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Nachrichten eingegangen:
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die Maires der zwanzig Arrondissements eine Mittheilung ge⸗ richtet, dahin lautend, daß bei einem Handgemenge zwischen einer Compagnie des 101. Marsch⸗Regiments und der Mobil⸗ arde in der Umgebung des Hotel de Ville man konstatirt habe, gaß unter den Geschossen »viele explodirende Kugeln« sich be⸗ funden haben. Genehmigen Sie, Herr Marschall, die Versicherung meiner
ochachtung. Hochachtung v. Bismarck.
An Sr. Excellenz Herrn Marschall Mac Mahon, Herzog von Magenta, Wiesbaden. (Beigelegt ist der Bericht des Obersten von Beckedorff, Commandeur des 95. Infanterie⸗Regiments, über seine durch eine explodirende Kugel verursachte Verwundung.)
Bordeaux, 18. Februar. (W. T. B.) Maenotti Garibaldi ist provisorisch zum Kommandirenden der Vogesen⸗Armee ernannt. Menotti und Ricciotti befinden sich in Chalons sur Saone. Die Vogesen⸗Armee steht zwischen Chalons, Magon und Bourg. Das Hauptquartier der ersten
Brigade unter General Canzio ist in Bourg.
Brüssel, 18. Februar. (W. T. B.) Der »Indépendance belge« wird unterm 16. d. M. aus
Dünkbirchen geschrieben, daß das XXII. Corps der Nordarmee
daselbst zusammengezogen wird, um nach Bordeauvgp eingeschifft u werden.
— Nach in Brüssel eingetroffenen Berichten aus Dün⸗ kirchen vom 16. Februar ist die dortige Stadt ganz mit Trup⸗ pen angefüllt. Wie man versichert, soll das ganze XXII. Corps in Abtheilungen von 2000 Mann nach eingeschifft werden. Es sind im Ganzen 15,000 Mann, die während ihres Aufenthaltes in Dünkirchen bei den Bürgern einlogirt worden.
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— Nach einer Bekanntmachung des Kriegs⸗Ministeriums vom 16. d. Mts. sind wiederum folgende kriegsgefangene fran⸗ zösische Offiziere unter Bruch des Ehrenworts, keinen Flucht⸗ versuch machen zu wollen, desertirt: 1) Lieutenant Branchard — von Coblenz, 2) Lieutenant Lahayville vom 75. und 3) Lieute⸗ nant Laurent vom 53. Linien⸗Regiment — von Düsseldorf, Kapitän Juffé vom 66. Linien⸗Regiment — von Beuthen i. Oberschl. und 5) Kapitän Tuillier vom 36. Linien⸗Regi⸗ ment — von Spandau. 8 “ 8
— In Folge Reifenbruches am linken Vorderrade der Maschine ist der Courierzug nach Eydtkuhnen bei Gutenfeld am 17. entgleist.
Maschine ist 3 Ruthen zur Seite geschleudert, Packwagen eingeworfen, zwei Postwagen mit 2 Achsen ausgesetzt. Passa⸗ giere sind nicht verletzt; von den Beamten der Lokomotivführer schwer, Heizer, Zugführer und Packmeister weniger erheblich verletzt. Die Kommunikation zwischen Königsberg und Eydt⸗ kuhnen ist wiederhergestellt. Der littauische Zug ist am 18. d. M., Nachmittags 3 Uhr, in Königsberg eingetroffen.
“ Der Ober⸗Hof⸗ und Domprediger, Ober⸗Consistorial⸗
RNath Dr. Snethlage ist am 17. d. Mts früh nach längerem
Leiden im 79. Lebensjahre hierselbst verstorben.
Versailles, 15. Februar. Der Minister des Innern in Paris hatte zwei Unterpräfekten für die Kreise Corbeil und Etampes ernannt. Beide Kreise aber sind gegenwärtig von deutschen Behörden verwaltet und gehören in den Bereich der hiesigen Präfektur. Der hiesige Präfekt, Herr von Brauchitsch, hat sich daher, wie der Versailler »Moniteur officiel« meldet, veranlaßt gesehen, jene beiden Wahlen als unzulässig und nichtig zu erklären und den beiden Ernannten die Besitzergreifung sener Plätze bei Androhung der Verhaftung zu untersagen.
Königsberg, 18. Februar. Der Ober⸗Präsident der rovinz Preußen veröffentlicht in den hiesigen Zeitungen Fetrwnbes:
»In tiefer Bewegung bringe ich einen überaus schmerzlichen und schweren Verlust, den unsere Provinz, die hiesige Stadt und die Universität so eben erlitten haben, hiermit zur öffentlichen Kenntniß. Der Geheime Medizinal⸗Rath Professor Dr. Wagner, seit dem Be⸗ ginne des Krieges als General⸗Arzt bei der ersten, seit kurzem bei der Süd⸗ armee mit dem ausgezeichnetsten Erfolge unermüdlich thätig, ist in Folge übergroßer Anstrengungen, denen er sich in rastlosem Eifer unterzogen, am Typhus zu Dole in Frankreich am 15. d. M. gestorben. Welche bedeutende
Stellung er in der Wissenschaft und als Lehrer an der Albertus⸗ Universität, als Direktor der chirurgischen Klinik in der obersten Medizinalbehörde der Provinz einnahm, wie segensreich er in diesen Aemtern wirkte, wie unendlich vielen Leidenden er vermöge seiner hervorragenden ärztlichen und operativen Geschicklichkeit Hülfe und Heilung gebracht, wie liebenswürdig er im Umgange, wie vortrefflich er nach seiner Denkungs⸗ und Handlungsweise war, das ist in weiten Kreisen bekannt. Die ihm näher standen, wissen, daß ein wahrhaft edles Herz mit ihm aufgehört hat zu schlagen. Seine Leiche wird nach der von dem Herrn General Freiherrn v. Manteuffel getroffenen Anordnung hierher gebracht, der Zeitpunkt ihrer Ankunft zuvor be⸗ kannt gemacht werden. Königsberg, den 16. Februar 1871. Der Ober⸗ Präsident, Universitäts⸗Kurator. v. Horn.⸗
Sachsen. Dresden, 18. Februar. Der Staats⸗Minister Frhr. v. Friesen wird sich morgen nach Berlin begeben.
Weimar, 18. Februar Der interimistische Bevollmäch⸗ tigte der Großberzoglichen Staatsregierung zum Bundesrath des Deutschen Reichs, Geheime Staatsrath Dr. Stichling, hegiebt sich morgen nach Berlin.
Meiningen, 16. Februar. Se. Hoheit der Herzog vo Meiningen ist gestern vom Kriegsschauplatz hier eingetroffen. Die »Dorfztg.« berichtet: Auf dem Bahnhofe im Wagen ste⸗ hend, umrauscht von ungeheurer Menschenmenge, brachte er das erste Hoch auf Den aus, dem vor Allem die Ehre ge⸗ bühre, auf den Deutschen Kaiser. Die Worte, mit denen der
erzog später der Deputation der Stadt dankte, gehören dem ande. Ich bin glücklich, sagte der Herzog, nach so langer Abwesenheit im Felde mit meinem Sohne, dem Erbprinzen, wieder inmitten meiner treuen Unterthanen zu sein. Ich freue mich, sagen zu können, daß die Meininger im Felde
ihre volle Schuldigkeit gethan haben, und bin stolz darauf,
Regent eines Landes zu sein, dessen Söhne zu den Helden⸗ müthigsten unseres 1ng; Vaterlandes zählten. Wenngleich Mancher in diesem Kriege schwere Opfer gebracht hat, so bin ich doch überzeugt von dem Patriotismus meines Volkes, daß dasselbe jetzt wie immer in den Ruf einstimmen wird: »Es lebe das Deutsche Reich, es lebe das siegreiche Heer, es lebe unser glorreicher Kaiser!⸗
Hessen. Darmstadt, 18. Februar. Die Zweite Kammer der Stände nimmt nächsten Mittwoch, den 22., ihr Berathungen wieder auf. Auf der Tagesordnung steht die Vorlage Großherzoglichen Ministeriums des Innern, den Gesetz⸗ entwurf, die Zusammenlegung der Grundstücke, Theilbarkeit der Parzellen und Feldwege⸗Anlagen betreffend.
Baden. Karlsruhe, 18. Februar. Se. Königliche
Hoheit der Großherzog hat den Präsidenten des Großherzog⸗ lichen Staats⸗Ministeriums und Staats⸗Minister des Innern, Dr. Jolly, den Präsidenten des Ministeriums des Großherzog lichen Hauses und der auswärtigen Angelegenheiten, von Frey⸗ dorf, und Ministerial⸗Rath Wilhelm Eisenlohr zu Bevoll⸗ mächtigten zum Bundesrath des Deutschen Reichs ernannt. vre Bevollmächtigten werden morgen früh nach Berlin ab⸗ reisen.
Bahyern. München, 18. Februar. Die feierliche Feslie ch des Landtages durch Se. Königliche Hoheit den Prinzen Adalbert hat diesen Nachmittag mit dem hisher bei solchen Feierlichkeiten üblichen Ceremoniell stattgefunden. Die Mitglieder beider Kammern waren hierzu im Sitzungssaale der Kammer der Abgeordneten versammelt. Nachdem der Land tagsabschied verlesen und Prinz Adalbert hierauf im Namen Sr. Majestät des Königs den Landtag für geschlossen erklärt hatte, brachte der Präsident der Kammer der Reichsräthe, Frhr v. Stauffenberg, Sr. Maj. dem König ein dreimaliges Ho aus, in welches die ganze Versammlung einstimmte.
Der Landtags⸗Abschied zählt in seinem ersten Abschnitt di Beschlüsse der Kammern über die Gesetzentwürfe und anderen Vor
lagen der Staatsregierung auf, welche die Königliche Sanktion er⸗
halten haben; der zweite Abschnitt handelt von den Nachweisunge über die Verwendung der Staatseinnahmen und über den Stand der Staatsschulden⸗Tilgungsansalt; der dritte Abschnitt enthält die Ver- bescheidung der Wünsche und Anträge. Dem letztgenannten Ab⸗ schnitte entnehmen wir Folgendes: Auf den zu den Nachweisungen gestellten Antrag wegen einer Gesetzesvorlage über weitere Ueber⸗ weisung von Grundrenten u. s. w. an die Ablösungskasse und obligatorische Abzahlung der Bodenzins⸗Kapitalien bei Zer⸗ trümmerungen ist dem Finanz⸗Ministerium der Auftrag ertheilt worden, einen bezüglichen Gesetzentwurf auszuarbeiten. Der Wunsch, daß der Berg⸗ und Hüttenwerksbetriebs⸗Reservefonds für die Salinen und für die Berg⸗ und Hüttenwerke diesseits des Rheins bestimm worden, ist genehmigt. Der Bitte wegen Abänderung des Art. 6 de Gemeinde⸗Ordnung (über die Bildung der Bürgermeistereien) wird da ein dringendes praktisches Bedürfniß dafür nicht bestehe, kein Folge gegeben, das Ministerium des Innern jedoch beauftragt, dafü
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zu sorgen, daß bei dem Vollzuge jenes Artikels den Beschlüssen
der betheiligten Gemeinden möglichste Berücksichtigung zugewen
det werde. Ein Gesetzentwurf zur Revision der Bestimmungen übe
den Geschäftsgang des Landtages ist bereits ausgearbeitet und wird
der nächsten Landtagsversammlung vorgelegt werden. Der Bitte,
einen Gesetzentwurf vorzulegen, durch welchen die Bestimmungen des 8
Distriktsraths⸗Gesetzes einer Revision unterstellt werden, soll willfahrt werden, »sobald die Wirkungen der neuen Sozialgesetzgebung mit Sicherheit erkannte werden können. Anläßlich der Bitte um Vor⸗ lage eines Gesetzentwurfes über Befriedigung der Kultusbedürfnisse und die Verwaltung des Vermögens der Kirchengemeinden ist das Kultus⸗Ministerium beauftragt worden, die Einleitungen zur Ausar⸗ beitung eines Gesetzentwurfes über diesen Gegenstand alsbald zu treffen und das Ergebniß der Königlichen Entscheidung zu unterstellen. Die Bestimmungen über die Auslichtung der Gehölze längs der Staats⸗ und Distriktsstraßen sollen einer Revision unterworfen und das Ergebniß Sr. Majestät zur weiteren Verfügung vorgelegt werden. Die Aufhebung des Verbots des Ankaufs von Früchten auf der Wurzel wird mit Gesetzeskraft ausgesprochen. Ebenso wird der Kammerbeschluß über die Rechtsverhältnisse der Miether und Pächter von Liegenschaften gegenüber den neuen Erwerbern als Gesetz ver⸗ kündet. Der Bitte wegen Ausführung einer Verbindungsbahn von der Station Kaufering bis zur Station Landsberg mit Berücksichti⸗ gung der Fortsetzung nach dem Lechfelde soll thunlichst ent⸗ sprochen werden. Dann heißt es zum Schlusse weiter: »Seit der gegenwärtige Landtag sich um uns versammelt hat, haben sich große weltgeschichtliche Ereignisse zugetragen. Ein Nachbar⸗ volk, mit dem wir⸗gern in Frieden gelebt hätten, hat Deutschland durch gänzlich ungerechtfertigten Angriff in einen blutigen Krieg ver⸗ wickelt. Daß wir den Kampf mir voller Kraft aufzunehmen im Stande waren, verdanken wir der opferwilligen Hingebung der Lan⸗ desvertretung. Unter Gottes allmächtigem Beistande haben die deut⸗ schen Heere durch todeemuthigen Heldensinn, durch eine Kriegstüchtig⸗ keit ohne Beispiel und durch eine seltene Ausdauer die Leiden des Krieges von den deutschen Grenzen ferngehalten. Sie sind von Sieg zu Sieg geeilt und werden bald, so hoffen wir, nach Abschluß eines ehrenvollen Friedens ruhmgekroͤnt in die Heimath zurückkehren. Mit gerechtem Stolze blicken wir auf die Leistungen der bayerischen Armee in diesem großen Kampfe. Kein deutscher Gau wird sich rühmen dürfen, daß seine Söhne mit größerer Ausdauer, Treue und Tüchtigkeit dem siegesgewissen Gegner die Stirne boten, daß seine Söhne unter einem schreckensvollen Walten der Kriegsfurie besser die Gesetze der Menschlichkeit bewahrten. Mit eben so großer Genugthuung gedenken wir der werkthätigen Theilnahme, welche sich allenthalben für die tapfern Krieger und ihre Angehörigen kundge⸗
eben hat. Die Klage über die geliebten Todten, die auf dem Felde geblieben sind, hat lebhaften Wiederhall in unserm Herzen gefunden. Unter dem Getöse der Waffen zeitigte die Frucht der deutschen Einigung. Das Deutsche Reich wurde neu aufgerichtet. Die Kräfte der Nation sind zusammengefaßt, um dem deutschen Gebiete nach Außen wirksamtn Schutz zu gewähren und um die gemeinsame Wohlfahrt zu foͤrdern. Bayern wird dem in Einigkeit verbundenen Gesammtvaterlande mit Aufrichtigkeit an⸗ hängen und an der Erfüllung seiner großen Aufgabe mitardbeiten. Je rückhaltloser aber die Hingebung ist, die Bayerns König und Volk
dem Reiche entgegenbringen, destoweniger werden Beide aus den Augen
rlieren, daß das schöne Land, dem Sie zunächst gehoöͤren, seine volle flicht als das Glied eines Ganzen nur dann wird erfüllen können, wenn es ein festes durch innern Frieden starkes Gemeinwesen bleibt. Was dem Theile Stärke verleiht, frommt auch dem Ganzen. Indem wir die gegenwärtige Versammlung schließen, entbieten wir unsern 8 und Getreuen die Versicherung unserer Königlichen Huld und nade. 4 —
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 18. Februar. In der heutigen Schlußsitzung der Reichsraths⸗Delegation wurde das rektifizirte Büdget ohne Debatte angenommen.
Schweiz. Bern, 14. Februar. Laut telegraphischem Be⸗ richt aus Bellinzona sind die Großrathswahlen am Sonntag im ganzen Kanton ohne Ruhestörung verlaufen. Allem An⸗ scheine nach haben dieselben an dem Stande der Dinge durch⸗ aus nichts geändert. b ¹
Belgien. Brüssel, 19. Februar. Die Repräsen⸗ tantenkammer beendigte gestern die Generaldiskussion des Budgets des Ministertums des Innern und vertagte sich dann
bis zum 28. Februar.
Großbritannien und Irland. London, 15. Februar. (Fortsezung der Auszüge aus dem englischen Blaubuche.) Am 25. September 1870 fand eine Unterredung zwischen Chaudordy und Lord Lyons statt, in welchem ersterer, wie dies schon Thiers gelegentlich seines Aufenthalts in London dem Earl Granville gegenüber gethan, urgirte, daß die Zeit für eine formelle Anerkennung
der gegenwärtigen Regierung Frankreichs von Seiten Großbritanniens
gekommen sei. Lord Lyons verwies auf den früher dem M. Thiers egebenen Bescheid und am 1. Oktober schrieb Granville an Lyons, aß das englische Kabinet diese Antwort vollständig billige.
Seit dem Sturze des Ministeriums Palikao wurde die englische
Regierung fast unaufhörlich in der einen oder andern Form uni Ver⸗
mittlung oder Einmischung zu Gunsten Frankreichs angegangen. So schrieb Granville am 27. an Cadorna, daß er augenblicklich keinen Weg sehe, auf welchem die neutralen Mächte eine Beschleunigung des Friedens herbeifuͤhren könnten, und am nämlichen Tage drang Chaudordy in Lord Lyons, daß die neutralen Maͤchte Preußen zu einer Erklärung über die von ihm verlangten Bedingungen bewegen sollten. In einer anderen Depesche, gleichfalls vom 27. September datirt, berichtet Lyons an Granville, Chaudordy habe ver⸗
mittelst Ballonbriefes aus Paris einen Bericht Favre's über seine
Unterredung mit dem Grafen Bismarck erhalten. Preußens
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Prätensionen seien nach der Ansicht Favre's derart, daß 8 sich ihnen niemals fügen könne, Jules Favre fühle sich daher berechtigt, an den Rest der Welt um Hülfe zu appelliren. Die Zeit für bloße Vermittelung sei vorüber. Die Mächte sollten jetzt zu Preußen in einem Tone sprechen, der nicht mißverstanden werden könnte, und sie sollten Maßregeln ergreifen, welche dafür sorgten, daß man ihnen Ge⸗ hör schenke. Jules Favre habe alles Mögliche gethan, um dauerhafte “ zu erzielen; er sei zu jedem vernünftiagen Opfer
ereit, um solche Bedingungen zu erlangen. Es sei nicht sein Fehler und auch nicht der Febler Frankreichs, wenn der Krieg fortdauere, und er fühle sich berechtigt, mit Vertrauen die aktive Intervention Europas anzurufe. Am 4. Oktober ging die Antwort Granville's auf diese Zumuthung vom auswärtigen Amte an Lord Lyons ab. Nach einer Rekapitulation der Haltung, welche England seit Beginn des Krieges beobachtet hatte, heißt es zum Schluß dieses Schriftstücks: »Dem gegen⸗ wärtigen Ansuchen zufolge verfolgt die provisorische Regierung offenbar das Ziel, daß die neutralen Mächte — falls nöthig — etwaige Vorstel⸗ lungen, die sie Preußen gegenüber machen würden, mit Gewalt unter⸗ stützen sollten. Die Regierung Ihrer Majestät ist verpflichtet, ausdrücklich bervorzuheben, daß sie ihrerseits nicht vorbereitet ist, einen solchen Weg einzuschlagen oder den andern Mächten vorzuschlagen. Sie kann nur ängstlich den Zeitpunkt abwarten, wo sich etwa eine Aussicht zeigt, daß dieser traurige Konflikt durch die Weisheit, den moralischen Muth und die Mäßigung der beiden Kriegführenden zum Ende gebracht wird, oder daß sich eine Gelegenheit für die neutralen Mächte biete, ihren Einfluß zur Wiederherstellung des Friedens auszuüben.«
Nicht England allein, sondern fast alle neutralen Mäachte ging
die provisorische Regierung um Einmischung mit Waffengewalt an. Nicht lange nach dem ebenerwähnten Vorfall verlas Chaudordy vor Lord Lyons eine Depesche von Favre, »welche mit einiger Bitterkeit darüber klagt, daß die europäischen Kabinette — wie der Schreiber es ausdrückte — Frankreich im Stiche ließen, und welche geradezu eine Anweisung enthielt, daß er eine bestimmte Forderung um Waffenhülfe (concours armé) an JItalien richten solle.« Alles dies blieb auf die englische Regierung ohne Einfluß; erst am 11. Oktober ging die englische Regierung aus ihrer bisher beobachteten Stellung in so weit heraus, als Gran⸗ ville der provisorischen Regierung einen wohlgemeinten Rath gab. Er schreibt an Lord Lyons: 8 Wenn sich Ihnen eine ähnliche Gelegenheit wiederum bieten sollte, wollen Sie dann hervorheben, daß Ihnen zwar keine Instruk⸗ tionen zugegangen seien, eine Ansicht über die Friedensbedingungen abzugeben, daß es aber aus einem Theile meiner Depesche vom 4. d., in welcher ich auf die Forderung der französischen Regierung um aktive Unterstützung erwiderte, nothwendigerweise ersichtlich sei, wie die Regierung Ihrer Majestät die Ansicht hege, unter den gegenwärtigen Kriegsumständen sei das zähe Festhalten Mr. Favre's an den Bedin⸗ gungen, keinen Zoll breit Landes und keinen Stein einer Festung abzutreten, ein großes Hinderniß für den Frieden. Sollte sich im Laufe der Unterredung eine Bereitwilligkeit zeigen, die von der fran⸗ zösischen Regierung behauptete Stellung aufzugeben, wollen Sie fragen, ob Sie ermächtigt seien, dies der Regierung Ihrer Majestät mitzu⸗ theilen, und wollen Sie mir in diesem Falle sofort telegraphiren.⸗
Mittlerweile kam Chaudordy am 5. Oktober — also Tags nach Abgang der Antwort Granville's auf die Forderung um bewaffnete Intervention — abermals auf das Thema einer Intervention der neutralen Mächte zurück. Er sagte: »Es sei moͤglich, daß es Bedin⸗ gungen gebe, über welche Frankreich und Preußen sich einigen möchten, wenn sie von gemeinsamen Stimmen Deutschlands vorgeschlagen und festgehalten (insisted on) würden; Bedingungen, welche jedoch keiner der beiden Kriegführenden in der Lage sei, dem anderen vorzuschlagen.⸗ Bei dieser Gelegenheit remonstrirte Lord Lyon entschieden gegen das Vorgehen Gambettas, welcher damals gerade per Ballon in Tours angekommen war, die angeordneten Wahlen abbestellt und sonach den Krieg ins Blinde hinein verlängert hatte.
„Auch Oesterreich wurde von Frankreich um Hülfe angegangen. Wie Granville unterm 12. Oktober an Bloomfield schreibt, hatte Apponyi ihm mitgetheilt, »die provisorische Regierung habe an Oester⸗ reich um aktive Hülfe appellirt, selbst für den Fall, daß Rußland in seiner gegenwärtigen Haltung beharren sollte.“ Graf Beust erwiderte aus gewissen Gründen, mit denen sich der Kaiser Napoleon und später auch Thiers und Favre einverstanden erklärten, könne Oesterreich trotz seiner Sympathien für Frankreich »nicht ein⸗ zeln aus seiner neutralen Stellung heraustreten«, doch könnten England und Rußland sich ins Mittel legen. Granville er⸗ widerte hierauf — wie in der nämlichen Depesche an Lord Bloom⸗ field gesagt ist — »vobwohl die vom Grafen Beust, in Erwiderung auf das Ansuchen der französischen Regierung um aktive Unterstützung, gegebenen Gründe nicht mit denen identisch seien, deren die Regierung Ihrer Majestät sich bedient habe, und obwohl Se. Excellenz Bemer⸗ kungen gemacht habe, mit denen ich nicht übereinstimme, so sei es doch befriedigend, wahrzunehmen, daß die von den beiden Regierun⸗ gen befolgte Politik die nämliche sei.⸗
Auf die obenerwähnte Anweisung Granville’'s an Lyons, der französischen Regierung die Unhaltbarkeit ihrer Integritätspolitik vor⸗ zustellen, traf die Antwort des letzteren am 13. Oktober ein. Sie sagte, daß die französische Regierung noch immer bei ihrem ersten Programme beharre. Aber trotzdem scheint Granville um diese Zeit neue Hoffnung bekommen zu haben, denn in einem Briefe vom 16. an den britischen Botschafter in Petersburg sagt er, es sei einiger Grund zu der Annahme vorhanden, daß die provisorische Re⸗ gierung in die Schleifung von Metz und Straßburg willigen würde, und er wünsche zu wissen, ob Fürst Gortschakoff es für möglich halte, daß England und Rußland zu einem Einverständniß über die ver⸗ nünftigen Bedingungen eines Friedens kämen, und dann gemein⸗ schaftlich an die beiden Kriegführenden appellirten. Gortschakoff er⸗