1871 / 60 p. 2 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

Wie dürften die Schwaben zurückstehen, einzustimmen in den hellen Jubelton, der vom Fels zum Meere dringt? Sie können und wollen nicht zurückstehen, sondern sich in Treue schaaren um das altehrwür⸗ dige Banner des Deutschen Reiches, welches die Hand Euer Kaiser⸗ lichen Majestät wieder zu Ehren gebracht hat. Ja Kaiser und Reich —, das sind wohl alte, aber unvergessene Klänge, welche jedes deutsche Herz ahnungsvoll durchzittern, Klänge, welche ganz besonders in Schwaben, wo die Berge Hohenstaufen, Hohenzollern mahnend emp rragen, die dichterische, die poetische Begeisterung nie ersterben ließen. Durch Gottes Gnade sind die alten Vahnen der Geschichte unseres Volkes wieder betreten, seine Kraft ist in Eine Hand zu Schutz und Trutz gelegt, seine Stimme verhallt nicht mehr im Ratd der Völker. Wege der Demüthigung haben das Bedürfniß der Eini⸗ gung tiefer in die Brust unseres Volkes gesenkt, Wege gemeinschaft⸗ sch bestandener Gefahr sie angebahnt, gemeinsame Arbeit ihre Stärke ans Licht gestellt, gemeinsam vergossenes Blut sie besiegelt Wir hegen zu Euer Kaiserlichen Majestät und zu Höchstderen Rathgebern das Vertrauen, daß die gedeihliche Entwickelung unseres Volkes nicht in Einrichtungen gesucht werde, welche unter dem trügerischen Schein von Freiheit und Gleichheit feste Ordnungen aufloͤsen und geschichtlich gewordene Organismen zerstören, deren Erhaltung und Pflege die

Stärke eines Volkes bilden, deren Antasten den Sinn für Gerechtig⸗

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keit schwer verletzen würde. Mit Euer Kaiserlichen Majestät kann ja ein jeder wahrhaft deutsche Mann eine gesegnete Zukunft des großen Vaterlandes nur dann hoffen, wenn das Wort des lebendigen Got⸗ tes die Leuchte und der Hort des deutschen Volkes ist und bleibt. Möge sich das deutsche Volk seiner Kaiser aus der Hohenzollern Stamm stet’ freuen und rühmen dürfen, wie es Euer Kaiserlichen Majestät sich freuen und rühmen darf. Das walte Gott! In tief⸗ *ster Ehrfurcht verharren Euer Kaiserliche Majestät

Süuttgart, im Februar 1871.

allerunterthänigste ꝛc.«

Wie in hiesiger Haupt⸗ und Residenzstadt, so hat das letzte Telegramm Sr. Majestät des Kaisers und Königs in allen Städten, allen Gauen des Deutschen Reiches den freudig⸗ sten Wiederhall gefunden. Bereits die Nachricht von der Unter⸗ zeichnung der Friedenspräliminarien ließ am 27. Februar dier Straßen der Städte in festlichem Flaggenschmucke erscheinen; überall bewegte die hochwichtige Nachricht die Herzen der Be⸗ völkerung mit Freude, mit Dankbarkeit gegen Gott, den Kaiser und das tapfere deutsche Heer. Die Illumination wie die öffentliche Feier ist in den meisten Orten aufge⸗ schoben worden, bis die einstweilen noch ausstehende Zu⸗ ftimmung der Nationalversammlung in Bordeaux die Ratifi⸗ kation des Friedensinstrumentes perfekt gemacht haben wird. Die heute eingegangenen Nachrichten melden freudige Kund⸗ gebungen, welche die Friedensbotschaft hervorrief, in Königsberg, Danzig, Stettin, Posen, Breslau, Hannover, Braunschweig und anderen Orten. Nicht minder freu⸗ dig, wie im Königreiche Preußen, wurde die Friedens⸗ kunde in Hamburg, Lübeck, Bremen, in Schwerin, Oldenburg und den süddeutschen Städten aufgenommen, und wie die Hauptstädte, so gaben auch die Pro⸗ vinzialstädte der Freude festlichen Ausdruck. Besonders melden die Telegramme aus Göttingen, Emden, Lüneburg, Osnabrück u. s. w., daß Glockenläuten und Gesang von den Thürmen, Umzüge in den Straßen und Victoriaschießen, Flaggenschmuck⸗ und Illumination die allgemeine Freude und Begeisterung bekundeten.

AUnter dem Eindruck der Freudenbotschaft, daß der siegreich geführte Krieg ruhmvoll zu Ende gebracht ist, schreitet das deutsche Volk zur Wahl einer Nationalvertretung. Es ist eine Glück verheißende Fügung, daß die schwere und blutige Arbeit des Krieges in dem Augenblick zur Ruhe kommt, wo die Deutsche RNeichsverfassung durch die Theilnahme des Volkes in volle Wirksamkeit treten soll; denn die deutsche Nation ist von dem ernsten Wunsche beseelt, den Werken des Friedens zu leben, und wenn sie gezwungen war, mit Waffengewalt die Anerken⸗ nung ihres Selbstbestimmungsrechtes und ihrer Würde zu er⸗ kämpfen, so wird sie gern die Kriegesrüstung ablegen, vachdem ihre Selbständigkeit und ihr Ansehn in Europa gegen jede Anfechtung sicher gestellt sind.

Die Schöpfung des Deutschen Reiches ist allerdings in⸗ mitten des Krieges zu Stande gekommen, wie die Nation auch den ersten kräftigen Ausdruck ihrer Lebensgemeinschaft in der begeisterten Erhebung gegen den Vaterlandsfeind gefunden hatte; aber die Verfassung stellt ausdrücklich dem Reiche nur solche Aufgaben, die den Frieden zum Zweck oder zur Voraus⸗ setzung haben: seine Bestimmung weist lediglich auf den Schutz des Bundesgebiets und des Bundesrechts, wie auf die Pflege der Volkswohlfahrt hin. 1

In voller Uebereinstimmung mit dem Geiste der Ver⸗ fassung und dem Sinne der Nation hat das Oberhaupt des Reichs in seiner Ansprache an das deutsche Volk den Beruf Deutschlands und die bleibenden Ziele der Regierung gezeichner.

Der Kaiser giebt in warmen Worten dem Wunsche Aus⸗!

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druck, daß der Nation für ihre opfermuthigen Kämpfe ein dauernder Friede innerhalb gesicherter Grenzen beschieden sein möge, er bekennt sich feierlich zu der Pflicht, die Rechte des Reichs und seiner Glieder zu schützen und den Frieden wie die Unabhängigkeit Deutschlands zu vertheidigen, er bittet, daß Gottes Gnade ihm und seinen Nachfolgern an der Kaiserkrone verleihen wolle, »allzeit Mehrer des Deutschen Reichs zu sein, nicht an kriegerischen Eroberungen, sondern an den Gütern und Gaben des Friedens auf dem Gebiete nationaler Wohlfahrt, Freiheit und Gesittung.« 1 So lautet aus dem Kriegslager die Kundgebung einer aufrichtigen und entschiedenen Friedenspolitik. Die bevor⸗ stehenden Wahlen sollen Zeugniß dafür ablegen, daß die deutsche Nation entschlossen ist, das Programm des Kaisers kräftig zu unterstützen und im Hinblick auf die darin vorgezeichneten Ziele ihre verfassungsmäßigen Rechte zu üben. Wie der Er⸗ haltung des Reiches, so dem Schutze des Bundesrechts und der Pflege der nationalen Wohlfahrt sollen alle patriotischen Be⸗ strebungen zugewendet sein. Wahrung und Förderung der deutschen Staatsgemeinschaft in dem Geiste, der sie in das Dasein rief: das ist der wesentliche Zweck der Reichsverfassung, die wesentliche Pflicht aller Reichsangehörigen. Das Deutsche

Reich ist aber, fern von jedem Zwang, aus der allseitigen Ver⸗-

ständigung der deutschen Fürsten und aus der vertrauensvollen Zustimmung der deutschen Landesvertretungen entsprungen, als eine Schöpfung, welche die Bürgschaften des Friedens und des Gedeihens in sich trägt, weil sie auf der Achtung vor der Geschichte und den Rechten des deutschen Volkes in seinen Häuptern und seinen Gliedern beruht und mit Ausgleichung der Gegensätze zwischen »Einheit« und »Freiheit« auf dem Boden freier Einigung steht. Im gleichen Sinne möge aus den Reichs⸗ tagswahlen eine Vertretung hervorgehen, in welcher die Stammesunterschiede und die Parteiströmungen sich nicht in aufreibendem Zwist befehden, sondern nur soweit Geltung er⸗ langen, daß alle vaterländischen Kräfte im selbstlosen Wetteifer dem Gemeinwohl zu Gute kommen und sich zu fruchtbarer Arbeit anregen, im vertrauensvollen Anschluß an die Reichs⸗ regierung, deren Beruf es ist, das edle Streben der Nation nach den höchsten Zielen auf den sichersten Wegen zu führen.

Mögen die deutschen Wähler sich von dem Bewußtsein erfüllt zeigen, daß sie durch ihre Stimmen einen entscheidenden Einfluß auf die Befestigung und den Ausbau der nationalen Gemeinschaft üben!

Dann wird die erste Gesammtvertretung des deutschen

Volkes, welche aus diesen Wahlen hervorgehen soll, der großen

eit und ihren wichtigen Aufgaben gerecht werden; sie wird sich als der treue Ausdruck einer Nation erweisen, welche in der Hingebung an das Wohl des Vaterlandes und an den Fortschritt der Gesittung ihre oberste Pflicht erkennt. Dann wird es dem ersten Deutschen Vollparlamente gelingen, das nationale Einheits⸗ gefühl zu einem mächtigen Strom zu gestalten, der nicht blos die bisherigen Theile des Deutschen Reiches mit dem Bewußtsein unauflösbarer Zusammengehörigkeit durchdringt, sondern auch mit warmem Pulsschlage die dem Reichskörper lange ent⸗ fremdeten und erst jetzt ruhmvoll wieder gewonnenen Glieder zur vollen und innigen Gemeinschaft deutschen Lebens zurück⸗ führt.

Die Ausschüsse des Bundesrathes für die Ver⸗

fassung und für Handel und Verkehr traten heute zu einer

Sitzung zusammen. 8 Aus den Hauptquartieren in Versailles, 25. Februar.

Se. Majestät der Kaiser und König empfingen vor⸗ gestern bei Gelegenheit des Geburtsfestes Ihrer Königlichen Hoheit der Großherzogin Alexandrine von Mecklenburg⸗ Schwerin die Gratulation des Großherzogs von Mecklen⸗ burg⸗Schwerin. Später meldeten sich vom Großen Gene⸗ ralstabe die Majors von Gottberg und von Sobbe, die das Eiserne Kreuz I. Klasse erhalten haben. Nachdem ver⸗ schtedene Minister der süddeutschen Staaten: Graf Bray (Bayern), von Wächter (Württemberg) und von Jolly (Baden) zur Theilnahme an den Friedensverhandlungen hierselbst an⸗ gekommen, ist heute Abend 9 ½ Ubr Se. Majestät der König von Württemberg zum Besuch des Kaiserlichen Hauptquar⸗

tiers in Versailles eingetroffen und Namens Sr. Majestät des Kaisers von dem General⸗Adjutanten von Boyen em-⸗

pfangen worden, da der Kaiser anläßlich eines nun wieder gehobenen rheumatischen Leidens auf ärztliche Anordnung Abends noch nicht das Zimmer verlassen darf. Der Kronprinz er⸗ schien alsbald mit sämmtlichen hier anwesenden Prinzen und Fürsten zur Begrüßung des Königs in dessen Absteigequar⸗ tier, Rue des Reservoirs 12. Zwei Compagnien des 2. Hessi⸗ schen Infanterie⸗Regiments Nr. 82 bildeten die Ehren⸗ wache. Das Musik⸗Corps brachte dem gäeait. eine Serenade

Ein sofortiger Besuch beim Kaiser, den Se. Württembergische Majestäͤt beabsichtigten, mußte wegen der vorgerückten Stunde

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aufgegeben werden. Se. Majestät hatten sich von Lagny aus vermittelst Wagen nach Versailles begeben und auf dieser Fahrt einen Theil der von den württembergischen Truppen eingenom⸗ menen Stellungen passirt. Der König wird in den nächsten Tagen Revue über die gesammte württembergische Division abhalten.

Seine Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz begab Sich gestern vermittelst Eisenbahnzuges nach Dreux und widmete der dortigen Kathedrale einen längeren Besuch. Die Kirche, eine der glänzendsten Schöpfungen der neueren französischen Baukunst, ist seit dem Jahre 1816 von der Mutter König Louis Philipp's, Gemahlin des Herzogs Egalité, zum größten Theil nach den eigenen Entwürfen dieser Prin⸗ zessin und mit Unterstützung des Architekten Lefranc erbaut worden. Sie führte ursprünglich den Namen »La Chapelle Royale.« Ihren Haupttheil bildet eine Kuppelkirche, die von der Stifterin für die Aufnahme der Grabmäler des Hauses Orleans bestimmt wurde. Die Glasmalereien, zu denen der berühmteste Kenner der Gothik in Frankreich, Viollet le Dur, die Zeichnungen geliefert hat, und die Skulpturen der Denk⸗ mäler, unter denen sich an Pracht besonders die des Herzogs von Orleans, der Herzogin⸗Wittwe, der Prinzessin Marie von Württemberg und der Kinder Joinville's und Aumale's aus⸗ zeichnen, sind von höchster Vollendung.

Der viertägigen Reise, die Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz nach Orleans, Blois und Tours unter⸗ nommen hatte, lag hauptsächlich der Wunsch zu Grunde, den Besuch des Prinzen Friedrich Carl Königliche Hoheit zu er⸗ widern und bei dieser Gelegenheit einige Theile des Loire⸗Ufers, namentlich die durch ihre Naturschönheiten und ihre historischen Erinnerungen bevorzugte Landschaft der Touraine genauer kennen zu lernen. Der Kronprinz, der am 17. Februar früh 7 Uhr Versailles verlassen hatte, war begleitet von dem per⸗ sönlichen Adjutanten Major Mischke, dem Hofmarschall Grafen zu Eulenburg und den Offizieren des Ober⸗Kommandos der III. Armee, Major von Winterfeld und Major von Hahnke. Die Reise mußte auf der ersten Strecke zu Wagen zurückgelegt werden, um den über Longjumeau hinaus liegenden Ort Juvisy, Station an der Bahn Paris⸗Orleans, zu erreichen. Von hier aus erfolgte mit Extrazug die Weiterfahrt nach Orleans, wo der Kronprinz um 12 Uhr Mittags eintraf und von dem kommandirenden General des eben in Orleans angelangten V. Corps, General von Kirchbach, mit seinem Stabe, sowie von dem Königlichen Kommandanten der Stadt, General von Fabeck, empfangen wurde. Nach einem bei dem General von Kirchbach eingenommenen Diner besich⸗ tigte der Kronprinz die Merkwürdigkeiten der Stadt, besonders die Kathedrale und das Denkmal der Jeanne d'Arc. Dann folgte die Inspektion der durch die deutschen Truppen eingerich⸗ teten Vertheidigungslinien von Orleans. Besondere Aufmerk⸗ samkeit wurde den vier bei der Einnahme der Stadt erbeuteten Kanonenbooten geschenkt, die mit preußischen Marinesoldaten be⸗ mannt sind und in der Loire vor Anker liegen. Um4 Uhr Nachmittags wurde die Fahrt nach Blois fortgesetzt, wobei General von Kirchbach auf besondere Einladung sich anschloß. Die Ankunft in Blois fand gegen 5 ¼ Uhr statt. Um die letzte Tageshelle zu benutzen, wurde sogleich ein kurzer Besuch des Schlosses, der alten Residenz der französischen Könige aus dem Hause Valois, vorgenommen. Für das Nachtquartier war der erz⸗ bischöfliche Palast ausersehen worden, und empfing der Erz⸗ bischof den Kronprinzen in Person. Das Oberkommando des IX. Corps befand sich augenblicklich in Blois; da der General von Manstein jedoch durch Unpäßlichkeit verhindert war, den Kronprinzen zu bewillkommnen, gab Höchstderselbe noch am Abend dem General die Ehre seines Besuches. Am 18. Morgens 6 Uhr wurde unter millitärischer Be⸗ deckung nach Schloß Chambord gefahren. Die von einem waldartigen Park umgebene Burg Chambord war im 12. Jahr⸗ hundert ein Jagdschloß der Grafen von Blois, kam 1397, als dieses Grafengeschlecht erlosch, an die Orleans, und wurde, nach⸗ dem es in den englisch⸗französischen Kriegen siegreich das fran⸗ zösische Banner behauptet und einer von der Jungfrau von Orleans geführten Abtheilung französischer Ritter als Aufent⸗ haltsort gedient hatte, unter Ludwig XII. Königliches Lehen. Nach den italienischen Feldzügen ließ dann Franz I. im Jahre 1523 dieses Schloß im edelsten Style der wiedererwachten klassischen Renaissance umbauen. Schloß Chambord war es, wo im Jahre 1552 König Heinrich II. den Vertrag mit den in Empörung gegen Kaiser Karl V. be⸗ griffenen deutschen Fürsten unterzeichnete, einen Vertrag, der zur Losreißung der lothringischen Bisthümer Metz, Toul und Verdun den ersten Anstoß gab. Ludwig XIV. sah Schloß Chambord zum letzten Male 1680;, seitdem war es verlassen,

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bis der vertriebene Polenkönig Stanislaus Lescynsky dort, acht Jahre hindurch, seinen Aufenthalt nahm (1725). Später hatte diese Königliche Besitzung noch eine kurze Epoche des Glanzes während der Anwesenheit des Marschall Moritz von Sachsen, Sohn des Königs August von Sachsen⸗Polen, und gerieth dann längere Zeit in Vergessenheit. Napoleon I. wollte Chambord dem Orden der Ehrenlegion vermachen und dort eine Waisen⸗ anstalt für Militärkinder errichten, änderte aber sein Vorhaben und

gab das Schloß an den Marschall Berthier, Fürsten von

Wagram. Die Wittwe dieses Generals verkaufte mit staat⸗ licher Genehmigung das Eigenthum ihres Gatten, als im Jahre 1820 Anhänger des legitimen Königthums eine National⸗ subskription eröffneten, um dem eben geborenen Nachkömmling des im Februar 1820 ermordeten Herzogs von Berry, dem Prinzen Henri von Bordeaux, im Namen des französischen Volkes Schloß Chambord zu schenken. Nach diesem seinem erb⸗ lichen Besitz nahm Henri, das jetzige Haupt des bourbonischen Zweiges, Heinrich V., den Titel eines Grafen von Chambord an. e. Kaiserliche und Königliche Hoheit begaben sich von Cham⸗ bord auf dem Wege von Blois zurück über Chaumont nach Schloß Amboise, das aus den Kämpfen der Hugenottenkriege bekannt ist und vier Jahre lang Abdel⸗Kader als Gefängniß diente. Von Amboise wurde, nach eingenommenem Frühstück, die Fahrt nach dem Schlosse Chenonceau unternommen, zu dem Diana von Poitiers im Jahre 1551 den Grundstein legte und das Katharina von Medicis zum Empfang Franz II. und seiner Gemahlin, Maria Stuart, verschönern ließ (1560)0. Gegen⸗ wärtig gehört das Schloß dem Grafen René de Villeneuve. Nach einer Fahrt am Cher entlang traf der Kronprinz Abends in Tours ein, wo ihm Prinz Friedrich Carl, dessen Ober⸗Kommando zugleich mit dem Kommando des X. Armee⸗

Corps in dieser Stadt aufgeschlagen ist, einen ebenso gastfreund⸗

lichen wie glänzenden Empfang bereitete. Zum Abstelgequartier war ein Privathaus eingerichtet worden. Am 19. Februar Vormittags wurde die Kathedrale von Tours und einige Sehenswürdigkeiten der älteren Stadttheile in Augenschein ge⸗ nommen. Nach dem Dejeuner beim Oberbefehlshaber der II. Armee wurde in dessen Begleitung Nachmittags das am Cher gelegene Schloß Azay⸗le⸗Rideau besucht. Die Rückkehr er⸗ folgte, an dem Loire⸗Ufer, über Schloß Villandry. Abends war Diner bei Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen Friedrich Carl. Da die von den Franzosen zerstörte Loirebrücke noch nicht wieder hergestellt ist und in Folge dessen die Eisen⸗ bahnverbindung noch nicht bis Tours geführt werden konnte mußte der Kronprinz am 20., auf der Rückreise sich zunächst zu Wagen nach der 1 Meile von Tours entfernten Station begeben. Die Ankunft in Blois fand um 10 Uhr Vormittags statt, und blieb bis zur Abfahrt nach Orleans Zeit zu einer nochmaligen genaueren Besichtigung des Schlosses. Der Rück⸗ weg wurde über Orleans und Juvisy genommen, von wo Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit Abends Uhr in Versailles

eintraf.

Der Betrieb auf der Tingleff⸗Tonderner Zweig⸗ bahn ist nach Herstellung einer Nothbrücke auf der durch die Hochwasser beschädigten Stelle und Beschaffung des erforder⸗ lichen Kieses am 24. Februar cr. wieder eröffnet worden.

Der General der Infanterie z. Allerh. Disp. Ferdinand von Prondzynski ist am vergangenen Sonntag auf Ge⸗ neralshof bei Köpenick verstorben. Derselbe war 1804 geboren, 1821 als Seconde⸗Lieutenant aus dem Kadettencorps in das 19. Infanterie⸗Regiment getreten und zuletzt Gouverneur der Festung Coblenz und Ehrenbreitstein.

1.“ Versailles, 25. Februar. Der »Moniteur officiel⸗ meldet die Ernennung des Königlich württembergischen Lega⸗ tions⸗Rathes Grafen von Linden zum Präfekten des Depar⸗ tements der Orne.

Mecklenburg. Schwerin, 28. Februar. (M. A.) Die Straßen der Stadt, die sich schon gestern Vormittag gegen 9 Uhr bei dem Eintreffen glaubwürdiger Nachrichten über die erfolgte Unterzeichnung der Friedenspräliminarien mit Fahnen und Flaggen bedeckt hatten, prangen auch heute, am Geburts⸗ tage Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs, in vollem Festes⸗ schmuck. Kanonenschüsse aus den Stadtböllern verkünden die Festfreude der Stadt.

In dem Hörsaale des Gymnasium Fridericianum und in der Realschule finden festliche Rede⸗Aktus statt. Auch in den städtischen Schulen wird der Tag gefeiert.

Se. Königliche Hoheit der Erbgroßherzog hat sich am 22. Februar von Sr. Majestät dem Kaiser und Könige

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