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der früheren Regierungsvorlage, war, wie ich glaubte, nicht annehmbar aus dem einfachen Grunde, weil die Verhältnisse nicht berücksichtigt waren, welche als Folge des Umstandes, daß inzwischen verschiedene neue Provinzen der Monarchie einver⸗ leibt waren, eintraten. Die Sache hat in der Kommission des Abgeordnetenhauses einen Verlauf genommen, daß das Ergeb⸗ niß der Untersuchung, glaube ich, als ein durchaus annehm⸗
bares erscheint. 1
So, meine Herren, möchte ich Ihnen anheim zu geben mir erlauben, dem Gesetzentwurf Ihre Zustimmung zu geben. Sie haben früher einen ähnlichen Gesetzentwurf abgelehnt, aber wie die Verhandlungen mit n9 Bestimmtheit ergeben, aus dem Grunde, weil die Sache Ihnen noch nicht genügend in⸗ struirt erschien. Diese von Ihnen für erforderlich gefundene Instruktion hat stattgefunden; es haben sämmtliche gehörten Gerichte bis auf ein einziges sich dahin erklärt, daß die Sache so geregelt werden möchte, wie die frühere Vorlage und im Wesentlichen die jetzige besagt. Dann aber kann ich Ihnen die Versicherung geben, daß ich die allgemeine Regelung der Eides⸗ leistungen für einen Gegenstand ansehe, welcher der Beachtung der Königlichen Regierung im hohen Grade werth ist. Ich werde deshalb in dieser Beziehung das Erforderliche thun.
— Die Rede des Regierungskommissars, Geheimen Ober⸗ Justiz⸗Raths Herzbruch, auf welche der Minister vorstehend Bezug genommen hat, lautete:
Meine Herren! Seit achtzehn Jahren petitioniren die Juden um Abschaffung der jetzigen Eidesformel der Juden; diese Anträge sind nicht etwa vereinzelt vorgekommen, sondern von ½ sämmtlicher Sy⸗ nagogen⸗Gemeinden des preußischen Staats gestellt. Alle diese Petitio⸗ nen kommen darin überein, daß der Judeneid mit voller verbindlicher Kraft nach jüdischer religiöser Ansicht geleistet werden könne und ge⸗ leistet wird durch Anrufung Gottes zum Zeugen der Wahr⸗ heit, daß alle übrigen Formalitäten überflüssig und zugleich kränkend sind für die Juden. Es ist sowohl bei der Berathung in dem andern Hause, als auch in der Kommission dieses Hauses von der Mehrheit anerkannt worden, daß dies allerdings richtig ist und daß bei der Beurtheilung der Frage, ob eine gesetzliche Aenderung in der Weise eintreten solle, wie das aus der Initiative des andern Hauses hervorgegangene Gesetz vorschlägt, es hauptsächlich darauf ankomme, ob nach jüdisch⸗theolggischer Ansicht der Eid mit voller Wirkung in der Weise geleistet werden kann, wie er vorgeschlagen wird, ohne daß für Jemand ein Schade daraus entsteht. Die Frage, ob nach jüdisch⸗theologischer Ansicht der Eid in dieser Form gültig ist, kann Niemand besser beurtheilen als die Juden selbst. Nun haben die Synagogen⸗Gemeinden einstimmig behauptet, daß der Eid in der Form, wie er jetzt vorgeschlagen wird, vollständig bindend sei; es sprechen dafür auch die von dem Herrn Referenten angeführten Autoritäten von jüdischen Gelehrten. Es ist deshalb meines Erach⸗ tens eine durchaus unmotivirte Behauptung, wenn Herr von Senfft
gesagt hat, daß die Juden nach der jetzigen Vorlage einen verstümmel⸗ ten christlichen Eid leisten sollen, sondern es ist die Form, die die Juden selbst nach ihren Petitionen verlangen. Nun ist früher in diesem Hause der Gesetzentwurf aus dem Grunde verwor⸗ fen worden, weil er nicht genügend vorbereitet sei, und dieser Mangel ist darin gefunden worden, daß nicht auch christliche Behörden darüber gehört worden seien, ob nicht Christen durch Aenderung des Judeneides Schaden erleiden. Dieser Mangel ist gehoben worden durch die gutachtenden Appellationsgerichte, die hierzu als besonders geeignet erscheinen, weil die Gerichte mit der Ableistung der Judeneide befaßt sind. Diese haben sich mit Ausnahme von zwei Gerichten dahin ausgesprochen, daß eine solche Schädigung von fremden Interessen durchaus nicht anzunehmen sei, und haben deshalb die Abänderung des bestehenden JIudeneides befürwortet. Wenn nun als richtig anerkannt werden muß, daß die Abänderung des Eides einmal bindend für die Juden ist und zweitens die Interessen Anderer dadurch nicht geschädigt wer⸗ den, so ist keine Veranlassung, die bisherige Eidesformel beizubehalten, sondern im Gegentheil. große Veranlassung, sie abzuändern. Die Re⸗ gierung hat bereits im Jahre 1861 die Nothwendigkeit hierzu aner⸗ kannt, und wenn das andere Haus im Anschluß an diese - Vorlage jetzt eine neue Vorlage gemacht hat, 1 ist keine Veranlassung, den Juden ein lange gewünschtes Gesetz blos aus dem Grunde vorzuenthalten, weil die 2118 d nicht von der Regierung ausgegangen sei. Unsere neuere Gesetzgebung hat auch schon damit begonnen, von dieser Formalität abzugehen. So ist der Eid auf die Verfassung und der Eid der Geschworenen an eine mindere Formalität gebunden. Man hat zwar gesagt, daß diese Eide promissorische, nicht aber Zeugen⸗ und Parteieneide seien, indeß die Heiligkeit und Wirksamkeit des Eides verliert durch den Gegen⸗ stand, auf den er sich bezieht, durchaus nichts; es ist gewiß ebenso richtig, daß ein Eid, der von demjenigen geleistet wird, welcher das Land vertritt und welcher über Leben und Tod seiner Mitvürger entscheiden soll, nicht an niedere Formalitäten gebunden wird, als der Eid eines Zeu⸗ gen über die Richtigkeit einer Thatsache. Dazu kommt, wie schon in der früheren Regierungsvorlage ausgeführt worden ist, daß alle größeren Kulturstaaten die besondere Formalität des Judeneides nicht mehr für nothwendig erachtet haben, und daß in neuerer Zeit zum preußi⸗ schen Staat Provinzen hinzugetreten sind, in denen diese besonderen Formalitäten des Judeneides abgeschafft sind; das sind die Länder, welche zu der Provinz Hessen⸗Nassau gehören. „ Niach diesen Präzedenzien glaube ich den Wunsch aussprechen zu können, daß Sie dem Antrage Ihrer Kommission beipflichten, den Gesetzentwurf, wie er aus dem anderen Hause hervorgegangen ist, anzunehmen. 89 8.
berathung über den Antrag des Abgeordneten Berger
— Ueber den Gesetzentwurf, betreffend die Anstellung in höheren Justizdienst äußerte sich der Justiz⸗Minister Dr. Leon⸗ hardt nach dem Berichterstatter Herrn Bloemer:
Meine Herren! Ich möchte Sie bitten, beide Amendementz des Abgeordnetenhauses anzunehmen und so die Königlich Staatsregierung in die Lage zu versetzen, den Entwurf ah Gesetz zu publiziren. Das erste Amendement enthält eine rein, Fassungssache und ist ganz unbedenklich. Das zweite Amende ment anlangend, so bin ich doch mit dem geehrten Herrn Pe richterstatter der Justizkommission nicht der Meinung, daj man sich mit Ueberzeugung diesem Amendement anschließen könnt Ich halte nämlich noch immer dafür, daß die Begriffe der Anste⸗ lungsfähigkeit und der Versetzbarkeitzusammenfallen müssen daßde Gleichheit vor dem Gesetze fordert, daß der Eine behanddelt werz, wie der Andere, daß es nicht wünschenswerth sei, in das Gese eine Inkonsequenz hineinzubringen und den Zufall entscheiden d- lassen. Das ist aber entschieden der Fall. Wenn Sie einen rheinläͤn⸗ dischen Juristen nehmen, so würde ich den versetzen können nac Erlaß des Gesetzes nach Insterburg oder nach einem anderen be liebigen weit entfernten Orte, oder nicht, je nachdem er das alt ländische Examen in früherer Zeit gemacht hat oder nicht.
Den Mann, der zwei Examina gemacht, sich also besonden, qualifizirt hat, trifft jetzt der Nachtheil, im weiterem Umfange ver setzt zu werden. Das ist jedenfalls nicht richtig. Schon diee Erwägung allein verurtheilt meiner Ueberzeugung nach daß Amendement. haft vertheidigt in früheren Jahren im Abgeordnetenhause, so wie in diesem Hause. Der Entwurf ist wieder vorgelegt wor⸗ den in der Form, die er erlangt hat durch die Beschlüsse dieses Hohen Hauses. Ich habe, als der Entwurf hier wieder vorgelege wurde, gebeten, gegenüber dem Amendement des Herrn von Bernuth, Sie möchten einstweilen jedenfalls stehen bleiben beir dem früheren Beschlusse. Darauf ist die Sache in das A⸗⸗ geordnetenhaus gekommen. In diesem haben nun — das muf man anerkennen — die liberalen Fraktionen sich zu einer gam erheblichen Konzession herbeigelassen, wie das der Herr Beriche⸗ erstatter der Kommission zuletzt auseinandergesetzt hat.
Ich habe mich im Abgeordnetenhause dahin erklärt, daß ich, wenn auch ungern, mit diesem Amendement michh einver⸗ standen erkläre, nachdem ich mich nämlich versichert hatte, daß die Gesetzesvorlage im Abgeordnetenhause die Majorität nicht finden würde. Indem ich mich einverstanden erklärte, habe ig mich hierzu bestimmen lassen durch äußere Gründe, wenige
durch Herhe tchc als durch politische Gründe und diese polit—
schen Gründe sind Ihnen so eben näher entwickelt.
Es kommt insonderheit noch in Betracht, daß jetzt, wie früher, das Verhältniß besteht, wonach Juristen aus den alten Provinzen in die neuen versetzt werden können, nicht aber aus den neuen Provinzen in die alten. Praktisch ist das von keiner großen Erheblichkeit, prinzipiell aber sehr bedenklich, indem hierin immer ein Mittel für Agitation liegt.
glaube, daß man aus diesen außeren Gründen sih wohl entschließen kann, auf das Amendement einzugehen. Gewi ist so viel, und auch bereits betont worden, daß in Folge dieses Mittelweges die Sache praktisch ihre Bedeutung verliert. Ein Justiz⸗Minister hat jetzt eine genügende freie Bewegung, welche shen nach dem früheren Amendement des Abgeordnetenhauseh ehlte.
Nach dem früheren Amendement konnte zum Beispiel aus dem ganzen frankfurtischen Gebiet Keiner herausversetzt wer⸗ den, während jetzt die Sache so liegt, daß ein frankfurter Richter vom Justiz⸗Minister, wenn er zur Sttrafver⸗ setzung verurtheilt ist, z. B. nach Tondern versetzt wer⸗ den kann. Der einzige Fall, in welchem die Sache Schwie⸗ rigkeit haben kann, weil eine Strafversezung nicht aus
eführt werden kann; tritt ein, wenn eine Strafversetzung er⸗ annt werden sollte gegen ein Mitglied des Appellhofes 1u Cöln. Wenn ein solches Mitglied nicht, unglücklicherweise für ihn, das altländische Examen gemacht hat, kann er nicht ver⸗ setzt werden, hat er das aber gemacht, so kann er nach jeden beliebigen Appellationsgerichtsort versetzt werden.
Meine Herren! Es wird mir schwerer werden, das Gesth zu unterschreiben, als Ihnen, für das Amendement zu stimmen. Ich bitte jedoch, aus den erwähnten äußeren, aber wichtigen politischen Gründen auch diesem Amendement Ihre Zustim⸗ mung zu schenken.
— use der in der Schluß Im Haus Abgeordneten nahm in S hn „die Königliche Staatsregierung aufzufordern, so bald wi möglich, spätestens aber zu Anfang der nächsten Session, eina Gesetzentwurf über den Bau einer festen Brücke bei Tilsit un einer Eisenbahn von Memel nach Tilsit zum Anschluß an 1 äö Bahn dem Landtage vorzulegen«, der Ha dels⸗Minister Graf von Itzenplitz nach dem Ref
kann sagen,
Aber, meine Herren, ich habe den Entwurf let⸗
geworden, viel Geld gewandt worden ist,
bei, — und das freut mich
“ E1A“ 2 ch kann dem Herrn Referenten nicht genug danken für eünen gründlichen und vollständigen Vortrag über diese An⸗ elegenheit. Ich kann versichern, er hat mir Wort für Wort g 5 der Seele gesprochen. Ich habe unausgesetzt mich bemüht, die eine durchaus nothwendige ist, zu Stande zu ing habe aber auch das, was ich persorsche habe, vollständig gehalten, ich habe Alles vorbereitet und bin am Ende auf den üblen Umstand der augenblicklich unglücklichen Finanzen gestoßen. Gleichzeitig aber, meine Herren, erwuchs mir die Hoffnung, sowohl nach dem, was ich in diesem Hause gehört, als auch nach dem, was ich anderweitig vernommen habe, daß jetzt wohl Aussicht sein möchte, die Bahn als eine Staatsbahn zu Stande zu bringen, und sobald mir diese Aussicht erwuchs, sowohl hier wie anderwärts, da, meine Herren, hielt ich es für sehr wün⸗ schenswerth, daß dieser Weg verfolgt und die Bahn bald mög⸗ lichst als Staatsbahn ausgebaut werde. Darin liegt keine In⸗ konsequenz, denn erstlich habe ich den Antrag, die Garantie zu bewilligen, in den Gang gebracht; er stieß auf Schwierig⸗ seiten, die Ihnen bekannt sind, und gleichzeitig habe ich das Nögliche gethan, um die Sache zu fördern, soviel es ging; ich daß diese meine Ansicht, die mit der des Herrn Referenten vollständig übereinstimmt, auch die des ganzen Staats⸗Ministeriums ist; die Sache ist noch kürzlich im Staats⸗ Ministerium zur Berathung gekommen. Ich bin also auch mit dem Antrage des Herrn Referenten oder vielmehr der beiden Herren Referenten, wie er hier unter der Tagesordnung gedruckt steht, ganz vollkommen einverstanden und gebe mich auch der Hoffnung hin, daß demgemäß prozedirt werden kann. ch kann aber noch hinzufügen, daß in einem Punkte die Sache nicht so übel liegt, wie die Rigaer Zeitung sagt. Ich habe, sobald mir diese Notizen zu Ohren kamen, amtliche Er⸗ mittelungen aus Rußland mir zu verschaffen gesucht und habe sie erhalten. Danach liegt die Sache nicht ganz so, sondern diese Bahn ist in der Liste derer aufgenommen (und auf der Karte der Linien verzeichnet), welche in Rußland gebaut werden sollen — nämlich die Bahn Libau⸗Kowno —, das ist geschehen, die Konzession ist aber noch nicht ertheilt und auch der Garantiepunkt noch nicht erledigt. So lauten meine amt⸗ lichen Nachrichten, die ich in neuerer Zeit erhalten habe,
also eine so dringende augenblickliche Gefahr ist nicht vorhan⸗
den. Außerdem ist mir auch noch durch dieselben Notizen kund daß der Handel von Libau, an dessen Hafen schon dadurch noch nicht viel besser eworden und der Handel von Libau noch nicht im Aufblühen, sogar im Zurückgehen begriffen ist. Endlich aber will ich doch noch sagen, um die Herren zu überzeugen, daß ich die Ansicht über die Lage der Sache in Memel, wie sie der Herr Referent uns geschildert hat, vollkommen theile, und nicht blos seit diesem Jahre, sondern so lange ich überhaupt mit den Ge⸗ schäften zu thun habe. Zum Beweise dessen will ich anführen, daß ich gleich im ersten Jahre meiner Amtsführung gesagt habe, es muß der Königs⸗Wilhelmkanal gebaut werden, um den ungeheuren Gefahren zu entgehen, die der memeler Holzhandel erleidet, wenn die Hölzer aus Rußland um die Win⸗ denburger Ecke durch das Haff nach Memel gebracht werden, und als die Räthe sagten: »es geht nicht, es bleibt nichts übrig«, da habe ich gesagt, »meine Herren, es soll gehen!« und da habe ich 100,000 Thaler als erste Rate für den Bau des Kanals ausgesetzt. Die folgenden Jahre habe ich nicht ganz so viel geben können, aber noch pro 1869 habe ich 60,000 Thaler ge⸗ geben, und dieser Kanal geht auch im nächsten Jahre seiner Vollendung entgegen. Also, meine Herren, ich glaube die Sachlage so erkannt zu haben, wie sie der Herr Referent geschildert hat, und wie sie auf der Hand liegt. Denn wenn Sie ein Dreieck nehmen, an der Spitze oben ein Hafen, der trotz seiner nördlichen Lage sehr selten zufriert, wunderbarerweise — ja die Thatsache ist richtig — wenn Sie dies nehmen und nun unter dem Dreieck erstlich einen großen Strom haben, der oft im Frühjahr und Sommer wegen Hoch⸗ wassers und im Winter wegen Eisgangs nicht zu passiren ist, und nun unter dem Strom noch eine Eisenbahn bauen, die von Eydtkuhnen nach Königsberg geht, die also alles das, was sonst noch nach Memel ginge, nach Königsberg jieht — das trägt natürlich zur Blüthe von Königsberg — aber es muß für Memel auch selorzt werden. Also, meine Herren, geben Sie sich der Hoffnung in, daß wenigstens meinerseits, (und ich habe schon gesagt, die anze Staatsregierung ist darüber mit mir einig), sobald die inanzlage des Staats es gestatten wird, gebe ich mich der boffnung hin, daß diese Bahn, und zwar als Staatsbahn, ge⸗ baut wird. Der Zusatz: »sobald die Finanzlage es gestattet«, ist durchaus sachgemäß. Kein Minister der Welt kann in die Zukunft schauen, und es können immer Umstände eintreten, welche Dinge, die man durchaus haben will, doch für den
Eö
6 11A4“ 8 8 8 “ 1 Augenblick unmöglich machen. Ich gebe mich aber der Hoff nung hin, daß solche Umstände nicht eintreten werden.
— Dem Abg. Berger (Witten) erwiderte der Handels⸗ Minister:
GSegenüber den Worten des Herrn Abg. Berger möchte ich mir erlauben, mit einigen Worten daran zu erinnern, daß doch der Herr Finanz⸗Minister nicht blos ein warmes Herz, sondern auch eine offene Hand für alle industriellen Bedürfnisse des Landes hat. Es wird den Herren noch deutlich erinnerlich sein, daß ich vor zwei Jahren 24 Millionen und im vorigen Jahre 40 Millionen auf meinen Antrag bekommen habe; und daß das diesjährige Budget so ausfällt, daß derartige Anträge nicht durchgehen konnten, das, meine Herren, liegt im Wesentlichen an den Beschlüssen des Reichstages und des Zollparlamentes, welche dem Staat die Mittel nicht bewilligt haben, womit er etwas fürs Land thun konnte.
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— Die Generaldiskussion über den Gesetz⸗Entwurf, be⸗ treffend die Anlage einer Eisenbahn von Finnentrop über Olpe nach Rothe⸗Mühle im Biggethale, leitete der Handels⸗Minister Graf von Itzenplitz wie folgt ein: 8 Da der Herr Referent vorläufig auf das Wort verzichtet hat, so kann es, glaube ich, vielleicht zur Abkürzung der De⸗ batte gereichen, Lwenn ich gleich das Wort ergreife. Zunächst, meine Herren, habe ich der Majorität der Kommission meinen Dank abzustatten, daß sie sich für die Vorlage der Regierung ausgesprochen hat, und namentlich dafür, daß sie anerkannt bat, wie dringend auch diese Bahn ist. Rücksichtlich der An⸗ sichten der Minorität, welche in dem Kommissionsbericht aus geführt sind, gehe ich auf das nähere Detail nicht ein. Ich erlaube mir nur eine Bemerkung. Es ist da einmal von einer »verschleierten« oder »versteckten«⸗ Garantie gesprochen. Ja, meine Herren, ich weiß nicht, wer sie verschleiert oder ver⸗ steckt hat, denn ich habe bei Ueberreichung des Gesetzes gleich gesagt, daß es sich hier um eine Garantie handelt; das war ja der ganze Zweck der Vorlage. Wenn gar keine Garantienöthig wäre, so hätte ich ja das Haus gar nicht zu inkommodiren brauchen, sondern ich hätte die Konzession so ertheilt. Dann erlaube ich mir noch die Bemerkung, daß ich die Berechnung, die in dem Votum der Minorität der Kommission 53 stellt ist und nach welcher ein Schade des Staates von 40,000 Thalern nach der Regierungsvorlage herausgerechnet wird, nicht als richtig anerkennen kann. Das hat schon mein Kommissar in der Kommission entwickelt. Es ist auch im Kommissions⸗ bericht mit abgedruckt, ich will das hier nur bestätigen. 1 Es drängt sich mir außerdem diese Betrachtung auf bei dieser an sich geringen Garantie, denn es handelt sich nicht um 12 Millionen, wie ein geehrter Redner gesagt hat, sondern un 2 ½¼ Millionen und um eine theilweise Garantie dieser Summe, und da läßt sich nicht leugnen, daß diesmal die Kommission strenger in der Prüfung gewesen ist, wie sonst je. Darüber, meine Herren, beklage ich mich nicht. Ich kann nur dankbar ane kennen, wenn gründlich geprüft wird und ich eventuell auf die Fehler, die ich vielleicht gemacht habe, auf merksam gemacht werde. “ Sollte ich vielleicht aus dieser Bedenklichkeit, diese geringe Garantie zu bewilligen, zu dem Schlusse kommen müssen, daß üͤberhaupt das Haus Bedenken trage, noch Garantie zu be⸗ willigen, so würde ich das theilweise jetzt nicht mehr annehmen, wenn ich es auch heute Morgen noch geglaubt hätte, nach dem, was bei der Verhandlung uͤber die Memelbrücke bei Tilsit ge⸗ sagt worden ist. G Ich würde übrigens mich mit dem Gedanken, daß es bedenklich sei, Garantien zu geben, sehr gern vertraut machen, wie ich dies auch früher schon ausgesprochen habe. Wenn ich ein Prinzip habe, so ist es: erst Staatsbahn oder Privatbahn ohne Zuschuß, ohne Beihülfe des Staates, oder Privatbahn mit einem einmaligen Zuschuß à fonds perdu. Doch das bemerke ich nur beiläufig, denn für diesen Fall würde das immer nicht passen. Wenn der Staat Geld und Mittel hat, um Staatsbahnen zu bauen, nun, meine Herren, dann haben wir zunächst, wie Sie eben gehört haben, die Bahn Tilsit⸗Memel; außerdem haben wir noch die Bahn Arns⸗ hausen⸗Bebra und dann die Bahn Harburg⸗Stade. Es wird sich in solchen Fällen immer darum handeln, die Staatsmittel u schaffen; hier kann aber der Staat nicht eintreten, um selber den Bau dieser kurzen Strecke in die Hand zu nehmen, denn es ist dies nur eine Zweigbahn von einer Gesellschafts⸗ bahn und diese Zweigbahn kann nur in diese Bahn einmün⸗ den. Hier sind wir also an diese Gesellschaft gebunden. Ohne alle Garantie hat sie die Bahn nicht bauen wollen. Es ist mir bei früheren Verhandlungen gelungen, ihr die Ver⸗ pflichtung aufzuerlegen, bei Gewährung einer theilweisen Garantie zu bauen, das muß sie also auch thun und dazu ist sie auch bereit. Es kommt also, meine Herren, auf alle diese
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