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gung dieser einzigen, zwischen Großbritannien und Deutschland bestehenden Differenz aus. Die britische Regierung sei auf die deutsche Einheit keineswegs eifersüchtig; sie halte im Gegentheil 85 Früxabung derselben für ein großes und Deutschland wür⸗
iges Ziel. .
8 — Die Admiralität ließ das von den Franzosen gekaperte, englischerseits in Lowestoft angehaltene norddeutsche Schiff »Heinrich⸗- unter der Bedingung frei, daß die französische Be⸗ satzung dasselbe sofort in neutrale Gewässer bringe. ae
Frankreich. In Brüssel, 30. Oktober, eingetroffen Berichte melden aus Tours, ein Dekret der Regierung habe die Errichtung einer Abtheilung des Kassationshofes in Poitiers
ngeordnet. — Cluseret veröffentlicht ein Programm,
etreffend die Organisation der Landesregierung, welches die Eintheilung der Provinzen in einzelne autonome Gruppen empfiehlt. In einem diesem Programm beigefüg⸗ ten Memorandum befürwortet Cluseret die Bildung von Volksversammlungen, in welchen über diese Vorschläge abgestimmt werden solle. — Die »Gazette de France« spricht sich lebhaft gegen die Maßregel aus, durch welche Köratry ein Kredit von 8 Millionen eröffnet wurde. — Die »Patrie⸗ bestätigt, daß sich in der Delegation der Regierung in Tours zwei entgegengesetzte Strömungen bezüglich der Kriegs⸗ und Friedensfrage bemerk⸗ bar machten, Gambetta stehe an der Spitze derjenigen Partei, welche die Fortsetzung des Krieges nach wie vor befürworte. Die »Patrie« betont neuerdings die immer mehr hervortretende Nothwendigkeit der Einberufung der Constituante, damit sich die Regierung auf die Mandatare des Volkes stützen könne.
— Der »Constitutionnel« meldet, daß die Regierung in Tours, »mit Recht über die unbotmäßige Haltung von Lyon aufgebracht«, die Nichtigerklärung eines der wichtigsten Dekrete der revolutionären Verwaltung dieser Stadt verfügt habe, nämlich die Ausschreibung einer Steuer von 85 Centimes von 100 Frs. Kapital mit der Verpflichtung für alle Inhaber von Aktien, Obligationen, Titeln von Renten und anderen Mobiliar⸗ werthen, deren sofortige Deklarirung bei der Behörde zu machen.
— Das »Journal des Debats« schreibt: »Wir begreifen die Polemiker der⸗Patrie en danger« und des »Combat«. Diese sind durch ihre Fruchtbarkeit dem berühmten (jetzt von Paris abwesenden) Publizisten ähnlich, der sich rühmte, täglich eine neue Idee zu haben; das war vielleicht zu wenig gesagt. Was die demagogischen Journalisten betrifft, so bedürfen sie täglich einer Schlacht; die Kämpfe vor Paris und die nächtlichen Ka⸗ nonaden genügen ihnen nicht. Wenn man die Preußen nicht in acht Tagen verjagt und Mainz vor Martin einge⸗ nommen hat, so wird man zum Verräther am Staate. Wenn man aus dem Schoße der Erde keine Armeen hervorsteigen läßt, wie Pompejus seine Legionen, der Cäsar nicht besiegen konnte, so wird man zum Verräther an der Republik. Wenn die Kanonen in unseren Fabriken nicht so schnell gemacht werden, wie Cigarren, so wird man zum Verräͤther an der Nationalehre. Ueberall Verrath! All dieser Lärm der Demagogenpresse würde uns wenig beschäftigen, wenn er nicht ein Echo in gewöhnlich ruhigeren, vernünftigen Blättern finden würde. Diskutirt, tadelt, kritisirt, sagen wir diesen geehrten Journalen: diskutirt die Pläne, tadelt die Handlun en, haltet euch an die Worte und Schriften der Mitglieder der Regierung; aber um Gottes Willen, sucht nicht, an die Stelle der Direktion der nationalen Vertheidigung, welche auf einer gesunden Schätzung unserer praktischen Hülfsquellen beruht und nur mit bedachten Schritten auf dem Gebiete des Möglichen schreitet, sucht nicht an ihre Stelle die Träume eurer Einbildung und die Fiktionen eurer Strategie zu setzen.⸗
— Die durch Luftballon beförderte Pariser »Correspondenz Havas⸗ vom 23. Oktober theilt folgende Depesche Gam⸗
betta's mit: Hr. Gambetta an den Minister des Innern. Die Aushebung
der Mannschaft und die Konstituirung der Armee der Loire werden nit großer Aktivität fortgesetzt. Wir haben alles, was in Algier dis⸗ ponibel war, kommen lassen; man hat dort mehr Artillerie, als man zu haben glaubte, gefunden. Marseille ist ganz zur Ordnung zurück⸗ gekehrt. Der früher so angegriffene Präfekt hat Sonntag eine Revue über 50,000 Nationalgarden passirt, die ihm einen lebhaften Empfang gemacht haben. Der Feind hat Orleans besetzt. Unsere Streitkräfte
sind an der Loire konzentrirt, bedecken Bourges und bereiten sich vor die Offensive zu nehmen. Unsere Truppenbewegungen in der Franche⸗ Comté und den Vogesen und im Westen werden fortgesetzt. Der Commandant Vicior Arago, Neffe des Maire von Paris und Sohn eines höheren Artillerie⸗Offiziers, ist von dem Feinde in einem der Kämpfe vor Orleans getödtet worden.
— Die »France« meldet: »Das Lyceum, welches nach ein⸗ ander Collége Bourbon und Lycée Bonaparte genannt wurde, wird von jetzt an den Namen Lycée Condorcet führen. Ohne von seinem Verdienst als Gelehrter und Schriftsteller zu sprechen, ist Condorcet der Urheber eines Planes der Organisation des
öͤffentlichen Unterrichts, welcher, der Legislative am 20. Oktober 1792 vorgelegt, dem Konvent später zur Umschaffung des na⸗ tionalen Unterrichts diente.⸗« — Der Minister des Innern und des Krieges, Gambetta, hat folgendes Circular erlassen: Tours, 24. Oktober.
General! Es ist wichtig, daß die Soldaten eine tadellose Haltung
haben, und in den Städten sich nicht eine Freiheit in Worten und Handlungen erlauben, welche die Armee in Mißachtung bringen. Man begegnet in den Straßen zu oft lärmenden Millitärs, welche unan⸗ ständige Redensarten fuͤhren; einige, die sogenannten Flüchtlinge von Sedan, erzählen sogar Dinge, welche auf das Publikum einen be⸗ dauernswerthen Eindruck machen. Ich bitte Sie, General, Befehle geben zu wollen, damit die strengste Polizei ausgeübt werde. Jeder herumstreichende Militär muß zu seinem Corps zurückgesandt werden. Was die betrifft, welche sich in trunkenem Zustande befinden, dann die, welche auf irgend eine Weise die Würde der Armee kompromit⸗ tiren, so müssen sie sofort verhaftet und streng bestraft werden. Ich ergreife diese Gelegenheit, um Sie daran zu erinnern, daß einem Dekret vom 20. Oktober 1870 gemäß die Truppen so viel wie möglich in Lager eingeschlossen werden müssen, welche von den Städten ent⸗ fernt liegen. Genehmigen ꝛc.
— Ein Tagesbefehl des Platzkommandanten von Dün⸗ kirchen ist gegen die Mobilgarden gerichtet. Derselbe lautet:
Der General Bourbaki, oberster Kommandant der Region des Nordens, verbietet den Truppen und besonders den Mobilgarden, in Banden und singend in den Straßen zu promeniren. Es ist vom Standpunkte der Disziplin aus bedauernswerth, daß die Männer, auf welche das Land zur Aufrechterhaltung der Ruhe zählt, so das Beispiel zur Unordnung geben, und es ist skandalös, daß im Augen⸗ blick, wo ganz Frankreich in Trauer über die Tapferen ist, welche für seine Vertheidigung gefallen sind, Soldaten Gesänge hören lassen, welche den öffentlichen Schmerz insultiren. Der Oberst und Platz⸗ kommandant, welcher diesen letzten Aufruf an den guten Geist und das patriotische Herz unserer jungen Mobilgarden richtet, ist über⸗ zeugt, daß man auf ihn hören wird. Sollte es anders sein, so wer⸗ den die strengsten Strafen die Aufrechterhaltung der Disziplin sichern.
— Nach dem »Siècle« vom 28. ist die Mehrzahl der De⸗ putirten, welche in Tours waren, um Wahlen zu erwirken, nach den Departements zurückgekehrt, um ihre Erwählung vor⸗ zubereiten; genannt werden die Herren de Talhouöt, Lefévre⸗ Portalis, Lambrecht, Cochery, Grévy, de Barante und Juyot⸗ Montpayroux.
— Der Präfekt Delpech in Marseille macht unterm 26. bekannt, daß die Suspension der »Gazette du Midi« auf⸗ gehört hat.
— Die in Brüssel, 31. Oktober, eingetroffene »Liberté⸗ fordert die Ernennung eines Präsidenten der Republik, um die Unterhandlungen zu erleichtern. Man schreibt der Regierung die Absicht zu, ein neues Anlehen von einer Milliarde zu kon⸗ trahiren. Es wird versichert, die Regierung werde sich zunächst nach Périgueux und im Falle einer neuen Niederlage der Loire⸗Armee nach Clermont begeben.
— Das Journal »Frangçais« veröffentlicht Nachrichten aus Paris: Nach denselben sollen Haussuchungen nach den von den Wohlhabenden angeblich versteckten Lebensmitteln angestellt werden, um dieselben zum allgemeinen Gebrauche zu verwenden. Es hat sich eine Assekuranzgesellschaft gegen den aus dem Bombardement entstehenden Schaden gebildet.
— Thiers hat neuerdings die Uebernahme eines Porte feuilles für so lange abgelehnt, bis die Constituante einberufen sein würde.
— In Dieppe fanden Unordnungen anläßlich der Ein⸗ schiffung von Schlachtvieh statt. Aehnliche Scenen ereigneten sich in St. Malo bei der Einschiffung von Lebensmitteln.
— Der »Courrier de Lyon« vom 26. Oktober veröffe
licht eine Proklamation, die in Uebersetzung, wie folgt, lautet: Französische Republik!
Frreiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit! Polnische Legion E“ DBDogesenarmee! 8 1”
Aufruf an das französische Volk.
Wir bilden eine polnische Legion von 500 Mann. Sie wird sich in eine Schwadron Ulanen und ein Detachement Jäger zu Fuß theilen. Ihre Zahl kann später vermehrt werden.
Die Polen haben sämmtlich Erfahrungen in einem langen und schwierigen Freischaarenkriege. Sie wissen, was es bedeutet, wenn
das Vaterland von Feinden besetzt ist, und ihre Liebe zu Frankreich b
kann von Niemandem bezweifelt werden. Sie sagen uns in ihren Briefen: freundschaft genossen, wir wollen und tönnen jetzt nicht gleichgültig bei dem Kampfe bleiben, den die Republik gegen den Eroberer führt. Frankreich hat nicht das Recht, die Hülfe folgaer Soldaten, solcher Patrioten zurückzuweisen. Was verlangen sie? Waffen, Munition, Ausrüstung, Pferde, um die vessfschen Ulanen, die uns so großen Schaden verursacht haben, ernichten. IJaroslas Dombrowski, früher Mitglied der provisorischen Re⸗
W116“
Wir haben Frankreichs Gast⸗
gierung Polens in den Jahren 1863—64, früher C ef⸗Organisator der nationalen Streitkräfte des Landes, ein Prühen, 81 die Usator des Czaren zum Tode verurtheilte, ein Mann, der aus dem fernsten Sibirien zu entkommen wußte, wird den Oberbefehl über die polnische Legion übernehmen.
„Jaroslas Dombrowski wird in wenig Tagen in Lyon sein, wir dürfen auf ihn rechnen.
Garibaldi, Bosak⸗Hauke, Dombrowski, Castelare, Orense, — solche Namen nennen, heißt das nicht, im Voraus zeigen, daß Recht und Gerechtigkeit auf unserer Seite sind?
Thun wir unsere Schuldigkeit, indem wir diesen tapferen Pa⸗ trioten, die uns ihr Leben weihen, die Mittel liefern, mit uns gegen die Invasion anzukämpfen.
Wir appelliren an den Patriotismus Alller. Uebrigens sind uns bereits in einer großen Anzahl von Departements die Erträge von Sammlungen versprochen worden. Man erfülle diese Zusagen, und die polnische Legion wird sich bald drohend auf die Barbarenhorden des Königs Wilhelm stürzen.
Es lebe die Republik!
Lyon, 20. Oktober 1870.
Das Central⸗Organisations⸗Komite der franzoͤsisch⸗polnischen Legion.
Andrieux (Louis), Präsident des Organisations⸗Komites der Vogesen⸗
Armee, Prokurator der Republik zu Lyon. Delaire, Buchhändler.
Frankfort (Louis), Apotheker, Schatzmeister des Komites. Manguelin
(Denis), Weber. Ramboz (Ernst), Buchdrucker, Sekretär des Komites.
Wolowski (Bronislas), ehemals Organisator der national⸗polnischen Streitkräfte in der Provinz Masovien.
Italien. Florenz, 31. Oktober. (W. T. B.) Der Herzog von Aosta ist hier eingetroffen.
— Die Auflösung der Kammern ist nunmehr definitiv entschieden. Die Einberufung der Wahlkollegien ist für den 20. EW begighente⸗
— Der Kriegs⸗Minister hat die erste Abtheilung der Alters⸗ klasse von 1842 entlassen. 8
“ ““
önigliches Dekret bis zum
Griechenland. Athen, 31. Eröffnung der Kammern ist durch 21. Dezember verschoben worden.
Rumänien. Bukarest, 29. Oktober. Fürst Karl ist gestern von seiner Eisenbahn⸗Inspektionsreise befriedigt nach Bukarest zurückgekehrt.
— 31. Oktober. Ein Dekret des Fürsten ruft die Kam⸗ mern auf den 27. November zur ordentlichen Session ammen. ““ .
Dänemark. Kopenhagen, 31. Oktober. (W. T. B.) Heute Nachmittags fand die Taufe des neugeborenen Sohnes des Kronprinzen statt. 8
Asien. Aus Peking vom 16. Oktober wird gemeldet, daß die Regierung die sofortige Hinrichtung von 20 Chinesen
zu Tientsin befohlen hat.
Zwei höhere Beamte wurden in die Verbannung geschickt.
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Statistische Nachrichte
II1u“ Das Bureau für Bremische Statistik veröffentlicht eine Ueber⸗ sicht der wichtigeren Ein⸗ und Ausfuhrartikel Bremens für das 1. bis 3. Quartal d. J. im Vergleich mit dem entsprechenden Zeitraum des Vorjahres. Dieselbe läßt ersehen, daß namentlich die Einfuhr bei den meisten Artikeln geringer, als in 1868 gewesen ist, eine Folge der im August und September stattgefundenen Blokade. Welchen Einfluß diese ausgeübt, läßt sich erkennen, wenn man die Einfuhren im September d. J. mit denen von 1869 vergleicht; es wurden z. B. importirt: Baumwolle 5431 Ctr. (1869: 11,218 Ctr.), Kaffee 2034 Ctr. (1869: 9323 Ctr.), Farbehölzer 2057 Ctr. (1869: 7504 Ctr.), Getreide 384 ⅞ Last (1869: 4357 ¼ Last), Harz 3713 Ctr. (1869: 30,872 Ctr.), Petroleum 18,126 Ctr. (1869: 102,996 Ctr.), Reis 10,106 Ctr. (1869: 433,946 Ctr.), Tabak 12 899 Ctr. (1869: 64,564 Ctr.), 8eenEftenger 1473 Ctr. (1869: 14,244 Ctr.), Rohzucker 2 Ctr. (1869: 7 tr).
Was die Gesammt⸗Ein.- und Ausfuhren in der Zeit vom 1. Ja⸗
nuar bis 30. September d. J. betrifft, so stellten sich dieselben bei den
nachbenannten Artikeln im Vergleich mit dem betreffenden Zeit⸗
abschnitt von 1869 folgendermaßen: rohe Baumwolle: Einfuhr 588,804 Ctr. (1869: 410,353 Ctr.), Ausfuhr: 506,993 Ctr. (1869: 475,716 Cir.); Kaffee: Einf. 67,699 Ctr. (1869: 122,430 Ctr.), Ausf. 99,626 Ctr. (1869: 117,257 Ctr.); Farbehölzer: Einf. 62,490 Ctr. 1869: 58,056 Ctr.), Ausf. 65,141 Ctr. (1869: 36,380 Ctr.) Getreide: inf. 18,301 ¾ Last (1869: 19,004 Last), Ausf. 11,422 Last (1869: 8279 ⅞ Last); Harz: Einf. 89,382 Ctr. (1869: 190,691 Ctr.), Ausf. 98,162 Ctr. (1869: 123,889 Ctr.); Petroleum: Einf. 502,547 Ctr. (1869: 519,982 Ctr.), Ausf. 399 617 Ctr. (1869: 496,138 Ctr.); Reis: Einf. 303,189 Ctr. (1869: 1,155,249 Ctr.), Ausf. 655,973 Ctr. (1869: 711,246 Ctr.); westindischer und südamerikanischer Tabak: Einf. 263,017 Ctr. (1869: 237,977 Ctr.), Ausf. 208,683 Ctr. (1869:
8G »Der deutsche Krieg gegen Frankreich 1870. Auf Grund amtlicher und anderer zuverlässiger Quellen be⸗
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195.129 Ctr.; nordameriknnischer Tabak: Einf. 157,153 Ctr. (1869: 297,949 Ctr.), Ausf. 263,718 Ctr. (1869: 275,381 Ctr.); Tabaksstengel: Einf. 37,228 Ctr. (1869: 104,852 Ctr.), Ausf. 49 317 Ctr. (1869: 54 045 Ctr.); Thran: Einf. 7979 Ctr. (1869: 10,426 Ctr.), Ausf. 6398 Ctr. (1869: 12,577 Ctr.); Rohzucker: Einf. 44,337 Ctr. (1869: 74,350 Ctr.), Ausf. 3276 Ctr. (1869: 4112 Ctr.); raffinirter Zucker: Einf. 17,896 Ctr. (1869: 12,833 Ctr.); Ausf. 18 9 vö 5* Die .“ von bremer S
1522 kille gegen 31,9742 ille i . bi 3. Quartal 1869. X“
Kunst und Wissenschaft.
im Jahre
arbeitet von Dr. Friedrich Dörr.⸗« Unter diesem Titel ist im Verlage von A. Duncker (Gebr. Paetel) in Berlin eine umfassende und mit Sorgsamkeit zusammengetragene Darstellung des jetzigen Krieges in ihren ersten Lieferungen erschienen. Es sind deren bis jetzt sechs veröffentlicht worden, welche das Vorspiel des Krieges und von demselben die ersten Tage bis zu dem umfassen, an welchem das Königl. Hauptquartier zum ersten Male auf französischem Boden war.
Außer der Beigabe einer Kriegskarte und vielfacher, zum Theil vortrefflich gelungener Portraits sollen dem Buche sämmtliche auf den Kneg irgend bezüglichen Aktenstücke und Dokumente beigefügt, sowie dasselbe mit einer auf amtlichen Quellen beruhenden Kriegs⸗ chronik versehen werden. Das Buch ist bereits in London und Mai⸗ land in Uebersetzungen erschienen.
— Im Verlage von F. Schöningh zu Paderborn ist kürzlich eine Schrift von Prof. Dr. Watterich in Münster »Der deutsche Name Germanen und die ethnographische Frage vom linken Rheinufer«, erschienen. Dieselbe beschäftigt sich mit der Untersuchung über den Ursprung und die Bedeutung des Namens »Germanen« und gelangt zu dem Resultate, daß der Name Ger⸗ mani aus Deutschland stammt und ein deutsches Wort ist „ daß er von der Waffe des Germanen hergenommen ward und »Männer
des Gers«, d. i. Männer des schweren Wurfspeers, im weiteren
Sinne »Männer des Angriffs, des Kriegssturmes« bedeutet. Der Name Germanen bezeichnet die Deutschen in ihrem weitesten, im ethnographischen Umfang. Er begreift mit dem Volke/ welches politisch mehr oder weniger vereinigt die Mitte Europas ein⸗ nimmt, zugleich alle, die sich durch ihre Sprache als stammverwandt mit uns ausweisen, die Skandinavier, die Belgier und Holländer, die Angelsachsen. Schon diese Ausdehnung verleiht ihm eine Wichtigkeit unter den europäischen Völkernamen, womit sich kein anderer ver⸗ gleichen kann. Dazu kommt, daß auch Spaniens, Italiens, Frank⸗ reichs Geschicke durch Glieder der großen Germanenfamilie, durch Gothen, Longobarden, Burgunder, Franken und andere in der letzten ethnographischen Feststellung mächtig bestimmt worden sind. Das ganze moderne Europa trägt in gewissem Sinne germanisches Gepräge. Bei dieser Wichtigkeit der Germanen ist es nicht zu verwundern, daß die Frage nach dem Ursprunge und der eigentlichen Bedeutung des Namens »Germanen« schon viele For⸗ scher beschaͤftigt hat. Um nur die Hervorragendsten zu nennen, so aben Graff, Grimm, Leo, Schmeller, Diefenbach, Zeuß, Waitz, Mone,
ott, Holtzmann, Roth, Brandes Untersuchungen darüber angestellt, diese Frage aber sehr verschieden beantwortet. Der Scheist ist eine Karte des alten Belgiens beigefügt.
— Die Professoren Ansted und King besuchten kürzlich den Mont⸗ cenis⸗Tunnel und theilten die von ihnen gemachten Beobachtungen den geologischen Section der British Association mit. In der Mitte des Tunnels beträgt die Tiefe unter der Oberfläche 5400 Fuß, wäh⸗ rend die tiefsten Bohrungen in Bergwerken und Brunnen 3000 Fuß nicht überschreiten. Die Arbeiten wurden mit einiger Rücksicht auf die bezüglichen physischen Fragen ausgeführt. Von diesen war die Temperatur in verschiedensmn Entfernungen und Tiefen unter der Oberfläche nicht die mindest wichtige. Man ertheilte Befehl,
roße Höhlungen zehn Fuß tief in Zwischenräumen von 500 Metern eitwärts in den Felsen zu bohren, um die Temperatur des Felsens durch eigens hierfür beschaffte Thermometer zu bestimmen. Auf der nördlichen Seite ward dieser Versuch etwas nachlässig aus⸗ geführt, auf der Südseite dagegen, besonders gegen die Mitte hin, machte man eine gute Beobachtung und die Ergebnisse waren ziemlich überraschend. Die letzte Beobgchtung, die man zur Zeit des Besuchs anstellte, war 6200 Meter (20,324 Fuß) vom Südende, in einer Tiefe von mehr als 5000 Fuß. Das Resultat war 270 Cels. =800 F. = 21 ½ °R. Dies würde die Zunahme um einen Grad Fahrenheit auf mehr als 100 Fuß reduziren; die in Bergwerken beobachtete allgemeine Zunahme ist durchschnittlich ein Grad in etwa 60 Fuß. Hier indessen fehlte noch etwas, da die mittlere Jahrestemperatur der Oberfläche nicht ge⸗ nau bekannt und die Tiefe der Schicht ständiger Temperatur nie be⸗ stimmt worden war. Was das Fortschreiten der Tunnelirungsarbei⸗ ten betrifft, so blieben am 31. August von 40,000 Fuß, die zu durch⸗ bohren waren, nicht mehr ganz 2000 Fuß übrig und da man gegen⸗- wärtig monatlich 500 Fuß durchbohrt, so wird im Anfang nächsten
Jahres die Kommunikation wahrscheinlich vollständig sein.
Florenz, 31. Oktober. Gestern Abend fand ein Erdbeben in Ravenna statt, welches einige Beschädigungen verursachte. Auch in
Florenz wurden Erdstöße bemerkt. 8 8 8