1870 / 44 p. 3 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

GHeestern fand die zwanzigste General⸗Kongregation statt. Die Messe celebrirte Msgr. Schaͤepmann, Erzbischof von Utrecht. Die Berathung über den Katechismus wurde fortgesetzt. 20. Februar. (W. T. B.) Der Karneval hat gestern begonnen. Es sind nur wenig Fremde anwesend. Ueberall herrschte vollkommene Ruhe. angeschlagene Pasquille gegen die Unfehlb

Nußland und Polen. St. Petersburg, 20. Februar. Der Kaiser hat am 16. d. M. die chinesische Gesandtschaft in feierlicher Audienz empfangen.

Großfürst Nikolaus Konstantinowitsch ist zum Adjutanten des Kaisers ernannt worden.

Der »Reg.⸗Anz.« veröffentlicht eine am 23. Januar (4. Februar) zwischen der russischen Regierung und der hohen Pforte abgeschlossene Telegraphen⸗Konvention.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 14. Februar. Der Finanz⸗Minister beantwortete in der Sonnabendsitzung

Papstes

der zweiten Kammer des Reichstages die vom Grafen

Posse gestellte Frage, ob die verschiedenen aufgesparten Summen

nicht als Einnahmen dem Finanzgesetze zugeführt werden könn⸗

ten, um dadurch Steuererhöhungen zu vermeiden. Der Minister erklärte, daß die in der Bewilligung für das Kriegs⸗Ministerium

aufgesparte Summe gesetzlich dazu bestimmt sei, zur ferneren Es könne deshalb nicht die Rede davon sein, diese Summe als gewöhn⸗ Ueber die Ersparnisse des

Entwickelung des Wehrsystems verwandt zu werden.

liche Staatseinnahme zu betrachten. er die Flottenbudgets seien zum Theil bereits Dispositionen getroffen;

es sei nur eine Summe von 50,000 Rdl. vorhanden, welche möglicherweise dem diesjährigen Finanzgesetz als Einnahme zu⸗

geführt werden könne. Vergrößerte Einnahmen wären daher

nothwendig und die von der Regierung in Vorschlag gebrach⸗ V

ten Steuererhöhungen seien in Wirklichkeit nicht so bedeutend.

Dänemark. Kopenhagen, 16. Februar. Im Folke⸗ thing wurde gestern die zweite Behandlung des Staatsbudgets

(§§. 12— 18, die Civilliste, der Reichstag, Staatsschulden, Pen⸗- 1“

sionen ꝛc.) vorgenommen.

Amerika. San⸗Francisco, 17. Februar. Die Session der Legislatur von British Columbia ist gestern eröffnet wor⸗ den. Der Gouverneur Musgrave war nicht zugegen; in seiner Adresse, welche verlesen wurde, empfahl er den Anschluß des

Staates an die kanadische Konföderation. In mehreren Theilen Kaliforniens sind heute Erdbeben verspürt worden, die jedoch nur geringen Schaden anrichteten.

Präsidenten Juarez sich unter dem Kommando des Generals Escobedo am 7. d. M. auf dem Rückzuge nach Guanajuato befanden, da die Insurgenten in stets wachsender Zahl gegen sie vorrückten. 8

Aus dem Wolff'schen Telegraphen⸗Bureau.

München, Montag, 21. Februar, Mittags. Die Meldung hiesiger Blätter, daß das Entlassungsgesuch des Fürsten Hohen⸗ lohe nicht angenommen sei, ist unbegründet. Die Lage ist noch unverändert dieselbe.

London, Montag, 21. Februar, Vormittags. Eine von zahlreichen Mitgliedern des Oberhauses besuchte Versammlung

beschloß einstimmig, Lord Derby um Uebernahme der Führer⸗ chaft zu ersuchen. Das Befinden Disraeli's hat sich ge⸗ bessert. Zwanzig irische Mitglieder des Unterhauses haben bereits dem Ministerium in der Vorlage, betreffend die irische Landbill, ihre Unterstützung versprochen.

Reichstags⸗Angelegenheiten.

Berlin, 21. Februar. In der Sitzung des Reichstages des Norddeutschen Bundes antwortete der Präsident des Bundeskanzleramts, Staats⸗Minister Delbrück, auf die Inter⸗ pellation des Abg. Wiggers (Berlin) in Betreff der Zusammen⸗ berufung des mecklenburgischen Landes:

Meine Herren, bei Beantwortung der Interpellation glaube ich unächst, um die rechtliche Lage festzustellen, auf das zurückgehen zu müssen, was, wie der Herr Abgeordnete für Berlin schon bemerkt hat, in der siebenten Sitzung des Reichstages von 1868 vorkam Bei Ge⸗ legenheit des von ihm erwähnten Antrages wurde von dem Herrn Bundeskanzler das volle Einverständniß mit der Tendenz dieses An⸗ trages ausgesprochen, zugleich aber bemerkt:

Ich heiße den Antrag lebhaft willkommen und erkläre mich sehr gern bereit, dahin zu wirken. Ob dies allseitig mit Erfolg der Fall sein wird, dafüͤr kann ich nicht bürgen. Ich hoffe es; indessen bin ich nicht berechtigt, die Freiheit der Bundesregierungen hierin zu beschränken.

Die Polizei den Mauern V

Erwägung dem Bundeskanzleramte entgegen: 7 88 2 3 8 8 —2 8 2 2 sicht auf den eingetretenen Kollisionsfall eine weitere Vertagung statt⸗

3 Ostern noch zusammen sein wird, darüber wird Nachrichten aus Mexiko melden, daß die Truppen des

Hiermit ist die rechtliche Lage, in welcher sich das Präsidium zu vorliegenden Frage befindet, bezeichnet.

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Als der Reichstag berufen wurde und gleichzeitig bekannt war, daß der mecklenburgische Landtag am 15. d. M. sich wieder versam⸗ meln solle, würde es dem Präsidium nahe gelegen haben, die Frage in Erwägung zu ziehen, ob nicht bei der mecklenburgischen Regierung Schritte zu thun seien, um diese Kollision zu verhindern. Die meck⸗ lenburgische Regierung kam indessen ihrerseits demjenigen, was von Seiten des Bundeskanzleramts etwa hätte geschehen können, zuvor, indem sie unaufgefordert sich über die Gründe aussprach, welche es ihr zu ihrem lebhaften Bedauern! nicht gestatteten, den ein—⸗ mal festgesetzten Termin, für den Wiederzusammentritt des Landtages, zu ändern,

Historisch hat sich die Sache folgendermaßen entwickelt: der meck⸗ lenburgische Landtag wird in der Regel in der zweiten Hälfte des November berufen; er ist im vorigen Jahre mit Rücksicht auf die er⸗ heblichen Aufgaben, die ihm oblagen, in der ersten Hälfte des No⸗ vember berufen, also früher wie sonst. Es ist sonst, soviel ich weiß, in Mecklenburg die Regel, daß der Landtag gegen Weihnachten ge⸗ schlossen werden kann. Das war im vorigen Jahre nicht der Fall. Es hatte eine Verständigung zwischen den Großherzoglichen Regierun⸗ gen und dem Landtage über die wesentlichsten, dem Landtage vorge⸗ legten Propositionen bis gegen Weihnachten nicht stattgefunden, und es wurde deshalb nöthig, den Landtag auf Anfang Ja⸗ nuar zu vertagen. Der Landtag trat darauf Anfang Januar wieder zusammen. Es wurde ihm von der Großherzoglich mecklenburg⸗schwerinschen Regierung eine neue Proposition vorgelegt. Der Landtag war der Meinung, daß es vor dem, auch von dem Herrn Interpellanten erwähnten Antonitermine nicht möglich sein würde, die Sache zum Abschluß zu bringen, und er beantragte seiner⸗ seits die Vertagung. Die Großherzoglichen Kommissarien lehnten anfangs diesen Antrag ab, da sie sich aber überzeugen mußten, daß es in der That nicht möglich sein würde, die Sache vor dem Antoni⸗ termine zu erledigen, so blieb für die Regierungen nichts Anderes übrig, als in die Vertagung zu willigen und zwar zunächft bis zum 11. Februar. Es hat nachher eine weitere Vertagung bis zum 15. Februar stattgefunden. Alles dies ist geschehen, bevor den Großherzoglichen Regierungen be⸗ kannt war, daß der Reichstag am 14. Februar zusammentreten würde, es ist also geschehen im vollsten guten Glauben. Denn wenn auch die Großherzoglichen Regierungen von der Ansicht ausgehen konnten, daß in diesem Jahre der Reichstag früher berufen werden würde, als im vorigen, mit Rücksicht auf die im Schoße des Reichstages hervor⸗ getretenen Wünsche, so waren sie doch in keiner Weise unterrichtet und konnten auch nicht unterrichtet sein über den Termin, an welchem die Die Großherzoglichen Regierungen hatten

vorgelegt, und kamen mit

sich nun selbst die dieser

ist es zulässig, mit Rück⸗

Frage

finden zu lassen? Sie haben es ihrerseits nicht für zulässig erachtet, und zwar hauptsächlich deshalb, weil ein Theil der Landeseinnahmen nur bewilligt ist bis Ostern, und weil es im Interesse des Landes liegt, diese Bewilligung von Ostern ferner verlängern und sonstige finanzielle Vorlagen erledigen zu lassen. Daß der Reichstag bis kein Zweifel ob⸗ für die Großherzoglichen und unter diesen Umständen

walten können und konnte auch Regierungen kein Zweifel obwalten; glaubten sie, daß es richtiger wäre, es bei dem einmal festgesetzten Ter⸗ min für die Wiedereinberufung des Landtages zu belassen, als diesen Termin zu verschieben auf eine Zeit, wo doch ohnehin der Reichstag zusammen sein würde und wo doch die Kollision nicht zu vermeiden gewesen wäre. Von Seiten des Bundeskanzler⸗Amtes konnte bei vollem Einverständniß mit den Herzoglichen Regierungen darüber, daß diese Kollision sehr bedauerlich sei, doch unter den vorliegenden Um⸗ ständen nicht darauf gedrungen werden, diese Kollision durch eine weitere Vertagung zu beseitigen. Es kam dabei noch eine Er—⸗ wägung in Betracht. Der Herr Interpellant hat bereits

hervorgehoben, daß von den sieben den Großherzogthümern angehöri⸗

gen Mitgliedern des Reichstags drei nicht Mitglieder des Mecklen⸗

burgischen Landtages sind. Es bleiben also vier übrig, oder vielmehr

zu der Zeit als die Erwägung stattfand, drei; denn die Wahl des

vierten, wie die Herren aus dem Munde des Herrn Präsidenten vor⸗

hin bei Eröffnung der Sitzung gehört haben, hat erst soeben stattge⸗

funden. Die anderen Mitglieder gehören dem mecklenburgischen

Landtag an. Nun beweist der Augenschein, daß die Kollision uns

bis jetzt nicht geschadet hat: zwei von den Herren, die dem mecklen- burgischen Landtage angehören, sind in unserer Mitte, derdritte ist, wie den

Herren erinnerlich sein wird, schwer krank, und kann also weder auf

dem mecklenburgischen Landtage, noch auf dem Reichstage anwesend

sein; der vierte ist eben erst gewählt. Ich habe daran nur noch eine

Bemerkung zu knüpfen. Der Herr Interpellant hat darauf aufmerk⸗

sam gemacht, daß dieses vierte Mitglied sich selbst das Erscheinen un⸗

möglich gemacht hatte, indem es die Stellung als Großherzoglicher

Kommissar beim Landtag angenommen hat. Ich habe nun faktisch

darauf hinzuweisen, daß dieses Mitglied, wie soeben proklamirt worden,

erst jetzt in den Reichstag gewählt ist, und daß dieses Mitglied zum

Landtagskommissarius ernannt wurde, als es noch nicht Mitglied des

Reichstags war.

Ich kann schließlich bemerken, daß die Großherzoglichen Regierun⸗ gen die bestimmte Absicht ausgesprochen haben, mit allen Mitteln dahin zu wirken, die Berathungen des mecklenburgischen Landtags möglichst zu beschleunigen und zugleich die Ueberzeugung ausgesprochen haben, daß ihnen diese Beschleunigung gelingen werde.

Die Diskussion über den Vertrag zwischen dem Nord⸗ deutschen Bunde und dem Großherzogthum Baden wegen wechselseitiger Gewährung der Rechtshülfe leitete der Bundes⸗ Kommissar Präsident Dr. Pape durch folgenden Vortrag ein:

Meine Herren! Als i vorigen Jahre das Gesetz über die

Gewährung der Rechtshülfe berathen wurde, machte sich die Auf⸗ fassung geltend, es sei angemessen, in Beziehung auf die Rechts⸗ hülfe, welche die Staaten des Nordbundes den süddeutschen Staaten und umgekehrt zu leisten haben, durch Errichtung von Verträgen zwi⸗ chen dem Norddeutschen Bunde und den süddeutschen Regierungen die Gewährung der Rechtshülfe in ähnlichem Umfange zu sichern, wie dies für den Norddeutschen Bund durch jenes Gesetz zu erreichen be⸗ zweckt war. Das Hohe Haus hat in der Sitzung vom 2. Juni v. J. einen dieser Ansicht entsprecher en Entschluß gefaßt, nachdem erklärt worden war, daß das Bundes⸗Pcäsidium, dieselbe Auffassung theilend, den Abschluß solcher Verträge bereits ins Auge gefaßt habe. Es wird dem Hohen Hause sicherlich zur Befriedigung gereichen, daß schon jetzt nach Verlauf weniger Monate mit der Regierung des Großherzogthums Baden ein Vertrag über die Gewährung der Rechtshülfe zum Ab⸗ schluß gelangt ist; die Befriedigung wird eine um so größere sein, als der Inhalt des Vertrages allen Erwartungen entspricht, welche da⸗ mals gehegt worden sind. Der Vertrag schließt sich aufs engste den im Eingang erwähnten Gesetze an, dessen Bestimmungen er mit geringen Fassungsänderungen fast vollständig reproduzirt. Es wird noch in Erinnerung sein, auf welchen Grundsätzen das Bundesgesetz über die Gewährung der Rechtshülfe beruht, und welcher hohe Gewinn von der Durchführung dieser Grundsätze sowohl im Interesse der Be⸗ festigung und Sicherung der Rechtsordnung als im Interesse der natio⸗ nalen Einigung erwartet werden kann. Ich glaube daher auch nicht nöthig zu haben, die Gründe näher zu entwickeln, welche der Genehmigung des Vertrages so entschieden das Wort reden. Es sei mir nur ge⸗ stattet, auf die einzige wesentliche Abweichung des Vertrages von dem Gesetz hinzuweisen.

Vertrag und Gäsetz bestimmen übereinstimmend in Bezug auf

die Rechtshülfe in Strafsachen: wenn in dem einen Staate eine straf⸗ bare Handlung verübt worden ist, so ist der Angeschuldigte zur straf⸗ gerichtlichen Verfolgung oder zur Strafvollstreckung von dem anderen Staate auszuliefern; das Gesetz fügt hinzu, die Verpflichtung zur Auslieferung bestehe auch dann, wenn der Angeschuldigte ein Ange⸗ höriger des requirirten Staates sei. G“

Meine Herren, es wird noch im Gedächtniß sein, daß die Aus⸗ dehnung des Auslieferungsprinzips auf eigene Staatsangehörige den Anschauungen nicht entspricht, welche bisher im internationalen Ver⸗ kehr die vorherrschenden geblieben sind, indem im internationalen Verkehr bis in die gegenwärtige Zeit regelmäßig der Grundsatz be⸗ folgt wird: der eigene Staatsangehörige wird nicht aus⸗ geliefert. Die Ausdehnung der Auslieferungspflicht auf die eigenen Staatsangehörigen ist bei der Berathung des Gesetzes nicht ohne Widerspruch geblieben, und wenn sie gleichwohl gebilligt worden ist, so ist dies einzig und allein in Rücksicht auf das enge Band geschehen, welches die Staaten des Nordbundes umschließt. Sie hat in dem vorliegenden Vertrage keine Aufnahme finden können, weil der sie bedingende Grund nicht oder weyiastens nur in be⸗ schränktem Maße zutrifft. Anderseits sind ie in den Vertrag Bestimmungen aufgenommen, welche hinreichen vähr bieten, daß die Nichtaufnahme der betreffenden Bestimmun, azutraͤglichkeiten irgend einer Art nicht führen kann.

Ich habe Sie zu bitten, meine Herren, dem Vertrage Ihre Ge⸗ nehmigung zu ertheilen.

Die Berathung über den Gesetzentwurf, betreffend die Eheschließung und die Beurkundung des Personenstandes evan⸗ gelischer Bundesangehöriger in außer⸗europäischen Ländern, leitete der Bundes Kommissar Präsident Dr. Pape wie folgt, ein:

Meine Herren! Das Bundesgesetz, betreffend die Organisation der Bundeskonsulate, sowie die Amtsrechte und Pflichten der Bundes⸗ konsuln, vom 8. November 1867 bestimmt im §. 13 wörtlich wie folgt:

Die Befugniß der Konsuln zu Eheschließungen und zur Beurkundung der Heirathen, Geburten und Sterbefälle der Bundesangehörigen bestimmt sich bis zum Erlaß eines diese Befugniß regelnden Bundes⸗ gesetzes nach den Landesgesetzen der einzelnen Bundesstaaten. Wenn nach den Landesgesetzen die Befugniß von einer besonderen Er⸗ mächtigung abhängig ist, so wird die letztere von dem Bundes⸗ kanzler Antrag der Landesregierung ertheilt. ““

Durch diese Bestimmung sind den Bundeskonsuln die Verrich⸗ tungen von Civilstandsbeamten für die Bundesangehörigen nur in sehr beschränkter Weise eingeräumt. Die Beschränkung besteht darin, daß den Bundeskonsuln die erwähnten Funktionen nur für die An⸗ gehörigen derjenigen Bundesstaaten zustehen, in welchen durch Landes⸗ gesetze die Konsuln mit den betreffenden Befugnissen bekleidet sind, so zwar, daß auch Maß und Umfang der letztern sich nach den Landes⸗ gesetzen bestimmt. Es giebt zwei Bundesstaaten, in welchen solche Landesgesetze erlassen sind, Hamburg und Preußen; die einschlagenden Gesetze haben aber einen abweichenden Inhalt. In Hamburg, dessen Gesetzgebung den Grundsatz der Feststellung der Civilstands⸗Akte durch bürgerliche Beamte allgemein durchgeführt hat, sind auch die Konsuln zu Civilstands⸗ Beamte unbeschränkt berufen. In Preußen ist den Konsuln durch

das Gesetz vom 3. April 1854 eine ähnliche Kompetenz nur unter folgenden Beschränkungen beigelegt: das Gesetz bezieht sich erstens nur

auf evangelische Christen; zweitens ist die Kompetenz nur denjenigen Konsuln zugestanden, welche in außereuropäischen Ländern residiren; die Kompetenz ist drittens noch an die Beschränkung geknüpft, daß bei dem Mangel evengelischer Geistlicher die Möglichkeit fehlt, einen solchen um die Ausübung seines kirchlichen Berufes anzugehen. Es soll jedoch der Norhstand um mich dieses Ausdrucks zu bedienen nicht im konkreten oder einzelnen Falle ermittelt, sondern von dem Minister der auswärtigen Angelegenheiten für die einzelnen Konsulats⸗ bezirke geprüft und festgestellt werden, so daß, wenn er einmal für einen bestimmten Bezirk anerkannt ist, der Konsul des betreffenden

zi im einzelnen Falle zu einer Prüfu icht mehr berufen ist

V

Meine Herren! Der Grund, auf welchem diese Beschrän⸗ kungen beruhen, braucht kaum angedeutet zu werden. Weil in Preußen der Grundsatz der Feststellung der Civilstandsakte durch bürgerliche Beamte nur ausnahmsweise, nämlich nicht für die Ange⸗ hörigen der großen christlichen Kirchen gilt, wurde es für nothwendig erachtet, dieses Prinzip auch in den Konsulatsbezirken nur für Noth⸗ fälle zuzulassen, weil ferner solche Nothfälle bisher sich nur in außer⸗ europäischen Ländern, und auch nur bei evangelichen Christen heraus⸗ gestellt hatten, und weil außerdem bei den andern Glaubensverwand⸗ ten zum großen Theile wegen der, das Gewissen bindenden religiösen Grundsätze doch nicht zu helfen war, ergab sich die Nothwendigkeit zu den einzelnen mitgetheilten Beschränkungen. Der Zustand, wie er gegenwärtig bestehet, befriedigt keineswegs, er ist mit manchen Uebel⸗ ständen verbunden, welche dringend der Abhülfe bedürfen.

In andern Bundesstaaten sind, wie schon erwähnt, ähnliche Ge⸗ setze nicht erlassen worden. Von Hamburg abgesehen, ist also nur für preußische Staatsangehörige gesorgt. Darin liegt nun schon insofern ein Uebelstand, als ein gesetzlicher Schutz, welcher im Auslande ver⸗ fassungsmäßig allen Bundesangehörigen gebührt, nur auf gewisse Bundesangehörige beschränkt ist, während die Verhältnisse derartig sind, daß der zu beseitigende Nothstand auch bei Angehörigen anderer Bundesstaaten sich zutragen kann. In der That haben sich mehrere Fälle ereignet, in welchen die Angehoͤrigen anderer Bundesstaaten in große Bedrängniß gerathen sind, aus welcher sie sich nur dadurch haben befreien können, daß sie sich in den preußischen Staatsverband haben aufnehmen lassen. Der Uebelstand, meine Herren, wird aber dadurch noch erheblich verschärft, daß es in einzelnen Fällen zweifel⸗ haft sein kann, ob ein Bundesangehöriger Angehöriger dieses oder jenes Bundesstaates sei, daß hierdurch den Konsuln die Ausübung ihres Berufs erschwert wird, daß die Konsuln in Verlegenheiten ge⸗ rathen, ja daß Mißgriffe geschehen können, aus welchen für die Bethei⸗ ligten schwere, mitunter ganz unersetzliche Nachtheile zu entstehen drohen. Der vorliegende Gesetzentwurf soll nun den erwähnten Uebel⸗ ständen abhelfen. Er beschränkt sich darauf, das preußische Gesetz vom Jahre 1854 auf die Angehörigen der übrigen Bundesstaa⸗ ten für anwendbar zu erklären, das preußische Gesetz, wie man sich ausdrücken kann, zum Bundesgesetz zu erheben. Es ist für räthlich erachtet, sich innerhalb der Schranken des preußischen Gesetzes zu halten. Ueber diese Schranken hinaus zu treten, ist aus denselben Gründen bedenklich, welche im Jahre 1854 für die preußische Gesetzgebung leitend gewesen sind; es wird um so bedenklicher, als in einigen Bundes⸗ staaten der Grundsatz der Feststellung der Civilstandsakte durch bürger⸗ liche Beamte vollständig unbekannt ist und selbst nicht für Aus⸗ nahms⸗ oder Nothfälle gilt. Nur darin weicht der Gesetzent⸗ wurf wesentlich von dem Preußischen ab, daß im §. 13 die Be⸗ stimmung aufgenommen ist, daß es den Landesgesetzen überlassen bleibe, den Konsuln ausgedehntere Kompetenzen in der fraglichen Rücksicht beizulegen; zugleich ist vorgeschrieben, daß, in soweit den Konsuln derartige ausgedehntere Kompetenzen in den Landesgesetzen bereits beigelegt seien, es bei diesen Bestimmungen sein Be⸗ wenden habe. Durch die in §. 13 enthaltenen Bestimmungen wird nicht allein dem partikularen Rechte der Einzelstaaten gebührend Rech⸗ nung getragen, sondern es erledigen sich dadurch auch die Bedenken, welche sich gegen die Beschränkungen des preußischen Gesetzes geltend machen lassen. ☚½

Bei der Diskussion entgegnete der genannte Bundes⸗ kommissar dem Abg. Dr. Becker und anderen Abgeordneten, welche die Verweisung des Entwurfs an eine Kommission befür⸗ worteten: 1—

Meine Herren! Ich bitte, doch einer sorgfältigen Prüfung zu

unterziehen, ob es möͤglich sein wird, über Nothfälle hinauszugehen, so lange das bürgerliche Recht der meisten Bundesstaaten das Prinzip der Beurkundung und Feststellung der Civilstandsakte durch bürgerliche Beamte überhaupt nicht oder nur für Ausnahmefälle anerkennt. Die Ausdehnung kann doch nur zulässig sein, soweit, wie z. B. im Gebiet des rheinischen Rechts, das gedachte Prinzip einmal allgemeine An⸗ erkennung gefunden hat. Dehnen Sie das Gesetz über die Nothfälle aus, so bringen Sie die größte Disharmonie in das im größten Theil des Inlandes geltende bürgerliche Recht. Ich bitte, wohl zu beachten, daß gerade in Hamburg, wie ich glaube in meinen einleiten⸗ den Worten bereits betont zu haben, das Prinzip der Feststellung der Civilstands⸗Akte durch bürgerliche Beamte allgemein durchgeführt ist, und daß die Bestimmungen des Hamburgischen Gesetzes sich G die allgemeine Geltung dieses Prinzips anlehnen oder dieselbe zur Vor⸗ aussetzung haben. Soll das Gesetz aber auf Nothfälle beschränkt bleiben, so müssen Sie sich die Frage vorlegen, und in der Bezie⸗ ziehung ist Ihr Urtheil ja völlig frei —, unter welchen Voraus⸗ setzungen kann ein Nothfall anerkannt werden? Ich glaube dem Herrn Dr. Becker doch erwidern zu müssen, daß wenn man das Gesetz auch auf andere als evangelische Christen ausdehnt, die Frage sich erheben wird, ob denn die anderen Glaubensgenossen von dem Gesetz Gebrauch machen können, ohne mit ihren religiösen Grund⸗ sätzen in Konflikt zu gerathen? Glauben Sie denn, daß, wenn bisher kein praktisches Bedürfniß sich fühlbar gemacht hat, auch für die an⸗ deren Glaubensgenossen zu sorgen, dies nicht mit jener Frage im Zu⸗ sammenhange stehe? Unter keinen Umständen darf man auf die Erfahrungen verweisen, welche gemacht sind, wenn im Inlande die sogenannte obligatorische Civilehe eingeführt ist. Das Letztere geschieht unter Umständen, bei welchen es den betreffen⸗ den Glaubensangehörigen nicht verwehrt ist, auch den Anforderungen ihres Gewissens zu genügen, sich bürgerlich und außerdem kirchlich trauen zu lassen; wohingegen das vorliegende Gesetz gerade für Fälle berechnet ist, in welchen die kirchliche Trauung auf Hindernisse stößt.

Dann möchte ich noch bemerken, daß der Abg. v. Sybel einen

üudpunkt einnimmt, den ich für unhaltbar erachte. Wenn Sie