1869 / 177 p. 8 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

Landtage schloß er sich der national⸗deutschen Opposition an. Sein inniger Wunsch, unbeschadet der Sealnac seiner An⸗ schauungen über die politischen Aufgaben reußens, dem Könige und dem Vaterlande in auswärtigen Angelegenheiten seine Dienste und Kräfte widmen zu können, ging im ahre 1854 in Erfüllung, als Graf von der Goltz durch Allerhöchste Ordre vom 2. Oktober 1854 zum Königlichen Minister⸗Residenten in Athen ernannt wurde. Am 7. Januar 1857 erfolgte seine Be⸗ förderung zum außerordentlichen Gesandten und bevollmäch⸗ tigten Minister am griechischen Hofe, am 29. Januar 1859 seine Versetzung in gleicher Eigenschaft nach Konstantinopel. Im Juli desselben Jahres übernahm er für einige Zeit die Ver⸗ tretung des Unter⸗Staatssekretärs im Ministerium der aus⸗ wärtigen Angelegenheiten. Am 15. März 1862 wurde Graf von der Goltz zum Königlichen Gesandten in St. Petersburg und am 1. Dezember 1862 zum außerordentlichen und bevollmäch⸗ tigten Botschafter am französischen Hofe ernannt.

Se. Majestät der König Friedrich Wilhelm IV. hatte ihn im Jahre 1856 durch den Rothen Adler⸗Orden 4. Klasse ausge⸗ zeichnet, welcher Allerhöchsten Anerkennung im Dezember 1857 die dritte, im Juni 1861 die zweite Klasse, im September 1862 der Stern zu derselben, am 19. Oktober 1864 die Verleihung des Rothen Adler⸗Ordens 1. Klasse mit Eichenlaub und am 19. Juni 1867 die Auszeichnung durch den Kronen⸗Orden 1. Klasse mit dem Emaillebande des Rothen Adler⸗Ordens folgte.

Graf von der Goltz war außerdem im Besitze des Ehren⸗ kreuzes erster Klasse des Fürstlich Hohenzollernschen Haus⸗ Ordens. Von ausländischen Orden besaß derselbe das Groß⸗ kreuz des griechischen Erlöser⸗Ordens (seit 1857), den türkischen Medjidieh⸗Orden 1. Klasse (seit 1861), den russischen Weißen Adler⸗Orden (seit 1862) und das Großkreuz der französischen Ehrenlegion. Graf von der Goltz war nie vermählt.

Als derselbe im Jahre 1868 in Paris am Zungen⸗ krebs erkrankt war, vderließ er nach einiger Zeit mit

Urlaub die französische Hauptstadt, um anfangs in Berlin, später in Charlottenburg die Vorschriften eines ärztlichen Heilver⸗ fahrens befolgen zu können. Hier starb der Königliche Bot⸗ schafter, geehrt von seinem Könige, der an seinem Sarge stand, und betrauert von den Männern der verschiedensten politischen Parteien, die seine Verdienste zu würdigen wußten. 8

ie im ehemaligen Fürstenthum Osnabrück.

Das alte Fürstenthum Osnabrück, welches den Bezirk der Handels⸗ kammer zu Osnabrück bildet, umfaßt nach dem Bericht der Handelskam⸗ mer pro 1867 einen Flächenraum von c. 42 O.⸗M. mit c. 151,000 Ein⸗ wohnern. Seine Volksdichtigkeit (3595 Einwohner pro Q⸗M.) ent⸗ spricht beinahe dem Durchschnitt des preußischen Staats (3823 Ein⸗ wohner pro Q.⸗M.)

Die Hauptstadt Osnabrück hat nach der letzten Zählung 19,579 Ein⸗ wohner, außerdem sind in dem Fürstenthum noch die kleinen Städte Quakenbrück, Melle und Fürstenau vorhanden.

Der nördliche Theil des Fürstenthums ist vorwiegend Flachland, reich an moorigen Niederungen und unkultivirten Heiden, aber auch mit vorzüglichem Acker und ertragreichen Wiesen ausgestattet. Die Bevölkerung ist hier überwiegend ackerbautreibend. Der südliche Theil des Fürstenthums ist gebirgig; die hier vorhandenen Kohlen, Eisenerze, Baumaterialien u. s. w. haben eine Industrie hervorgerufen, zu deren Entwickelung die hannoversche Westbahn viel beigetragen hat. Auch der Flachsbau und die Leinenindustrie sind in diesem Theile des Fürstenthums von besonderer Bedeutung, nicht minder die Schweine⸗ zucht. Eine Eigenthümlichkeit des ganzen Distrikts ist das »Holland⸗

ehen« einer erheblichen Anzahl von Arbeitern, welche alljährlich im Feicjasr ihre Heimath verlassen, um, nicht in den Niederlanden allein, ondern mehr noch in Mecklenburg, Schleswig⸗Holstein und der Mark Brandenburg, durch Torfgraben, Mähen u. s. w. Verdienst zu suchen.

Die Landwirthschaft produzirt hauptsächlich Roggen, Hafer und Kartoffeln, in geringerem Maße auch Weizen, Gecge⸗ Buchweizen. Der Flachsbau ist uͤberall verbreitet und gewährt nach zehnjährigem Durchschnitt etwa 1,300,000 Thlr. jährlichen Ertrags. Die Viehzucht beschäftigt sich meist mit Mastung von Schweinen, deren reichlich 40,000 Stück alljährlich aufgezogen werden, von welchen 15 bis 16,000 Stück auf den Markt gelangen. Die Schweinezucht hat auch einen lebhaften Handel mit Schinken hervorgerufen, deren 60- bis 65,000 Stück jährlich abgesetzt werden. Die Schafzucht ist nicht er⸗ heblich, dagegen findet im nördlichen Theile eine bedeutende Gänse⸗ zucht statt, die guten Absatz nach den Niederlanden hat. Die Forst⸗ wirthschaft deckt den Bedarf an Brennholz zum heimischen Konsum und exportirt Eichen und Buchen; Torf ist im Fürstenthum in großen Massen und in vorzüglicher Qualität vorhanden.

Braunkohlen kommen im Fürstenthum nicht vor,g aber Stein⸗ kohlen werden in verschiedenen Gegenden gefördert. Die fiskalischen Bergwerke zu Borgloh und Oesede produzirten im Jahre 1867 durch 304 Arbeiter 484,536 Doppelhimten (2 1,/1 preuß. Scheffel) im Werthe von 70,000 Thlrn., die Gesellschaft Hammerstein im Amte Gröningen bei Wellingholzhausen 46,356 Doppelh. (4700 Thlr.), die Steinkohlen⸗ zeche Caroline bei Bohmte im Amte Wittlage ca. 18,000 Ctr., die Kohlenbergwerke am Piesberge, Eigenthum der Stadt Osnabrück, debitirten vom 1. Juli 1867/68 968, Doppelh. (130,791 Thlr.), die Königlichen Steinkohlengruben bei Jöbenbüren förderten im Jahre 1867

1 v111814“ 1“ u““ 1111“

1,889,371 Ctr. Salz wird auf der Königlichen Saline zu Rothen⸗ felde im Amte * gewonnen. Eisenstein ist namentlich in den Gruben der Georgs⸗Marienhütte bei Osnabrück reichlich vorhanden;; die Förderung belief sich im Laher 1867 hier auf 2,790,495 Ctr. An Bleierze wurden von der Zeche Perm bei Ibbenbüren in 1867 14,123 Ctr. gewonnen. Zinkerze sind am rothen Berge im Amte Osna. brück erbohrt, aber noch nicht erschlossen. Die zahlreichen Steinbrüche im südlichen Theil des Fürstenthums finden großen Absatz, auch Kalk. stein wird hier in guter Qualität und großen Mengen gewonnen. Von den industriellen Etablissements ist die Georgs⸗Marienhütte das rößte; sie setzte im Jahre 1867 für 1,035,000 Thlr. Roheisen, 4,000 Thlr. Gußwaaren, 90,000 Thlr. für Arbeiten der mechanischen Werkstatt incl. Kesselschmiede um u. a. m. Größere Eisenwaarenfabriken sind noch die London Gas⸗Meter⸗Company in Osnabrück, und vier andere Anstalten daselbst sür Gußwaaren, Maschinen, Draht und

Blech. Die Steinbrüche haben eine sehr lebhafte Industrie in Stein⸗

waaren hervorgerufen, u. A. eine Marmorwaarenfabrik in Osnabrück, ebendaselbst ist auch eine Cementfabrik vorhanden. Kalkbrennerei und Ziegelfabrikation ist im ganzen Fürstenthum verbreitet. Mehrere chemische und andere Fabriken in Osnabrück arbeiten für den Export. Von den verschiedenen Oelfabriken wird nur eine durch Dampf betrieben. Zuckerfabriken giebt es im Bezirke nicht Die 24 Brennereien ver⸗ wenden nur Getreide. Die Brauerei hat sich in den letzten Jahren nicht unbedeutend erweitert. Tabaks⸗ und Cigarrenfabrikation wird seit langer Zeit sehr lebhaft im Fürstenthume betrieben.

Für die Textilindustrie besteht im Fürstenthum 1. Baumwollen⸗ spinnerei (in Bremsche) mit 1800 Spindeln, 1 Wollgarnspinnerei da⸗ selbst mit ca. 300,000 Pfd. Garn jährlicher Produktion, die Flachs⸗ garnspinnerei Osnabrück⸗Bremsche mit 2424 Spindeln, 3 Baum⸗ wollenwebereien mit 160 Webestühlen, 5 Druckmaschinen, mehreren Appretur⸗ und Trockenmaschinen und 3 Streichwollenwaaren⸗Fabriken. Außerdem ist der Betrieb der Hand⸗Flachsspinnerei und Leinwand⸗ weberei sowie der handwerklichen Tuchmacherei bedeutend. Im Jahre 1867 wurden auf den Leggen des Handelskammerbezirks Osnabrück 28,549 Stücke Leinwand, Drellen u. s. w. im Werthe von 406,473 Thaler zur Schau gebracht, wobei jedoch zu bemerken ist, daß nur ein Theil der leinenen Gewebe leggepflichtig ist. Die Leinwand wird stark nach überseeischen Ländern exportirt.

Das englische und nordamerikanische Konkursrecht.

Wir haben in Nr. 26, 32 und 50 d. Bl. eine Uebersicht

über die Entstehung des Konkursrechtes bei den Römern,

Deutschen und Franzosen gegeben. Wir vervollständigen die⸗ selbe durch einen Blick auf das englisch⸗nordamerikanische Recht. Das englische und dessen jüngerer Zweig, das nordameri⸗ kanische Recht hat für die deutschen Juristen etwas Fremdarti⸗ ges. Der Grund ist der, daß die englische Rechtsentwickelung sich im Ganzen von dem materiellen Einfluß des römischen Rechts fern gehalten hat. Eine eigentliche Reception des römischen Rechts, wie bei uns, hat dort niemals stattgefunden, wenngleich dasselbe in verhältnißmäßig früher Zeit als Bil⸗ dungselement gedient hat. Auf dem Gebiete des Handels⸗ rechts und des damit zusammenhängenden Konkursrechts wird diese Grundverschiedenheit einigermaßen ausgeglichen durch die kosmopolitische Natur des Handels, welche überall zu ähnlichen ormen drängt; auf dem des Konkursrechts wirkt in gleicher ichtung, neben der gemeinsamen wirthschaftlichen Basis, be⸗ sonders die Natur der Sache, ein starkes logisches Element, welches uns bereits den Schlüssel zu dem kunstvollen Bau des gemeinrechtlichen Konkursverfahrens geliefert hat. Dennoch sind die Verschiedenheiten noch immer sehr bedeutend. Um des Erfolges für die vergleichende Rechtswissenschaft und Gesetzgebungspolitik willen ist das Studium des engli— schen Konkursrechts nicht ohne Reiz. In neuerer Zeit haben sich deshalb mehrere Juristen bemüht, dasselbe dem deut⸗ schen juristischen Publikum näher zu bringen, und, wie es zu geschehen pflegt, hat sich im Gefolge einer mühsamen Beschäftigung mit einem vielverschlungenen Organismus eine gewisse Vorliebe für denselben eingestellt. Man hat angefangen, das englische Kon⸗ kursrecht, welches bei der Redaktion der preußischen Konkursord⸗ nung von 1855 zwar vorgelegen zu haben scheint,“) aber nicht benutzt worden ist, uns als Muster und Spiegel vorzuhalten. Insonderheit gilt dies von dem Schriftsteller, welchem hier das Verdienst der Initiative zukommt, (Professor Dr. Güterbock, Stadtgerichts⸗Rath in Königsberg).²) Auch ein anderer, obschon an sich nicht blind gegen die großen Mängel des englischen Konkursrechts, selbst nach einer neueren Reform, behauptet, daß dasselbe sowohl vor dem gemeinen deutschen, als dem franzo⸗ sischen Konkursrecht wesentliche Vorzüge besitze, während seine Mängel größtentheils nur Folgen eigenthümlicher englischer Ver⸗ hältnisse seien, die in anderen Ländern sehr leicht vermieden werden könnten (Dr. F. Mittermaier in Heidelberg, Sohn des verstorbenen

²) Vgl. Dr. Goltdammers Komm. und vollständige Materialien zur Konkursordnung, 2. Ausg. S. 39. 1

²) Bei Goldschmidt Zeitschrift f. d. ges H. R. I. S. 34 ff. II. S. 19 ff., 283 ff. und in s. Schrift »Ueber einige in der Praxis hervor⸗ getretene Mängel des preuß. Konkursverfahrens.“« Berlin, 1860.

berühmten Rechtslehrers).*) Nicht minder gab ein vor vier Jahren in der berliner juristischen Gesellschaft gehaltener Vortrag (des Gerichts⸗Assessors Lasker)*) bei fast allen Punkten dem englischen Konkursrecht vor dem preußischen den 1811: Dagegen warnt eine im vorigen Jahre erschienene Schrift (des Stadtgerichts⸗Raths R. Koch zu Berlin), welche die Reformbedürftigkeit der preußi⸗ schen Konkursordnung untersucht,*) vor einer Ueberschätzung des englischen Rechts. Es wird daselbst die Ansicht vertreten, daß das englische und das nordamerikanische Konkursrecht im Allgemeinen nicht als Vorbild des preußischen, resp. künfti⸗ en norddeutschen Konkursrechts dienen könne, indessen manche beachtenswerthe Züge enthalte und im Einzelnen Nach⸗ ahmung verdiene. Dieses Urtheil gewinnt Unterstützun durch einen Blick auf die Geschichte der v . Konkurs⸗ gesetzgebung. Kein Abschnitt der englischen Rechtsgeschichte ist reicher an Experimenten als dieser. Die Gesetzgebung der Tudors bildet den Ausgangspunkt. Sie steht noch ganz auf dem kriminalrechtlichen Standpunkt. Das Bankeruttiren ist ein Verbrechen und wird dem entsprechend behandelt. Dennoch sind die Züge des heutigen Rechts bereits in einer Akte Elisa⸗ beths von 1571 erkennbar. Ein Gesetz Jacobs I. baut auf dieser Grundlage weiter. Erst unter Anna nähern sich zwei Ge⸗ setze von 1706 und 1708 der römischen cessio bonorum für schuldlose nsolvenz. Aber noch immer ist das Gesetz sehr streng; wurde die Z0tägige Anzeigefrist versäumt, so galt der Konkurs als Felonie. Auch unter den vier Königen Georg war die Konkurs⸗Gesetz⸗ gebung in Form von Novellen überaus thätig. Zu Anfang dieses Jahrhunderts war der Rechtszustand ein so verwickelter, daß man die Nothwendigkeit einer Kodifikation (»Konsolidation⸗) dieser Rechtsmaterie fühlte. Diesem Bedürfnisse suchte die Ge⸗- neral Bankrupt Act Georgs IV. von 1826 abzuhelfen. Aber auch seitdem ist die Gesetzgebung nicht zur Ruhe gekommen. Nach zahl⸗ reichen Novellen Wilhelms IV. und der Königin Viktoria wurde abermals das gesammte Konkursrecht, mit Ausnahme des Kon⸗ kurses der Aktien esellschaft, wofür die Joint Stock Companies Act von 1844 bestehen blieb, durch die Bankrupt Law Conso- lidation Act vom 11. August 1849 (12. und 13. Vist. C. 106) zusammengetragen und neugestaltet. Aber schon 1854 folgen neue Abänderungen (Bankruptey Act von 1854 17. und 18. Vikt. C. 119). Auch nach diesen verstummten die Klagen über Unzulänglichkeit des Konkursrechts keineswegs. Ein neues umfassendes Bankeruttgesetz (Bankruptey Act von 1861 24. und 25. Vikt. C. 134), aus 232 Sätzen und 8 Anhängen bestehend, welchen noch 36 General orders mit abermals 19 Anhängen beigege⸗ ben sind, brachte tiefeingreifende Aenderun en des bisherigen Rechts, wodurch altersgraue, bis dahin an cheinend unumstößliche Grundsätze beseitigt wurden. Allein bereits 1864 ertönt aber⸗ mals der Ruf nach radikalen Reformen. Die »Bankruptey reform ist zum stehenden Artikel der Fachjournale geworden. Die Regierung gab dem Drängen nach und ließ von einer Kommission drei Gesetzentwürfe ausarbeiten, von denen der eine sich mit Abschaffung der Personalschuldhaft beschäftigt, der zweite die ganze Reihe älterer Konkursgesetze abschaffen und der dritte (die Bankruptey bill) ein vollständiges neues Kon⸗ kursrecht enthält. Diese Entwürfe sind im Juni 1867 im Un⸗ terhause, im März 1868 im Oberhause zum zweiten Male ge⸗ lesen *). Obgleich dieselben sich sehr eingehend mit dem Zwangs⸗ vergleich im Konkurse und außerhalb des Konkurses beschäf⸗ tigen, wurde noch in einem späten Abschnitt der vorjährigen Sitzungsperiode eine dieses Institut betreffende Bill vom Abg. Moffatt ins Unterhaus eingebracht, welche schnell alle Stadien passirt hat und bereits am 11. Oktober 1868 in Kraft getreten ist?). Bei diesem lebhaften Wechsel der Gesetzgebung ist es erklärlich, wenn ein angesehenes Blatt sagt: der Gegenstand ist vollkommen reif zur Gesetzgebung; aber die Fehlgriffe sind so zahlreich gewesen, daß wir beinahe daran verzweifeln, diesen veralteten Schaden geheilt zu sehen ).

In den Vereinigten Staaten von Nordamerika, deren Recht mit dem englischen den Unterbau theilt, beruht das heutige Konkursrecht auf einem Gesetz vom 2. März 18672), nachdem ein älteres gemeinsames Gesetz (von 1841) im Jahre 1843 wieder aufgehoben worden war, und die einzelnen Staaten sich eine Zeit lang mit Partikulargesetzen (z. B. New⸗Yorker Code von 1850 art. 1595 flgd.) berufen hatten.

Wenn wir uns nunmehr bemühen wollten, das englische und nordamerikanische Konkursrecht kurz übersichtlich und in

³) Bei Goldschmidt und Labant Zeitschr. L4“ 8 Abgedruckt in der D. Ger.⸗Zeitung 1865 Nr. 46. 44. . 6 —8) »Zur Reform des preußischen Konkursrechts.⸗ Berlin, 1868.

8 Hunzen . vom 16. März, 29. März u. 10. Juni 1867 und

vom 24. März 1868. ““ ) »The h ist⸗ (Weekly „Commercial Times«) von 15. August 9) „Times« vom 16. März 1867, p. 9) Merchants »Magazine«, vol. 56

8

9. i et 1867), P. 381 fg.

einer auch dem Nichtjuristen leicht verständlichen Weise darzu⸗ selen, so könnte der Versuch nicht anders, als ungenügend aus⸗ allen. Der Organismus ist ein so verwickelter, die Abweichung von den hergebrachten Vorstellungen so groß, daß eine solche Darstellung 3— ungewöhnlichen Schwierigkeiten begegnen und erheblichen Raum beanspruchen würde. Wir ziehen es daher vor, einige Grundzüge andeutend hervorzuheben, und da⸗ durch vielleicht zu eingehendem Studium unter Benutzung der angegebenen Quellen anzuregen.

in Hauptthema der einschlagenden englischen Gesetze ist das Konkursgericht. Seit Wilhelm IV. nämlich (1831) be⸗ steht ein besonderer Gerichtshof zur Bearbeitung der Konkurse (Court of Bankruptey) mit dem Sitz in London, jedoch mit Kommissaren in den Grafschaften. Der daneben bestehende Insolvent Debtor Court (nebst zahlreichen Zweiggerichten) für Nichthandelsleute ist durch die Gesetzgebung des Jahres 1861, welche die letzteren dem gleichen Verfahren, wie die Handelsleute unterworfen hat, beseitigt. Nach dem neuen Gesetzvorschlage soll Ein Hof für ganz England in Lon⸗ don bestehen bleiben; daneben aber sollen die DSounty-Courts Country-District-Courts konkurrirende Gerichtsbarkeit haben. Die Bearbeitung der Geschäfte geschieht nicht kollegialisch, sondern von den einzelnen Mitgliedern als Einzelrichter. Ihre Thä⸗ tigkeit umfaßt provisorische Maßregeln, Aufsicht über die Ver⸗ waltung, Entscheidung von Meinungsdifferenzen, Ertheilung oder Versagung der zu gewissen Maßregeln erforderlichen Zu⸗

stimmung und daneben eine ausgebreikete Rechtsprechung für

Incidentstreitigkeiten und Spezialprozesse. Die Appellation von ihren Entscheidungen geht an die Lords Justices of Appeal, von denen noch wegen Rechtsfragen eine Ober⸗Appellation an das Oberhaus stattfindet.

Die Konkurseröffnung erfolgt von Amtswegen (nach dem Gesetz von 1861) oder auf Antrag von Gläu⸗ vigern oder des Gemeinschuldners. Als Bedingung der⸗ selben bezeichnet das Gesetz eine Reihe von Handlungen (arts of bankruptey), ohne einen allgemeinen Begriff aufzustellen. Es ist dies ein Punkt, welcher namentlich bezüglich der Nicht⸗ handelsleute zu zahlreichen Beschwerden Anlaß gegeben hat, weil das Gesetz die Definition der Bankerutthandlungen allzusehr verklausulirt und dem böswilligen Schuldner mancherlei Schlupf⸗ winkel darbietet. So begeht z. B. der Nichtkaufmann eine Bankerutthandlung, wenn er in der Absicht, seine Gläubiger zu schädigen, das Reich verläßt, und nicht dahin zurückkehrt; doch muß dabei der den Konkurs beantragende Gläubiger die Ladung dem Schuldner persönlich zustellen lassen, oder, wenn dies nicht möglich, sich doch alle Mühe geben, die Zustellung zu beweisen; diese Bemühungen müssen dann dem Schuldner zur Kenntniß gekommen sein, und darauf hin muß derselbe die Zustellung vereitelt haben. Es ist nicht zu viel gesagt, wenn man diese Bestimmungen als ganz mißlungen bezeichnet. .

Sogleich bei der Konkurseröffnung wird eine provisorische Verwaltung der Masse eingerichtet. Es wird ein provi- sional assignee (d. h. Assignatar, im weiteren Sinne: Singu⸗ lar⸗Successor) ernannt, neben den und resp. an dessen Stelle später gewählte Verwalter treten können. Das System be züglich der Massenverwaltung hat sehr gewechselt. In Folge vielfacher Klagen über die gewählten Verwalter wurden im Jahre 1831 die amtlichen Verwalter (Official assignees) ein- geführt, hinter welchen ständigen Gerichtsbeamten die gewählten Verwalter ganz in den Hintergrund traten. Aber auch mit diesen machte man so schlechte Erfahrungen, daß ihre Thätigkeit durch das Gesetz von 1861 erheblich eingeschränkt wurde. So⸗ bald Verwalter gewählt sind, hat der amtliche Verwalter mit der Massenverwaltung fast nichts mehr zu thun. Er hört auf, Treuhänder der Masse zu sein und besorgt nur die Einziehung der kleineren Forderungen. Die gewählten trustees haben ihm nur alle Vierteljahr Rechnung zu legen. Im Uebrigen hat weder er, noch das Gericht sich in ihre Verwaltung zu mischen. Der neue Entwurf will auch diesen letzten Rest der amte⸗: lichen Massenverwaltung beseitigen, indem er das schottische Trusteesystem adoptirt. Die Official assignees werden abgeschafft. Dagegen soll für jeden Hof ein provisional trustee angestellt werden, welcher vollständig ausscheidet, sobald die Gläubiger einen anderen Verwalter wählen.

Auf diese Verwalter geht die Herrschaft über das Ver⸗ mögen des Gemeinschuldners über, und zwar wird ihr Recht als ein wahres Eigenthum aufgefaßt, welches jedoch durch Zweck und Dauer des Konkurses beschränkt ist. Es fällt unter den allgemeinen Begriff von „trust« (treue Hand), worunter ein nur durch Equity geschütztes Verhältniß verstanden wird, bei welchem der Eine formell und nominell Eigenthümer oder Berechtigter (trustee) ist, mit der Verpflichtung, dieses Eigen⸗ thum nur zum Nutzen eines Andern (des sogenannten cestui que trust) zu verwenden oder einem bestimmten Zwecke zu widmen. 1“ ö11A1“ 8