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gefunden hat, aber vergießen durch Militärgewalt unterdrückt worden ist. — In Moskau erkrankten vom 6. Januar bis 3. Fe⸗ bruar 105 Personen und starben 59 an der Cholera. Warschau, 7. Februar. Versendung der Rekruten⸗ partien aus dem Königreich Polen ist, wie die »Russ. T.⸗Ag.« meldet, der eingetretenen strengen Kälte wegen bis auf Weiteres auf 10 Tage eingestellt worden.
Amerika. New⸗York, 9. Februar. (Kabeltelegramm.) Die Begräbnißfeierlichkeiten Peabody's haben gestern in Pea⸗ body, Massachusetts, stattgefunden. Denselben wohnten der Prinz Arthur nebst Gefolge, der britische Gesandte Thornton, Admiral Farragut, der Commandeur des »Monarch«, Kapitän Commerell, und andere britische und amerikanische Marine⸗ Offiziere, die Gouverneure von Maine und Massachusetts, die Beamten der zahlreichen, von dem Verstorbenen dotirten Unter⸗ richtsanstalten, und schließlich Abgesandtschaften verschiedener Staatslegislaturen und Munizipalbehörden bei.
Am Nachmittage reiste der Prinz Arthur nach Montreal ab.
Landtags⸗Angelegenheiten. Berlin, 12. Februar. In der gestrigen Sitzung des 8 renhauses nahm über den Antrag des Grafen von rassow, »bei der Regierung zu beantragen: auf die möglichst baldige Errichtung resp. Weiterbildung von Organen Bedacht zu nehmen, welche berufen und geeignet sind, die Interessen der Landwirthschaft selbständiger und wirksamer zu vertreten, als dies den bestehenden Organen möglich ist«, der Minister der landwirthschaftlichen Angelegenheiten von Selchow das Wort: Meine Herren! Den Antrag des Herrn Grafen Krassow und Ihren voraussichtlich darauf zu fassenden Beschluß kann ich von Ihrem Standpunkte, vom Standpunkte des Herrenhauses, sehr wohl mir er⸗ klären. Ich selbst vindicire für das Haus den Beruf und das Recht, ich glaube auch, sagen zu dürfen, das richtige Verständniß, den Grund⸗ besitz und die Landwirthschaft in Preußen vorzugsweise zu vertreten. Erlauben Sie mir aber auch, daß ich den Standpunkt der Regierung zu dieser Frage Ihnen offen und klar darlege.
Die Verwaltung der landwirthschaftlichen Angelegenheiten ruht in Preußen beim landwirthschaftlichen Ministerium; aber schon früher, bevor dasselbe emanzipirt war, bevor es eine getrennte, selbständige Behörde bildete, hatte die Weisheit des hochseligen Königs Friedrich Wilhelm's IV. das Landes⸗Oekonomie⸗Kollegium geschaffen, um in ihm der landwirthschaftlichen Verwaltung einen technischen Beirath zu geben. Die Aufgabe des Landes⸗Oekonomie⸗Kollegiums hat sich im Laufe der Zeit dahin gestaltet, daß man sie kurzweg als eine doppelte be⸗ zeichnen kann. Einmallhat das Kollegium seine Verpflichtung beibehalten, sich dem Minister gegenüber auszusprechen, so oft es gefragt wird, seine Aeußerungen, sein Gutachten ihm vorzulegen in allen Fragen technischer Natur, bei denen er dieses Beiraths bedarf; und ich kann nach dieser Seite hin die Leistungen, welche das Kollegium bis auf den heutigen Tag aufzuweisen hat, nicht dankend genug anerkennen. Nicht nur die Regierung, sondern, ich glaube es aussprechen zu müssen, das ganze Land ist den Männern zu Danke verpflichtet, die ihre Zeit und Kräfte dem Wohle des Landes in anerkennenswerthester und selbst⸗ losester Weise opfern. Das Kollegium hat nicht blos in den Fällen, wo einzelnen Mitgliedern der Auftrag ertheilt worden ist, durch Lokal⸗Inspektionen und darauf gegründete Berichte an das Ministerium, verwickelte Fragen klar zu legen, stets mit der größten Hingebung sich diesen Aufträgen unterzogen, dasselbe hat auch in allen andern Fällen, wo sein Gutachten verlangt wurde, mit wahrer Gründlichkeit und tüchtiger Sachkenntniß dem Ministe⸗ rium zur Seite gestanden.
„Eine zweite Aufgabe des Landes⸗Oekonomie⸗Kollegii besteht darin, die Bedürfnisse des Landes, wie sie einem jeden einzelnen Mitgliede in den Kreisen seiner Heimath entgegengetreten sind, bei den Zusammenkünften des Kollegii der Staatsregierung vorzutragen und ihre Abhülfe in Anregung zu bringen. Auch nach dieser Seite hin habe ich niemals etwas vermißt.
„Diese Wahrnehmungen müssen mich daher zu der Ueberzeugung bringen, daß es nicht wohl gethan sein würde, dem preußischen Staate eine Körperschaft entziehen oder dieselbe auch nur anfeinden und an⸗ greifen zu wollen, die sich so ausgezeichnet bewährt hat.
Ich erkenne gern an, daß die Möglichkeit einer Reform auch dieses Kollegiums vorliegen mag, aber ich kann nicht anerkennen, daß es gut gethan sein würde — und hierin stimme ich mit dem Herrn Referen⸗ ten vollständig überein — das Kollegium dem Lande zu entziehen. Reformiren Sie es, meine Herren, mag die Zeit es reformiren — Sie werden die Regierung stets bereit finden, auf geeignete, d. h. von ihr als geeignet anerkannte Vorschläge einzugehen, aber wenn Sie es jetzt mir und der Staatsregierung nehmen wollten, so würden Sie auf den größten Widerstand stoßen
Was nun die Frage betrifft, welche das Land z. Z. am meisten bewegt, ich meine, die Frage einer besondern Vertretung der land⸗ wirthschaftlichen Interessen neben dem Landesökonomie⸗Kollegium, so will ich gern zugeben, daß es zweckmäßig und möglich ist, eine ganz eigen⸗ Kammer im Lande zu schaffen, welche ausschließlich dazu ge⸗ schaffen und berufen wird, die landwirthschaftlichen Interessen zu ver⸗ treten, dieselben bei der Regierung in Anregung und zur Geltung zu bringen. Die Idee ist nicht neu, sie ist schon seit einer langen Reihe von Jahren und zwar in gewissen Intervallen immer wieder von Neuem hervor⸗ getreten, sie ist aber niemals zum Abschluß gekommen. Es hat sich das Landesökonomie⸗Kollegium selbst damit beschäftigt, es haben sich
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die landwirthschaftlichen Vereine vielfach damit beschäftigt, es hat einer meiner Amtsvorgänger einen Kongreß berufen, um diese Frage in umfassendster Weise zu prüfen, aber sie ist immer gescheitert an der Schwierigkeit, für diese Vertrrtung, welche doch natürlich eine gewählte sein muß, einen geeigneten Wahlkörper zu finden. Der Begriff der Landwirthschaft im Allgemeinen, der Begriff des Landwirths, welcher zur Wahl berechtigt sein soll, ist ein so vager, so wenig faßbarer, daß es bisher noch keiner derjenigen Körperschaften, die sich mit dieser Frage beschäftigt haben, gelungen ist, einen praktischen, sachgemäßen Vorschlag zu machen. Es haben sich in neuester Zeit und gerade jetzt die guten Kräfte des Landes zusammengeschaart, um darüber zu be⸗ rathen. Die Regierung nimmt ihnen gegenüber den Standpunkt ein, daß sie annehmbare Vorschläge, wenn nöthig, nach vorgängiger Modi⸗ fizirung, gern annehmen wird. Sie muß aber erst abwarten, was ihr für spezielle Vorschläge geboten werden. Die Regierung ist weiter gegangen, sie hat sich nicht darauf beschränkt, diesen abwarten⸗ den Standpunkt einzunehmen, sondern sie hat aus eige nem Antriebe auf die Tagesordnung des in Kurzem zusammentretenden Landesökonomie⸗ Kollegiums die wichtige und schwierige Frage gesetzt, in welcher Weise sich eine Vertretung organisiren ließe, welche die Landwirthe des preußischen Staates vollständig befriedigen könnte. Ich glaube daher, wir müssen diese Berathungen abwarten und werden dann erst Be⸗ schhszungen fassen können, welche Schritte demnächst zu thun sein werden.
Das Eine habe ich noch vergessen, bei der Darlegung der Wirk⸗ samkeit des Landesökonomie⸗Kollegiums in weiterer Ausführung dessen, was der Herr Referent Ihnen bereits dargelegt hat, zu erwäh⸗ nen, nämlich wie das Kollegium in diesem Augenblicke zusammen⸗ gesetzt ist, was ja Vielen von Ihnen möglicherweise gar nicht bekannt sein kann. Das Kollegium besteht ungefähr, und zwar rund ge⸗ sprochen, aus 50 Mitgliedern, nachdem die neuen Provinzen hinzu⸗ getreten sind. Von diesen 50 Mitgliedern sind etwa 30 einfach beru⸗ fen worden. Die Regierung hat stets von dem Grundsatze sich leiten lassen, praktische Landwirthe von bedeutendem Rufe oder Männer hineinzuberufen, die durch ihre Intelligenz auch auf anderen Gebieten sich hervorgethan haben. Denn es kommen ja nicht blos rein land⸗ wirthschaftliche Fragen zur Berathung. Es kommt die Zoll⸗, die Be⸗ steuerungsfrage, die forsttechnische Frage häufig mit in Betracht, und deswegen würde ich auch nur bei dem Grundsatz stehen bleiben kön⸗ nen, daß das Recht der Ernennung der Regierung, wenn auch in be⸗ schränkterem Maßstabe als bisher, so doch im Prinzip, gewahrt bleiben muß, weil nur von einer Centralstelle aus die richtige Beurtheilung möglich ist, nach welcher Richtung hin die Ergänzung einer besonderen Kraft im Kollegium überhaupt nöthig geworden ist. Wollten wir diese Frage auf das Würfelspiel der Wahlen stellen, so würden wir möglicher Weise von allen Enden des Landes die besten Landwirthe zusammen⸗ kommen sehen, aber es würde uns ein Bauverständiger, ein Forst⸗ mann, es würde ein Chemiker, es würde ein Zollverständiger dem Kollegium fehlen. Gegen solchen Mißstand scheint das beste Korrektiv darin zu bestehen, daß die Regierung jederzeit das Recht hat, einzelne Mitglieder je nach dem Bedürfnisse in das Kollegium zu berufen.
„Vor einer andern Gefahr möchte ich noch warnen. Wenn man die Vertretung der landwirthschaftlichen Interessen lediglich dadurch zu erreichen süuchen wollte, daß man das Kollegium durch eine bloße Verstärkung des gewählten Elementes derartig erweitern wollte, daß von allen landwirthschaftlichen Vereinen, daß Landes gewählte Mit. glieder darin säßen, so würde die Zahl der 50 Mitglieder, die vielleicht heute schon die Verhandlungen etwas erschwert, die sich aber immer noch regieren läßt, leicht auf das Doppelte und Dreifache gesteigeet werden. Wir würden dann sehr bald einen neuen parlamentarischen Körper kreiren, wo wir ja manche recht schöne und lange Reden hören könnten, häuftg aber ohne das praktische Urtheil, die kurz aus- gesprochene präzise Antwort auf eine bestimmte Frage dadurch geför⸗
dert zu sehen.
Von den 50 Mitgliedern sind also, wie ich schon die Ehre gehabrbt habe zu sagen, bisher etwa 30 ernannt worden. Die übrigen (etwa 20) sind die s. g. außerordentlichen Mitglieder und dieses sind theils solche, welche durch ihre Berufsstellung dahin gehören,
(das sind die jedesmaligen Direktoren der landwirthschaftlichen T demien, in diesem Augenblicke nur zwei), theils solche, welche eigentlichh alle bereits aus Wahlen hervorgegangen sind, nämlich die Vorsitzenden der landwirthschaftlichen Centralvereine aller Provinzen. Hiernach müssen wir anerkennen, daß nach der Reform, welche das Landesöko- nomie⸗Kollegium im Jahre 1859 erhalten hat, das gewählte Eklement darin allerdings schon vertreten ist. Mag nun beschlossen werden, es sei erwünscht, daß dieses Element stärker als bisher in dem Kollegiumm vertreten werde, dieser Richtung würde die Regierung sich nicht wider.. setzen; aber das ganze Kollegium lediglich auf Wahlen zu basiren, dem würden erhebliche Bedenken entgegentreten.
— Nach dem Schlusse der Diskussion erklärte der Minister: Meine Herren! Ich wollte mir nur eine kurze Erwiderung auf das, was Herr von Waldaw gesagt hat, erlauben. 965. Es hat mir fern gelegen, es auszusprechen, daß ich die landwirtltlz schaftlichen Vereine für die geceignetsten Wahlkörper erachte. Wie ich darüber denke, glaube ich nicht nöthig zu haben, hier auszusprechen;. übrigens glaube ich mit Herrn von Waldaw darin vollkommen über⸗ einzustimmen, daß die Frage, wo wir diese Wahlkörper zu suchen 8 haben, nicht in diesem Hause, sondern an einer andern Stelle ausge⸗ 1 1 tragen werden wird. Ich bin ferner noch verpflichtet, mich Herrn von Waldaw und mehreren anderen Herren Rednern gegen⸗ über zu erklären, daß es wahrlich nicht
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entgegentreten zu wollen; denn ich bin sehr weit davon entfernt ge-. E
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wesen, darin ein Mißtrauensvotum zu finden. Hätte ich das geglaubt,
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kann ich ihn nur dankbar acceptiren, sofern er darauf berechnet ist, mir eeine Stütze bei dem weiteren Vorgehen darzubieten; ja ich hoffe sogar, daß selbst der Herr Redner, der ein Mißtrauensvotum in dem An⸗ rtrage hat finden wollen, zu mir sich schlagen und mit mir gemein⸗ scchaftlich anerkennen wird, daß es eben kein Mißtrauensvotum ist. 2½ — Im Hause der Abgeordneten äußerte sich der Finanz⸗Minister Camphausen bei der Diskussion über den Antrag des Abgeordneten v. Kardorff, in dem von der Kom⸗ mmission vorgeschlagenen Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Bewilligung der zur Deckung der Ausgaben des Jahres 1868 errforderlichen Mittel, §. 1 Alinea 1 die Worte: »und zwar in dder nachstehenden Reihenfolge« zu streichen: 186 Meine Herren! Ich empfehle die Annahme des Antrages des Herrrn von Kardorff in der Ansicht, daß das Gesetz geradezu unaus⸗ führbar sein würde, wenn man die eben erwähnten Worte in dem Allnea I. bestehen ließe. Ich bitte, sich zu vergegenwärtigen, daß es ssiich handelt um Ausgaben des Jahres 1868, daß diese Ausgaben in ddiesem Augenblick großentheils bereits geleistet sind. Ich habe mir Deeine Zusammenstellung geben lassen, wie der Stand der Angelegenheit im Anfang dieses Monats war, und da waren von Ausgaben für deas Jahr 1868 zur Berichtigung des Defizits bereits geleistet 8,686,289 Tyhaler. Die Mittel, die nun angeboten werden, diese Ausgaben z;u decken, bestehen sub I des Gesetzes w- ddie Staatsregierung die Uebersicht frühestens in der zweiten Hälfte des Monats März erlangen wird; ste bestehen sub 2 der Uebersicht in dem Mehrbetrage an Zöllen und anderweitigen indirekten Abgaben, die ddlurch Abkürzung der Kreditfristen herbeigeführt werden sollen. Nach der Darlegung, die der Budget⸗Kommission gegeben ist, erstrecken sich ddiese Mehreinnahmen auf verschiedene Monate, unter anderen die letzte auf den Monat November des Jahres 1870. Endlich sind sub 3 und 4 gewisse Fonds genannt, die dem Staate gehören, mit deren Reali⸗ sirung man bereits begonnen hat und die zum Theil sich als nichtrealisirbar erweisen werden, oder wobei einzelne besondere Gründe eintreten können, um nicht mit aller Strenge die Realisirung zu erzwingen, indem da⸗ durch Einzelne in ihren Interessen geschädigt werden können.
Ich nehme Anlaß, mich hier deutlich und klar über das auszu⸗ sprechen, was die Finanzverwaltung diesen Bestimmungen gegenüber in Anspruch nehmen muß, und das ist, daß wir den Beschluß des Hauses dahin auffassen, daß die Verwaltung von jedem dieser vier Mittel beliebig Gebrauch machen kann, natürlich nur in Höhe der vom Landtage festgesetten Summen und daß diejenigen Be⸗
rträge, die darüber hinaus sich herausstellen möchten, nachher ddeer weiteren Beschlußnahme des Hauses unterliegen. Ich mache dann ferner darauf aufmerksam, daß, da uns zuge⸗ wiesene Beträge zum Theil erst nach später Zeit fällig werden und
da wir jetzt schon in der Lage sind, Vorschüsse geleistet zu haben, es
weder vollständig zu vermeiden war, noch vollständig zu vermeiden sein wird, daß gewisse Zinsvergütigungen werden bewilligt werden
müssen, um diese Einnahmen antizipiren zu können. Das geschah und geschieht also namentlich in Bezug auf die Steuerkredite dadurch, daß man die durch Wechsel verbrieften Beträge unter Umständen durch Diskontirung früher realisirt, als es ohnedies geschehen würde. Ich habe mich für verpflichtet gehalten, Ihnen hiermit mit voller Offenheit das Sachverhältniß darzulegen; sind Sie damit nicht ein⸗ vwerstanden, so bitte ich, heute den Widerspruch zu erheben, aber später mir keinen Vorwurf zu machen. — Nach dem mündlichen Bericht, welchen der Abg. von Brrauchitsch (Flatow) Namens der Budgetkommission über den Enlwurf eines Gesetzes, betreffend Abänderungen des Gesetzes vom 17. Februar 1868 über die Aufnahme einer Anleihe von 40 Millionen Thalern zu Bedürfnissen der Eisenbahnverwaltung, erstattete, nahm der Finanz⸗Minister das Wort: 1 Meine Herren! Soweit es bei dem fortwährenden Geräusche möglich war, auf dieser Stelle den Herrn Referenten zu perstehen, fasse ich seinen Vortrag dahin auf, daß die Budgetkommission be⸗ schlossen habe, die von der Staatsregierung event. in Anspruch ge⸗ nommene Ermächtigung, eine andere Form der Anleihe, als die der konsolidirten Anleihe zu wählen, nicht zu ertheilen, und daß die Kom⸗ mission ferner beschlossen hat, über die Frage der Prämienanleihen, die, beiläufig bemerkt, der einzige Grund war, weshalb die Stagts⸗ regierung eine solche Ermächtigung erbeten hat, nicht in die Diskussion einzutreten. Wir bleiben also in derselben Unklarheit, in der wir uns bisher befanden, so daß wir absolut nicht wissen, ob das Haus einer Staats⸗Prämienanleihe prinzipiell entgegenstehe oder nicht. Was die Frage betrifft, ob die Staatsregierung, wenn jener Zwischensatz wegfällt, die Annahme des Gesetzes wünsche oder nicht, so kann ich die Erklärung mit voller Bestimmtheit dahin abgeben, daß wir die Annahme des Gesetzes, auch wenn der Zwischensatz fällt, wünschen. Es ist ja bereits in der Denkschrift ausgesprochen worden, daß die Regierung beabsichtige, diese 20 Millionen Thaler in konsoli⸗ dirter Anleihe auszugeben, und daß sie nur für den Fall, wenn das Haus in Bezug auf die Frage der Prämienanleihen einen bestimmt entgegentretenden Wunsch nicht zu erkennen geben sollte, die Möglich⸗ keit schaffen wolle, nach dieser Richtung hin Kombinationen machen zu können. Unter den obwaltenden Umständen bitte ich Sie daher, dem Antrage der Kommission einfach zuzustimmen. — Dem Abg. Freiherrn von Hoverbeck erwiderte Finanz⸗Minister: b 1 Meine Herrren, bei dem Vorschlage der Staatsregierung ist es natürlich als etwas ganz Selbstverständliches betrachtet worden, daß, wenn der Norddeutsche Bund Normativbestimmungen treffen sollte, was doch sehr dahin steht — denn dazu gehört ja immer das Mit⸗ wirken der sämmtlichen verbündeten Regierungen und des Reichs⸗ tages — daß wenn der Norddeutsche Bund Normativbedingungen
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treffen sollte, es sich ganz von selbst verstände, daß in Preußen nur eine Prämien⸗Anleihe ausgegeben werden könnte, die mit diesen Nor⸗ mativbestimmungen in Einklang stände. Ich bitte überhaupt, die Frage nicht so aufzufassen, als wenn es die Meinung gewesen wäre, nun binnen ganz Kurzem mit einer Prämienanleihe wirklich vorzu⸗ gehen. Es wäre der Staatsregierung und ich kann wohl sagen, mir als Finanz⸗Minister erwünscht gewesen, genau zu wissen, ob ich in dieser Beziehung mich auf Kombinationen einlassen könnte oder nicht. Ich unterwerfe mich natürlich gänzlich der Ansicht des Hohen Hauses, wenn es vorgezogen wird, über diese Frage sich nicht klarer auszu⸗ sprechen, wie es früher geschehen ist.
— Bei der Diskussion über den vom Herrenhause an das
Haus der Abgeordneten zurückgekommenen Gesetzentwurf, be⸗
treffend die Ablösung der den geistlichen und Schul⸗Instituten, sowie den frommen und milden Stiftungen zustehenden Real⸗ lasten, erklärte der Finanz⸗Minister:
Meine Herren, ich glaube den Wunsch des Herrn Vorredners schon heute erfüllen zu koͤnnen und ihn theilweise auch schon früher erfüllt zu haben. Es hat ihm allerdings gefallen, auf die Verhand⸗ lung in einer Kommission des Herrenhauses Bezug zu nehmen und von meinen eigenen persönlich abgegebenen Erklärungen im Herren⸗- hause keine Notiz zu nehmen. Ich habe mich in dem andern Hause bereits darüber ausgesprochen, daß das Finanz⸗Ministerium bei der Vorberathung in der Kommission dieses Hauses nicht zugezogen wor⸗ den war, daß es also in dem ersten Stadium, wo man einen Ent⸗ schluß zu fassen hatte, wie die Sache behandelt werden möchte, nicht in der Lage war, auf den Gang der Berathungen und auf das Resultat der Be⸗ rathungen eine Einwirkung zu üben. Dann ist völlig improvisirt die Frage an mich berangetreten, ob die Finanzverwaltung in die Wieder⸗ herstellung der Rentenbanken für diese Zwecke willigen wolle oder nicht. Nun will ich Ihnen ein aufrichtiges Bekenntniß ablegen. Ich bin in solchen Fällen mit meinem Entschluß nicht so ganz rasch zur Hand; ich glaube, man muß die Verpflichtung, die der Staat über⸗ nehmen soll, sorgfältig und bedächtig prüfen und den Entschluß nicht
übereilen. Im anderen Hause war uns die Sachlage schon mehr be⸗
kannt, und da hat der Vertreter meines Ministeriums bereits Gelegen⸗ heit genommen, darauf hinzuweisen, daß der dort gemachte Vorschlag, beiden Theilen die Provokations⸗Befugniß einzuräumen und die Verpflichtung in der Weise eintreten zu lassen, daß der Verpflichtete genöthigt werden könne, 56 ⁄2 Jahre hindurch ½ des Betrages, den er bisher zu zahlen hatte, mehr zu zahlen, daß dieser Vorschlag sehr große Bedenken habe und daß er insbesondere auch Bedenken habe vom Standpunkte der Finanzverwaltung aus, indem alsdann leichter Aus⸗ fälle eintreten könnten, als es der Fall sein würde, wenn man dieselbe Höhe der Rente beibehielte, an die der Verpflichtete gewöhnt war, so daß er zwar an eine andere Kasse abzuliefern hätte, aber den unveränderten Betrag.
Ferner sind im andern Hause auch bereits Bedenken von Seiten meines Kollegen für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten geltend ge⸗ macht worden, oder von Seiten seines Herrn Kommissarius, die ebenfalls dagegen sprachen, bei diesem Gesetzentwurf zu einem von der früheren Gesetzgebung doch erheblich abweichenden Prinzipe überzugehen. Wie ist nun heute die Stellung der Regierung zu dieser Sache? Wenn uns beide Häuser des Landtages übereinstimmend erklären, wir haben diese Bedenken vernommen, wir haben uns sagen müssen, daß damit der Staat ein erhebliches Risiko übernimmt, für uns ist aber die Förderung der Sache von so überwiegendem Interesse, daß wir glau⸗ ben, über diese Bedenken gänzlich hinwegsehen, daß wir glauben, dem Staate eine solche Last auflegen zu sollen — nun, meine Herren, wenn ein solcher Beschluß übereinstimmend von beiden Häusern des Land⸗ tages mit überwiegender Majoritaͤt gefaßt wird, wenn also die Re⸗ gierung sich zu sagen hat, das ist die Meinung des Landes, die klar nach sorgfältiger Erwägung der Frage ausgesprochene Meinung des Landes, dann dürfen Sie darauf rechnen, daß der Finanz⸗Minister nicht von seinem Standpunkte aus einen einseitigen Widerstand er⸗ heben wird; dann dürfen Sie darauf rechnen, daß die Staatsregierung in Erwägung ziehen wird, inwieweit alle die Gründe, die für die Sache geltend gemacht werden können, als überwiegend anzusehen sind oder nicht. Und da wird nicht der Finanz⸗Minister auftreten, und seinerseits nur ein einseitiges Interesse verfolgen. Denn was wollen wir zuletzt mit einer geordneten und guten Finanzverwaltung anders, als die höchsten Zwecke des Staates erfüllen!—
— Bei der Berathung über den mündlichen Bericht der Budget⸗Kommission, betreffend die Uebersicht von Staats⸗Ein⸗ nahmen und Ausgaben des Jahres 1868, äußerte sich der Re⸗ gierungs⸗Kommissar, Geheime Ober⸗Finanz⸗Rath Meinecke, mit Bezug auf den Antrag, ⸗die Staatsschulden⸗Kommission zu beauftragen, aus den Akten der Staatsschulden⸗Verwaltung ge⸗ nau festzustellen, welche Stellung die letztere gegenüber dem Ge⸗ setze vom 9. März 1867 in Betreff der sofortigen Ausfertigung der ganzen 24 Millionen Anleihe eingenommen u. s. w.«, wie olgt: gMeine Herren! Nach dem Antrage unter Nr. I. zu 2 soll die Staatsschulden⸗Kommission beauftragt werden, die Akten der Haupt⸗ verwaltung der Staatsschulden einzusehen, um danach festzustellen, wie diese sich in Bezug auf die Emission der 24 Millionen Anleihe verhalten habe und durch welche Motive sie bei ihrem Verhalten ge⸗ leitet worden ist. Der Staatsschulden⸗Kommission stehen jeder Zeit die Akten der Hauptverwaltung der Staatsschulden zu Gebote; sie kann jederzeit die Geschäftsführung der Hauptverwaltung der Staatsschulden nach jeder Richtung hin kontroliren, und die Mitglie⸗ der der Staatsschulden⸗Kommission, von denen ja mehrere hier auf beiden Seiten des Hauses anwesend sind, werden die Ueberzeugung gewonnen haben, daß es der Hauptverwaltung der Staatsschulden
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