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russische Rüstungen für unglaubwürdig gehalten, ebenso ent⸗ behrt die von einem Morgenblatt gebrachte Nachricht, daß der gestrige Ministerrath unter dem Vorsitz des Kaisers sich mit den aus Petersburg eingetroffenen Nachrichten beschäftigt habe, eder Begründung. *☚
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5 Großbritannien und Irland. Lond on, 30. Septbr. In den ministeriellen Aeußerungen über den Krieg hat der Minister des Innern in einer weiteren Rede an seine Wähler einen neuen Beitrag geliefert. Nach einigen einleitenden Bemer⸗ kungen allgemeiner und persönlicher Natur wandte Bruce sich in dieser in Greenock gehaltenen Ansprache der Frage zu, ob England, wie von deutschen Zeitungen behauptet werde, durch sein zeitiges Dazwischentreten den Ausbruch des Krieges hätte verhindern können. Der Minister war der Ansicht, daß man sich mit den übrigen Mächten benehmen und eine bessere Schranke gegen Friedensstörungen in der Folge vereinbaren solle, aber sich zum Richter über die Sache auf eigene Hand aufzuwerfen und ohne vorherige Ankündigung eine neue Politik einzuschla⸗ gen, wäre nach seiner Ansicht für die Regierung eine voreilige und ungerechtfertigte Handlungsweise gewesen, umsomehr als dieselbe aller Wahrscheinlichkeit nach über England sofort einen
Krieg herein gebracht hätte. Bezüglich der Waffenausfuhr, überhaupt der von der diesseitigen Regierung beliebten Auf⸗
fassung neutraler Pflichten machte der Minister die bereits von Lord Granville ausführlicher verfochtenen Grundsätze geltend, daß England einmal nicht mit seinen Neutralitätsgesetzen allein⸗ stehe, sondern sich mit den meisten Ländern auf demselben Bo⸗ den befinde, und daß ferner Preußen im Krimmkriege nach denselben Ideen vorgegangen sei. Uebrigens wollte der Redner die heutigen Bestimmungen in Betreff der Waffenausfuhr kei⸗ neswegs als vollkommen hinstellen, doch war er der Meinung, daß man bei einer Abänderung derselben mit der größten Ueberlegung zu Werke gehen müsse, und bemerkte nebenher, die Ausfuhr von Waffen nach Frankreich koͤnne gegenwärtig kaum schwer ins Gewicht fallen. t
Was den Krieg selbst anbelange, so müsse er sich mit der größten Zurückhaltung äußern. Die Regierung habe vor dem Ausbruche desselben die Ueberzeugung nicht verhehlt, daß keine
inreichende Ursache zum Kriege vorliege, und sie habe, als dessen⸗
ngeachtet der Kampf begonnen, denselben mit der gespann⸗ testen Aufmerksamkeit verfolgt und keine günstige Gelegenheit zur Vermittelung übersehen. Allein bei einer Vermittelung sei
s nothwendig, vorerst darüber zu wachen, daß England nicht n seiner Würde Schaden leide. Letzteres aber werde unfehl⸗
bear geschehen, wenn man zu früh vermitteln wolle. Das Einzige, was man thun könne, und was auch bereits geschehen sei, bestehe darin, daß man bekannt mache, England sei voll⸗ kommen bereit, das Möglichste zu thun, um eine Beilegung dieser Angelegenheit zu erzielen. Ueber diesen Punkt hinaus könne die englische Regierung nicht gehen. Die deutsche Re⸗ gierung erkläre mit Recht, daß Deutschland nur gezwungen den Krieg angenommen und ohne fremde Unterstützung ausgefochten habe. Unter solchen Umständen sei es allerdings auch einzig und allein Sache der Deutschen, zu entscheiden, welche Friedens⸗ bedingungen zu fordern wären.
In einer in Paxlei gehaltenen Rede sprach der Minister ebenfalls vom Kriege. Er bemerkte bei dieser Gelegenheit, es sei im hoͤchsten Grade unbillig, Preußen einer nutzlosen Ver⸗ längerung des Kampfes anzuklagen. Diejenigen, welche mit der Frage bei der Hand seien, warum denn Deutschland sich nicht mit der Abwehr des Angriffes zufrieden gebe, wenn der gegenwärtige Krieg wirklich nur als Vertheidigungskrieg gegen den Angriff geführt werde, könnten ebensowohl fragen, warum ein Hausbesitzer sich nicht begnüge, einen Räuber, der nächt⸗ licherweile bei ihm einbreche, aus seinen vier Pfählen hinaus⸗ zuwerfen. Das natürliche Verlangen eines Jeden in einem solchen Falle gehe dahin, Schritte zu thun, um den Räuber zu hindern, einen nochmaligen Einbruch zu bewerkstelligen.
— 3. Oktober. (W. T. B.) Zuverlässige Nachrichten aus Washington stellen es absolut in Abrede, daß der amerikanische Gesandte in Berlin, Mr. Bancroft, bei seiner Regierung angefragt habe, wie dieselbe es mit einer Intervention in dem deutsch⸗französischen Kriege zu halten ge⸗ denke. Es ist überhaupt seitens Bancroft's keinerlei Anfrage ergangen, welche sich auf die Haltung Ame⸗ rikas den Kriegführenden gegenüber bezieht, und liegt an Bancroft und Washburn nur die eine Instruktion vor,
daß die Vereinigten Staaten lediglich, wenn sie von Frankreich
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und Deutschland gemeinsam aufgefordert würden, ihre gut⸗ Dienste zur Vermittelung zwischen beiden Mächten nicht ah⸗ schlagen würden, daß sie sich aber sonst jeder Einwirkung eng halten müßten. Der etwas laute Ausdruck, den Mr. Wasßh burn seinen Sympathien für die französische Republh gegeben hat, ändert Nichts in der objektiven Haltung der ame rikanischen Regierung, die bestrebt, sich von allen europäischen Fragen fern zu halten, auch auf's Bestimmteste desavouirg daß sie in der orientalischen Frage sich mit Rußland benom⸗ men habe, oder daß auch nur von diesem die Besprechung dieser Frage angeregt sei.
Frankreich. Tours, 3. Oktober. (W. T. B.) Admir
Fourichon hat eine neue Proklamation erlassen, in welche er die Soldaten und Offiziere wiederholt auffordert, eine strenge militärische Disziplin zu beobachten.
— Nachrichten aus Paris vom 30. September melden, daß ein Dekret im Namen der Nationalvertheidigung die R⸗⸗ quisition aller in Paris vorhandenen Vorräthe von Getreide und Mehl mit Ausnahme der für den Hausgebrauch bestimmten anordnet. Die Regierung zeigt ferner an, daß die Gehalte und Pen⸗ sionen sowohl in Paris als auch in den Provinzen regelmäsig weiterbezahlt werden. — In Tours fand eine Ovation zu Ehren des Vertheidigers von Straßburg,⸗General Uhrich, stat, Der Justiz⸗Minister Cremieux und der Maire von Tours hiel⸗ 8 I zur Verherrlichung der tapfern Vertheidigung der Stadt.
— Ueber die Zustände in Lyon schreibt ein Correspondent des »Daily Telegraph« u. A.: Der herrschende Geist ist der frantko⸗ amerikanische General Cluseret, dessen Dienste von der gegen⸗ wärtigen französischen Regierung abgelehnt wurden, ja dem dieselbe Behörde ausdrücklich verboten hatte, nach Lyon zu gehen,
der aber dennoch seinen Weg in diese Stadt gefunden hat undg
nun an der Spitze der Republikaner steht. Sein Stab, oder vielmehr seine Leibwache, besteht aus 60 Personen, welche kürg⸗ lich von den Zwangsarbeiten der Galeeren befreit wurden. Diese bilden mit ein paar verwandten Geistern das sogenannte Comité de salut public. Herr Andrieux, der frühere Präste⸗ dent des besagten Komite's, war entlassen worden, weil er die gegenwärtige Regierung anzuerkennen wünschte. Herr Challe⸗ mel Lacaa, der Präfekt, den dieselben Gewalthaber ernannt, ist nicht nur abgesetzt, sondern auch ins Gefängniß geworfen worden. herrscht, besteht aus einigen 6000 früheren Sträflingen. Die regulären Truppen der Stadt gehören meist zu den Corps,- welche während des jetzigen Feldzuges geschlagen wurden. Ge⸗ neral Cluseret ist jetzt ebensowohl militärischer als politischer Führer in Lyon. Keine Person darf die Stadt verlassen, Kei⸗ ner bekommt ein Eisenbahnbillet ohne einen Erlaubnißschein
des Komite's für das öffentliche Wohl. Die Mobilgarde, über⸗]
drüssig des Geschehenden, hat ihre Waffen niedergelegt und sich geweigert, unter den selbsternannten Gewalthabern zu dienen. Die Arbeiter der Bezirke La Guillotiére und La croix rousse sind die Hauptstützen der rothen Republik. Der wohlausge⸗ stattete öffentliche Schatz, der sich in den Händen des General Cluseret und seiner Freunde befindet, giebt diesen die Mittel, durch reiche Spenden die Arbeiter bei guter Laune zu erhalten. Tausende der Einwohner würden gern den Ort verlassen, wenn sie nur könnten. Kein Haus, keine Stube in der Stadt ist sicher vor einer Heimsuchung durch die Vagabundenpolizei und Niemand kann mit einiger Sicherheit sagen, daß er nicht mor⸗ gen wegen irgend eines vorgeblichen Verbrechens gegen die Majestät des Volkes hinter Schloß und Riegel sitzen
Italien. Florenz, 3. Oktober. (W. T. B.) Nach hier eingetroffenen Nachrichten ist das Resultat des Plebiszits in den römischen Gebieten folgendes: In Rom wurden 40,835 Stim⸗ men mit Ja, 46 mit Nein abgegeben; in Frosinone stimmten sämmtliche 2559 Wähler mit Ja; in Velletri 3156 mit Ja, 11 mit Nein; in Orte waren 644 Wähler erschienen, welche sämmtlich mit Ja stimmten. 8 “
NRNußland und Polen. St. Petersburg, 3. Oktober. (W. T. B.) Thiers wird morgen nach Wien abreisen, gestern war derselbe zur Kaiserlichen Tafel in Zarskoje⸗Selo befohlen.
“ —
Redaction und Rendantur: Schwieger.
Berlin, Druck und Verlag der Königlichen Geheimen Ober⸗Hofbuchdruckerei 7
K. v
22 „q% No. 9 —
Die Polizei der Schreckensregierung, welche Lyon be⸗
3 bas Abonnement beträgt 1 Thlr.
für das Vierteljahr. Insertionspreis für den Raum einer Druckzeile 2 ½ Sgr.
Alle post-Anstalten des In⸗ und Auslandes nehmen Bestellung an, für Gerlin die Erpedition des Konigt Preußischen Staats-Avzeigers:
Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht:
Dem ehemaligen Pfarrer, jetzigen Rektor Jacobs zu Frauweiler im Kreise Berkheim, den Rothen Adler⸗Orden vierter Klasse; dem Vikar Engels zu Mülheim am Rhein den Königlichen Kronen⸗Orden vierter Klasse; sowie dem Steuer⸗ Aufseher Boesel zu Schmolz im Kreise Breslau und dem Schiffs⸗Kapitän Meyerhoff aus Holtermoor, Amts Stick⸗ hausen, Führer des bremischen Fischereikutters »Elbe«, das All⸗ gemeine Ehrenzeichen zu verleihen.
Norddeutscher Bund.
Se. Majestät der König haben im Namen des Nord⸗ deutschen Bundes den Kaufmann N H. Heydemann zum Vize⸗Konsul des Norddeutschen Bundes zu Bradford zu ernen⸗ nen geruht. u“ 1 7 1“
— Peacketverkehr mit England.
VVon jetzt ab können Packete mit und ohne Werthangabe, sowie Geldsendungen in Packetform nach England wiederum wie früher auf dem Wege über Hamburg befördert werden.
Demnach bieten sich für den Postverkehr mit England gegenwärtig folgende Wege dar: 1) über Belgien (Ostende) für Packete ohne Werthangabe und für Packete mit ange⸗ gebenem Werth bis 2666 ¾ Thaler, 2) üvber Hamburg für Packete mit und ohne Werthangabe, und für Geldsendungen in Packetform, 3) über die Niederlande (Rotterdam) für Packete mit und ohne Werthangabe, und für Geldsendungen in Packetform, für Packete mit Werthangabe jedoch nur, wenn dieselben ein Gewicht von mehr als 1 Pfund haben.
Packete ohne Werthangabe und Packete mit angegebenem Werth bis 2666 ⅞ Thaler werden stets dann auf dem Wege über Belgien (Ostende) — als demjenigen, welcher die größte Beschleunigung gewährt — befördert, wenn nicht der Absender die Benutzung eines anderen Weges ausdrücklich verlangt hat. Solche Sendungen, deren Beförderung auf dem Wege über Belgien (Ostende) wegen der vorbezeichneten Beschränkung nicht zulässig ist, werden beim Mangel einer Bestimmung des Ab⸗ senders, daß die Beförderung über Rotterdam geschehen solle, über Ham burg befördert. 1
„Die Beförderung über Rotterdam findet nur auf aus⸗ drückliches Verlangen der Absender statt. Berlin, den 29. September 1870. Seneral⸗Postamt. In Vertretung:
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saninimchenngg—
Spedition der Korrespondenz nach Portugal.
Briefposisendungen nach Portugal können von jetzt ab auf ausdrückliches Verlangen der Absender auch auf dem Wege
über England (Soutbampton) befördert werden. Die Weiter⸗ sendung von Soutbampton findet jeden Sonnabend mit den zwischen Soutbampton und Alexandrien coursirenden Dampf⸗ schiffen der „Peninsular and Oriental Company“ statt, welche in Lissabon anlegen. Gewöbnliche Briefe können unfrankirt oder bis zum Be⸗ stimmungsort frankert abgesandt werden. „Das Gesammtporto beträgt: für fraukirte Briefe nach Portugal 6 ½ Groschen, bezw. 24 Kreuzer pro Loth inkl.,
für unfrankute Briese aus Portugal 11 Groschen, bezw.
ginnende Wintersemester
Rekommandirte Briefe müssen frankirt werden. Für die⸗ selben ist zu entrichten: 8) das Porto wie für gewöhnliche frankirte Briefe, b) eine Rekommandationsgebühr von 5 ¼ Groschen, bezw. 19 Kreuzern. Für Drucksachen und Waarenproben muß das Porto gleichfalls vorausbezahlt werden. Die Taxe beträgt: 9 1 Groschen, bezw. 4 Kreuzer für je 2 6l Loth inkl. Berlin, den 3. Oktober 1870. öävve.*. In Vertretung: Wiebe.
Bekanntmachung.
In Gemäßheit des §. 8 des Gesetzes vom 23.
1887) betreffend die Abhülfe des in den Regierungsbezirken Königsberg und Gumbinnen herrschenden Nothstandes (Gesetz Sammlung Seite 1929), wird hierdurch zur öffentlichen Kennt⸗ niß gebracht, daß von den im §. 1 dieses Gesetzes bezeichneten Darlebnskassenscheinen am 30. September d. J. ein von 2,212,243 Thlr. im Umlauf sich befunden hat.
Berlin, den 3. Oktober 1870.
8 Der Finanz⸗Minister Camphausen.
Wochen⸗Uebersicht chen Bank vom 30. September 1870. 1 Aktiva. 1) Geprägtes Geld und Bacren Thlr. 90,313,000 2) Kassenanweisungen, Privatbanknoten und Darlehnskassenschine „ 3 298,000 Wechselbestände c“ 94 017,000 25,498,000
Lombardbestände.. “
Staatspapiere, verschiedene Forderungen ve 88 Passiva.
6) Banknoten im Umlauf.. 7) Depositenkapitalien. 9 Guthaben der Staatskassen, Institute und Privatpersonen mit Einschluß des Giroverkehrs.. 8 Berlin, den 30. September 1870. Königlich Preußisches Haupt⸗Bank⸗Direktorium. von Dechend. Boese. Rotth. Gallenkamp.
„Bekanntmachung. Die Immatrikulation auf hiesiger Universität findet für das be⸗ 22
22, 25. und 28. Oktober cr., . öe Nachmittags 3 Uhr, 8 im Universitäts⸗Gerichtszimmer statt. 1 Bebhufs derselben haben die Studirenden, welche von einer an- deren Universität kommen, ein vorschriftemäßiges Abgangezeugn ß von jeder fruber besuchten Unnversität nebst dem Schulzeugniß im Originale, diejenigen Jüländer und Angehörigen anderer deutschen Staaten, welche die Studien erst be innen, Zeugnisse der Reife, die Auesländer wenig⸗ steus einen Pas oder sonstige Legitimationspapiere vorzulegen. Indem ich dies hiermit zur allgemeinen Kenatn’ ß bringe, macde
am 19.,
39 Kreuzer pro ½ Unze (1½, Loth) inkl. 48
8
ich diejenigen, welche die Absicht haben, die hasige Unwersität zu be⸗