1870 / 239 p. 2 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

.““ 5 würde, Se. Maj. den König in seiner Mitte empfan⸗ gen zu dürfen. Von 10 Uhr an versammelten sich das Offizier⸗Corps und alle übrigen Mitglieder des Haupt⸗ quartiers um den Kronprinzen auf der ziemlich breiten Straße „de Velaine«, in der sich die Wohnung Sr. Königl. Hoheit be⸗ findet, und die durch ein Thor in die Chaussee auf Bar⸗le⸗Duc ausmündet. Die Offiziere nahmen die Seiten der Straße ein, während der mittlere Raum für den Durchzug der bayerischen Soldaten freiblieb. Während die Truppen vor dem Ober⸗ Befehshaber der II. Armee vorüberdefilirten, erschollen mehr⸗ fach laute Hurrahs aus ihren Reihen., Unter den höheren Offizieren, die dem Kronprinzen Meldungen überbrachten, be⸗ merkte man den bayerischen General Tausch, der noch von der Verwundung bei dem Attentat in München den Arm in der Binde trägt und von Sr. Königlichen Hoheit auf das Freundlichste begrüßt wurde. Als gegen 12 Uhr ein Theil der reitenden Stabswache des Königlichen Hauptquartiers, die bekanntlich aus je einem Mann von den verschiedenen norddeutschen Kavallerie⸗Regimentern seinschließlich der braunschweigischen Division) zusammengesetzt ist, sichtbar wurde, glaubte man die Ankunft Sr. Majestät in kurzer Frist erwarten zu dürfen. Eine bayerische Compagnie, die eben vorüberzog, erhielt Befehl, längs der Straße Posto zu fassen, um mit ihrer Fahne und ihrem Tambour⸗Corps zum Ehren⸗Wachtdienst bereit zu sein. Indem auf diese Weise Alles zum Empfange rangirt wurde, auch die Bürger⸗ schaft Ligny's den freien Raum vor den Häusern und alle Etagen derselben besetzt hatte, sprengte Schlag 12 Uhr ein Husar in die Stadt und übergab dem Oberbefehls⸗ aber einen Ordonnanzbrief. Er enthielt die offizielle Nachricht, daß der Feind Chalons geräumt habe. Die Kunde flog sogleich durch das Offiziercorps und verfehlte nicht, die größte Verwun⸗ derung hervorzurufen, obwohl schon seit dem Aufmarsch der deutschen Truppen im Elsaß und durch die Vogesen gewichtige Stimmen sich hatten vernehmen lassen, die es aus taktischen Gründen für wahrscheinlich hielten, daß die französische Armee, wenn sie durch eine Konzentration bei Metz nicht den gewünschten Er⸗ folg erreichen sollte, sich unmittelbar auf die Hauptstadt oder doch in deren Nähe zurückziehen werde. Man debattirte noch auf das Lebhafteste über diesen neuen Entschluß der Franzosen, der auch für die taktischen Entscheidungen auf unserer Seite von Belang sein wird, als die Ankündigung über⸗ bracht wurde, daß Se. Majestät erst um 12 Uhr Commercy, den letzten Aufenthaltsort des großen Hauptquartiers, ver⸗ lassen habe und wegen der Entfernung zwischen dieser Stadt und Ligny (3 ½ Meilen) nicht vor 2 Uhr eintreffen könne.

Die Generalstabs⸗Offiziere aus dem großen Haupt⸗ quartier erreichten Ligny bereits um 1 Uhr; der General Frei⸗ herr v. Moltke hatte eine . Unterredung mit dem General⸗

Lieutenant von Blumenthal. Die Stadt bot, als man sich um 2 Uhr von Neuem zum Empfang des obersten Bundes⸗ feldherrn der deutschen Armeen rüstete, denselben feierlichen Anblick dar, wie Vormittags; die bayerischen Truppenzüge

auerten fort, das Hauptquartier hatte sich vollzählig um den Kronprinzen eingefunden, die Bewohner drängten sich,

m den König von Preußen zu sehen. Von fürst⸗ lichen Personen waren anwesend: der Herzog von Koburg, Prinz Otto von Bayern (Bruder des Königs Ludwig), die Herzöge Wilhelm und Eugen von Württemberg, der Erb⸗ prinz von Hohenzollern, der Erbgroßherzog von Weimar, der Erb⸗ großherzog von Mecklenburg und der Herzog von Augustenburg. Um 2 ½ Uhr passirte der Königliche Zug in Ligny ein; es eskor⸗ tirten ihn an der Tôte einige Dragoner mit gespanntem Kara⸗ biner und die übrigen Mannschaften der berittenen Stabswache. Se. Majestät saßen im vierspännigen Wagen, zu seiner Seite der Chef des Militär⸗Kabinets, General von Tresckow. Von lauten Hurrahs empfangen, fuhren Allerhöchstdieselben bis an das Hauptquartier, wo der Kronprinz seinen erlauchten Vater mit den militärischen Honneurs begrüßte. Man war allgemein erfreut über das rüstige Aussehen des Königs. Mit kräftigem und schnellen Schritt gingen Se. Majestät an der Front der bayerischen Compagnie entlang und ließen sie beim Abmarsch an Sich vorüberziehen. Darauf begrüßte der König den Herzog von Koburg und die übrigen deutschen Fürsten, ließ Sich die Offiziere, namentlich auch die bayerischen, vorstellen, unterhielt Sich mit den meisten von ihnen in gewohnter Leutseligkeit und ver⸗ weilte dann längere Zeit im Gespraͤch mit dem Kronprinzen auf dem freien Raum der Stra e. In der Begleitung Sr. Majestät bemerkte man u. A. Se. Königliche Hoheit den Prinzen Karl, Se. Königliche Hoheit den Großherzog von Sachsen⸗Weimar, den Minister⸗Präsidenten Grafen von Bismarck, die Flügel⸗Adju⸗ tanten Fürsten Radziwill, Grafen von Lehndorff und von Alvensleben, den Geheimen Legations⸗Rath Abeken, General⸗ Arzt Dr. Lauer. Nach eingenommenem Diner verließ der König Ligny gegen 4 Uhr, um si Bar⸗le⸗Duc zu begeben,

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auptquartier Sr. Majestät vorausgeg

wohin das große gangen

ist, während das der III. Armee auch am 25. noch in Lign verweilen wird. 1

Weiter liegen vom Kriegsschauplatz folgende Natz richten

vor:

Busancy, 30.⸗August. (W. T. B.)

Heute bei Beaumont Armee Mac Mahon's von uns n gegriffen, geschlagen und gegen die belgische Grenze zurütt. geworfen. Zeltlager der Franzosen erbeutet; meilenweite Vrr. folgung durch Dunkelheit gehemmt. Zahl der von uns genom. menen Kanonen noch nicht zu übersehen wegen Ausdehnung des Schlachtfeldes. 8

In den letzten Tagen haben wieder bedeutende Truppen⸗ bewegungen stattgefunden. Es galt, wie die »Pr. Corr.⸗ be, merkt, einerseits, die Lücken auszufüllen, welche im Laufe des Krieges in den einzelnen Regimentern auf dem Kriegsschauplate entstanden sind, andererseits neue Truppenkörper für die wei⸗ teren Zwecke der Kriegführung aufzustellen.

Zur Ausfüllung der Lücken in der Armee sind zunaͤch die Ersatz⸗Bataillone und Schwadronen bestimmt, dertn Ausbildung in den Ersatz⸗Depots überall soweit vorgeschritten war, daß die Mannschaften im Laufe der vorigen Woche zu ihren Regimentern abgehen konnten. Die einzelnen Truppen⸗ theile, welche bisher im Kampfe besonders gelitten haben, wer⸗ den hierdurch fast durchweg wieder vollständig ergaänzt werden, In den Ersatz⸗Depots beginnt gleichzeitig die Ausbildung weit⸗ rer Bataillone und Schwadronen.

Außerdem sind als Besatzung für die okkupirten französß⸗ schen Provinzen und zur Theilnahme an der Einschließung von Metz eine Anzahl der schon früher gebildeten Reservecorpz neuerdings nach Frankreich gezogen worden, um in demselben Maße die bisher dort operirenden Armeen für die weiteren Zwecke der Kriegführung verfügbar zu machen.

Das⸗Mil. W.⸗Bl.“ schreibt: Wir erwähnten schon früher, daß die in Metz befindlichen verwundeten gefangenen preußischen Offiziere nach dem 18. ausgewechselt worden wären. Wie die »Kölnische Zeitung« mittheilt, sind auch 734 andere preußische Gefangene aus der Festung geschafft und bei den diesseitigen Vorposten in der Nacht vom 24./25. eingetroffen⸗ Nach ihren Angaben wurde ihre anfängliche Brodration (täͤg. lich 5 Brod) in den letzten Tagen auf ½ Brod reduzirt, wat

mit darauf hindeutet, daß sich in Metz bereits der Mangel an

Lebensmitteln fühlbar macht. Kaarlsruhe, 31. August. (W. T. B.)

Wiie die »Karlsruher Zeitung⸗ meldet, hat sich der Gou⸗ verneur des Elsasses, Graf Bismarck⸗Bohlen, vorläufig in Hagenau installirt, nachdem er vorher mit dem General von Werder in dessen Hauptquartier eine Berathung gehabt hatte.

Französischerseits liegt folgende Mittheilung vor:

Paris, 31. August. (W. T. B.)

Durch Dekret vom 29. d. M. ist General Lamotte Rouge zum Kommandanten der Nationalgarde ernannt worden, an

Stelle des Generals Sonmaine, dessen Entlassung angenommen.

Die Renboficne nie Franrreichs, welche in den letzten Tagen mehr und mehr Kriegsschauplatz zu werden scheint, ist weniger wie die des Ostens durch die Natur, um so mehr aber durch eine Reihe von Festungen gedeckt, welche theils noch der »Zont gegen den Rhein« angehören, theils aber die »Zone gegen Bel⸗ gien« bilden, wiewohl einige derselben lediglich zum Schutz geße einen Angriff von rheinpreußischem oder luxemburgischem Ge⸗ biete aus dienen sollen. Diese letzteren von Thionville bit Givet⸗Charlemont sind es, welche in denjenigen nördlichen Thei⸗ len der Departements der Mosel, der Maas und der Ardennen die Stützpunkte der augenblicklichen Bewegungen Mac Mahons bilden, in welchen die deutschen Heere und Heeres⸗Abtheilungen unter dem General von Steinmetz und dem Kronprinzen von Sachsen die Vereinigung der beiden Marschälle (in Metz und Sédan) zu hintertreiben suchen.

Diese Festungsreihe beginnt bei Thionville an der Mosel verfolgt den Chiers bei Longwy und Montmdy, berührt die Maas bei Sédan und Méözidres, erreicht bei Rocroy den Ardennenwald und endet mit den Festungen Givet⸗ Charlemont zu beiden Seiten der Maas, welche auf dem am meisten vorgeschobenen Punkte im Nordosten Frankreichs und in derjenigen Spitze des Departements der Ardennen liegen, meilenweit in die belgische Provinz Namur hin⸗ einzieht.

znSDie Strecke von Thionville bis Rocroy umfaßt etwa 25 Meilen; die einzelnen Entfernungen betragen ohngefähr deren 6 von Thionville bis Longwy, 5 von Longwy bis Mont⸗ médy, 6 von Montmédy bis Sédan, 3 von Södan bi

1“]

Néziéres und 5 von dort bis Rocroy, von wo Givet⸗Charle⸗ mont 6 Meilen⸗ nördlich liegt; es ist klar, daß, wenn diese simmtlichen Plätze auch nicht durchweg zu den stärksten gehören, dennoch wesentlichen Rückhalt für eine in der Richtung von nen aus auf Verdun und Metz hin operirende Armee bilden. hionville, Longwy und Montmödy gehörten im Frieden zum gereich des 3. Armee⸗Corps Kommandos, dessen Hauptquartier

Nancy war, und zur Militär⸗Division in Metz; die übrigen von Södan bis Givet standen unter dem Kommando des 2 Armee⸗Corps in Lille und lagen im Gebiete der 4. Division halons. Sämmtliche genannten festen Plätze zählen nach der französischen Eintheilung zu den Festungen 1. Klasse.

Thionville ist die nördlichste französische Moselfestung; he beherrscht diesen Fluß, die Eisenbahnlinien nach Metz, Luxem⸗ burg und Longwy und die Straßen nach denselben Orten und ßouzonville. Die Festung ist nicht unbedeutend; sie liegt auf beiden Seiten der Mosel und kann 7— 8000 Mann aufnehmen. Ihre Werke stammen aus mehreren Epochen und gehören theils Pauban, theils Cormontaigne an. Die Hauptform der Festung st ein unregelmäßiges Siebeneck mit Halbmonden und Lünet⸗ in. Die Stadt, welche 7800 Einwohner zählt, hat drei Thore nd innerhalb derselben ein großes Arsenal und ein bedeuten⸗ hes Proviantamt. Die Mosel hat hier eine 127 Metres lange ßrücke mit 5 Bogen.

Longwy beherrscht diejenige Eisenbahnstrecke, welche die inien Luxemburg⸗Arlon und Thionville⸗Sédan mit einander verbindet und ist Knotenpunkt der Straßen nach Thionville, Arlon, Virton und Longuyon. Es liegt am Chiers, einem ichen Nebenfluß der Maas, etwa 1000 Fuß hoch, kaum eine halbe Meile von der belgischen und nur wenig weiter von der ugemburgischen Grenze entfernt und hat 3350 Einwohner. Die estungswerke bilden ein regelmäßiges Sechseck von 2340 Metres mfang mit sechs Bastionen und zwei Kavalieren und können 1000 Mann und 800 Pferde aufnehmen.

Montmoödy ist fast ganz vom Chiers eingeschlossen, der ich bald unterhalb der Stadt nördlich der Maas zuwendet, es seherrscct die Bahnen und Straßen, welche ostwärts nach onguyon und von da nach Longwy und Thionville, west⸗ wärts nach Södan führen. Montmédy hat 2100 Einwohner, pelche in zwei völlig getrennten Theilen der Stadt wohnen: er eine in der Ebene gelegene ist von einer Umwallung mit ti Thoren eingefaßt, welche durch mehrere Bastionen und ünfecckige Thürme verstärkt ist; der andere liegt auf der Höhe nd bildet die Citadelle, die auf einem Felsen gelegen und mit ct Bastionen und einer Mauer umgeben ist. Der vor der⸗ lben liegende Graben wird durch sechs Halbmonde gedeckt, eren bessere noch von Vauban errichtet sind.

Sédan liegt am rechten Ufer der Maas, an der Bahn on Montmédy nach Méziéères und da, wo sich die Straßen sach diesen beiden Plätzen mit der nördlich von Bouillon aus belgien kommenden kreuzen. Es hat 16,000 Einwohner und ist ine shr bedeutende Fabrikstadt. Im Westen von diesen sind iele nasse Gräben und flacher Boden, der im Osten zu Höhen seühig. welche, das vorliegende Terrain weithin beherrschend, ne Annäherung sehr erschweren dürften.

„Nézidres ist einer der wichtigsten Plätze Nord⸗Ost⸗Frank⸗ iichs, in einem Bogen der Maas und auf deren rechtem Ufer lgen, über welche hier eine Brücke von 26 Bogen nach Charle⸗ ile fuüͤhrt. Die Stadt ist der Knotenpunkt der vier Eisenbahnen ach Gvet⸗Charlemont, Hirson⸗Laon, Rethel⸗Reims, Sédan⸗ et, sammelt somit die sämmtlichen Verkehrsstraßen, die Wasser und zu Lande aus diesen Gegenden der Champagne nd Lothringens nach Belgien führen. In Mzidres sind die (Sub⸗Division der 4. Milikär⸗Division (Chälons), eine Artillerie⸗ birektion II. Klasse, die Sous⸗Inspektion der Waffenschmieden s Nordens und die 5. Festungs⸗Division stationirt; außerdem finden sich dort eine Fabrik zur Anfertigung von Marine⸗ ichossen und der Stab von zwei Gensdarmerie⸗Brigaden. Keziéres hat vier Thore, 5600 Einwohner, geräumige Kasernen n Nordosten der Stadt und eine starke Citadelle.

Rocroy ist seit Entstehung der Eisenbahnen ein unwichtig wordener Platz, welcher an der Straße von Rethel liegt, wo tese sich nach Chimay, Couvin und Givet theilt; es hat 3000 nwohner und liegt etwa 1000 Fuß hoch auf einem hügeligen glateau des Ardenner⸗Waldes, unweit der Quellen des schwarzen bassers, das sich bei Révin in die Maas ergießt.

Givet und Charlemont liegen, dieses auf dem rechten, nes auf dem linken Ufer der Maas, unmittelbar bevor die! lbe aus Frankreich nach Belgien, aus dem Departement der thennen in die Provinz Namur tritt. Givet hat 5800 Ein⸗ lahner und umfaßt Groß⸗Givet oder Givet⸗St.⸗Hilaire auf m rechten und Klein⸗Givet oder Givet⸗Notre⸗Dame und Fort harlemont auf dem linken Ufer, beide durch eine steinerne gücke verbunden. Die Festungswerke, theilweise in die Felsen

wird.

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gehöhlt und noch den Zeiten Karls V. enstammend, sind durch Vauban verbessert und vermehrt worden. Fort Charlemont liegt auf einem spitzen Felsen etwa 700 Fuß über der Maas und beberrscht deren Thal bis hart an die Grenze; am Fuße des Becges befindet sich eine Kaserne, welche 5 6000 Mann zu fassen vermag.

In einer durch die Herren Ober⸗Bürgermeister Seydel, Regierungs⸗Rath von Unruh und Dr. Löwe berufenen, am 30. d. M., Abends, im Englischen Hause hierselbst unter dem Vorsitz des Erstgenannten stattgefundenen Versammlung wurde folgender Aufruf nebst Adresse an Se. Majestät den König beschlossen und wird zur Unterzeichnung ausgelegt werden:

8 Aufruf an das deutsche Volk.

Während der bewaffnete Theil des Volkes auf fremdem Boden den uns zugedachten Angriff abwehrt und seinen Siegeslauf mit seinem Herzblut besiegelt, rüstet sich die Diplomatie fremder Mächte, uns im entscheidenden Zeitpunkt die Bedingungen des Friedens auf⸗ zuerlegen. Schon einmal nach den glorreichen Kämpfen von 1813, 14 und 15 ist das deutsche Volk durch fremde Mißgunst um den vollen Lohn seiner Siege, um die Erfüllung seiner heißesten Wünsche betrogen worden. Der besiegte Feind wurde über sein eigenes Er⸗ warten geschont und begünstigt, die deutschen Grenzen blieben ge⸗ fährdet und der erneuten Angriffslust ausgesetzt; statt der Einheit des deutschen Reiches wurde uns die Schwäche des alten Bundes auf⸗ erlegt. Ein halbes Jahrhundert hat Europa im bewaffneten Frieden die Schuld der Diplomatie gebüßt. Während jetzt die gleiche Gefahr droht, darf das deutsche Volk nicht schweigen. Die Welt muß erfahren, daß Herrscher und Volk entschlossen sind, nachzuholen, was 1815 uns vorenthalten worden ist: ein einiges Reich und geschützte Grenzen.

In der nachstehenden Adresse an Se. Majestät den König habe wir den einfachen Ausdruck unserer Gesinnungen niedergelegt. Möge die Unterschriften aus dem gesammten Deutschland darthun, daß wi die Gesinnungen des ganzen Volkes wiedergeben Berlin, den 30. August 1870. .““ Die Adresse lautet:

Allerdurchlauchtigster, Großmächtigster,

Allergnädigster König und Herr!

Um Ew. Majestät und deren Verbündete schaarte Krieg unvermeidlich war, einmüthig die Nation. Sie gelobte treu auszuharren in dem Kampfe für die Sicherheit, Einheit und Größe des deutschen Vaterlandes. Gott hat die Waffen gesegnet, welche für die gerechte Sache mit unübertroffener Tapferkeit geführt werden. Mi Strömen des edelsten Blutes sind die Siege errungen w wartet schnell haben sie dem vorgesteckten Ziele uns nahe gebracht. Gewal tige Anstrengungen stehen noch bevor; das deutsche Volk ist zu jedem Opfer entschlossen, welches den hoͤchsten nationalen Aufgaben gewidmet ist Aber in der Mitte der ernsten und gehobenen Stimmun werden wir beunruhigt durch die immer wiederkehrenden Berichte, * fremde Ein mischung, die doch die Schrecken des Krieges nicht abzuwenden wußte, jetzt bemüht sei, den Preis unserer Kämpfe nach ihrem Ermessen zu begrenzen. Das Andenken an die Vorgänge nach der glorreichen Er⸗ hebung unserer Väter lebt frisch in Unserem Gedächtniß und mahnt Deutschland, daß es die Forderungen seiner Wohlfahrt allein be⸗ rathe. Darum nahen Ew. Majestät wir abermals mit dem Gelöbniß, treu auszuharren, bis es der Weisheit Ew. Majestät gelingt, unter Ausschluß jeder fremden Einmischung Zustände zu schaffen, welche das friedliche Verhalten des Nachbarvolkes besser, als bisher, verbürgen, die Einheit des gesammten deutschen Reiches begründen und gegen jede Anfechtung sicher stellen. In unverbrüchlicher Treue verharren wir ehrfurchtsvoll Ew. Majestät treu gehorsame.

8 Königsberg i. Pr., 31. August. (W. T. B.) An der heutigen Boͤrse beschloß die sehr zahlreich versammelte Kauf⸗ mannschaft einstimmig, eine Adresse an Se. Majestät den König zu richten, welche ähnlich der gestern in der Versamm⸗ lung von Mitgliedern aller. Parteien in Berlin beschlossenen Adresse die Bitte um Fernehaltung jeder fremden Einmischung in die eventuellen Friedensverhandlungen ausspricht.

Belgien. Brüssel, 31. August. (W. T. B.) »Etoile belge« schreibt: Die der Regierung über die Vorgänge an der Grenze zugegangenen Mittheilungen lassen es als rathsam er⸗

.

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sich, als de

scheinen, weitere Streitkräfte nach Philippeville zu senden, wo⸗

selbst der Graf von Flandern sein Hauptquartier aufschlagen

Schweden und Norwegen. Stockholm, 27. August. Von dem gehobenen kleinen Kreditiv hat der König 57,000 Rthlr. zum Anschaffen verschiedener Effekten für die Schiffswerfte in Carlskrona angewiesen; außerdem dürfen und zu der eilfer igen Instandsetzung von 10 Sperrungsflotten vor dem dortigen Kriegshafen 50,000 Rthlr. verwendet werden.

Vereinsthätigkeit für die Armee In Folge des in den letzten Tagen besonders dringend hervor⸗ getretenen Bedürfnisses haben sich auch die das Königliche Schloß be⸗ grenzenden Bezirke vereinigt, um ein Lazareth von ca. 50 Betten be⸗ hufs Aufnahme von Verwundeten der deutschen Armee einzurichten.