Dienst in den Garnison⸗Bataillonen eingestellten Civilbeamten sind rücksichtlich ihres Civilverhältnisses dieselben Vergünstigungen zugebilligt, wie den zur Landwehr eingezogenen Civilbeamten. 1
Die Offiziere tragen für die Dauer beregter Formation die Armee⸗Uniform, insoweit dieselben nicht zum Tragen einer anderen Uniform berechtigt sind.
Demgemäß werden alle inaktiven, ehemals der Linie oder Landwehr angehörigen Offiziere, welche ihre Dienste zur Dis⸗ position zu stellen gesonnen sind, ergebenst ersucht, ihre bezüg⸗ liche Erklärung baldigst, soweit angängig persönlich, dem hei⸗ mathlichen Landwehrbezirks⸗Kommando bezw. dem nächstgele⸗ benen Garde⸗Landwehr⸗Bataillons⸗Kommando zukommen zu assen.
Desgleichen ergeht an die zum freiwilligen Eintritt in Ein⸗ gangs erwähnte Garnison⸗Bataillone für die Dauer des mo⸗ bilen Zustandes bereiten, nicht mehr dienstpflichtigen Individuen des Unteroffizier⸗, bezw. des Mannschaftstandes die Aufforde⸗ rung, sich unter Vorlegung ihrer Militärpapiere schleunigst bei vorbezeichneten Kommandobehörden zu melden
Berlin, den 20. Dezember 1870.
e Der Kriegs⸗Minister. 1 In Vertretung: J. Klotz.
Berlin, 21. Dezember. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht: den nachbenannten Offizieren und Mannschaften des 1. Westfälischen Husaren⸗Regiments Nr. 8 zur Anlegung der von des Königs von Bayern Majestät ihnen verliehenen Insignien, und zwar: des Comthurkreuzes des Militär⸗Verdienst⸗Ordens: dem Oberst⸗Lieutenant Arent, Commandeur des Regiments; des Ritterkreuzes erster Klasse desselben Ordens: dem Rittmeister von Schütz, dem Rittmeister Freiherrn von Lilien, kommandirt als Adjutant beim General⸗Kommando des VIII. Armee⸗Corps; des Ritterkreuzes zweiter Klasse desselben Ordens: dem Premier⸗Lieutenant Grafen von Itzenplitz, den Seconde⸗ Lieutenants von Bassewitz und Stumm, der goldenen Militär⸗Verdienst⸗Medaille: dem Wachtmeister Greil; der silbernen Militär⸗Verdienst⸗Medaille: dem Unter⸗ offizier Ulrich; sowie des Militär⸗Verdienstkreuzes: den Husaren Vorweg und Gärner; — ferner den nach⸗ benannten Offizieren des Stabes Sr. Königlichen Hoheit des Kronprinzen von Preußen zur Anlegung der von des Groß⸗ herzogs von Baden Königlicher Hoheit ihnen verliehenen In⸗ signien, und zwar: des Ritterkreuzes des Militärischen Carl Friedrich⸗Verdienst⸗Ordens: dem Major Mischke, à la suite des Generalstabes der Armee, persönlichen Adju⸗ tanten Sr. Königlichen Hoheit; des Commandeu rkreuzes erster Klasse mit Schwertern des Ordens vom Zähringer Löwen: dem Hauptmann von der Reserve des 1. Garde⸗Regiments zu Fuß Grafen zu Eulenburg, Hof⸗ marschall Sr. Königlichen Hoheit; sowie des Ritterkreuzes erster Klasse mit Schwertern desselben Ordens: dem Rittmeister Freiherrn von Schleinitz, à la suite des 2. Schle⸗ sischen Dragoner⸗Regiments Nr. 8, persönlichen Adjutanten Sr. Königlichen Hoheit, ferner den nachbenannten Ofsizieren des 7. Thüringischen Infanterie⸗Regiments Nr. 96, und zwar: dem Oberst⸗Lieutenant und Commandeur von Redern, dem Oberst⸗Lieutenant von Bangels, den Hauptleuten Hencke, von BeulwitzI. und dem Seconde⸗Lieutenant Freiherrn von Ketelhodt II. zur Anlegung der von des Großherzogs von Mecklenburg⸗Schwerin Königlicher Hoheit ihnen verliehenen Militär⸗Verdienst⸗Kreuzes; sowie endlich dem zur Stabswache des großen Hauptquartiers kommandirten Rittmeister Grafen von Galen, aggregirt dem Magdeburgischen Dragoner⸗Re⸗ giment Nr. 6, zur Anlegung des ihm verliehenen Johanniter⸗ Maltheser⸗Ordens, und dem Seconde⸗Lieutenant von Jagow vom Westfälischen Dragoner⸗Regiment Nr. 7 zur Anlegung des von des Königs von Sachsen Majestät ihm verliehenen Ritter⸗ kreuzes des Albrechts⸗Ordens mit der Kriegsdekoration, — Aller⸗ höchstihre Genehmigung zu ertheilen.
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Nichtamtliches.
Preußen. Berlin, 21. Dezember. Ihre Majestät die Königin war gestern in den Baracken und im Augusta⸗ Hospital anwesend. 5
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„— Se. Königliche Hoheit der Kronprinz hat an den Bürgermeister Grafen v. Nellessen in Aachen das nachstehende
on Ihnen unterm 24. September resp. ber c. an Mich gesandten Eingaben habe S ersehen, daß Sie mittelst
Ich zu Meiner lebhaften einer von der Victoria⸗Nationag nvaliden⸗Stiftung zu verwaltenden, Ibren Namen führen. den Spezial⸗EStiftung die namhafte Summe von tausend Thalern zum Besten der Hinterbliebenen der Kriege von 1870 gefallenen Streiter bestimmt haben.
Ich Ihnen für dieses wahrhaft patriotische, großartige Geschenk, das an und für sich schon im Stande ist, manche Noth zu lindern, gerne Meinen besonderen Dank und Meine Anerkennung ausspreche; ber merke Ich gleichzeitig, daß Ich den geschaͤftsführenden Ausschuß der
Victoria-National⸗Invaliden⸗Stiftung zu Berlin mit der weiteren Regelung dieser Angelegenheit in dem von Ihnen gewünschten Sinne beauftragt habe. . 1 Hauptquartier Versailles, 25. November 1870. “ 8 8 Ihr wohlgeneigter Friedrich Wilhelm, Kronprinz.⸗
— Die heutige (3.) Plenarsitzung des Herrenhausez wurde von dem Präsidenten Grafen Eberhard zu Stolberg⸗ Wernigerode um 11 ½ Uhr eröffnet.
Am Ministertische befand sich der Mihister des Innern Graf zu Eulenburg und ein Regierungs⸗Kommissar.
Der Präsident machte nach geschäftlichen Mittheilungen dem Hause die Erö nung, daß der Fürst zu Putbus ihn au die desfallsige Bena richtigung telegraphisch in Kenntniß geset habe, daß er bereit sei, die auf ihn gefallene Wahl als erster Vize⸗Präsident des Hauses anzunehmen, daß er jedoch wegen ö Geschäfte um Gewaährung eines längeren Urlaubes
itte.
Hierauf trat das Haus in die Tagesordnung, deren ersten Gegenstand die Schlußberathung über die Verordnung vom 17. lugus d. J. für die Hohenzollernschen Lande zur Ausfuͤhrung der Gesetze über die Kriegsleistungen und die Unterstützung hülfs⸗ bedürftiger Familien der zum Dienst einberufenen Mannschaften der Reserve, Landwehr und Ersatzreserve bildete. Der Referent Hr. v. Bernuth beantragte, der Verordnung die verfassungsmäßige Genehmigung zu ertheilen, und befürwortete kurz diesen An⸗ trag, dem das Haus auch ohne weitere Debatte beitrat. — Der zweite Gegenstand der Tagesordnung war der Antrag der Herren von Below, von Vernuth, Dr. Dernburg, von Kleist⸗Retzow, von Ploetz, Herzog von Ratibor und Genossen, den Erlaß einer Adresse an Se. Majestät den König betreffend.
Der Antrag ward einstimmig angenommen und demgemaͤß die unmittelbar nach dem Schlusse der Sitzung zu bewirkende Wahl der Adreß⸗Kommission, so wie deren sofortiger Zusammen⸗ tritt behufs Berathung des vorgelegten Adreß⸗Entwurfs be⸗ schlossen. (S. den Wortlaut desselben in der gestrigen Nummer des »Staats⸗Anzeigers«.)
Der Präsident schloß die Sitzung um 11 ½ Uhr und be⸗ raumte die nächste Sitzung auf heute Nachmittag 2 Uhr an, indem er auf die Tagesordnung die Berathung des vorliegen⸗ den Adreß⸗Entwurfs setzte. (Die Kommission zur Vorberathung des Adreß⸗Entwurfs besteht aus folgenden Herren: Grf. zu Münster, v. Waldaw⸗Steinhövel, v. Bernuth, v. d. Marwi, v. Meding, Otto Grf. zu Stolberg, v. Kröcher, v. Brandt, v. Kleist⸗Retzow und Frhrn. Senfft v. Pilsach.)
— In der heute Nachmittag stattgehabten zweiten (4.) Sitzung des Herrenhauses, welche der Präsident Graf Eberhard zu Stol⸗ berg um 2 Uhr eröffnete, empfahl zunächst der Referent der Adreßdeputation Hr. v. Kröcher Namens der Deputation die unverenderte Annahme des Entwurfes der Herren v. Below, v. Bernuth, Dr. Dernburg, v. Kleist⸗Retzow, v. Plötz, Herzog v. Ratibor und Genossen. An der Diskussion betheiligten sich die Herren Graf Brühl, Dr. Dernburg und von Kleist⸗ Retzow, Letzterer als Antragsteller. — Der Referent schlug vor, das Präsidium zu ersuchen, die Ueberreichung der Adresse auf geeignete Weise zu veranlassen. — Das Haus nimmt hierauf einstimmig den Entwurf an und erkärt sich mit dem Vorschlage der Kommission in Betreff der Ueberreichung einverstanden. Die Adresse wird zur Unterschrift im Präsidentenzimmer aus⸗ gelegt. Schluß der Sitzung 2 Uhr 50 Minuten, Nächste Sitzung unbestimmt.
— Die heutige (5.) Plenarsitzung des Hauses der Abgeordneten wurde vom Präsidenten v. Forckenbeck um 9 ¾ 8 eroclnet tische bef
Am Ministertische befanden sich der Minister für Handel Gewerbe und öffentliche Arbeiten Graf v. Itzenplitz, 8 Randen der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten Dr. v. Mühler, der Minister für landwirthschaftliche Angelegen⸗ heiten von Selchow, der Minister des Innern, Graf zu Eulen⸗ burg, der Justiz⸗Minister Dr. Leonhardt, der Finanz⸗Minister
Camphausen und mehrere
Regierungs⸗Kommissare.
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Vor Eintritt des Hauses in die Tagesordnung überreichte der Finanz⸗Minister Camphausen einen Gesetzentwurf, betref⸗ fend die Besteuerung der Reis⸗Stärke, sowie die allgemeine Rechnung über den Staatshaushalt für das Jahr 1867. Die erstere Vorlage wurde an die Finanz⸗Kommission, die letztere an die Budget⸗Kommission verwiesen.
Auf der Tages⸗Ordnung stand: I. Die Vorberathung des Staatshaushalts⸗Etats für das Jahr 1871 im ganzen Hause.
In der allgemeinen Besprechung hierüber nahmen das Wort gegen die Regierungs⸗Vorlage die Abgg. Eug. Richter, Dr. Löwe, für dieselbe die Abgg. von Wedell (Malchow), von Benda. 1
Der Finanz⸗Minister Camphausen griff in die General⸗ Debatte ein und erklärte:
Beim Eingange der Debatte ist auf das Talent hingewiesen wor⸗ den, welches die Finanz⸗Minister besäßen, um die Zustände so darzu⸗ stellen, wie es ihren Interessen und ihren Wünschen am meisten ge⸗ nehm sei. Es ist darauf hingewiesen worden, daß bald Schwarzfär⸗ berei betrieben würde und bald Schönfärberei. Ich hoffe, meine Herren, daß Sie an mir die Erfahrung machen werden, daß ich weder das Eine noch das Andere zu treiben gedenke, daß ich mich vielmehr stets bemüben werde, die Thatsachen klar zu erkennen, sie besonnen zu würdigen und sie unparteiisch meinem Lande und meinem Könige vorzutragen.
„Es ist dann, indem der Ausgangspunkt von der Vergangenheit entnommen wurde, bemerkt worden, daß das Defizit des Jahres 1868 immer mehr zusammengeschrumpft sei. Es ist darauf hingedeutet worden, als wenn es eigentlich so recht viel nicht zu sagen gehabt hätte. Insoweit daran erinnert worden ist, daß das Defizit in einer Denkschrift vom Jahre 1869 vielleicht etwas grell geschildert sei, so darf ich meinerseits daran erinnern, daß ich schon im vorigen Jahre erklärt habe, jene Denkschrift gehöre nicht zu den Nachlaßgegenständen, mit denen ich die Erbschaft angetreten habe.
Meine Herren, das Defizit des Jahres 1868 ist aber — trotz allem Zusammenschrumpfen, sollt ich meinen — doch immer ein respek⸗ tabeles geblieben. Nach dem Gesetzentwurfe, der Ihnen vorliegt, wird es darauf ankommen, dasselbe zu fixiren auf die Summe von 9,869,639 Thlr. 8 Sgr. 8 Pf.
Nun, meine Herren, diese Summe ist denn doch in der That wohl recht ansehnlich, und die Summen würden in der That nicht vollständig ausreichen, um das Defizit des Jahres 1868 zu decken, wenn man nicht, wie das im vorigen Jahre in der Ihnen vorge⸗ legten Uebersicht ausgesprochen und seitdem auch praktisch gehandhabt worden ist, gar manche Ausgaben, die der Restverwaltung angehörten, der laufenden Verwaltung des Jahres 1869 zugewiesen hätte. Der Umfang dieser Ausgaben war ein recht ansehnlicher. Was folgt daraus für das Jahr 18692? Daß allerdings seine Resul⸗ tate eher noch günstiger zu nennen sind, als sie ihren Aus druck in der Zahl gefunden haben, wonach 2,538,000 Thlr. an Ueberschüsse zur Deckung des Defizits von 1868 haben verwandt werden können. Es würde dem Hohen Hause, glaube ich, nicht genehm sein, wenn ich in diesem Augenblick auf die detaillirte Auseinandersetzung, in welchem Umfange das Resultat noch etwas günstiger gewesen sei, ein⸗ gehen wollte. Bei den Resultaten des Jahres 1869 bitte ich nun aber doch auch vor Allem sich gegenwärtig zu halten, daß ein Kapital⸗ betrag von 5,140,000 Thlrn. in Einnahme gestellt war, daß auf diesen Kapitalbetrag 5,128,000 Thlr. vereinnahmt worden sind, und daß man den
Satz, es sind an Ueberschüssen des Jahres 1869 2,538,000 Thlr. verwendet
worden pro 1868, auch so ausdrüͤcken könnte: das Jahr 1869 hat eines Kapitalzuschusses von ungefähr 2,600,000 Thlr. bedurft. Wenn nun versucht wird, die Behauptung durchzuführen, daß schon im vorigen Jahre und namentlich zu der Zeit, als es mir oblag, mitten während einer Session des Landtages die Leitung der Finanzen zu übernehmen, habe schon klar vorgelegen, daß von einem Defizit gar nicht die Rede sein würde und nicht die Rede sein könne, so habe ich zunächst auf die ebenerwähnte Thatsache hinzuweisen, ich habe dann aber auch ferner darauf hinzuweisen, daß, was die günstige Gestaltung unserer Finanz⸗ verhältnisse betrifft, man doch auch nicht davon ausgehen möge, daß der Kreis der Ausgaben, wie er in den Budgets gezogen ist, ein un⸗ veränderlicher sei und vor Allem nicht, daß er ein solcher sei, wobei die billigen Wünsche des Landes überall Befriedigung finden können. Wenn der verehrte Redner, der zuletzt sprach, darauf hingewiesen hat, man möge die Bahn von Memel nach Tilsit bauen, so hat er sich doch auch wohl vergegenwärtigen müssen, was das heißt; daß es heißt, den Staat mit einer neuen dauernden Ausgabe belasten und daß wir zu dieser neuen Ausgabe nicht schreiten können, wenn wir nicht auch die Mittel, sie zu besriedigen, zu unserer Verfügung haben. Uebrigens, meine Herren, hat die Maßregel, die im vorigen Jahre ergriffen worden wegen der Konsolidation der Staatsschulden, und von der ich ursprünglich geglaubt habe, daß sie ihren wärmsten Anhänger in dem ersten Redner finden würde, völlig unabhängig von dem Defizit ihren Werth gehabt und sagen Sie sich selbst, ist es denn heute nicht ein Glück, daß wir in diesem Augenblick nicht genöthigt sind, 3,593,000 Thlr. auf die Tilgung der Staatsschulden zu verwen. den, wäͤhrend wir in der Lage sind, mit schweren Opfern Kriegs⸗ anleihen zu machen und während wir in der Lage sind, für die Fort⸗ sezung von Eisenbahnbauten wiederum 10,000,000 neue Anleihe in Aussicht zu nehmen. Ist es nicht ein wahres Glück, völlig unab⸗ hängig von der Defizitfrage? „Dann, m. H, ist Ihnen im vorigen Jahre vorgeschlagen worden, die Ueberschüsse des Stäatsschatzes zu den laufenden Staatsausgaben zu verwenden und es ist in dieser Hinsicht an Aeußerungen erinnert worden, die darüber gethan worden seien, auf wie hoch denn diese Einnahmen des Staatsschatzes zu veranschlagen seien. Es ist für
“ 8— mich im Allgemeinen ein mißliches Ding, daß ich mich so vielfach mit Aeußerungen beschäftigen soll, die nicht ich gethan habe, sondern die in eine fruͤhere Zeit fallen; aber das bin ich doch auch meinem Amtsvorgänger schuldig, daran zu erinnern, daß nach Aufstellung des Etats der Verkauf jenes bekannten Hüttenwerkes stattgesunden hat, welcher die Einnahme des Staatsschatzes um eine sehr beträchtliche Summe hoher hat ausbringen lassen, als wie es vorher angenommen worden ist. Dann, meine Herren, ist nun die Rechnung zugelegt worden, als habe der Staatsschatz für die Zwecke des Jahres 1870 einen höheren Betrag zu verwenden, als wie in den Ihnen vorgelegten Uebersichten ange⸗ nommen worden ist. Hierbei scheint mir nun, daß der Herr Redner sich in einen Widerspruch verwickelt hat. Er hat bei der Verwen⸗ dung des Staatsschatzes im Juli 1870, die, wie ich glaube, keine Re⸗ Lierung, ohne sich des Verraths am Lande schuldig zu machen, einen Augenblick lang verzoͤgern durfte, darauf hingewiesen, daß doch die Genehmigung der Landesvertretung nöthig sei. Ist denn diese Ge⸗ nehmigung nicht nöthig, wenn es sich darum handelt, über die Ueber⸗ schüͤsse des Staatsschatzes zu disponiren? ist sie nicht ausdrücklich in dem Gesetze vom 28 September 1866 vorgesehen? Und wenn nun ferner hervorgehoben worden ist, daß die Einnahmen nicht allein den Betrag von 3,140,000 Thalern erreicht, sondern noch wesentlich überstiegen hätten, so ist das richtig; aber, meine Herren, aus den Uebersichten, die Ihnen vorliegen, werden Sie entnehmen, daß es sich dabei um die Einnahmen aus den Jahren 1869 und 1870 handelt, daß von jenen Einnahmen ein Betrag von mehr als 1,600,000 Thaler schon auf das Jahr 1869 gefallen ist, Ein⸗ nahmen, die im September 1869, als man den Etat vorlegte, in diesem Maaße noch nicht bekannt waren, daß in der That für das Jahr 1870 nicht allein über die eigenen Ueberschüsse des Staatsschatzes in jenem Jahre disponirt worden, sondern daß man die Intraden von zwei Jahren dabei ins Auge zu fassen hatte. .
Meine Herren! Es ist dann darauf hingewiesen worden, während ausdrücklich die glückliche Lage der Finanzen des Staats betont wurde, daß man sich doch vielleicht einer Illusion überlassen haben möchte in Bezu; auf die Einnahmen aus den direkten Steuern für das Jahr 1871. Nun, meine Herren, es ist schwer, unter dem Wechsel der Ver⸗ hältnisse gerade eine Zahl auszuwählen, die nun als die unbedingt richtige anzuerkennen wäre, und ich will nicht leugnen, daß zu der Zeit, wo dieser Etat aufgestellt wurde, man weniger Opfer für den Krieg erwartet hatte, als wie sie seitdem eingetreten sind. Dessen⸗ ungeachtet, meine Herren, da ich mir hier zur Aufgabe stelle, Ihnen unbefangen das Thatsächliche vorzutragen, muß ich doch erklären, daß ich auch in diesem Augenblick noch nicht die Hoffnung aufzugeben brauche, daß der Steuer⸗ Anschlag für das Jahr 1871 sich verwirklichen werde. Es ist bei der Aufstellung dieses Anschlages theils das gewohnte Verfahren ungeändernt bei⸗ behalten, theils hat man aus Vorsicht Einnahme⸗Erhöhungen, die nach dem regelmäßigen Laufe der Dinge in Aussicht zu nehmen wären, nicht eintreten lassen. Dieses letztere ist geschehen, wie dem geehrten Herrn Vorredner entgangen ist, in Bezug auf die Gewerbe⸗- steuer. Man hat bei ihr nicht einen höheren Betrag ausgebracht, während nach dem regelmäßigen Laufe der Dinge die Gewerbesteuer alljährlich zunimmt. Ebenso hat man es in Bezug auf die Klassen⸗ steuer gehalten und es handelt sich dabei nicht etwa um eine ganz geringe Summe, die man weniger ausgebracht hat, sondern diese Summe ist ganz erheblich. Wenn wir die Klassensteuer in der gewohnten Weise veranlagt hätten, also ohne Rücksicht darauf, daß wir uns im Kriegszustande befinden, dann würde der Ansatz um 184,000 Thaler höher haben ausgebracht werden müssen, als es ge⸗ schehen ist. In wie weit die Zukunft alle Ansätze des Etats erfüllen kann oder nicht, dafür vermag ich natürlich irgend eine G antie nicht zu übernehmen; aber es wird dem Hohen Hause vielleicht inter⸗ essant sein, wenn ich anführe, wie sich die Wirkungen des Krieges seither in Bezug auf die direkten Steuern gestaltet haben.
Wir können in diesem Augenblick Auskunft darüber abgeben, wie die Einnahme an direkten Steuern in den ersten eilf Monaten des Jahres 1870 sich stellt zu der Einnahme an direkten Steuern in den ersten eilf Monaten des Jahres 1869. Daß das kein unbedingt zuverlässiger Maßstab ist, brauche ich wohl nicht erst zu erwähnen; es kommt darauf an, wie die Einflüsse im Monat Dezember und in dem Zeitraum, der zum Abschluß der Rechnungen bekanntlich noch gewährt wird, stattfinden werden.
Nun, meine Herren, in den ersten 11 Monaten des Jahres 1870 hat sich gegen die ersten 11 Monate des Jahres 1869 bei den direkten Steuern eine Mehreinnahme von 494,520 Thlrn. 12 Sgr. 11 Pf. herausgestellt. Insbesondere beträgt diese Mehr⸗ einnahme bei der klassifizirten Einkommensteuer über 200,000 Thlr. Bei der Klassensteuer, meine Herren, hat sich eine Minder⸗ einnahme herausgestellt, welches ganz natuürlich und auch nicht anders erwartet worden ist; aber diese Mindereinnahme wird Ihnen doch, wie ich glaube, überraschend klein erscheinen, denn sie beträgt nur 65,397 Thlr.
Nun, meine Herren, legen wir uns die Frage vor: führte zu diesem Resultate? Dann die Antwort zu geben: der Krieg, während dessen Lauf das eigene Vaterland vom Feinde kaum hat betreten werden kön⸗ nen, dessen Verlauf vom ersten Beginn an ein glücklicher war, der die ganze Nation vom ersten Zeitpunkt an mit der Zuversicht er⸗ füllt hat, er werde siegreich zu Ende geführt werden und es werde ihm ein dauernder Friede folgen — dieser Krieg hat eine viel geringere
törung in allen Geschäften hervorgebracht, als es sonst bei einem so gewaltigen Kriege der Fall hätte sein müssen. Daher erklärt sich die Erscheinung, daß die Einnahmen lange nicht in der Weise, wie befürchtet wurde, zurückgeblieben sind und daß, soweit sie bei verschiedenen Betriebsverwaltungen zurückbleiben mußten, auch auf der anderen Seite Ersparnisse bei den Betriebsausgaben eintraten, und so glaube
. was meine ich, haben wir uns
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