1870 / 325 p. 2 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

Hauptquartier des Oberkommandos der III. Armee. Versailles, 11. Oktober. Die ernsten historischen Rück⸗ blicke, zu denen der Aufenthalt der deutschen Hauptquartiere in Versallles Veranlassung giebt, erfuhren eine inhaltsvolle Bereicherung, als am letzten Sonntage (9. Oktober) auf Befehl Sr. Königlichen Hoheit des Kronprinzen in der Kirche des Schlosses ö Gottesdienst abgehalten wurde. Die Kirche von Versailles, gewöhnlich »la chapelle“ genannt, die letzte Schöpfung Mansart's, im reichsten Ornamentschmuck des Renaiffancestyls, die Giebel des Schlosses um eine Etage über⸗ ragend, gehört der spätern Epoche Ludwigs XIV. an, der Zeit nach der Aufhebung des Edikts von Nantes. Am Sonntag versammelten sich hier um den Oberbe⸗ fehlshaber der III. Armee mehrere Hundert protestantische Sol⸗ daten zur kirchlichen Andacht. Der Eindruck dieser Versamm⸗ lung wurde noch gehoben durch die Gegenwart einer größeren Anzahl von leichtverwundeten Kriegern, denen ihr Zustand den kurzen Gang aus dem im Schlosse befindlichen Laza⸗ reth erlaubt hatte. Der Chor und die Seitenschiffe waren von den Truppen eingenommen, der übrige Raum blieb für das Offtzier⸗Corps, das den Kronprinzen auf dem Vorhofe des Schlosses erwartete und dann mit Höchstdemselben die Kirche betrat. Die Feier begann mit dem Psalm: »Lobe den Herrn meine Seete«, der von einem Soldatenchor ausgeführt wurde. Es folgte der Gesang der Gemeinde, von Militärmusik begleitet. Die Predigt ent⸗ wickelte den Gedanken, daß die deutsche Armee nicht nur ein Volk in Waffen, sondern auch ein Volk von Gläubigen sei, das in der Strenge religiöser Zucht von früh an die unbe⸗ dingte Hingabe an die Pflicht erlerne, jenen Gehorfam der Treue, der den Vorzug und die Stärke des deutschen Heeres bilde. Im Laufe des gestrigen Vormittags war die feindliche Ka⸗ nonade besonders stark aus dem Fort Valérien, wo eine Batterie, die bisher geschwiegen hatte, zum erstenmale versucht wurde. Die Geschosse waren auf St. Cloud gerichtet. Sie verfehlten jede Wirkung auf unsere Befestigungen und Vorposten, schlugen dagegen in das Schloß selber ein. Eine Granate traf in das Schlafzimmer Napoleons III. und krepirte dafelbst. Die beiden im Zimmer sich gegenüberstehenden Spiegel wurden vollständig in Trümmern geschlagen, die Wände zerrissen. Es muß be⸗ sonders konstatirt werden, daß diese erste Vernichtung baulicher

3 Dentmäler vDn ven Franzosen selber ausgegangen ist übhrigens von der Dichtigkeit des französischen Beireg Vorstellung zu geben, mag angeführt werden, daß allein in Choisy le Roi vorgestern einige sechszig, gestern bis Mittag über vierzig Granaten aufgelesen wurden, die aus dem Fort Vitry und den Schanzen bei Villejuif herübergesandt waren. Im Park von St. Cloud betrug die Zahl der gestern aufge⸗ fundenen Granaten über hundert. Dem gegenüber ist es jeden⸗ 88 68 vls für 9 biegeeige Vorsicht, daß die Zahl der Verwundungen bei unseren Truppen sich auf ein t Maß beschränkt. pen lig Bf sehs gerihoes Die Eröffnung des Loiregebietes, für die gegenwärtig die Armee des Kronprinzen von Preußen einen Theil ihrer Kraft einsetzt, hat, wie nach den zuletzt gemeldeten Begebenheiten vor⸗ auszusehen war, den günstigsten Fortgang gehabt. Nach der Affaire von Angerville (am 9. Oktober) wo einige »Partisans⸗ den Versuch gemacht, sich in den Häusern zum Einzelnkampf zu stellen, dann aber sich der Gefangenschaft überliefert hatten, konnte der General von der Tann bis Toury vorrücken. Er erhielt hier die Nachricht, daß man auch bei Pithiviers, dem Hauptort 9. 8. Sftohe 88 Fenttf pleat nach Orléans, etwa 40 Kilo⸗ meter von dem letzteren Ort entfernt, ni 1 ire⸗ Armee gefunden habe. sscht ge mehtespotzchfr. Hoigs

Am Abend des 9. hatte man zwar noch Wachtfeuer des

Bagage weg und streckten die Waffen. Die genen war daher sehr bedeutend. Die Verlüste an Todten und Verwundeten betragen bei den Franzosen 200 Ma 8 die unserigen etwa 80. Da die Batterien bei dem . Artenay ohne Succurs gelassen waren, mußten sie ihren Wide stand aufgeben. Der Feind büßte drei Geschütze ein, zwei gege

reußische Kavallerie, eins gegen bayerische Jäger. Aus *

ngaben der Gefangenen war zu entnehmen, daß man sich i Oivision des Generals Raioult gegenüber bekunden daß Führer der feindlichen Kavallerie, die aus drei Regimentern bestand, war General Michel. Von regulären franzosischen Truppen waren außerdem noch 5 Jäger⸗Batailtone (Chasseursi pied) und ein Zuavenregiment im Feuer, sonst Mobilgarde. Es tonnte übrigens festgestellt werden, daß selbst die Linientruppen nur mit großer Unlust sich von Orléans aus gegen die an. greifende deutsche Armee hatten dirigiren lassen. Da die Re⸗ gierungsabtheilung von Tours jedenfalls alles, was sie an ge⸗ schulten Truppen besitzt, gegen Orléans konzentrirt hat, um die Invasion des Loiregebietes zu verhindern, so bleibt kein Zweifel, daß General von der Tann und Prinz Albrecht von Preußen bei Artenay auf den Kern der Vertheidigungs⸗Armee gestoßen sind Nachdem dieselbe zersprengt, ist nicht nur Orléans, sondern auch der Weg nach Tours, dem Sitz der gegenwärtigen Regierung unseren Truppen frei. Darf man den Ausfagen der Gefangenen vom 9. Oktober trauen, so wäre Commandeur der zwischen Tours und Orléans gesammelten Truppenmassen General Faye; außerdem werden noch die Generale Polhez, von der Besaung in Rom, und La Motte Rouge, genannt.

des Telegramm vor: Tours, 15. Oktober. (W. T. B.) Die Regierung veröffentlicht folgende militärische Nachrich⸗

ten veg 14. 8

er Feind hat Beaugency besetzk und steht in schwacher Anzahl in Jargeau und Sully. Es scheint, als richte er 15 Operatonen 8 Sbr86 und Nevers.

ie Besatzung von Neu⸗Breisach hat am ersten Tage des Bombardements einen Verlust von 7 Todten und 219 Ver⸗ wundeten gebabt. 10 Häuser brannten ab. Die Verprovian⸗ tirung des Platzes ist eine reichliche. Der Kommandant ist zu barer,9 Widerhagde enthöblessen. 8 eaugency, adt im Arr. Orléans mit über 50 3 Ml. südwestl. von Orléans an der Loire gelagem 19:eah Stadt mit 5600 Einw. im Arr. Orléans, liegt links an der Loire, gegen 3 Ml. östlich Orlsans. Sully sur Loire, Stadt im Arr. Gien, mit ca. 2500 Einw., an der Lorre, etwa 3 Ml. östlich Jargean, vnhebef e vefdweßl. Gien. [Sully la Cha⸗

orf im Axr. Orléans . 1

e e Fengeang) ns, hat gegen 600 Einw. und liegt

Königsberg, 15. Oktober. (W. T. B.) Das dem Pillauer Leuchtthurm ist seit gestern aSevelg a- das Gleiche wird bei dem Leuchtfeuer auf Brüsterort veranlaßt

werden. 1s Oktober. (W. T. B.)

ie »Börsenhalle« meldet: Bei den verschiedenen Beobach⸗ tungsstationen an der Elbemündung sind 1ccgeeheng Hohah zösischen Schiffe in Sicht gekommen. Ebenso berichten gestern ein⸗ getroffene Kapitäne, daß sie in der Nordsee keine französischen Kriegsschiffe gesehen haben. Ein Verschwinden der französischen Flotte aus der Nordsee ist damit jedoch noch nicht garantirt. Die bisherigen Angaben ‚füber die Stärke des bei Helgoland in Sicht gewesenen französischen Geschwaders variiren zwischen 7 und 10 Schiffen; nach einer weiteren Angabe hätte es sogar aus 16 Fahrzeugen bestanden. Die angebliche

Feindes in jener Richtung gesehen, die aber während der Nacht verschwanden, so daß mit Sicherheit auf agc Rückzug 9 gegenüberstehenden feindlichen Corps geschlossen werden konnte. Die Armee v. d. Tann, das 1. bayerische Corps, die 22. Divi⸗ sion des 11. preußischen und die Kavallerie schickten sich sofort zur weiteren Verfolgung an. Der Feind hatte noch einmal Stellung genommen bei Artenay, 2 ¾ Meile vor Orléans, an der Eisenbahn und der direkten Straße auf Paris gelegen. Auch Patay, westlich von Artenay, war von französischen Truppen besetzt. Das Placement, das der Feind gewählt, bot besonders um Artenay große Vortheile für „2 Vertheidigung. Die flache Niederung der Loire geht hier in einen Kranz von Weinhügeln übtr, deren sich Artillerie und Infanterie zur Deckung bedienen kann. 2 Batterien der Franzosen standen bei Artenay in einer fast unangreifbaren Position und hielten sich tapfer, als die Bayern einen Vorstoß gegen die Front unternahmen. Diese Batterien wurden aber von ihrer Infanterie und Kavallerie, die hinter Artenay standen, nicht genügend unter⸗ stützt. Als unsere Kavallerie und Infanterie diese Truppen flankirten , zogen sie sich schleunigst zurück. Viele warfen ihre

Aussage eines französischen Offiziers, daß die Flotte aus der Ostsee käme und nach Frantreich gehe, 1.se 9 auffällig, wenn nicht überhaupt ein Irrthum vorliegt. Fest steht, daß dle seanost geh chesser rus deutsche Schiffe Jagd machen, ufbringung der Hambur Cambridge« bestätigt sich. ger Brigg „Herzog von De, bhen „15. Seehg. (W. T. B.) er heute in Bremerhafen eingetroffene Dampfer des norddeutschen Lloyd »„Frankfurt« berichtet, daß er veabe Nacht die französische Flotte 10 Meilen nordwestlich von Helgoland üngac g cen, paccst sei. es;. dür. Bremerhafen eingetrof⸗ epesche zufolge wäre die franzöfische ischen Helgoland und Borkum gesehen vorden⸗ lisge, Uögete Bnqäfg

In dem »Marine⸗Verordnungs⸗Blatt⸗ Nr. 9 wird eine Verfügung des Königlichen Marine⸗Ministeriums hinsichts des Besatzungs⸗Etats S. M. Schiffe »Ariadne«, »Albatroß⸗ und »Nautilus« veröffentlicht. S. M. Schiff »Ariadne⸗ und die Schiffe dieser Klasse sind bezüglich der Stärke der Be⸗ satzung und der Kompetenzen unter »A. Schiffe, Rang IV⸗

Zahl der Gefan,

Dorse r.

Französischerseits liegt vom Kriegss chauplat folgen⸗

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Glattdecks⸗Korvetten Victorig und Augusta« des Besatzungs⸗ Etats zu setzen. Die Avisos »Albatroß« und »Nautilus« ge⸗ hören unter: »B. Fabrzeuge, Klasse I.« bezüglich der Kompe⸗ tenzen, und wird die Stärke deren Besatzung auf 90 Mann be⸗

sonders festgesetzt. 1“

Das Mitglied des Reichstags des Norddeutschen Bundes und des Hauses der Abgeordneten, Stadtgerichts⸗Rath a. D. Fwesten, ist vorgestern Abend hierselbst verstorben. 5

Hagenau, 10. Oktober. Die »Amtlichen Nachrichten das General⸗Gouvernement Elsaß« veröffentlichen u. A. nach⸗ stehende Bekanntmachungen: 1

1) des Civil⸗Kommissars im Elsaß, Regierungs⸗Präsidenten v. Kühlwetter: b a) Der Geheime Regierungs⸗Rath von Lessing, welcher durch den Kanzler des Norddeutschen Bundes als Kommissär für die Verwaltung der indirekten Steuern dem General⸗Gouverne⸗ ment zugeordnet worden, ist in gedachter Eigenschaft mit der diesseitigen Behörde unmittelbar zu korrespondiren ermächtigt. Hagenau, den 7. Oktober 1870.

b) Nach einer Mittheilung des Herrn Ober⸗Post⸗Direktors für Elsaß sind zur Herstellung einer Verbindung mit Deutsch⸗ land zwischen Straßburg und Kehl täglich zweimalige, in Kehl

8

mit den Eisenbahnzügen nach und von Frankfurt a. M. re⸗

spektive Berlin in enger Berbindung stehende Postfahrten ein⸗ erichtet, welche aus Straßburg 7 ¾ Uhr Vormittags und 3 Uhr Nachmittags abgehen und in Straßburg 10 ¾ Uhr Vor⸗ nteieee 8 Abends ankommen. Hagenau, den 7. Okto⸗ ber 1870.

2]) Des Ober⸗Post⸗Direktors für das Elsaß, Mießner: 2a) In Folge Allerhöchster Ordre Sr. Majestät des Königs von

Preußen ist für die Verwaltung des Postwesens im Elsaß, umfassend die früheren Departements Ober⸗ und Nieder⸗Rhein, eine deutsche Ober⸗Post⸗Direktion eingerichtet worden, welche zu Straßburg im Elsaß ihren Sitz hat und welcher sämmtliche Post⸗Anstalten des Elsaß untergestellt sind. Straßburg, den 4. Oktober 1870. 1 .

b) Die deutschen Post⸗Anstalten des Elsaß sind ermächtigt, von jetzt ab auch verschlossene Briefe vom Publikum anzu⸗ nehmen.

Nur Briefe nach Frankreich müssen offen zur Post ge⸗ liefert werden. Straßburg, den 6. Oktöoöber 1870. 5

c) Um Seitens der Postverwaltung die Wiederanknüpfung der unterbrochenen Verkehrsbeziehungen möglichst zu föroern, ist angeordnet worden, daß das Postamt zu Straßburg im Elsaß Post⸗Anweisungen (Post⸗Mandate) für das ge⸗ sammte Gebiet der Norddeutschen Bundes und für Bayern, Württemberg und Baden annehme, und die aus diesen Ge⸗

bieten eingehenden Post⸗Anweisungen auszahle.

Die Ausdehnung des Verfahrens auf noch andere Gebiete bleibt vorbehalten. 1 Die Einzahlungen und die Auszahlungen können vorläufig nur in preußischem Gelde (Thalern, Groschen und Pfen⸗ nigen) erfolgen. Es werden Beträge bis zur Höhe von 50 Thalern angenommen. Die Gebühr beträgt für Post⸗Anweisungen nach den be⸗ zeichneten Gebieten 8 bis zur Höhe von 25 Thalern.... 25 Centimen, über 25 Thaler bis 50 Thaler 50 Centimen. Formulare zu Post⸗Anweisungen werden bei dem hiesigen Postamte ausgegeben. Die Formulare sind bereits mit Freimarken zu 25 Cen⸗ timen versehen. Straßburg, den 6. Oktober 1870.

Sachsen. blatt für das

»In Veranlassung der von den deutschen Heeren im Kriege gegen Frankreich erfochtenen glorreichen Siege haben wir beschlossen, eine Erweiterung der Statuten unseres Hausocdens vom 18. Oktober 1815 eintreten zu lassen und verordnen demnach, wie folgt: Die verschie⸗ denen Klassen des Ordens sollen, wenn der Betreffende denselben vor dem Feinde erworben, mit einer Dekoration von zwei kreuzweis über- einanderliegenden Schwertern vergeben werden.⸗

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 15. Oktober. (W. T. B.) Der Herausgeber und Redacteur des hier erscheinenden slavi⸗ schen Organs »Die Zukunft« wurde verhaftet.

Großbritannien und Irland. London, 15. Oktober. (W. T. B.) Der Staatssekretär des Krieges Cardwell sprach

1“ 8 8 Weimar, 13. Oktober. Das »Regierungs⸗ Großherzogthum Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach« ent⸗ hält einen aus Lagny datirten Erlaß des Großherzogs, durch welchen ein Nachtrag zu den Statuten des Großherzoglichen Hausordens der Wachsamkeit oder vom weißen Falken gegeben wird. Dieser Nachtrag lautet:

sich in einer zu Oxford gehaltenen Rede uüͤber die gegenwärtige Lage aus und hob besonders hervor, daß England in dem

“X“

Augenblick, wo sich eine Gelegenheit darbiete, um für den Frie⸗ den zu wirken, dieselbe ergreifen werde; vorher aber würde man nur Oel ins Feuer gießen, wenn man eine Vermittelung versuche, und das sei zu vermeiden.

Frankreich. Aus Paris ist die deutsche Ausgabe der „Corresp. Havas« vom 11. Oktober eingegangen; sie trägt den Stempel „Ballon monté“. Die Erklärung hierzu giebt die folgende Notiz der »Independance belge⸗«: »Ein Ballon mit dem Luftschiffer Fares, der am 12, Morgens um 6 Uhr, von Paris abging, siel um 3 Uhr Nachmittags bei der belgischen Ostbahn, auf dem Territorium der Gemeinde Beclers, zur Erde nieder. Derselbe überbrachte 252 Pfund Briefe und einen Sack telegraphischer Depeschen. Als er uͤber die preußische Linie fuhr, schoß man auf ihn, erreichte ihn aber nicht. Der Luftschiffer war von einer anderen Person begleitet, welche ihren Namen jedoch nicht nannte.⸗

Daß der innere Streit in Paris fortdauert, zeigt fol⸗ gendes Schreiben Rochefort's an Flourens, welches die »Corr Hav.« vom 11. mittheilt: 8

Paris, 9. Oktober. Mein theurer Flourens! Sie bestürmen mich, meine Entlassung als Mitglied der Regierung zu geven. Ich habe die Mission nach langem Ringen angenommen; aber habe ich das Recht, meine Entlssung zu geben? Das ist die Frage. Ich habe die Munizipalwahlen und noch andere Sachen verlangt. Ich bedauere, daß man sie nicht in den ersten Tagen der Republik gemacht hat. Jetzt ist die Kommunen⸗Frage ein Kampfplatz, und wenn ich aus diesem Zwischenfall eine Kabinets⸗ frage gemacht haͤtte, wer sagt Ihnen, daß man zur Stunde zugleich mit den Kanonenschüssen auf den Wällen nicht auch Gewehrschüsse in den Straßen hören würde? Ich bin fast in die undurchdring⸗ lichsten Tiefen meines Sewissens hinabgestiegen und ich kam darauf zurück, indem ich mir sagte, mein Rücktritt könne einen Konflikt hervorrufen, und einen Konflikt hervorrufen, heißt den Preußen eine Bresche öffnen. Deshalb habe ich die Aufschie-

bung der Wahlen unterschrieben. Zöwanzig Jahre lang vertagte uns der Kaiser. Haben wir die Geduld, den Termin bis zur Aufhebug der Belagerunng zu verlängern. Sie werden mir, mein theurer und vortrefflicher Freund, entgegensetzen, ich kapitulire mit meinen Ueberzeugungen; wenn dem so ist, entschuldigen Sie mich, denn ich möchte nicht gezwungen sein, mit dem Feinde zu kapituliren. Unter den jetzigen Umständen wäre eine Entlassung vielleicht das Vor⸗ spiel eines Unglücks. Sie wissen es, der Sie patriotisch die Ihrige zurückgezogen haben. Ich gebiete meinen politischen Instinkten Schweigen; unsere braven Freunde des 1. Bezirks mögen die ihrigen schlummern lassen. Wenn der Augenblick gekommen, d h. wenn der Preuße fortgezogen ist, werden wir uns Alle zu finden wissen. Tausend brüderliche Umarmungen. Henri Rochefort. Dem »Constitutionnel« entnimmt die »Correspondenz Havas« folgendes: »Heute Nachmittag haben einige Individuen versucht, durch den Ruf: »Es lebe die Kommune!« eine neue: Manifestation auf dem Platze des Stadthauses hervorzurufen. Dieser Ruf blieb ohne Echo. Um halb fünf nahm das drei- sehnie Bat aillon der Nationalgarde aus Vorsicht Position auf dem Platze.⸗« 8 Die Regierung der National⸗Vertheidigung hat ein neues Siegel angenommen; die Vorderseite zeigt die Gestalt der »Freiheit« mit der Umschrift: »Im Namen des französischen Volkes«; die Rückseite einen Kranz aus Eichen⸗ und Oelblät-⸗ tern mit einer Korngarbe, in der Mitte des Kranzes sind die Worte gravirt: »Die französische, demokratische, eine und un- theilbare Republik«; die Umschrift lautet: »Freiheit, Gleichheit, Ein von Gambetta unterzeichnetes Dekret ernennt zum Delegirten des Kriegs⸗Ministeriums, dessen Funktionen Ggam- betta selbst übernommen hat, Herrn von Freycinet, Berg. werks Ingenieur und Verwaltungs⸗Direktor der Südbahnen; derselbe wird seine Funktionen innerhalb der vom Minister ihm vorgezeichnen Grenzen ausüben und täglich an den Minister einen Bericht über den Gang der Dinge richten. Herr Baragnon ist seines Amtes als Präfekt der See⸗ alpen (Nizza) enthoben worden. Nach seiner Abberufung wurden, wie aus Nizza vom 12. Oktober gemeldet wird, alle verhafte⸗ ten Nizzarden freigelassen und erhielten die Exilirten Erlaub⸗ niß zur Heimkehr. Die Nationalgarde im Departement der

Seealpen wird reorganisirt, die Gemeindewahlen werden aus⸗ geschrieben werden. 1

Tours, 14. Oktober. (W. T. B.) Die Regierung läßt erklären, daß der Schweizer Bundesrath durch den schweize⸗ rischen Konsul in Lyon die Erklärung habe abgeben lassen, die Schweiz werde sich die ungünstige Lage Frankreichs in Betreff Nord⸗Savoyens nicht zu Nutze machen. 8

Der Regierung ist die Meldung zugegangen, daß Ga⸗- ribaldi gestern- Morgen in Besangon eingetroffen ist. 1

Nach in Brüssel unterm 15. d. Mts. eingegangenen Berichten aus Tours nimmt die dortige Regierung in Folge der Einnahme von Orléans die Verlegung des Regierungs⸗ sitzes nach einer mehr südlich gelegenen Stadt ernstlich in wägung.

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