1871 / 26 p. 2 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

dem Altar Aufstellung, im Halbkreise um Se. Majestät die Prinzen und Fürsten: der Kronprinz, Prinz Carl und Adalbert von Preußen, der Kronprinz und Prinz Georg von Sachsen, die Großherzöge von Baden, Sachsen und Oldenburg, die erzoge von Eetg Meiningen und Altenburg, die Prinzen tto, Luitpold und Leopold von Bayern, die Prinzen Wilhelm und August, sowie die Herzöge Eugen der Aeltere und Eugen der Jüngere von Württemberg, die Erbgroßherzöge von Sachsen, Mecklenburg⸗Schwerin undStrelitz / die Erbprinzen von Meiningen, Anhalt, die Fürsten von Schaumburg⸗Lippe und Schwarz⸗ burg⸗Rudolstadt, der Erbprinz von See der Land⸗ graf von Hessen, der Herzog von Augustenburg, die Fürsten von Wied, Putbus, Lynar, Pleß, die Prinzen von Reuß, Biron von Kurland. inter den Fürsten und

zur Seite standen die Generale und Minister.

8 der Spitze des linken Flügels der Bundeskanzler und der Haus⸗Minister Freiherr v. Schleinitz, rechts Staats⸗ Minister Delbrück, Wirkl. Geh. Legations⸗Rath Abeken, Geh. Legations⸗Rath v. Keudell, General von Fabrice, Präfekt von Brauchitsch, die Generale Graf von Moltke, von Hindersin, von Boyen, von Alvpensleben (IV. Corps), von Kirchbach (V. Corps), von Tümpling (VI. Corps), von Blumenthal, von Stosch, von Podbielski, von Kameke, Prinz Kraft von Hohenlohe, von Sandrart, von Schmidt, von Voigts⸗Rhetz, von Loön, von Hoffmann, von Schimmelmann, Hausmann, von Haake, Herkt, Henning von Schön⸗ hoff, von Schachtmeyer, von Malachowski, Stein von Kaminsky, die bayerischen Generale von Hartmann, von Walther, von Lutz, von Bothmer, der württembergische General von Baum⸗ bach, der badische von Neubronn, der weimarische von Egloff⸗ ssttein, der englische Militärbevollmächtigte General Walker, der errussische von Guern, der bayerische von Freyberg, der württem⸗ bergische von Faber, der englische Abgesandte Herr Odo Russel.

Nach dem Chorgesang sang die Gemeinde einen Vers des Chorals: »Sei Lob und Ehr«. Dann folgte die Liturgie, in der gewöhnlichen für den Militärgottesvienst üblichen Form und darauf die Predigt über den Text aus Psalm 21. Nachdem der Ge⸗ sang: »Nun danket Alle Gott« und der Segen die kirchliche Feierlich⸗

keit beendet hatten, schritten Se. Majestäten durch die Reihen der Versammlung auf die Estrade zu, verlasen vor den Fahnen die Urkunde der Verkündigung des Kaiserreichs und gaben dann dem Bundeskanzler den Befehl zur Verlesung der »Proklamation an das Deutsche Volk«. Mit lauter Stimme rief darauf der Hrehcwehes von Baden: »Se. Majestät der Kaiser Wilhelm lebt hoch!«

Unter den Klängen der Volkshymne stimmte die Ver⸗ sammlung dreimal begeistert ein. Se. Kaiserliche Majestät umarmten dann den Kronprinzen, den Prinzen Carl und die ihnen persönlich verwandten Fürsten. Dann ließ der Kaiser die Deputationen der Offiziere an sich vorüber passtren und ging an den Reihen der im Saale aufgestellten Truppen entlang. Die Musikcorps hatten sich inzwischen in dem an die Gallerie östlich anstoßenden »Friedenssaal« (Salle de la paix) aufgestellt. Sie begrüßten Se. Majestät, als Allerhoͤchstdieselben von den Prinzen, Fürsten und Generalen begleitet, den Festraum verließen, mit dem Hohenfriedberger Marsch. Die Offiziere folg⸗ ten Sr. Majestät; die Fahnen wurden von den be⸗ gleitenden Mannschaften in Empfang genommen. Den Depu⸗ kationen, die Nachmittags Versailles wieder verließen, gab der Kaiser ein Festmahl im Hotel de France; die Truppen erhiel⸗ ten ein Geldgeschenk. Se. Majestät der Kaiser haben am 18. Januar zahlreiche Beförderungen in den höheren Chargen der preußischen Armee unterzeichnet und dem bayerischen In⸗ fanterie⸗Regiment, das Allerhöchstseinen Namen trägt, 16 Eiserne

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1“ v11114“” 8 v111“ 8 Die Predigt, welche der Hof⸗ und Garnisonprediger Rogge hielt, hat folgenden Wortlaut:

Gott, dem ewigen Könige, dem Unvpergänglichen und Unsichtbaren und allein Weisen, sei Ehre und Preis in Ewigkeit! Amen!«

JZa, Lob und Ehre sei Dir, dem ewigen Könige, an diesem fest⸗ ichen Tage, der mit leuchtender Schrift in den Büchern unserer Geschichte geschrieben steht. Lob und Dank sei Dir, dem wigen Könige, aus dessen Hand und von dessen Gnade unsere Fürsten ie Krone und die Königliche Würde empfangen haben, in deren Glanz wir heute fröhlich sind. Wie laut verkündigt es uns diese Stunde, daß es ein Königtham von Gottes Gnaden ist, auf dessen 170jährige Geschichte wir heute mit freudigem Danke zurückblicken. Wie wunderbar hast Du, o Herr, an unseren Königen und durch sie

n unserm Volke und Vaterlande Dich verherrlicht. Die Königs würde, die an diesem Tage dereinst gegründet wurde, Du hast sie zu einer Koͤnigsmacht werden lassen, die in der Geschichte hres Gleichen sucht. Du hast zu Trägern dieser Krone Herrscher be⸗

rufen, die bald in der eisernen Zucht ernster Strenge und stillen Fleißes, bald im kühnen Adlerfluge hohen Strebens, bald in zäher Ausdauer und ausharrender Geduld in den Bedrängnissen und Kämpfen schwerer Zeiten ihrem Volke vorangegangen sind; Herrscher, die den Geist der Gottesfurcht und der christlichen frommen Sitte, den Geist der sich selbstverleugnenden Liebe und Hingebung bis in den Tod, des stillen Fleißes und des unermüdlichen Strebens, des pünkt⸗ lichen Gehorsams und der gewissenhaften Treue in unserm Vater. lande gepflegt und großgezogen haben; die in Zeiten des Friedens in eigener mühevoller Arbeit den Wohlstand ihrer Lande auf allen Ge⸗ bieten gefördert, in Zeiten des Krieges ihre wohlgeschulten Heere per⸗ sönlichzu den herrlichsten Siegen angeführt haben und die das Alles gethan nicht für sich, nicht für die Macht ihres Hauses und ihres Staates allein, sondern die bei Allem, was sie gethan, das Ganze des großen deut⸗ schen Vaterlandes und sein Wohl ins Auge gefaßt haben und für dieses die schwersten Opfer zu bringen bereit gewesen sind. In wun⸗ derbaren Führungen hast Du das Königreich von den kleinsten und unscheinbarsten Anfängen zu immer weiterem Umfange seiner Gren⸗ zen, zu immer höherem Ansehen nach außen, zu immer mächtigerem Einfluß in dem Rathe der Völker emporsteigen lassen. In schweren Prüfungen und ernster Heimsuchung hast Du es geläutert und groß gezogen, auf vielfach dunkeln und doch immer herrlichen Wegen zu gelangen lassen, die heute die Bewunderung aller elt erregt.

Wie sollten wir nicht im Rückblick auf alle diese Gnadenführungen des Herrn mit dem Sänger rühmen: »Der Herr hat Großes an uns gethan, deß sind wir fröhlich!« Ehre und Preis dem ewigen Könige, dem Unvergänglichen, an diesem Orte, der es uns in erschütternder Weise zuruft, daß alle irdische Macht und Herrlichkeit der Zeit und darum der Vergänglichkeit angehört. In tiefer Demuth beugen wir uns an dieser Stätte vor dem ewigen Könige, der hier vernehmlicher als kaum sonst wo zu uns spricht: »So laßt euch nun weisen ihr Könige und laßt euch züchtigen ihr Richter auf Erden. Dienet dem Herrn mit Furcht und freuet euch mit Zittern.“ Wie laut predigt es uns diese Stätte: »Den Hoffährtigen widerstehet Gott, aber den Demüthigen giebt er Gnade« Die in eitler Hoffahrt diese Hallen dereinst zu einem Götzentempel der irdischen Majestät gemacht, die in hochmüthiger Vermessenheit auf ihre eigene Kraft getrotzt und das stolze Wort: » Der König regiert Kraft seiner eignen Macht«*) zum Wahlspruch ihres Thrones gemacht haben, oyne des Wortes der Weisheit zu gedenken: »Durch mich regieren die Könige und alle Regenten auf Erden«, ohne mit dem Apostel hinzuzusetzen: »von Gottes Gnaden bin ich, was ich bin und seine Gnade an mir ist nicht vergeblich gewesen«, sie sind ver⸗ schwunden mit aller ihrer eitlen Pracht und in ihrer Thor⸗ heit zu nichte geworden; und die nach ihnen emporgetragen von den Wogen der Revolutionen, in der Gunst des Volkes, in der Stimmenzahl der Massen ihre Stütze gesucht haben, auch sie sind zu Schanden geworden. Mit unauslöschlichen Zügen hat des Herrn Hand an diese Wände mit allen ihren Erinnerungen an vergangene Herrlichkeit sein mene tekel upharsin, »Du bist ge⸗ wogen und zu leicht befunden«, geschrieben, zum Zeugniß wider allen Hochmuth und alle Eitelkeit derer, die Fleisch für ihren Arm halten und auf ihre eigene Kraft vertrauen. Ach Herr, laß die gewaltigen Gerichte, die Du an diesem Hause gehalten, die Du über dieses einst so stolze und mächtige Reich, das in diesen Hallen uns verkörpert entgegentritt, hast ergehen lassen, uns eine Warnung sein vor aller Selbstüberhebung und Gottvergessenheit, vor allem Rühmen und Pochen auf irdische Macht. 8 b

Nicht uns, Herr, nicht uns, Deinem Namen allein sei die Ehre, das sei unser Bekenntniß an dieser denkwürdigen Stätte. Das ist auch der Sinn und die Bedeutung des schlichten einfachen Kreuzes, mit dem der König in demüthiger Erinnerung an die Zeit der Väter auch diesmal wieder die Brust seiner tapfern Krieger und treuen Diener lohnt; denn das Kreuz ist das Zeichen der Demuth.

„Je größer die Siege sind, die der Herr uns geschenkt, je groß⸗ artiger die Erfolge, die wir errungen, je überwältigender der Gegen⸗ satz zwischen der dermaleinstigen Schmach und Erniedrigung unseres Volkes und seiner herrlichen Erhöhung uns in dieser Feier entgegen⸗ tritt, um so mehr haben wir Ursache, mit dem frommen Gottesstreiter in Demuth zu sprechen: »Herr wir sind zu gering aller Barmherzig⸗ keit und Treue, die Du an Deinen Knechten gethan hast.«

Ehre sei dem ewigen Könige, endlich auch bei dem Werke, das uns hier vor seinem Angesichte versammelt hat; Ehre dem Unvergäng⸗ lichen, der in allem Wechsel irdischer Reiche derselbe bleibt. Jesus Christus, gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit.

Ehre dem Unsichtbaren, der im Verborgenen wohnt, und der auf dunklen und wunderbaren, aber doch immer herrlichen Wegen die Seinen führt. 8

Ehre dem Allweisen, dessen Gedanken höher sind, als der Men⸗ schen Gedanken und der in seiner Weisheit gerade da, wo die Men⸗ schen es böse zu machen gedachten, seine Gnadenrathschlüsse hinaus⸗ zuführen weiß, in dessen Hand auch die Menschen voll Sünde, in aller List und Bosheit, in aller Ungerechtigkeit und Gewalt nur Werk⸗ zeuge sind, um seinen Gnadenwillen zu vollbringen. Wie laut und deutlich predigt uns das dieser Tag und diese Feier. Wie hat der so muthwillig und leichtfertig wider unser Volk und unser Vaterland hervorgerufene Krieg, der darauf berechnet war, das Werk seiner Eini⸗ gung zu stören, wie hat er nach Gottes Fügung dazu dienen müssen, in einer Stunde zu vollenden, was nach menschlichem Dafür⸗

*) Ueber der Stelle, an welcher der König bei der Feier stand und an welcher früher bei Hoffesten der Thron Ludwig XIV. errichtet war, steht an der gewölbten Decke des Saales die Inschrift: Le Roy gouverne par luy môme. 89 5* 8

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halten noch lahrelange Arbeit zu erfordern schien, wie hat der Herr auch hier es wieder offenbar werden lassen: die Menschen gedachten es böse zu machen, Gott aber gedachte es gut zu machen. In dem Werke, das sich heute in dieser Stunde und an dieser Stätte vor unsern Augen vollziehen soll, sehen wir das Ziel erreicht, auf das Gottes Vorsehung in der Geschichte unseres Vaterlandes und Königs⸗ hauses seit jener Krönung von Königsberg, deren wir heute gedenken, uns hingewiesen hat. In diesem Werke sehen wir die Hoffnungen erfüllt, an denen alle deutschen Herzen selbst in den dunkelsten Zeiten der Entfremdung und Entzweiung festge⸗ halten haben, in diesem Werke sehen wir die Schmach gesühnt, die von dieser Stätte und von diesem Königssitze aus dereinst auf unser deutsches Volk gehäuft worden ist. Was unsere Väter in der Er⸗ hebung der Befreiungskämpfe vergeblich sich ersehnt haben, wofür die deutsche Jugend in edler Begeisterung geschwärmt, was die Sänger jener Tage in immer neuen Weisen umsonst gesungen, was die Lieder und Sagen unseres Volkes nur als einen fernen Traum uns ver⸗ kündet haben, wir sehen es heute zur Wirklichkeit geworden, sehen das Deutsche Reich wieder auferstanden in alter Herrlichkeit, ja in einer Macht und Größe, die es vielleicht nie zuvor besessen hat, sehen dem Deutschen Reiche seinen Kaiser wiedergegeben und dürfen als solchen einen König begrüßen, dessen greises Haar mit frischen Lorbeerkränzen geschmückt ist, in denen wir die ruhmveollsten Zeiten der deutschen Vergangenheit erneut, ja übertroffen sehen.

Eine solche Feier, an solchem Tage und an solchem Orte uns be⸗ reitet, sie muß uns wohl das Geständniß des Apostels abnöthigen: Herr, wie unbegreiflich sind Deine Gerichte, wie unerforschlich sind Deine Wege! Ja, Herr, allmächtiger, ewiger König, barmherziger gnädiger Vater, in tiefer Demuth beugen wir uns vor Deinem An⸗

esichte und beten an vor der Herrlichkeit Deiner wunderbaren Führungen. Wir danken Dir, Herr, für aulles, was Du an unseren Königen und durch sie an unserem Vaterlande von Alters her gethan hast. Wir danken Dir insonderheit, daß Du unsern König gewürdigt hast, die deutschen Stämme aus aller Zerstreuung und Entfremdung wieder zu sammeln und zu einigen, daß Du ihn zum Schutz⸗ und Schirmherrn unseres gesammten Deutschen Vaterlandes berufen hast. Wir bitten Dich, Herr, laß Deine Gnade ferner groß werden an ihm und seinem ganzen Hause. Gieb, Herr, unserem Könige, dem zukünf⸗ tigen Deutschen Kaiser, eine lange, gesegnete Regierung, ein weises Herz, Königliche Sedanken, heilsame Rathschläge, gerechte Werke, einen starken Arm, tapferen Muth, verständige und getreue Räthe, sieghafte Kriegsheere, gehorsame und getreue Diener und Unterthanen, auf daß wir noch lange unter seinem Regiment ein geruhiges und stiilles Leben führen mögen in aller Gottseligkeit und Ehrbarkeit.

Segne das deutsche Reich und alle seine Fürsten und Völker, tärke und befestige mehr und mehr das Band des Friedens, das sie heute umschlingt und fördere es in Eintracht und Treue. Allmächtiger, barmherziger Gott, Herr der Heerschaaren! Ziehe ferner in Gnaden aus mit den deutschen Heeren und segne ihre Waffen zur völligen Ueberwindung des Feindes. Führe uns zum endlichen Siege und laß uns bald zu

inem dauerhaften und ehrenvollen Frieden gelangen. Laß das wie⸗ ererstandene Deutsche Reich nach innen und außen mehr und mehr zu einem Reiche des Friedens erstarken.

Vor Allem bitten wir Dich, hilf, daß dadurch Dein Reich, das“ Reich Deines Sohnes Jesu Christi, unter uns gefördert und daß unsere tägliche Bitte: Dein Reich komme, auch dadurch ihrer endlichen Erfüllung und Vollendung entgegengeführt werde Hilf, daß der Deutsche Kaiser auch fürderhin wie zu alten Zeiten Deine heilige Kirche liebe und schütze, und Deines Namens Ehre auf Erden fördere. Hilf, daß wir Alle lebendige Glieder Deines Reiches werden und

Dir dienen in Heiligkeit und Gerechtigkeit, wie es Dir gefällig ist.

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Se. Majestät der Kaiser und König haben folgendes Schreiben aus Versailles, 14. Januar, an den Großherzog von Baden gerichtet:

Durchlauchtigster Fürst, freundlich lieber Vetter, Bruder und Schwiegersohn! Nachdem Ew. Königliche Hoheit in Gemeinschaft mit der Gesammtheit der deutschen Fürsten und freien Städte die Aufforderung zur Herstellung der deutschen Kaiserwürde Mir haben zugehen lassen, danke Ich Ew. Königliche Hoheit für diesen Beweis Ihres Vertrauens und halte es für eine Mir gegen das gemeinsame Vaterland obliegende Pflicht, dem an Mich ergangenen Rufe Folge u leisten. Ich nehme die deutsche Kaiserkrone an, nicht im Sinne

r Machtansprüche, für deren Verwirklichung in den ruhmvollsten Zeiten unserer Geschichte die Macht Deutschlands zum Schaden seiner inneren Entwickelung eingesetzt wurde, sondern mit em festen Vorsatze, soweit Gott Gnade giebt, als deutscher Fürst der treue Schirmherr aller Rechte zu sein und das Schwert Deutschlands zum Schutze desselben zu führen. Deutsch⸗ and, stark durch die Einheit seiner Fürsten und Völker, hat seine Stellung im Rathe der Nationen wiedergewonnen und das deutsche olk hat weder das Bedürfniß noch die Neigung, über seine Gren⸗ zen hinaus etwas anderes als den auf gegenseitiger Achtung der Selbständigkeit und gemeinsamer Förderung der Wohlfahrt begründe⸗ en Verkehr der Völker zu erstreben. Sicher und befriedigt in sich elbst und in seiner eigenen Kraft, wird das deutsche Reich, wie ich ertraue, nach siegreicher Beendigung des Krieges, in welchen ein

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unberechtigter Angriff uns verwickelt hat, und nach Sicherstellung seiner Grenzen gegen Frankreich ein Reich des Friedens und des Segens sein, in welchem das deutsche Volk finden und genießen wirde was es seit Jahrhunderten gesucht und erstrebt hat. Mit der Ver⸗ sicherung der ausgezeichnetsten Hochachtung und wahren Freundschaft verbleibe ich Ew. Königlichen Hoheit freundwilliger Vetter, Bruder und Schwiegervater. Wilhelim.

Vom Kriegsschauplatz erfährt der »Staats⸗Anzeiger für Württemberg« Stuttgart, 23. Januar, durch tele⸗ graphische Mittheilung der Direktion der Verkehrsanstalten aus Karlsruhe, daß wegen Sprengung der Brücke über die Mosel bei Toul im gegenwärtigen Augenblicke nur Truppen⸗ und Munitionszüge, nicht aber auch Lastzüge über Toul nach Paris befördert werden können.

Brüssel, 23. Januar. (W. T. B.)

Dem '»Etoile belge« wird aus Lille gemeldet, daß gestern in Marchienne (Belgien) ein Ballon niedergegangen ist. Wie es heißt, überbringt derselbe wichtige Nachrichten. Gambetta soll den Aeronauten einen Abgesandten entgegengeschickt haben.

Die hier eingetroffene »Correspondance Havas« vom 21. d. beziffert die französischen Verluste in den Kämpfen von 19. auf etwa 3000 an Todten, Verwundeten und Ver⸗ mißten.

Vereiusthätigkeit für die Armeer.

Berlin, 23. Januar. Das Kriegs⸗Ministerium hat auf Ansuchen dem Bankdirektor Kühn in Dessau die bisher in Cassel ausgestellt gewesene Mitrailleuse zu dem Zweck überlassen, um dieselbe innerhalb des Herzogthums Anhalt zum Besten der im Felde verwundeten und erkrankten Krieger auszustellen. Die Aus⸗ stellung ist in den Städten Dessau, Cöthen, Bernburg, Bal⸗ lenstädt, Harzgerode und Zerbst dergestalt erfolgt, daß die Kondruktion und Handhabung des Geschützes den Besuchern von einem Sergeanten der Königlich preußischen Versuchs⸗Compagnie, welcher auf eine desfallsige Bitte von dem Kriegsministerium zur Verfügung gestellt worden ist, erklärt wurde. Diese Ausstellungen haben eine Gesammt⸗Brutto⸗Einnahme von 822 Thlr. ergeben, welche bei dem Central⸗Komite der deutschen Vereine zur Pflege im Felde verwundeter und erkrankter Krieger eingezahlt worden sind. Die durch die Ausstellungen hervorgerufenen Kosten hat Herr Kühn getragen. Derselbe hat nun das Geschütz unter gleichen Verhältnissen in Leipzig ausgestellt, und sollen die dort erzielten Einnahmen ebenfalls ohne Abzug irgend welcher Unkosten der freiwilligen Krankenpflege und 8 Unterstützung der Invaliden im Königreich Sachsen zu Gute ommen.

Nach einem uns von dem stellvertretenden Direktor des land⸗ wirthschaftlichen Kreisvereins Höxter, Schonlau, zugesandten Be⸗ richt wurde am 31. August v. J. in der General⸗Versammlung des landwirthschaftlichen Kreisvereins Höxter beschlossen, der Königlichen Regierung aus Vereinsmitteln 300 Thlr. für die Ver⸗ wundeten zur Verfügung zu stellen, was Seitens des Vereinsvor⸗ standes z. Z. geschehen. Zu gleicher Zeit wurde noch eine Samm⸗ lung von Geldern unter den Vereinsmitgliedern angeregt, die den Truppen zu Gute kommen sollten.

Obgleich die Vereinsmitglieder schon Anfangs zu den veranstalte⸗ ten Sammlungen nach Kräften beigetragen, so ergab diese Kollekte ein außerordentlich günstiges Resultat, da der kleine landwirthschaft⸗ liche Verein des Kreises Höxter, aus ca. 160 Mitgliedern bestehend, die Summe von 420 Thlr. zusammenbrachte.

Von diesen 420 Thlr. wurden dem Bergmeister Ekhardt zu Höxter 150 Thlr., so wie dem Bürgermeister Witkop 94 Thlr. zum Ankauf von wollenen Bekleidungsstücken, Branntwein, Tabak ꝛc. für die Truppen vor Metz zur Verfügung gestellt; der Rest von 176 Thlr. ist dem Delegirten der Provinz Westfalen, Regierungs⸗Präsidenten von Bodelschwingh, überwiesen.

Außerdem sind von den Viktualien, die in dem Kreise Högxter für unsere Krieger gesammelt, von den Mitgliedern des landwirth⸗ schaftlichen Vereins mehr als die Hälfte gegeben.

Neuerdings finden auf Requisition des Centralkomites der deut⸗ schen Vereine zur Pftege im Felde verwundeter Krieger auch Sen⸗ dungen von Lazareth⸗Gegenständen, Erfrischungen, warmen Kleidungs⸗ stücken ꝛc. Seitens der Provinzial⸗Vereine nach dem Kriegsschauplatz statt. So hat der Sächsische Provinzial⸗Verein und der Kieler Ver⸗ ein je zwei, der Preußische, Schlesische und Hannoversche Provinzial⸗ Verein je eine Sendung in der ersten Woche des Januar ausgeführt. Nach dem Depot des Central⸗Komites zu Orleans sind zwei große Sendungen von Berlin aus und je eine von Hamburg, Lübeck und Bremen aus unterweges, ebenso zwei große Sendungen von Berlin aus und je eine von Hamburg und Bremen aus nach Amiens.

Große Summen sind aus fremden Erdtheilen, nament⸗

lich aus Nord⸗Amerika, zum Besten unserer verwundeten und

erkrankten Krieger, so wie der Hinterbliebenen der Gefallenen

bei dem Centraltomite der deutschen Vereine zur Pflege im

verwundeter und erkrankter Krieger eingegangen. Bei der auer des Krieges haben die von dort her kommenden Gaben nicht mehr den früheren Umfang, und die daselbst gebildeten patrio⸗ tischen deutschen Komites haben ihr Augenmerk darauf gerichtet, durch Bazars die Einnahmequelle von Neuem zu beleben. Auch hier ist Nord⸗Amerika mit gutem und hervorragendem Beispiele vorangegan⸗