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öffentlichen Meinung, noch mehr, sie befindet sich gegenwärtig im
Zustande der Kriegsgefangenschaft. Nichts steht der Annahme entgegen, daß die Regierung zu Paris, wenn sie besser unter⸗ richtet gewesen wäre, in Uebereinstimmung mit der Regierung zu Bordeaux verfahren haben würde; ebenso wenig ist es aber erwiesen, daß, als die Pariser Regierung Jules Simon im Allgemeinen die Mission ertheilte, die Wahlen bewerkstelligen zu lassen, sie in absoluter und verletzender Weise den Fall der Incompatibilität hat entscheiden wollen. Unter diesen Um⸗ ständen hält die Regierung zu Bordeaux es für ihre Pflicht, ihr Wahldekret aufrecht zu erhalten, trotz der Remonstrationen und der Einmischung des Grafen Bismarck in die inneren An⸗ gelegenheiten des Landes; sie hält es aufrecht im Namen der Ehre und Interessen Frankreichs. Ein Mitglied der Regierung von Bordeaux ist heute abgereist, um selbst den wahren Sach⸗ verhalt zur Kenntniß der Pariser Regierung zu bringen. Ge⸗ geben zu Bordeaux am 4. Februar 1871. Gez.: Crémieux, Gambetta, Glais⸗Bizoin, Fourichon.
— Die »Indépendance« veröffentlicht die von dem pa⸗ riser Komite unter dem Vorsitz Dufaure's aufgestellte Kan⸗ didatenliste für die Konstituante. Darunter sind folgende 11 Mitglieder der Regierung: Favre, Gambetta, Glais⸗Bizoin, Picard, Jules Simon, Pelletan, Emmanuel Arago, Garnier⸗ Pagés, Ferry, Rochefort; ferner die Admirale Saisset, Ron⸗ cioͤre le Noury, Pothuau, die Generale Frebault, Bellemarre, 7 Vertreter der Wissenschaft, als: Faustin Hélie, Leblond, Germain Say, Ricord, Sainteclaire Deville, Berthelot, Thiers, die Banquiers Alphonse Rothschild und Mallet, die Ingenieure Solacrout, Pierard, Sauvage, die Publizisten Le⸗ moinne vom »Débats⸗, Nefftzer vom »Temps« (Letzterer ver⸗ weigerte die Annahme eines Mandats und schlug statt seiner seinen Kollegen Hebrard vom * Temps« vor), ferner fünf Maires: Desmarets, Bonvalet, Carnot, Martin, Vacherot und der ehemalige Maire Cochin, ferner: Victor Hugo, Louis Blanc und Quinet.
Verflossenen Donnerstag hatte Rochefort die erste Nummer
seines neuen Blattes herausgegeben. — Die Wahldekrete, welche die Delegation von Bordeaux er⸗ ließ, lauten wortgetreu wie folgt:
Erstes Dekret: Die Mitglieder der Regierung der nationalen Ver⸗ theidigung, welche in Bordeaux ihren Sitz haben, dekretiren:
Art. 1. Die Wahlversammlungen sind zusammenberufen, um die Volksvertreter für die Nationalversammlung zu erneuern.
Art. 2. Sie werden sich Mittwoch, 8. Februar, versammeln, um nach den Formen des Gesetzes zur Wahl zu schreiten.
Art. I3. Ein heute erlassenes Dekret regelt die legalen Bestim⸗ mungen. Es wird sofort veröffentlicht werden.
Art 4. Die Präfekten, Unter⸗Präfekten und Maires sind mit der Ausführung des vorliegenden Dekrets betraut, welches den beste⸗ henden Verordnungen gemäß veröffentlicht, angeschlagen und ausgeführt werden wird. — Gegeben zu Bordeaux, 31. Januar 1871.
Zweites Dekret: Die Mitglieder der nationalen Vertheidigung, delegirt, um die Regierung zu repräsentiren und ihre Gewalten aus⸗ zuüben; in Erwägung, daß es gerecht ist, daß der Mitschuldige des Regimes, das mit dem Attentat des 2. Dezember begonnen hat, um mit der Kapitulation von Sedan zu enden, und so Frankreich dem Ruin und der Invasion hinterließ, augenblicklich von derselben politi⸗ schen Déchéance getroffen werden muß, wie die auf ewig verfluchte Dynastie, deren schuldvolles Instrument er war; in Erwägung, daß es eine nothwendige Sanktion der Verantwortlichkeit ist, welche denen zufaäͤllt, die mit Wissen den Kaiser in der Erfüllung der verschiedenen Alten seiner Regierung, welche das Vaterland in Gefahr gebracht, unterstützten und ihm gehorchten, dekretiren:
Art. 1. Werden nicht zu Volksvertretern zur Nationalversamm⸗ lung die Individuen gewählt werden können, welche vom 2. Dezem⸗ ber 1851 bis zum 4. September 1870 die Funktionen von Ministern, Senatoren, Staatsräthen und Präfekten angenommen haben.
Art. 2. Sind ebenfalls von der Wählbarkeit zur Nationalver⸗ sammlung E“ die Individuen, welche bei den legislativen Wahlen, die vom 2. Dezember 1851 bis zum 4. September 1870 stattgefunden, offizielle Kandidaturen angenommen haben und deren Namen auf den Listen der Kandidaturen figuriren, welche von den Präfekten den Wählern empfohlen worden sind und deren Namen vom offiziellen »Moniteur« mit den Bezeichnungen Regierungskandi⸗ Sa 8,11ö oder offizieller Kandidat veröffentlicht wor⸗
en sind.
Art 3. Sind null und nichtig die Stimmzettel, welche die Namen der zu oben bezeichneten Kategorien gehörenden Individuen tragen. Diese Bulletins werden beim Sählen der Stimmen nicht in Anrechnung kommen. 2
Bordeaux, 31. Januar 1871.ͤ v 11X“X“
Drittes Dekret: Die Delegation der Regierung der nationale Vertheidigung, in Anbetracht des Dekretes vom heutigen Tage, welches für den 8. Februar die Bürger, die die Wahl der Nationalversamm⸗ lung vornehmen sollen, zusammenberuft, in der Absicht, die Freiheit und das Geheimniß der Wahlen so sehr, als es unter den gegenwär⸗ tigen dringenden Umständen möglich ist, zu sichern; dekretiren:
Art. 1. Der Maire einer jeden Gemeinde wird sofort eine allge⸗ meine Liste der Bewohner der Gemeinde aufstellen, welche zum wenigsten 21 Jahre alt und französische Bürger sind. Diese Liste Sonnabend (4.) oder Sonntag (5.) Morgens veröffentlicht werden.
Sonntag und am Montag bis Abends 10 Uhr ihre Rek dem Maire machen. Unter seiner Prastdentscaf⸗ 11“
mission eingesetzt, die aus vier Wählern bestehen und über alle Ggek.
suche E“ wird.
lrt. 3. ie additionelle Liste wird am Dienstag angeschl und die Bürger, welche darauf eingeschrieben wo 8 “
„ r der ea Theil “ 8esc 6 „Art. 4. erden an der Wahl Theil nehmen alle französische
Bürger von 21 Jahren, welche auf den Listen di Sefg sreglh 818 ausgenommen sind nur die, welche von den Ausnahmefällen in Ar⸗ tikel 3 des Gesetzes vom 15. und 18 März 1849 betroffen worden.
Art. 5. Alle Wähler votiren im Hauptort ihres Kantons nach den Wahllisten. Indeß kann der Präfekt wegen örtlicher Verhältnisse den Kanton in zwei oder drei Wahldistrikte eintheilen.
Art. 6. Die Abstimmung wird nur einen einzigen Tag dauern. Die Abstimmung ist von 7 Uhr Morgens bis Abends 8 Uhr eröffnet.
Art. 7. Es wird gewählt nach den Vorschriften des Gesetzes vom 15, bis 18. März 1849, nur mit dem einzigen Unterschiede, daß der Präfekt den Vorstand für jede Sektion bezeichnen kann.
S 8 8b “ 9. geheim.
Art. 9. ie Zählung findet am nämlichen (Mittwoch) Abend statt. Sie beginnt um 7 ⅞ Uhr. Die Zaͤhlungstische müssen fünf Personen zum wenigsten bestehen.
Art. 10. Die Wählbaren, welche die meiste Anzahl legaler Stim⸗ men haben, wie groß auch die Zahl der eingeschriebenen Wähler sein mag, werden zu Volksvertretern zur Nationalversammlung pro⸗ klamirt werden. 1 1
Art. 11. Die Gesammtzahl der Volksvertreter wird 759, die französischen Kolonien nicht mit einbegriffen, betragen.
Art. 12. Die nach der Basis der Bevölkerung zu ernennenden Repräsentanten werden zwischen den Departements nach der dem gegenwärtigen Dekrete beigefügten Tabelle vertheilt werden.
Art. 13. Wenn irgend ein Irrthum sich in die Tabelle einge⸗ schlichen, welcher ein oder mehrere Departements irgend einer Anzahl von Repräsentanten beraubt, so wird die Nationalversammlung die Sahr festsezen, und die Regierung dieselbe sofort vervollständigen assen.
Art. 14. Sind wählbar alle französischen Bürger, welche das Recht haben, auf die Wahllisten eingeschrieben zu werden, vorausge⸗ setzt, daß sie 25 Jahr alt sind.
Art. 15. Sind von der Wählbarkeit ausgeschlossen, die Mitglie⸗ der der Familien, welche seit 1789 über Frankreich regiert haben. Sind null und nichtig die Stimmzettel, welche die Namen der Per⸗ sonen tragen, welche in diesem Artikel bezeichnet sind. Die Bulletins werden nicht mitgezählt werden. —
Art. 16. Können nicht zu Volksvertretern erwählt werden die Individuen, welche einer der ersten Kategorien des Art. 79 des Ge⸗ setzes vom 15/18. März 1849 und den Verfügungen des Art. 81 des naͤmlichen Gesetzes anheimfallen.
Art. 17. Die Inkomptabilitäten, welche sich im Art. 82 dieses Gesetzes und in den diesem folgenden befinden, sind abgeschafft.
Art. 18. Der Art. 62 des nämlichen Gesetzes ist auf die Armee im Felde anwendbar. Unter den Fahnen, in den Armeen oder in
das Recht, zu votiren, und üben ihr Recht dem Wortlaut dieses Ar⸗ tikels gemäß aus.
Art. 19. Die Bürger, die sich außerhalb ihres Departements be⸗ finden und die an der Abstimmung Theil nehmen wollen, haben das Recht, im Kanton zu votiren, wo sie sich befinden, wenn sie sich von zwei Wählern, welche ihre Identität konstatiren, begleiten lassen. — Ihre Stimmzettel kann die Namen der Wählbaren ihres Departe⸗ ments tragen, und in diesem Fall wird der Stimmzettel vom Präsi⸗ denten der Wahlsektion an den Präfekten des Departements gesandt.
Art. 20. Die Zahl der Deputirten in den Kolonien ist folgender⸗ maßen festgesetzt: Martinique 2, Guadeloupe 2, Guyana 1, Sene⸗
gal 1, Reunion 2. Im Ganzen acht. Art. 21. Das Gesetz vom 15. bis 18. März 1849 ist übrigens
in allen Bestimmungen, welche nicht gegen das vorliegende Dekret
betreffen und nach diesem Gesetze erlassen wurden, sind abgeschafft.
Bordeaux, 31. Januar 1871. Die drei Dekrete sind von A. Cremieux, L. Gambetta, Glais⸗
Bizoin, L. Fourichon unterschrieben, welche bekanntlich die Delegation
zu Bordeaux bilden. — Garibaldi hat auf Ansuchen der Gemeindebehörde in
Nizza die Kandidatur zur Constituante im Departement der See⸗Alpen angenommen. — Das »Sidcle⸗ und die »Gironde«, die Organe Gambetta's, sprechen sich in längeren Artikeln gegen die Abtretung der Ostprovinzen aus. — Der »Etoile Belge«, das Organ der Familie Orleans, theilt folgendes Manifest des Herzogs von Aumale mit: Meine Herren Wähler! Vor vier Monaten haben einige unter Ihnen mir Ihre Stimmen angeboten; ich weiß nicht, ob es Ihnen heute ansteht, mir dieselben zu geben. Ich kann Ihnen übrigens nicht so vollständig, nicht so frei sprechen, wie ich es wünschte, und ich muß in mein Herz alle Gefühle zurückdraͤngen, die aus demselben strömen.
Ich weiß selbst nicht, ob diese wenigen Zeilen bis zu Ihnen gelangen.
Ich werde indeß versuchen, sie in Ihre Haͤnde zu. bringen; denn denen, welche mich doch nicht wählen wollen, um sie in der Nationalversammlung zu repraͤsentiren, glaube ich einige Erklärungen über zwei Hauptfragen geben zu müssen, welche in jener Versammlung aufgestellt werden: nämlich über die Kriegs⸗ und Friedensfrage und über die konstitutionelle Frage. Betreffs des ersten
Punktes muß ich, da ich keine direkte oder indirekte Verantwortlich⸗
ʒArt. 2. Alle diejenigen, welche vergessen werden, können am
den Lagern haben die Soldaten, die Mobilen und die Mobilisirten
lich dürfte die erstere durchgehen.
sind, anwendbar; alle legislativen Bestimmungen, welche die Wähler
schiffbar.
keit an den Ereignissen oder Handlungen habe, welche der Krieg und die gegenwärtige Lage bereitet, mir die ganze Unabhängig⸗ keit meines Urtheils sicher stellen. Ich bin noch mehr dazu er⸗ mächtigt durch die Unthätigkeit, die man mir aufgezwungen, als ich mit Beharrlichkeit das Recht in Anspruch nahm, für mein Land zu kämpfen. Betreffs des zweiten Punktes werde ich mich mit voller Aufrichtigkeit erklären. Wenn ich die Lage Frankreichs, seine Geschichte, seine Traditionen, die Ereignisse der letzten Jahre ins Auge fasse, so
bin ich von den Vortheilen durchdrungen, welche die konstitutionelle Monarchie darbietet; ich glaube, daß sie den legitimen Aspirationen
iner demokratischen Gesellschaft entsprechen und mit der Ordnung nd Sicherheit alle Fortschritte, alle Freiheiten garantiren kann Es nit einem Gemisch kindischen Stolzes und patriotischen Schmerzes, daß ich Frankreich in seinem gegenwärtigen Zustande mit dem vergleiche, in welchem es sich unter der Regierung meines Vaters befand. Diese Meinung, ich habe als Mann das Recht, ie zu haben, und ich glaube heute, daß es meine Pflicht ist, sie als Bürger ausdrücken; aber ich mische mich in keine Partei ein, erfolge keine ausschließliche Tendenz. In meinen Gesinnungen, in meiner Vergangenheit, in den Traditionen meiner Familie finde ich ichts, was mich von der Republik trennt. Wenn Frankreich unter ieser Form frei und definttiv seine Regierung konstituiren will, so in ich bereit, mich vor seiner Souveränetät zu beugen und werde n ergebener Diener sein. Konstitutionelle Monarchie oder liberale Republik: durch politische Redlichkeit, Geduld, Eintrachtsgeist, Selbstverläugnung kann Frankreich gerettet, rekonstituirt un regene⸗ irt werden. Es sind diese Gesinnungen, welche mich beseelen. 1. Februar 1871. H. d'Orleans, Herzog v. Aumale.
Lille, 3. Februar. Das »Memorial de Lille« veröffent⸗ licht die Liste der von dem hiesigen nationalen Komite aufge⸗ stellten Kandidaten für die zu wählende Constituante. Die Mehrzahl dieser Kandidaten gehört der gemäßigten Partei an.
In dieser Liste werden unter Anderen genannt: Thiers, Chan⸗
garnier, Keller, Brame, Kolb⸗Bernard.
General Faidherbe hat den Kommandanten hiesiger Stadt telegraphisch über die in Gemäßheit der Konvention vom 28. Januar gezogene Demarkationslinie verständigt, mit dem Hinzufügen, daß über die Räumung der Stadt Abbeville und des L. Theiles des Aisne⸗Departements noch verhandelt werde.
— Die »Indépendance belge« hält die Mittheilung von dem Tode Bouͤrbaki's für unbegründet und fügt hinzu, daß in Brüssel lebende Verwandte des Generals Nachrichten von der Besserung seines Zustandes erhalten haben.
Dasselbe Blatt meldet aus Lyon vom 1. d., daß der
Prafekt des Rhone⸗Departements die Versammlungsfreiheit wiederhergestellt habe.
Nach Berichten aus Lille vom gestrigen Tage haben die Deutschen auf Grund der Waffenstillstands⸗Bedingungen Abbe⸗ ville besetzt, so daß sie jetzt alles Land südlich und östlich von
as de Calais inne haben. — Die öffentlichen Versammlun⸗ gen gehen in Lille ruhig vor sich. Bis jetzt existiren 2 Wahl⸗ listen, eine monarchische und eine republikanische. Voraussicht⸗ Der Korrespondent der »In⸗ dépendance« fügt hinzu, Frankreich sei des Krieges müde, und wenn die Friedensbedingungen gemäßigt seien, so könne man den Frieden als gesichert betrachten.
Lille, 4. Februar. (W. T. B.) Auf der demokratischen Wahlliste des Departements Pas de Calais befinden sich u. A. Jules Favre und General Faidherbe. — Eine Deputation von Wählern der Stadt Lille hat den Präfekten um Aufklärung ersucht über das Dekret der Regierung vom 31. v. M. Der
Präfekt erklärte, es müsse das Dekret vom 31. v. M. für gül⸗ tig angesehen werden, weil es nach dem Pariser Dekret erlassen
sei und letzteres daher aufhebe. Kolb⸗Bernard und Brame
haben gegen das Gambetta'sche Dekret protestirt und angesichts desselben ihre Kandidaturen zurückgezogen.
1 — Auch von dem Nationalkomite in Lille ist gegen dasselbe Dekret ein Protest
erlassen worden. Die Seine ist jetzt bis Rouen
Havre, 4. Februar. — 5. Februar. (W. T. B.) Gamhetta hat ein De⸗
kret erlassen, worin bestimmt wird, daß Havre mit seinem
Arrondissement einen eigenen Wahlbezirk bilden soll, da die
übrigen Theile des Departements »Seine inférieure« von den Deutschen besetzt seien.
Dieppe, 4. Februar. (W. T. B.) Bis heute ist der Eisen⸗
bahnverkehr für Personen nicht eröffnet. Dieppe hat eine preußische Besatzung erhalten. Die Bevölkerung wünscht den
Frieden. 4 Nizza, 4. Februar. (W. T. B.) Der Präfekt des De⸗
partements der Seealpen hat eine Proklamation erlassen, worin
er ankündigt, daß das Ende der jetzigen Krisis bald zu erwar⸗ ten sei. Die Delegation habe den Waffenstillstand angenom⸗ men, und das Volk werde jetzt die Friedensbedingungen prüfen. Es werde sie annehmen, wenn sie ehrenvoll seien, und sie nur zurückweisen, wenn sie erniedrigend sein sollten. Der Krieg
Würde es unumgänglich fordere; er werde aber aufhören, wenn nur die Ehre unbefleckt bleibt.
— Gestern Abend hat ein im Theater Louis stattgehabtes Meeting beschlossen, eine Volksdemonstration ins Werk zu setzen, bei welcher Gambetta befragt werden soll, ob er gesonnen sei, event. die Präsidentschaft eines Wohlfahrtsausschusses anzu⸗ nehmen, und ob er bei seinem früheren Versprechen des Wider⸗ standes bis zum Aeußersten beharren würde. Die Antwort Gambetta's soll in schriftlicher Form erbeten werden.
Spanien. Madrid, 3. Februar. (W. T. B.) Ein Manifest der republikanischen Minorität der Cortes, in welchem die Bethei⸗ ligung an dem Wahlkampfe angerathen wird, ist heute hier veröffentlicht worden. Als zu erreichende Ziele werden hinge⸗ stellt: Reform des Artikel 33 der Verfassung und Absetzung der Savoye'schen Dynastie.
Landtags⸗Angelegenheiten.
Berlin, 6. Februar. In der Sitzung des auses der Abgeordneten am 4. d. M. antwortete der Minister des Innern, Graf zu Eulenburg, auf die Interpellation des Abgeordneten Dr. Windthorst in Betreff des Kriegszustandes in den Bezirken des VIII. ꝛc. Armee⸗Corps:
Es ist Ihnen bekannt, meine Herren, und an anderer Stelle schon eingehend auseinandergesetzt, daß die Erklärung des Kriegs⸗ zustandes in gewissen Theilen der preußischen Monarchie durch die Bedürfnisse des Krieges hervorgerufen war; die Bedürfnisse des Krieges allein werden auch über die Nothwendigkeit der Fortdauer und über den Zeitpunkt, bis zu welchem diese Fortdauer sich erstrecken soll, zu entscheiden haben. In dieser Beziehung ist also das preußische Staats⸗Ministerium außer Stande, selbst zu dekretiren, oder eine Erklärung dahin abzugeben, daß es mit Erfolg bemüht sein werde, auf die Aufhebung des Kriegs⸗ zustandes zu einem gewissen Zeitpunkte hinzuwirken. Allein die Regierung theilt mit Ihnen den Wunsch und die Absicht, daß die Wahlfreiheit durch die Maßregeln, die etwa der Kriegszustand mit sich führen könnte, in keiner Weise benachtheiligt werde; darauf hin⸗ zuwirken, daß keine Beengung der Wahlfreiheit stattfinde, kann die Regierung zusagen und, daß eine solche Beengung nicht stattfinden werde, versichern. Im Uebrigen werden ja die Verhandlungen, die hier im Hause gepflogen sind, zur Kenntniß des Hauptquartiers kom⸗ men — die Einbringung der Interpellation ist von mir schon gestern dorthin telegraphirt worden —; ich bin überzeugt, daß diejenigen Ge⸗ sichtspunkte, welche ich in diesem Augenblick aufzustellen die Ehre hatte, auch im Hauptquartier maßgebend sind, und daß die ausgesprochenen Wünsche so weit ihrer Erfüllung werden entgegengeführt werden, als eben die Bedürfnisse des Krieges es gestatten.
— In der Nacht zum 4 d. M. verstarb auf Schloß Branitz das aus besoöͤnderem Allerhöchsten Vertrauen berufene Mitglied des Herren⸗ hauses Hermann Fürst von Pückler⸗ Muskau, General⸗ Lieutenant à la suite der Armee, geboren den 30. Oktober 1785. Zugleich bekannt als Verfasser mehrerer Reisewerke.
— Die Nr. 5 der »Zeitung des Vereins Deutscher Eisenbahn⸗ Verwaltungen« hat folgenden Inhalt: Bericht über die Verkehrs⸗ Resultate der Eisenbahn⸗Verbände, welche innerhalb des Vereins deutscher Eisenbahn⸗Verwaltungen bestehen, für das Jahr 1869. — Die preußischen Eisenbahnen zu Ende 1869 — Technische Notizen:
und fehlender Güter. Mittheilungen über Eisenbahnen: Vom Kriegs⸗ schauplatz: Die Kapitulation von Paris und der Uebertritt der Bour⸗ baki'schen Armee; die Verproviantirung von Paris per Eisenbahn und Dampfschiffahrt. Die Sprengung der Eisenbahnbrücke bei Fon⸗ tenay; Störung des Eisenbahnbetriebs im Elsaß und auf der Linie Chaumont⸗Chatillon⸗Corbeil; Wiederherstellung der Linien Thionville⸗ Mezières und Chaͤrtres⸗Le Mans⸗Conlie. — Norddeutsche Briefe: Vom Verliner Eisenbahn⸗Aktienmarkte; Wiedereröffneter Eil⸗ und Frachtgut⸗Verkehr; Saalbahn; Nossen⸗Freiberg⸗Brüx; Neurode⸗ Schweidnitz; Erweiterung des Liegnitzer Bahnhofs; Saarbrücker E.; Alsfeld⸗Hersfeld; Neumünster⸗Toͤnning; Ostfriesische Eisenbahn⸗Pro⸗ jekte. Secundäre Bahnen in Schleswig⸗Holstein. Wagenmangel der deutschen Eisenbahnen betreffend. Uebereinkommen, die militärischen Transporte auf den Eisenbahnen betreffend. — Personalnachrichten. — Ausland: Schweiz, Romanshorn⸗Constanz. England;: Bestim⸗ mungen, betreffend Viehtransport auf Eisenbahnen. — Eisenbahn⸗ Kalender. Offizieller Anzeiger. Privat⸗Anzeiger.
Kunst und Wissenschaft.
— Am 1. Februar starb der russische Komponist Alexander Nikolajewitsch Ssjerow. Er war eben im Begriff, seine letzte Oper »Feindliche Kraft« zu beendigen, von der nur der letzte Akt noch nicht ganz instrumentirt war. Zur Wiederherstellung seiner Gesundheit beabsichtigte er zum Frühling ins Ausland zu gehen, wo er eine neue
werde nicht fortgesetzt werden, es sei denn, daß die nat e
Oper beginnen wollte, deren Sujet der Novelle Gogols »Schmid
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Verein für Eisenbahnkunde zu Berlin. — Verzeichniß überzähliger
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