1871 / 51 p. 7 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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Uebersicht der Verhandlungen beider Häuser des Land⸗ tags während der Sitzungsperiode 1870,71.

In der abaelaufenen Sitzungsperiode sind von der König⸗ lichen Staatsregierung beiden Häusern des Landtags 23 Ge⸗ setzentwürfe, beziehentlich Denkschriften zur verfassungsmäßigen Beschlußnahme vorgelegt und zwar 17 Gesetzentwürfe mit Einschluß des Staatshaushalts⸗Etats pro 1871 und eines Nachtrages hierzu; 1. Verordnung für die Hohenzollernschen Landestheile zur Aus⸗ führung des Gesetzes über die Kriegsleistungen und die Unter⸗ stützung hülfsbedürftiger Familien der zum Dienste einberufenen Mannschaften der Reserve, Landwehr und Ersatzreserve; 1 allge⸗ meine Rechnung pro 1867; 2 Uebersichten von den Staatseinnahmen und Ausgaben mit dem Nachweise von den Etatsüberschreitungen und extraordinären Ausgaben für die Jahre 1868 und 1869; 1 Rechen⸗ schaftsbericht über die Ausführung des Gesetzes vom 19. Dezember 1869, betreffend die Konsolidation preußischer Staatsanleihen; 1 Nach⸗ weisung über die Verwendung des im Etat der Eisenbahn⸗Verwal⸗ tung pro 1869 zu unvorhergesehenen Ausgaben ausgesetzten Dispo⸗ sitionsfonds von 150,000 Thlr.)

Außerdem ist beiden Häusern der 21. Bericht der Staatsschulden⸗ Kommission zugegangen.

Von den Gesetzen sind durch übereinstimmende Beschlüsse beider Häuser des Landtags folgende 16 Vorlagen erledigt:

Gesetzentwurf, betr. die Fesistellung des Staatshaushalts Etats für 1871 und Entwurf eines Nachtrags zu dem Gesetze, betr. die Feststellung des Staatshaushalts⸗Etats für 1871.

Gesetzentwurf, betr. die Indemnitäts⸗Ertheilung in Bezug auf die Ausführung des Gesetzes vom 9. März 1867 und die Feststellung der nach Maßgabe des Gesetzes vom 19. Maärz 1870 zu deckenden Aus⸗ gaben aus dem Jahre 1868.

Allgemeine Rechnung über den Staatshaushalt des Jahres 1867 nebst den dazu gehörigen Anlagen, einem Vorbericht und den Be⸗ merkungen der Ober⸗Rechnungskammer, sowie die Rechnung der Rendantktr des Staatsschatzes für dasselbe Jahr.

Denkschrift, betr. die Uebersicht von den Staats⸗Einnahmen und Ausgaben mit dem Nachweise von den Etatsüberschreitungen und den extraordinaͤren Ausgaben für das Jahr 1868.

Uebersichten von den Staats⸗Einnahmen und Ausgaben des Jahres 1869, nebst der dazu gehörigen Denkschrift und den Motiven für die darin nachgewiesenen Etatsüberschreitungen und außeretats⸗ mäßigen Ausgaben.

Rechenschaftsbericht über die Ausführung des Gesetzes vom 19. Dezember 1869, betr. die Konsolidation preußischer Staats⸗ Anleihen.

Gesetzentwurf, betr. den Umlauf der auf Grund des Gesetzes vom 23. Dezember 1867 ausgegebenen Darlehns⸗Kassenscheinen.

Gesetzentwurf, betr. die Leistung eines Vorschusses für die Kriegs⸗ führung.

Gesetzentwurf, betr. den Bau einer Eisenbahn von Hanau nach Offenbach, die Herstellung einer Verhindungskurpe zwischen der Frank⸗ furt⸗Offenbacher und Main⸗Neckarbahn, die Anlage eines zweiten Ge⸗ leises auf einer Strecke der Frankfurt Offenbacher Eisenbahn und den Ankauf des Großherzoglich hessischen Theils dieser Bahn, sowie die Vermehrung des Betriebsmaterials der Staatsbahnen.

Gesetzentwurf, betr. die Ausführung des Bundesgesetzes über den Unterstützungswohnsitz.

Verordnung vom 17. August 1870 für die hohenzollernschen Lande zur Ausführung der Gesetze über die Kriegsleistungen und die Unter⸗ stützung hülfsbedürftiger Familien der zum Kriege einberufenen Mann⸗ schaften der Reserve⸗Landwehr und Ersatz⸗Reserpe. 1

Gesetzentwurf, betr. die Bewilligung von Darlehen an die Kreis⸗ verbände im Regierungsbezirk Trier.

Gesetzentwurf, betr. die landschaftlichen Brandkassen in der Pro⸗ vinz Hannover. 1 1

Gesetzentwurf, betr. einige Abänderungen der Wegegesetzgebung in der Provinz Hannover. 8

Gesetzentwurf, betr. das Expropriations⸗Verfahren in der Provinz Hannover und im Gebiete der vormals freien Stadt Frank⸗

furt a. M.

Außerdem haben die Zustimmung beider Häuser des Landtags die nachfolgenden zwei, aus der 8 des Abgeordnetenhauses hervorgegangenen Gesetzentwürfe gefunden: .

Gesetzentwurf, betr. die Aufhebung des §. 643 des zweiten Titels, zweiten Theils des Allgemeinen Landrechts, und

Gesetzentwurf, betr. die Eheschließungen der Militärpersonen.

Von den Vorlagen der Königlichen Staatsregierung haben die Zustimmung der beiden Häuser des Landtags 3 nicht gefunden:

Gesetzentwurf wegen Entrichtung der Mahlsteuer von Stärke (Kraftmehl) und Puder aus Reis (abgel. vom Abgeordnenthause);

Gesetzentwurf, betr. die den Medizinalbeamten für die Besorgung gerichtsaͤrztlicher, medizinal⸗ oder sanitätspolizeilicher Geschäfte zu ge⸗ währenden Vergütungen (abgelehnt vom Herrenhause),

Gesetzentwürfe, betr. 1) die Verhälmisse der evangelischen Kirchen im Regierungsbezirk Cassel, und 2) die Presbyterial⸗ und Synodal⸗ Ordnung für die evangelischen Kirchengemeinden in Hessen (zurück⸗ gezogen von der Königlichen Staatsregierung).

Wegen Schluß des Landtags sind drei andere unerledigt ge⸗ blieben:

Gesetzentwurf, betr. die Marktstandsgelder in den neu erworbenen Landestheilen,

Gesetzentwurf, betr. die Uebertragung der Verwaltung und Be⸗ aufsichtigung des Volksschulwesens in der Provinz Hannover von den Konsistorien auf die Landdrosteien und das Provinzial⸗Schulkolle⸗

gium und

Entwurf einer Strandungs⸗Ordnung für die Provinzen Preuße und Pommern.

Von den Vorlagen der Königlichen Staatsregierung sind demnach 16 durch uüͤbereinstimmende Beschlüsse beider Häuser des Landtags er⸗ ledigt. Von den Füicen 6 sind 3 theils abgelehnt, theils zurückge⸗ zogen, 3 wegen Schluß des Landtags unerledigt geblieben.

Das Haus der Abgeordneten war in dieser Session vom 14. bis 22. Dezember v. J. und darauf wiederum vom 5. Januar bis heute das sind zusammen 53 Tage der parlamentarischen Thä⸗ igkeit.

„In dieser Zeit haben 32 Plenarsitzungen stattgefunden; die Ab⸗ theilungen haben 70, die Kommissionen 111 Sitzungen abgehalten.

Das Haus hat in dieser Session die Wahlen von 431 seiner Mit⸗ Klisder geprüft; 427 Wahlen wurden für gültig, 2 für ungültig erklärt, 2 Wahlen sind beanstandet worden und 2 Wahlen noch ungeprüft geblieben. Gegenwärtig sind 6 Mandate erledigt. Von der König⸗ lichen Staatsregierung sind den beiden Häusern des Landtages 23 Vor⸗ lagen gemacht worden.

Die Vorberathung des Staatshaushalts⸗Etats im ganzen Hause der Abgeordneten, in welcher 18 Anträge eingebracht wurden, hat das Plenum in 6 Sitzungen, die Schlußberathung desselben, in der 3 An⸗ träge gestellt wurden, in 2 Sitzungen beschäftigt und sind dabei 5 Re⸗ solutionen angenommen worden.

Außer den bei der Etatsberathung gestellten Anträgen und der

auf Antrag des Präsidiums an Se. Majestät den Kaiser und König vom Hause beschlossenen Adresse sind von den Mitgliedern des Hauses 21 Anträge, inkl. 5 Interpellationen, eingebracht worden, von denen 14 im Plenum erledigt, resp. von der Königlichen Staatsregierung beantwortet, 2 Anträge von den Antragstellern zurückgezogen wurden, zwei in den Kommissionen durchberathen, wegen Schlusses der Session aber nicht mehr zur Verhandlung im Plenum kamen, und drei un⸗ keledig. geblieben sind. Von den Kommissionen und Abtheilungen sind außer den münd⸗ lichen Berichten über Wahlprüfungen 47 schriftliche Berichte erstattet und 45 Anträge zu mündlichen Berichterstattungen gestellt worden, welche bis auf 12. im Plenum zur Berathung gelangt sind.

Die Zahl der eingegangenen Petitionen beträgt 530, davon sind 34 der Koͤniglichen Staatsregierung zur Berücksichtigung resp. Abhülfe oder Erwägung überwiesen, 238 durch die vom Hause bei Berath ung von Gesetzentwürfen, Anträgen ꝛc. gefaßten Beschlüsse für erledigt er⸗ klärt, 40 durch Uebergang zur Tagesordnung erledigt, 3 von den Pe⸗ tenten zurückgezogen und 114 zur Eröoörterung im Plenum nicht für geeignet erachtet worden. Ueber 21 Petitionen sind die von den Kom⸗ missionen erstatteten Berichte nicht mehr zur Berathung im Plenum gelangt und 80 Petitionen kamen theils wegen zu späten Eingangs, theils wegen Schlusses der Session, überhaupt nicht mehr zur Ver⸗

Meteorologischer Bericht über den Monat Januar 1871. (Aus der »Meteorologischen Correspondenz«, welche Nichtabonnenten den Abdruck nicht gestattet.)

Obgleich der Winter 1870 71 noch nicht zu Ende ist, so läßt sich doch jetzt schon übersehen, daß er zu den strengsten gehört, welche seit 1740 vorgekommen sind.

Am 1. Januar wurde der schon im letzten Drittel des Decem⸗ bers andauernde Frost sehr intensiv. Die Temperatur war in den

Berlin 20,059 Posen 23/80, Torgau 21,3°, Trier 12,20, Roche⸗ fort 4,4 %„ LOrient 2,2„ London 5,0°%„ Scarborough 78°, Sheilds —8,0°, Liverpool 3,3°, C. Gris Nez 7,2°0. In Nor⸗ wegen war die Temperatur milder. Zu Oxs 0,0 °, Skudesnaes + 1,7⁰, Christianfund 2,2°. 8

Bis zum 6. Januar hielt die Kälte über einem großen Theile von Europa an. Die Mitte der Kältezone und die höchsten Kälte⸗

zeigte das Thermometer zu Katharinenburg 25,0 °, Archangel —24,0°, Kasan 19,0 °. Am 3. Kasan 31°, Katharinenburg 26°, Archan⸗ gel 290. Am 5. Katharinenburg 340. In Warschau war die Temperatur während der ersten Tage im Januar anstehend 21 ° bis 22°, Moskau hatte 17 °, dagegen Petersburg, Helsingfors, Reval nur bis 60.

Am 6. Januar änderte sich die Temperatur in Westeuropa plötz⸗ lich; es wurde milder. Frost⸗ und Thauwetter wechselten dann ab; dieses dauerte bis zum 22. In Rußland blieb es aber noch sehr kalt. Bis zum 17. schwankt die Temperatur zu Katharinenburg zwischen 240 und 33°, zu Kasan zwischen 24° und 290. In Mos⸗ kau ist die Temperatur vom 10—12. 25c‧.

Am 21. hat der Frost auch in Rußland plötzlich etwas ngchge lassen. Selbst Katharinenburg hat nur 14 ° und Orenburg 15v.

Am 22. stellte sich die Kälte in West⸗Europa auf's Neue ein; sie verbreitete sich jetzt aber von Nordost, vom weißen Meere, dem bottnischen und sinnischen Busen her, über Central⸗Europa bis ins westliche Frankreich, und über den Kanal und die Nordsee hin bis zu den britischen Inseln. Am 23. Januar zeigte das Thermometer zu Archangel 325, am 24. 315, zu Haparanda, wo bis dahin der Frost nur schwach ge⸗ wesen war, 32°. Am 25. hat Petersburg 27,2°, Hesingfors —29, Haparanda 27,70, am 28. Archangel 26,0 °, Haparanda 25,60.

Die Verbreitung der Kälte über Europa am 31. Januar ergiebt

Frühstunden zu: Memel 12,70 *), Danzig 18,6“, Cöslin =220,0°,

grade lagen natürlich wieder auf russischem Gebiete. Am 2. Januar

sich aus den folgenden Zahlen: Archangel 24 , Königsberg 13,8°, Danzig 17,3 °, Cöslin 15,0°, Berlin 13,3°0, Ratidor 22,00, Torgau 13,8°, Gröningen 9,40, Helder 5,60, Cap Gris Nez 2,2 0, London 1,1°„ Ox’ 3/90, Skudesnaes 2,20. 8

In Folge des anhaltenden Frostes waren nicht bloß die Flüsse, sondern auch die Ufer, Buchten und Busen längs der Ost⸗ nnd Nordsee, und des Kanals mit Eis belegt. In den dänischen Gewässern ist seit langer Zeit nicht so viel Eis vorgekommen, als in diesem Winter. Schon um Neujahr war im Kattegat starker Eisgang und der Sund zwischen Seeland und Schweden so zugefroren, daß er von Fußgän⸗ gern und Fuhrwerken überschritten werden konnte. So früh im Winter ist dieses seit 40 Jahren nicht vorgekommen. Im Jahre 1828 fror der Sund erst im Februar zu. Auch damals ging man zu Fuß von Helsingfors nach Helsingoer hinüber. Auch 1855 war der Sund zwischen Seeland und Schoonen zugefroren und das Eis stand noch im April. Von Romoëé wurde die Post im Laufe des Januars, schon vom 1. an, vom nördlichen Theile der Insel über das Eis nach dem Festlande befördert; am Ende des Monats wurde das Eis mit Wagen und Pferden befahren. Bei Bruns⸗ hausen wurde die Elbe quer über von Fußgängern überschritten.

Bei Antwerpen mußte wegen des Eises die Schiffahrt eingestellt werden; die Schiffe waren genöthigt, bei Ostende einzulaufen. In den ersten sechs Tagen des Januar war selbst bei Havre die Dampf⸗ schiffahrt nach Caön unterbrochen und die Garonne bei Bordeaux so mit Eis bedeckt, daß auch hier die Schiffahrt gehemmt war. Der Thermometerstand war zu Rochefort: 31. Dezember 5,6⁰ 1. Januar 4,4 % 2. 7,4 3. 1,0 ⁰% 4. 4,003 5. 3,30.

Da der Barometerstand, die Bewöͤlkung und Niederschläge, ebenso wie die Temperatur durch die Luftströme bedingt sind, so halten die Veränderungen derselben gleichen Schritt. Das Barometer stand vom 1. bis 5. über dem Mittel und der Himmel war bei Windstille oder schwachen ostenördlichen Winden klar. In Folge der dann vom Nord⸗ atlantischen Ocean her andringenden westsüdlichen Luftströmung fiel das Barometer bis zum ersten kleinern Minimum am 9. Zuerst stellte sich mit dieser Strömung vom Ocean her Nebel ein, dann folgte Schnee. Die Mitte dieser Luftströmung ging über Mittel⸗ und Suͤddeutschland hinweg; der Schneefall war hier sehr bedeutend. In der norddeurschen Niederung, zunächst der Küste, fiel nur wenig Schnee. Das Barometer slieg dann wieder, fing aber am 15. aufs Neue rasch und stark zu fallen an, so daß es schon am 17. den absolut niedrigsten Stand im Januar erreichte. Die Ursache dieses Fallens, der südwest⸗ liche oceanische Luftstrom, scheint in getheilter Richtung über Europa weggegangen zu sein. Der eine Arm derselben ging westlich von Irland und über Nordschottland, der andere über den südlichen Theil von Central Europa hinweg. Das Barometer war am 17. in Thurso bis 318,98 "par., in Wick bis 319,3 und in Nairn bis 318/87 gefallen. Ein so niedriger Barometerstand im Niveau des Meeres kommt in Deutschland sowie in Mitteleuropa überhaupt nicht oft vor. Während dieses niedrigen Barometerstandes fiel auf den britischen Inseln eine ungewöhnlich große Regenmenge. Auch in Deutschland war dieses Barometer⸗Minimum von enormen Schneefällen und einer plöͤtzlichen Erhöhung der Temperatur begleitet. Die Temperatur vom 16. bis 19. übertrifft die mittlere: In Brüssel + 1,9° C., Gröningen +† 1,3°, Kiel + 1/3°, Danzig + 3,1 ° Memel + 3,6°, Riga 4/8°, Posen + 2,0°, Trier 2,6⁰, Torgau + 3,/6° und in Ratibor +† 8,1*ꝙ In Folge hiervon fing an verschiedenen Stellen der Eisgang an; das Eis kam jedoch bald wieder zum Stehen. Im westlichen Böhmen hatten sich ungeheure Schneemassen angehäuft, so daß die Bewohner der Gebirgsgegenden nur mit Mühe einige Kommuntkation mit den Nachbarhäusern unter⸗ halten konnten. Die Stollen im Idrianer Bergwerke drohten in Folge der Schwere des auf der Erdoberfläche liegenden Schnees einzustürzen. Der Eisenbahnzug auf dem Karst hatte fortwährend mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen und die Rudolphsbahn war sogar ge⸗ zwungen, wegen des starken Schneefalls in Oberkrain ihre Züge auf einige Zeit einzustellen. Auch auf der Mont⸗Cenis⸗Bahn mußte der gesammte Verkehr eingestellt werden. Auf der Brenner Bahn wurde der Verkehr zwischen der Station Brenner und Schellenberg durch eine Lavine gestört.

Am 22. hatte das Barometer wieder seinen mittlern Stand er⸗

reicht, stieg am 23. darüber hinaus und erreichte am 31. den absolut

höchsten Stand. Während des hohen Barometerstandes vom 22. bis Ende des Monats waren östnördliche Winde von bedeutender Stärke

andauernd, die Luft war trocken und der Himmel an den drei letzten

Tagen klar. Die Mitte der Zone schwerer, kalter Luft finden wir jetzt über Skandinavien und den Ostsee-Provinzen. In Stockholm stand das Barometer am 31. 10", in Skudesnaes 9,4¹, in Christian⸗ sund 9,01, in Memel 9,50, in Danzig 9,21 über dem Mittel. Von hier aus nimmt der Barometerstand nach Südwest hin stetig ab. In

Berlin stand das Barometer noch 7,8,“"t, in Torgau 5/8,“0, in Trier

aber nur 1,51 über dem Mittel; die Ozonreaktion war, wie im Dezember, nur schwach. . b Wie gewöhnlich begleiteten Gewitter⸗Erscheinungen die in Folge des Verdrängens der kontinentalen Luftströme durch die oceanischen mit dem Wetter vorgehende Veränderung. So wurde am 7. Wetterleuchten zu Thurso wahrgenommen. Am 19. Abends hatte man in Triest ein starkes Gewitter, nach welchem warmes Sirokko⸗ Wetter eintrat. Am 17. wurde im Südost von England Donner, Blitz, begleitet von Hagel, beobachtet. Am 21. wurde zu Roche'’s Point und am 29. zu Yarmouth Wetterleuchten wahrgenommen. Nordlichter wurden beobachtet: am 7. zu Thurso, am 13. zu Breslau, Münster und Thurso. Dann ein besonders prachtvolles zu Thurso am 19. G Feuerkugel wurden gesehen am 6. in St. Lambrecht; am 17. zu Gyalla bei Comorn. Noch ist zu erwähnen der Ausbruch des Vesuvs am 13. Januar.

Kunst und Wissenschaft.

Am 23. Januar beging die Kaiserlich russische geogra phische Gesellschaft in St. Petersburg das Jubiläum ihres 25 jährigen Bestehens. Der Kaiser hat aus diesem Anlaß das folgende Schreiben an die Gesellschaft gerichtet: b

»Durch ihre Arbeiten zum Besten der Wissenschaft und des vo uns Allen so heiß geliebten Rußlands hat die geographische Gesell⸗ schaft die Hoffnungen meines Vaters und die meinigen gerechtfertigt. Die von der Gesellschaft gesammelten, bearbeiteten und veroͤffentlichten Nachrichten über die Geographie, Statistik und Ethnographie Ruß⸗ lands und die zahlreichen wissenschaftlichen Expeditionen, welche sie zu diesem Behufe in verschiedenen Gegenden des Reiches entsendet hat, beweisen die nützliche Thätigkeit der Gesellschaft, welche voll kommen meine Billigung und meinen Schutz verdienen. Indem ich mit Vergnügen den Titel eines Protektors der Kaiserlich russische geographischen Gesellschaft annehme und dieser meine Erkenntlichkei für ihre 25jährigen Mühen ausspreche, habe ich gleichzeitig dem Finanz Minister befohlen, der Gesellschaft vom Jahre 1871 an außer der ih aus dem Reichsschatze zu zahlenden Unterstützung noch 5000 R. jähr lich zu verabfolgen. In der vollkommenen Ueberzeugung, daß die Ge sellschaft auch kuͤnftighin fortfahren wird, ihre Thätigkeit zum Besten und zum Ruhme des Vaterlandes zu entwickeln, bleibe ich der russische geographischen Gesellschaft in Kaiserlicher Gnade wohlgewogen.

Alexander.⸗«

8 Verkehrs⸗Anstalten.

Die »N. Fr. Pr.“« berichtet über ein Eisenbahnunglü⸗ aus Nizza vom 7. Februar: »Gestern Abend 6 Uhr verbreitete sich in Nizza die Nachricht von einem schrecklichen Eisenbahnunfalle auf der Linie Marseille⸗Nizza. Eingeholte Erkundigungen bestätigen de Ernst dieser Nachricht. In der Nähe des Bahnhofes von Ollioules und Saint⸗Nazaire, ungefähr 10 Kilometer von Toulon, vernahm man eine fürchterliche Explosion. Vier Waggons, die ungefähr 900 Centner enthielten und mit dem Personenzuge gingen, der von Marseille um 8 Uhr Morgens abfuhr, wurden in die Luft gesprengt. Die zwei ersten Wagen an der Töte des Zuges blieben allein unverletzt, der dritte war schon mit Dach und Fach zerstört, alle andern waren sämmtlich mit den Passagieren vollständig zer⸗ malmt. Sechs Verwundete sind mit diesem Zuge, dessen Toöte di Fahrt fortsetzte, in Nizza angekommen, unter diesen Herr Alber Millaud und Herr Edmund Adam, einer unserer Kandidaten ü die Nationalversammlung, der bei unbedeutender Verwun ung gerettet wurde. Mit dem Abendzuge um halb 9 Uh kam ein anderer Verwundeter an, man erwartet noch mehrere mit den heutigen Zügen. Die Zahl der Opfer wird vor⸗ läufig so angegeben: 60 Todte und mehr als 100 Verwundete, und diese Angabe dürfte noch zu tief in der Zahl gegriffen sein Man kennt die Ursache dieses Unfalles nicht. Die Stärke der Explo ion war derart, daß man sie nicht allein in Toulon, sondern selbst in Cornoules, das ungefähr 50 Kilometer fernab liegt, gehoͤrt hatte Man ist im Publikum mit Recht über die durch dieses entsetzliche Unglück konstatirte Thatsache entrüstet, daß den Eisenbahndirektionen gestattet ist, Pulver mit Personenzügen zu befördern. Ein Dekret vom letzten August hat sie dazu ermächtigt; dieses Dekret legt sogar den Gesellschaften die Verpflichtung auf, dieses gefaͤhrliche Katerial mit den Schnellzügen zu expediren.“ Ein anderes Blatt schreibt: »Die Explosion hat furchtbare Verheerungen angerichtet. Ganze Felder von Olivenbaäumen wurden zerbrochen oder ausgerissen, viele Häuser stürzten ein und Stücke der Leichname wurden in einer Entfernung von 1800 Meter gefunden. Trümmer von Schienen und Bolzen wurden über 500 Meter weit fortgeschleudert. Die meisten Leichnam waren so verstümmelt, daß man sie nicht wieder erkennen konnte. Es ist unbestreitbar das schrecklichste Unglück, das sich bisher au Eisenbahnen zugetragen hat.⸗

Telegraphische Witterungsberichte v. 18. Februa b

8 Bar. Abw Temp. Abw oOrt. P. T. M. R. sv. M.

sx Allgemeine Wind. Himmelsansicht

—2

Memel 334,3 2,2 + 2,8 W. schwach. bedeckt, Neb.

Königsbrg. 334,5 1,9 t3,4 W., s. stark. bedeckt. Danzig 335,7 1, 2 1,6 +₰ 3,1 W., Sturm. bedeckt. 8 Stettin. 337,7 +0,) 1,2 + 2,4 WNW., mässig. bed., Nebel. Putbus... 338,4 +3,3 NW., stark. bedeckt. - Berlin 339,6 4 3,9 W., bewegt. gz. bedeckt.) 334,9 + 1, 2 W. mässig. bedeckt. ²³) Ratibor 329,4 0,0 SW., lebhaft. sbedeckt. Breslau 332,9 +0,9 W., stark. bedeckt. Torgau 335,8 ₰+ 1, 7 W., stark. bedeckt. Münster 332,5 2,7 SW., schwach. zieml. heiter. Cöln 339,2 + 3,7 S. etwas bewölkt. Trier,... + 2,1 S., schwach. nneblig, trübe. Flensburg. SW., lebhaft. strübe. Wiesbaden SW., schwach. dichter Nebel. ³) Kieler Haf. * WSW., schw. bez., Nebel. Wilhelmsh. 3 W., schwach. bedeckt.⁴) Keitum... W., stark. Bremen... WNW., mässig. Weserleuchtth. NW., mässig. Veirebee . W., schwach. sbewölkt.²) Brüssel... SW., schwach. bewölkt. Riga... 8 O., mässig. bedeckt, Schn. Gröniugen. SW., still. bedeckt. Helder.. SW., schwach.

¹) Regen. Gestern Abend Schnee. Nachts Regen. ) Gestern schwacher Regen. ³⁵) Gestern Abend dichter Nebel. *) Nachts Regen. ⁴) Nachts Nebel.

-. . g.vG.n ⸗,eöön. . . :. c20—