur die Be⸗ schaffung der dazu erforderlichen Mittel hängt von der Zustimmung des Hauses ab, und die Bewilligung der Mittel erfolgt in den Formen, welche die Gesetzgebung über die Behandlung des Budgets vorschreibt. Wenn das Herren⸗ haus hierbei in zweiter Linie mitwirkt, so ist das nicht Schuld der Regierung, sondern Folge der Verfassungsbestimmungen.

Ich glaube, daß Sie nicht Recht thun, durch Annahme der vorgeschlagenen Resolution eine schwierige, häkliche und für die Stellung der Staatsgewalt sehr bedeutende Frage gewisser⸗ maßen so nebenbei zum Nachtheile der Regierung zu entscheiden. Es scheint mir nicht angemessen, die Friktion, die schon in unsrer Staatsverwaltung und unser Gesetzgebungssystem durch eine Menge gesetzgeberischer Körperschaften und deren gebotene Mit⸗ wirkung hervorgerufen wird, noch zu vermehren. Es werden dann die Fälle, wo nichts zu Stande kommt, noch häufiger eintreten, als jetzt. Denn wie schwierig es ist, über die Zweck⸗ mäßigkeit von Behördeneinrichtungen sich zu einigen, das haben die letzten Debatten im Abgeordnetenhause bewie⸗ sen, die freilich schließlich noch zu einem acceptablen Resultate geführt haben. Die Regierung hat die Frage, wie weit sie berechtigt sei, ohne Zustimmung des Landtages zu organisiren, nicht so oberflächlich behandelt, sondern dieselbe einer eingehenden Berathung unterworfen und ist zu denjenigen Beschlüssen gekommen, die ich mir dem Hause gegenüber zu resumiren erlaubt habe. Die Regierung häͤlt diese Resolution, wie sie nun gefaßt ist, wenn sie auch noch so wohlgemeint ist, für nicht mit unserem Staatsrechte kongruent.

Sie glaubt, daß ihr dadurch eine Fessel angelegt werden würde, die in der Verfassungsurkunde nicht begründet ist, und würde es beklagen, wenn gerade das Herrenhaus eine solche Resolution annähme. Es kann mich nicht beruhigen, daß die Herrenhaus,

dies jetzt zu thun, ebenso wenig

einzugreifen, die Absicht habe, 1 der eine Ohrfeige bekäme

wie Jemand sich beruhigen würde,

und dem dann der Andere sagte: Ich bin ja Dein alter Freund, Du kannst nicht glauben, daß das so übel gemeint sei. Man hält sich später nicht an dasjenige, was die Antragsteller gesagt und gefühlt haben, sondern man wird auf eine Resolution des Herrenhauses hinweisen, welche strictissime ausspricht: Die Re⸗ gierung hat die Verpflichtung, bei jeder neuen Organisation einer Verwaltungsbehörde mit dem Landtage sich über dieselbe su einigen. Dies ist eine Verpflichtung, die wir nicht aner⸗

ennen.

Im weiteren Verlauf der Diskussion fügte der Minister

des Innern noch hinzu: 1 8

Mmerh 8 -2 ist keinen Augenblick meine Idee gewesen, daß die Herren einen Eingriff in die Königliche Prärogative beabsichtigten, ich sagte nur, implicite läge in der Resolution ein Eingriff. Ich bezeichne mit diesem Ausdrucke einen Akt, der meiner Ansicht und der Ansicht der Staatsregierung nach mit dem Rechte der Krone nicht im Einklange steht. Was Graf Brühl Fasücfte verstehe ich nicht ganz, daß eine Stärkung der Regierung daraus hervorgehen müßte, wenn sie mit beiden Häusern eine Organisation durchtreibe, weil dann das Ab⸗ geordnetenhaus gezwungen würde, die Mittel zu gewähren. Das Abgeordnetenhaus braucht ja nur Nein zu sa en bei einer Or⸗ ganisation, dann kommt nichts zu Stande. ie ist es denkbar, daß eine Organisation zu Stande kommt, wenn das Abgeord.⸗ netenhaus die Mittel nicht bewilligt?

Zwingen zu einer Organisation kann das Herrenhaus und die Regierung das Abgeordnetenhaus nicht, ebensowenig wie der Landtag oder das Abgeordnetenhaus die Regierung zwin⸗ gen kann, eine Organisation einzuführen, die sie nicht will. Dies ist diesmal auch anerkannt worden und wenn das Abge⸗ ordnetenhaus beschlossen hätte: in Hannover soll nur Eine Regierung sein und die Staatsregierung hätte widersprochen, so gab es kein Mittel, die Staatsregierung zu zwingen, diese Eine Regierung einzurichten. Es blieb dann beim Alten.

Was den Ausdruck betrifft, den Graf Brühl urgirte, so ist er mir entschlüpft, ich wollte sagen: »wenn jemand einen Schlag bekäme.«

In Bezug auf diese spezielle Frage möchte ich klarer stellen, wie die Sache sich entwickelt hat. Als vor zwei Jahren die Verwaltungsorganisation für Hannover berathen wurde, schlug die Regierung vor, den destehenden Zustand einstweilen zu konser⸗ viren, weil sie noch nicht schlüssig war, was sie an Stelle der Landdrosteien setzen sollte. Da tauchte die Idee des Pauschquantums zum ersten Male auf, und ich be⸗ hauptete damals im Abgeordnetenhause, man könne kein Pauschquantum bewilligen, weil die Landdrosteien auf Gesetz beruheten, man könne ein Pauschquantum nicht an Stelle bisheriger etatatsmäßiger Positionen bewilligen. Diese Behauptung wurde mir von den hannoverschen Abge⸗ ordneten bestritten, sie sagten, die Drosteien beruhten nicht auf Gesetz, sondern auf Reglements und Verordnungen, oder wie sie sich darüber ausließen, und diese Ansicht wurde vom Abge⸗ ordnetenhause adoptirt. Darauf hin wurde ein Pauschquantum beschlossen. Die Regierung mußte, wenn sie ein Pausch⸗ quantum annehmen wollte, sich auch der Ansicht fü⸗ gen, daß die Landdrosteien auf Verordnungen beruhten. Von dieser Ansicht aus hat die Regierung beim weiteren Gang der Angelegenheiten die weiteren Schritte gethan. Wenn sie nun aus den Landdrosteien etwas Anderes machen wollte, so brauchte sie an dem Grunde, daß dieselben auf dem Gesetz be⸗ ruhten, sich nicht zu stoßen, denn ein solches Gesetz existirte nach der Ansicht des Abgeordnetenhauses nicht. Bei dem Plane,

drei Regierungen zu errichten, lag also auch keine Verpflichtung

vor, eine Gesetzesvorlage zu machen, zumal die neuen Regie⸗ buccgen nichts anderes sein sollten als zusammengezogene Land⸗ rosteien. .

Nun möchte ich aber dem Herrn von Kleist noch etwas erwidern: Sie sagen, Sie wollten auf die Bestimmung der Verfassungsurkunde oder sonstige gesetzliche Bestimmungen Ihren Antrag geradezu nicht stützen, sondern nur auf die Natur der Sache, und haben ausgeführt, wie zweckmäßig es für die Regierung wäre, und wie wenig es virtuellement die Rechte derselben beeinträchtige, wenn dergleichen Organisationen im Wege der Gesetzgebung vorgenommen würden. Ein Gefühl dafür habe ich auch, ein Gefuͤhl dafür, daß es in vielen Fällen besser sein kann, eine Angelegenheit, selbst wenn die Regierung dazu nicht gezwungen ist, durch Gesetz zu regeln, als durch bloße Verordnung. Dieses wird in Regierungskreisen lebhaft empfunden, und ich will von vornherein nicht sagen, daß nun und nimmermehr weitergreifende Organisationen im Wege des Gesetzes versucht werden sollten, blos aus dem Grunde, weil die Regierung nicht verpflichtet ist, sie auf diesem Wege ins Leben zu rufen. Die Regierung kann unter Umständen dazu kommen zu sagen: es ist besser aus Rücksichten für unsere Po⸗

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ition, für das allseitige Verständniß, aus Rücksicht für die Pialena des Herrenhauses, für die Stabilität der künftigen Etats⸗ positionen, diese Organisation im Wege der Gesetzgebung herbeizu⸗ führen. Das ist aber himmelweit verschieden von dem Inhalte dieser Resolution, welche, indem sie eine Erwartung ausspricht, doch nichts als eine Verpflichtung der Regierung aussprechen will. Was ist nun aber die Organisation neuer Landespolizei⸗ Behörden? Ich weiß wohl, was im Augenblick vorgeschwebt at, z. B. die Umformung der Landdrosteien in Regierungen, aber der Begriff ist doch 1zr. vage. Aenderungen in der Einrich⸗ tung der Landespolizei⸗Behörden können nach sehr vielen Richtun⸗ gen hin und in ver chiedenen Dimensionen nothwendig werden, und die Frage, ob eine Organisation unter die Resolution falle, wird in jedem einzelnen Falle Gegenstand des Zweifels und der Diskussion sein können. Wir können an eine Veränderung in dem territorialen Wirkungskreise einer Behörde denken, an eine Veränderung der sachlichen Kompetenz, an eine Aenderung ihrer ressortmäßigen Unterordnung, ihres Sitzes, ihrer Art der Arbeit, ob sie collegialisch oder bureau⸗ mäßig arbeitet, ihrer ganzen Geschäftsordnung; ich frage, meine Herren, sind das Organisationen im Sinne der Resolu⸗ tion oder nicht? Ich würde es als natürlich ansehen, wenn das Herrenhaus hervorhöbe, wie lebhaft es bei den Organisations⸗ fragen interessirt sei und wie sehr es wünschen müsse, an den⸗ selben direkter als in zweiter Linie betheiligt zu werden, daher die Regierung dergleichen „Organisationsfragen im Wege der Gesetzgebung behandeln möge. Aber ein solcher Wunsch ist weit verschieden von einer Erwartung des Hauses, die es nicht aus⸗ sprechen würde, wenn es nicht glaubte, das gesetzliche Mittel in der Hand zu haben, um der Erwartung Nachdruck zu geben.

Ueber den Antrag des Herrn von Kleist⸗Retzow, »Die Erwartung auszusprechen, daß die in dem Etat von 1869 in Aus⸗ sicht genommene Verwendung der Baarbestände und Aktiv⸗ Kapitalien der General⸗Staatskasse im Betrage von resp. 1,300,000 Thlr. und 740,000 Thlr. nur stattfinden, wenn zu⸗ vor der Staatsschatz auf 30 Millionen gebracht oder ein deßhalb vorzulegendes besonderes Gesetz von beiden Häusern des Land⸗ tages genehmigt worden ist«, äußerte der Regierungs⸗ kommissar, Geh. Ober⸗Finanz⸗Rath Mölle, was folgt:

Meine Herren! Herr v. Kleist hat darin einen Anstand gefunden, daß im Etat der Allgemeinen Kassenverwaltung 1,300,000 Thlr. vor⸗ -n. Baarbestände der Staatskasse und 740,000 Thlr. Erlös aus Effektenbeständen zur Deckung des Defizits verwendet werden sollen, indem nach seiner Ansicht dazu ein besonderes Gesetz erforderlich sei, weil anderenfalls die Institution des Staasschatzes und die Rechte die⸗ ses Hohen Hauses verletzt werden würden. Ich glaube mich darauf beschränken zu können, dem Hohen Hause über den Sachverhalt eine einfache Mittheilung zu machen und hoffe, daß das Hohe Haus da⸗ durch die Ueberzeugung gewinnen wird, daß keines von dem beiden, was Herr v. Kleist annimmt, der Fall ist. Es fanden sich in den Kassen der neu erworbenen Landestheile verschiedene Aktivkapitalien vor, welche ihrem Ursprung und ihrer Bestimmung nach verschieden waren. Sie lassen sich in zwei Gruppen theilen; die erste Gruppe, die klei⸗ nere, bilden diejenigen Kapitalien, die den geschlossenen Wittwenkassen der neuen Landestheile angehört haben. Es ist bekannt, daß die sämmtlichen Wittwenkassen in den neueren Landestheilen geschlossen sind, dergestalt, daß neue Mitglieder nicht hinzutreten köͤnnen, und durch das Gesetz vom 6. März 1868 ist bestimmt worden, daß das Ver⸗ mögen dieser Kassen dem Staate anheimfallen soll. In Folge dessen ist dies Vermögen zu der General⸗Staatskasse eingezogen und mit den Aktivkapitalien derselben vereinigt worden. Das Vermögen hatte einen Ertrag von 188,703 Thalern. Diese Summe ist nicht entbehrlich geworden, sie ist vielmehr aus allgemeinen Staats⸗ fonds den Wittwenkassen durch Zuschuß ersetzt worden, und der General⸗Staatskasse werden diese Zuschüsse dadurch gedeckt, daß die Zinsen von diesen Kapitalien bei der allgemeinen Kassenverwaltung in Einnahme gestellt worden sind. Die Ueberweisung dieser Kapita⸗ lien gründet sich also auf das Gesetz vom 6. März 1868.

Die zweite Gruppe sind solche Staatsaktipkapitalien, die schon zu der Zeit, als die einzelnen Landestheile noch selbstständige Staaten bildeten, der allgemeinen Finanzverwaltung angehörten. Sie wurden in den Etats der einzelnen Staaten nachgewiesen, und dazu ver⸗ wendet, die laufenden Ausgaben dieser Staaten zu decken. Es sind noch in dem Etat vom Jahre 1866 hauptsächlich kommen Han⸗ nover und Kurhessen in Betracht Summen von zusammen 919,000 Thlr. nachgewiesen worden, die nothwendig waren, um die Ausgaben dieser beiden Staaten zu decken. Als die Vereinigung der Landestheile mit Preußen stattgefunden hatte, konnte es nicht mehr für thunlich erachtet werden, diese Kapitalien in den Provinzialkassen zu belassen; es war nothwendig, sie zur General⸗Staatskasse einzu⸗ ziehen, weil die Verwaltung unmittelbar durch das Finanz⸗Ministerium bewirkt werden mußte. Um diese Maßregel in Ausführung zu bringen, wurde die Allerhöchste Ordre vom 5. Juli 1867 erlassen, welche im §. 1 bestimmt: Die Verwaltung der in den neuerworbenen Landes⸗ theilen vorhandenen, zum Staatseigenthum gehörigen Aktiv⸗Kapita⸗ lienfonds geht an die General⸗Staatskasse in Berlin über.

Ich mache darauf aufmerksam, es ist nicht das Geld der Ge⸗ neral⸗Staatskasse überwiesen worden, sondern, wie es ausdruüͤcklich he ßt, die Verwaltung der Kapitalien geht an die Kasse über.

Im §. 2 ist nun darauf hingewiesen, daß die Verwaltung in der Weise und nach den Grundsätzen zu erfolgen habe, welche überhaupt

für die Verwaltung und Verwendung von Staatsgeldern maßgebend sind. Daraus folgert nun Herr von Kleist, daß diese Gelder dem Staatsschatze zuständen. Das läßt sich nicht anerkennen. Es hat hier nur ausgedrückt werden sollen und können, daß die überwiesenen Gelder im Etat nachzuweisen seien, und daß darüber nur mit Zu⸗ stimmung des Landtags, also in derselben Weise verfügt werden könne, wie über andere Staatsgelder. Eine solche Bestimmung war um so mehr nothwendig, weil diese Verordnung in der Diktaturperiode er⸗ lassen ist, und möglicherweise in den neuen Landestheilen, die mit unseren Verhältnissen ja nicht so genau bekannt sind, die Auffassung Raum gewinnen könnte, die Staatsregierung wolle über diese Aktiv⸗ kapitalien selbstständig disponiren.

„Der §. 3, welcher einen wesentlichen Bestandtheil der Verordnung bildet, geht dahin, daß alle Bestimmungen, die in den neuen Landes⸗ theilen für die Verwaltung und Verwendung der Gelder maßgebend waren, aufgehoben sein, und daß diese Aktivkapitalien künftig ein freies Vermögen der General⸗Staatskasse bilden sollten. Es ist be⸗ kannt, daß mit den Aktivkapitalien auch die Ausgaben, die auf den⸗ selben hafteten, auf die Staatsverwaltung und unseren Etat über⸗ gegangen sind.

BDee Staatsregierung konnte deshalb kein Bedenken tragen, diese Kapitalien und die Aufkünfte davon wie auf dem Etat der ein- zelnen Landestheile für 1867, wo sie in Einnahme stan⸗ den, auch bei uns in den Etat für 1868 zu übernehmen. Sie finden dieselben im Etat der allgemeinen Kassenverwaltung für 1868 speziell nachgewiesen und erläutert, und es kann gar kein Zweifel darüber bestehen, wie die Staatsre ierung diese An⸗ gelegenheit aufgefaßt hat. Sie hat angenommen, daß die Aktivkapita⸗ lien, weil die Erträge derselben früher eine Einnahme der neu er⸗ worbenen Landestheile gebildet haben, wieder eine Einnahme des Staates bilden müssen, und daß sie zur Deckung der lau⸗ enden Ausgaben verwendet werden können.

Gegen diese Auffassung ist in keinem Hause irgend ein Bedenken erhoben worden, es ist der Etat genehmigt, ohne daß nur eine Silbe von dem, was jetzt Herr von Kleist monirt hat, gesagt worden ist. Meine Herren! Herr von Kleist sagt zwar, das sei gleichgültig, es könne übersehen sein, aber die Rechte, die man erworben habe, seien dadurch nicht aufgegeben.

Die Sache muß aber doch wohl in anderer Weise aufgefaßt werden. Das Verfahren der Staatsregierung bei Aufstellung des Etats pro 1868 ist im Abgeordnetenhause und in diesem Hohen Hause ge⸗ billigt worden. Wie soll sie nun dazu kommen, bei Aufstellung des Etatsbaues pro 1869 ein anderes gerade entgegengesetztes Verfahren u beobachten? Sie hatte dazu doch in den vorhergegangenen Ver⸗ eeg nicht die mindeste Veranlassung, und deshalb bin ich der Meinung, daß sowohl nach der Verordnung vom 5. Juli 1867 als nach dem, was vorhergegangen ist, die Auffassung des Herrn v. Kleist nicht begründet ist. Was insbesondere den Staatsschatz betrifft, so habe ich schon in der Kommission mitgetheilt, daß noch eine Million dreimalhunderttausend Thaler fehlen, um die Summe von 30 Millionen Thalern herzustellen, welche der Staatsschatz nach dem Gesetz vom 28. September 1866 betragen soll. Dieses Gesetz, auf welches Herr von Kleist besonders Bezug nimmt, bestimmt nun wirklich Neues nicht weiter, als daß es den Staatsschatz auf dreißig Millionen limitirt und vorschreibt, wie nach Erfüllun dieser Summe über das weitere Einkommen disponirt werden soll. Eine Bestimmung, daß gewisse neue Einnahmen und Ueberschüsse dahin abgeliefert werden sollen, ist in dem Gesetz vom 28. September 1866 entschieden nicht enthalten. Es ist, wie Herr v. Kleist anerkann hat, ein glücklicher Erfolg, daß durch das genannte Gesetz der Staats⸗ schatz nicht nur mit dreißig Millionen Thalern dotirt worden ist, sondern auch, daß die vielen Einwendungen, die früher gegen das Bestehen des Staatsschatzes überhaupt erhoben worden sind, durch das Gesetz be⸗ seitigt sind. Es ist aber nicht allein diese Bestimmung eine hochwich⸗ tige, sondern auch der Umstand, daß man in demselben Gesetz den Staatsschatz mit siebenundzwanzig und einer halben Million gefüllt und die Genehmigung dazu erlangt hat, sofort aus vorhandenen Gel⸗ dern diese Summe hineinlegen zu können. 1b

Außerdem ist nun aber, was Herr v. Kleist nicht beachtet zu haben cheint, durch eine Verordnung vom 5. Juli 1867, also von demselben

age, an dem die vorgedachte Allerhöchste Vorordnung erlassen, be⸗ stimmt worden, daß sämmtliche Erlöse aus dem Verkaufe von Do⸗ mänen, die Ablösungskapitalien, und was sonst dahin gehört, in den neuen Landestheilen dem Staatsschatze zufließen sollen. Auf Grund dieser Bestimmung werden seit dem 7. —, 1867 alle diese Erträge dem Staatsschatze übereignet, während in den alten Landestheilen diese Einnahmen bekanntlich in den Haus⸗ haltsetat übergehen. Insofern ist der Staatsschatz auch hier noch be⸗ sonders bedacht, und es kann darnach wohl angenommen werden, daß in der That eine besonders dringende Veranlassung nicht vor⸗ handen ist, demselben noch Gelder zu überweisen, welche nach Auf⸗ fassung der Regierung dahin nicht gehören.

Was nun die Vorschläge betrifft, die Herr von Kleist gemacht hat, so will ich zunächst darauf aufmerksam machen, daß er sich eigentlich mit seinen Anträgen in Widerspruch befindet. Es ist nicht allein vorge⸗ schlagen, daß die genannten Ueberschüsse zur Deckung des Deftzits ver⸗ wendet werden sollen, sondern auch der Erlös aus denjenigen Garantie⸗ fonds, welcher durch das eben genehmigte Gesetz bei der Coͤln⸗Mindener Eisenbahn frei geworden ist. Dieses Gesetz bestimmt weiter nichts, als daß die Garantie, die bisher auf besonderen Fonds lastete, und aus denselben gedeckt werden mußte, künftig auf allgemeine Staats⸗ fonds übernommen werden soll, und dadurch sind die besonderen Ga⸗ rantiefonds frei geworden, d. h. es kann darüber mit Zustimmung der Landesvertretung disponirt werden. Nun Leesen v. Kleist, ich habe nichts dagegen, daß dieser Erlös zur Deckung des Defizits verwendet wird, denn das Hohe Haus ist durch die Vorlage in den Stand gesetzt wor⸗