1871 / 61 p. 6 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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geändert worden und keine Andeutung

Faktoren der Gesetzgebung denselben andern wollten. Die Folgerung: weil nach §. 29 die Heilkunde durch Aerzte einschließlich der Geburtshelfer ohne Approbation ausgeübt werden kann, wenn sie

ssiich den Titel »Arzt« nur nicht beilegen, so muß auch das Gewerbe

der Hebammen ohne Prüfungszeugniß nach §. 30 ausgeübt werden dürfen, ist vom Gesetzgeber nicht gezogen worden und beruht keines⸗ wegs auf logischer Nothwendigkeit. Denn es lassen sich sehr wohl Gründe denken, weshalb das Ge⸗ setz keinen Unterschied zwischen Frauen macht, welche gewerbsmäßig Hebammendienste verrichten, d. i. thatsächlich Hebammen sind und sich nur nicht selbst geradezu so nennen, und zwischen solchen, die sich so nennen, gleichwohl die Bestimmung des §.29 hinsichtlich der Aerzte getroffen hat. 8 1 Da die ganze Geschichte der Gewerbegesetzgebung die Gleichstellung der Aerzte und Hebammen von sich gewiesen hat, so läßt sie sich aus §. 29 der Norddeutschen Gewerbe⸗Ordnung unmsglich in den §. 30 hineintragen. Schlechterdings unstatthaft ist die Annahme, als haͤtten Bundesregierung und Reichstag bei der Diskussion und Sanktion des §. 30 unabsichtlich vergessen, die beschlossene Aenderung des §. 29 auf die Hebammen auszudehnen, während doch beide Paragrapben speziell in's Auge gefaßt und die Heilgehülfen aus §. 30 entfernt wurden. Das Belassen des Wortlauts und des damit verbundenen Sin⸗ nes des Entwurfs hinsichtlich der Hebammen darf nur als ein von den Gesetzgebern gewolltes angesehen werden, wobei von den Be⸗ theiligten alle Konsequenzen für und wider wohl erwogen wurden, einesfalls aber dem Richteramte das Ermessen übrig blieb, ob der §. 30 nach Abänderung des . 29 auch abzuändern oder daran fest⸗ uhalten sei, wie der Gesetzgeber daran festgehalten hat. b Der Vorderrichter bezieht sich zwar auch auf §. 11, allein der hier usgesprochene, den Bestimmungen des Allgemeinen Deutschen Han⸗ dels⸗Gesetzbuches nachgebildete (Motive Seite 114) allgemeine Satz: das Geschlecht begründe in Beziehung auf die Befugniß zum selbst⸗ ändigen Betriebe eines Gewerbes keinen Unterschied, würde durch die speziellen Vorschriften der und 30 eine Beschränkung erleiden, wenn er nicht schon gemäß §. 6 auf die Ausübung der Heilkunde un⸗ anwendbar wäre. Das Nämliche gilt von der Regel der Gewerbe⸗ freiheit, welche §. 1 aufstellt: 8 . Wie nach der bisherigen Ausführung in §. 29, so können auch in §. 147 Nr. 3 unter den »Aerzten« (ꝛc. Geburtshelfern) die Heb⸗ ammen nicht mit verstanden sein, und schon bei Vergleichung des Wortlautes der §§. 29 und 147 Nr. 3 ergiebt sich, daß diese Straf⸗ bestimmung nur dem §. 29, nicht auch dem §. 30 entsprechen soll, wie sie auch erst und nur in Folge der Abänderung des Entwurfs des §. 29 entstanden ist. (Vgl. §. 163 des Entwurfs.) 1 1 Dagegen sind unter den Genehmigungen oder Bestallungen in §. 147 Nr. 1 allerdings auch die Prüfungszeugnisse der Hebammen in §. 30 nach wie vor der Abänderung des §. 29 des Entwurfs begriffen. Daß sie gemäß dem Entwurfe (K. 163 Nr. 1) dazu gehör⸗ ten, ist nicht zu bezweifeln, wie auch die Anwendbarkeit des §. 177 der Gewerbe⸗Ordnung von 1845 auf die in §. 45 daselbst genannten Gewerbe einschließlich der Hebammen, in Konkurrenz mit dem für Norddeutschland nunmehr aufgehobenen §. 199 des Prcußischen Straf⸗ gesetzbuchs, nicht zweifelhaft war; die Abänderungen der §§. 29 und 163 des Entwurfs im Reichstage (§§. 29 und 147 des Gesetzes) be⸗ rührten aber, wie gezeigt worden, den §. 30 ebenso wenig in Betreff er Hebammen, wie der Unternehmer von Privat⸗Kranken⸗Anstalten. Nur die Aerzte, welche nach 8 163 Nr. 1 des Entwurfs bestraft werden sollten, wenn sie die in §. 29 des Entwurfs vorgeschriebene Approbation nicht erworben hätten, erforderten nach Abänderung des entworfenen §. 29 die neue Strafandrohung in §. 147 Nr. 3 des Ge⸗ setzes. Denn ungestraft dürfte Niemand bleiben, der eine der unter Nr. 2 Thl. II. Tit. II. (§§. 29 und ff.) der Gewerbe⸗Ordnung vorge⸗ schriebenen Genehmigungen nicht erlangt hatte, da die Strafbestim⸗ mungen in Titel X. selbstverständlich zur Perfektion und Sicher⸗ stellung der vorhergeschickten Vorschriften gehörten und deshalb auch in §. 6 nicht ausdrücklich erwähnt worden sind..— Sich Hebamme zu nennen, wenn man thatsächlich das Heb⸗ ammengeschäft besorgt, wurde nirgends verboten, und die Urheber der Abänderung des § 29 des Entwurfs mochten es gar nicht an⸗ emessen finden, die Bezeichnung »Hebammen⸗ als einen Titel in arallele mit dem Titel »Arzt« zu stellen; was §. 30 gebietet, ist die Erlangung eines Prüfungszeugnisses für diejenigen Frauen, welche aus der beschränkten Hülfeleistung bei normalen Geburten, wobei es der Kunst und Wissenschaft eines Arztes nicht bedurfte, ein Gewerbe machen wollten, was §. 163 Nr. 1 des Entwurfs unter das Verbot stellte und §. 147 Nr. 1 des Gesetzes verbietet, ist unter Anderm eben die Ausübung dieses Gewerbes ohne Prüfungszeugniß. Die Zurechnung der Prüfungszeugnisse der Hebammen zu den »Genehmigungen⸗« oder »Bestallungen« erhellet übrigens auch aus den

s. 53 und 54 daselbst.

Der Vorderrichter hat also die §§. 30 und 147 Nr. 1 der Ge⸗ werbe⸗Ordnung vom 21. Juni 1869 unrichtig ausgelegt und sein Er⸗ kenntniß aee daher der Vernichtung.

In der Sache selbst konnte noch nicht erkannt werden, da es vorerst noch der thatsächlichen Prüfung bedarf, ob die Angeklagte gewerbemäßig Geschäfte der Hebamme verrichtet habe. b Denn andernfalls würden die Bestimmungen der §§. 30 und 147 der Gewerbe⸗Ordnung außer Betracht bleiben. 1b Ausgefertigt unter Siegel und Unterschrift des Königlichen Ober⸗ Tribunals.

Berlin, den 9. Januar 1871.

Hamburg, 1. März. Das General⸗Kommando des IX.

Armee⸗Corps verfügte gestern die Freilassung der in polizei⸗

licher Haft befindlichen Franzosen Abbé Monnier, Kaufmann Culty. Dieselben erhielten Zwangspaß zur sofortigen Abreise.

Oesterreich⸗Ungarn. Pesth, 28. Februar. Im Unter⸗ hause wurde die Debatte über die Vermehrung der Honvéd⸗ Kavallerie heut geschlossen. Morgen findet die namentliche Abstimmung statt.

Innsbruck, 28. Februar. Die für heute Abends beab⸗ sichtigte Siegesfeier wird bis zur erfolgten Zustimmung der Nationalversammlung in Bordeaux zu den Friedensprä⸗ liminarien verschoben. In das Festprogramm wurde auch ein 1“

Niederlaande. Haag, 28. Februar. (W. T. B.) Der Zweiten Kammer wurde in ihrer heutigen Sitzung das desinitive Budget für 1871 vorgelegt. Die Regierung bean⸗ tragte die Ausgabe von Mill. Gulden in Schatzbilleten zur Deckung der Ausgaben. Der Gesetzentwurf, betreffend die Ein⸗ kommensteuer, wurde zurückgezogen. Der Kriegs⸗Minister be⸗ tonte die Nothwendigkeit, die Organisation des Heeres zu er⸗ gänzen und zu verbessern, und er versprach, die bezüglichen Vorlagen demnächst in der Kammer einzubringen.

Luxemburg, 1. März. Sitzung der Ständekammer legte der Staats⸗Minister Servais anläßlich der Interpellation Würths die auf die Beziehungen zwischen Deutschland und Luxemburg bezüglichen diplomatischen

ktenstücke vor.

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Großbritannien und Irland. London, 1. März. (W. T. B.) Das Admiralitätsgericht hat die Beschlagnahme des Schleppdampfers »Gountlet« angeordnet, welcher eine fran⸗ zösische Prise nach Dünkirchen bugsirte. Wie die »Morning Post« meldet, soll der Herzog von Broglie Auftrag erhalten haben, Frankreich auf der Konferenz zu vertreten.

Frankreich. Paris, 28. Februar. (W. T. B.) Der bereits erwähnte Tagesbefehl des General Vinoy an die Nationalgarde lautet:

In der Nacht vom 26. zum 27. ist unbefugter Weise in ein⸗ zelnen Stadttheilen Generalmarsch geschlagen worden, und sind in Folge dessen mehrere Bataillone der Nationalgarde ohne Befehl zusammengetreten. Sie haben hierdurch ohne ihr Vorwissen schuldbaren Umtrieben Vorschub geleistet. Die ungeheure Mehr⸗ heit der Nationalgarde widersteht allen Aufreizungen, sie be⸗ greift die Pflichten, welche gegenwärtig jedem Bürger und jedem Franzosen, der dieses Nqamens würdig sein will, auferlegt sind. Die Regierung hat Vertrauen zur Nationalgarde der Hauptstadt, sie rechnet auf Eure Hingebung, auf Eure Einsicht,

um die Ordnung auf das Peinlichste aufrecht zu erhalten. Die

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geringste Agitation kann einen Vorwand geben, um nicht

wieder gut zu machendes Uebel berbeizuführen. Die National-⸗

garde wird Paris vor den Gefahren bewahren, welche einzig Und allein durch Ruhe, Würde beschworen werden können.

Im Laufe des Nachmittags und Abends hat die Auf⸗ regung sich mehr und mehr beschwichtigt. Es sind umfassende Maßregeln getroffen worden, um einem etwaigen Konflikt zwischen den Exaltirten und den deutschen Truppen vorzubeu⸗ gen. Die Behörden halten die Errichtung eines Cordons um die von den Deutschen besetzten Quartiere für erforderlich. Der gemäßigte Theil der Einwohner macht große Anstrengungen, um der Agitation den Boden zu entziehen. Die Abendjour⸗ nale erneuern ihren Rath an das Publikum, sich ruhig zu verhalten und den Deutschen fern zu bleiben. Ein Tages⸗ befehl des Admirals Chaillie befiehlt den unter seinem Kom⸗ mando stehenden Marinesoldaten und Matrosen, jede Berüh⸗ rung mit dem Feinde zu vermeiden und sich ruhig zu verhal⸗ ten. Ueber die Vorgänge in der Nacht vom 26. zum 27. v. Mts. ist eine Untersuchung eingeleitet worden; der Direktor des Gefängnisses St. Pelagie ist seines Amtes entsetzt worden.

1. März. Heute früh um 7 Uhr sind bereits mehrere deutsche Bataillone eingerückt, um Quartier zu machen und haben um 8 ½ Uhr den Industriepalast besetzt. Einige Detache⸗ ments erschienen auf der Place de la Concorde, wo sich eine kleine Anzahl Neugieriger befand. Demonstrationen sind nicht vorgekommen. Ein Cordon französischer Truppen und Nationalgarden gestattet keinem Uniformirten, die von den Deutschen besetzten Stadttheile zu passiren. Die Haltung der Nationalgarde ist im Allgemeinen ruhig und ist kein beklagenswerther Zwischenfall vorgekommen. Das Gros des Occupations⸗Corps befindet sich im Bois de Boulogne, wo eine Revue stattfindet, und wird Mittags in Paris einrücken. Die besetzten Quartiere sind verlassen, Th⸗ Fenster ge⸗

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(W. T. B.) In der heutigen

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schlossen. Auf den Boulevards und in der Rue Rivoli sind

Läden und Café's ebenfalls geschlossen. ““

Die von der Nationalversammlung für die Prüfung der Friedens⸗Präliminarien gewählte Kommission ist derartig zusammengesetzt, daß die 15 Mitglieder der sogenannten Frie⸗ denskommission sämmtlich in dieselbe gewählt sind. Benoit d'Azy ist zum Präsidenten, Victor Lefranc zum Berichterstatter der Kommission gewählt worden. Die Kommission empfiehlt ein⸗ stimmig Annahme der Friedenspräliminarien. Unmittelbar nach der Annahme derselben wird ein Extrazug mit dem Protokoll der Versammlung, daß von dem Bureau derselben sowie von den Mitgliedern der Regierung zu unterzeichnen ist, nach Paris abgehen. Die Regierung ist entschlossen, die für die Ausfüh⸗ rung der finanziellen Bedingungen der Präliminarien erforder⸗ lichen Schritte so sehr wie irgend moöglich zu beschleunigen, damit Regierung und Nationalversammlung sehr bald nach Paris zurückkehren können. 1u“

Bordeaux, 28. Februar. (W. T. B.) Thiers ist heute um 2 Uhr mit den Mitgliedern der Friedenskommission hier angekommen und hat sich sofort in die Bureaux der National⸗ versammlung begeben. Nach kurzer Berathung entschied man sich für Abhaltung einer öffentlichen Sitzung. Victor Lefranc wird im Namen der Kommission der Versammlung Bericht über den Gang und die Resultate der Friedensverhandlungen abstatten.

Im weiteren Verlaufe der heutigen Sitzung der National⸗ versammlung hält Conti, früherer Chef des Kaiserlichen Kabinets, eine Rechtfertigungsrede für das Kaiserreich. Die Versamm⸗ lung beschließt hierauf durch Akklamation eine Resolution, durch welche die Absetzung der napoleonischen Dynastie nochmals er⸗ klärt und der Kaiser für das gegenwärtige Unglück Frankreichs verantwortlich erklärt wird.

Nachdem in der Fortsetzung der Sitzung der Nationalver⸗ sammlung der Deputirte und Friedenskommissar Barthélemy de St. Hilaire den Präliminarfrieden verlesen hatte, brachte er auch das Aktenstück zur Kenntniß der Versammlung, welches den Einzug von 30,000 Mann in Paris regelt; in demselben wird auch stipulirt, daß die vertragschließenden Theile sich das Recht vor⸗ behalten, den Waffenstillstand vom 3. März ab zu kündigen. Es muß jedoch in diesem Falle eine Frist von 3 Tagen ver⸗ streichen, ehe die Feindseligkeiten wieder aufgenommen werden können. Die Regierung verlangt von der Versammlung die dringliche Berathung des Präliminarvertrages. Ein Deputirter aus dem Elsaß verlangte Verlesung der Spezialbestimmungen bezüglich der künftigen Grenzlinien.

Thiers ergriff hierauf wieder das Wort, um nochmals die »dringliche Berathung« zu befürworten; er sprach dabei aus, daß dieser Beschluß nicht die Bedeutung haben werde, als wolle die Versammlung auf eine vollständige Prüfung des Vertrages verzichten. Es sei nur von höchster Wichtigkeit, daß die Diskussion nicht verschoben werde. Wenn man gegenwär⸗ tig von einer Schande für irgend wen sprechen wolle, so könne dieselbe nur Diejenigen treffen, deren Abstimmungen zu jeder Zeit dazu beigetragen haben, den Untergang des Landes her⸗ beizuführen. Thiers schließt seine Ansprache mit einem ergrei⸗ fenden und leidenschaftlichen Appell an den Patriotismus der Versammlung.

Die radikalen Abgeordneten Milliére und Langlois von

der äußersten Linken sprachen gegen die Dringlichkeit und stellten den Antrag, daß das Friedenspräliminar zunächst in Druck elegt werde, und daß alsdann erst die Abtheilungen der Ver⸗ ammlung zur Berathung zusammentreten. Entsprechend dem Antrage der Regierung beschloß die Versammlung die dring⸗ liche Berathung.

Gambetta schlug vor, daß die Abtheilungen morgen 1 Uhr zusammentreten sollen, damit die Deputirten Zeit haben kön⸗ nen, die Friedensbedingungen näher durchzugehen. Thiers bemerkte hierauf, daß die Kopien des Präliminars für die Abtheilun⸗ gen in2 Stunden hergestellt werden könnten. Schölcher wünschte, daß die Bureaux morgen 9 Uhr früh zusammentreten sollten, worauf Thiers bemerkte:

»Wir wollen, daß Sie mit Allem bekannt sein sollen, so wie wir es sind, die als Opfer einer Situation dastehen, welche wir nicht geschaffen haben, für welche wir aber einstehen müssen. Wir bitten Sie nicht einen Augenblick Zeit zu verlieren; wir bitten Sie, wieder⸗ holte Thiers nochmals, mit energischer Dringlichkeit, nicht Zeit zu verlieren. Wenn Sie unserer Bitte entsprechen, können Sie vielleicht der Hauptstadt einen großen Schmerz ersparen. Ich habe meine Ver⸗ antwortlichkeit eingesetzt, meine Kollegen haben dasselbe gethan, es ist nothwendig, daß auch Sie Ihre Verantwortlichkeit einsetzen. Hier giebt es keine Enthaltung; ich kann nur wiederholen, Jeder von uns muß seinen Theil an der Verantwortlichkeit übernehmen.⸗

Thiers schloß mit dem Wunsche, daß die Abtheilungen sich noch heute Abend 9 Uhr versammeln und die nächste öffent⸗ liche Sitzung morgen Mittag stattfinden möge. Die Versamm⸗ lung beschloß in Gemäßheit des Thiers'schen Ersuchens.

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Die heutige Sitzung war sehr stark besucht, nur sehr wenige Deputirten fehlten; auch Louis Blanc und Victor Hugo waren anwesend. Die Verlesung der Friedensbedingungen wurde mit tiefstem Stillschweigen entgegengenommen. ilitärischerseits waren für die Umgebung der Kammer heute dieselben Vor⸗ Rhäaclgen getroffen wie bisher. Die Stadt ist vollkommmen ruhig.

1. März. Die öffentliche Sitzung der Nationalversammlung be⸗ gann um ein Uhr Nachmittags. Zwei Mitglieder der Versammlung protestiren gegen jede Gebietsabtretung. Hierauf ergriff Victor Lefranc, Berichterstatter der Friedenskommission, das Wort. Er erklärte zuvörderst, daß die Beschlüsse der Kommission, welche von Tag zu Tag Mittheilungen über den Stand der Verhand⸗ lungen empfingen, einstimmig gefaßt wurden. Es sei ein Gebot des Patriotismus, für die Präliminarien, so wie sie sind, zu stimmen. Alles, was die gegenwärtige Lage gestattete, geschah; die Ehre Frankreichs ist gerettet. Redner legte die Gründe für die Annahme der Präliminarien dar; die Ablehnung derselben würde die Besetzung von Paris und die Ueberfluthung Frank⸗ reichs durch die Feinde, begleitet von Gott weiß welchem Unheil, zur Folge haben. Lefranc schloß mit den Worten: »Ueber⸗ lassen wir uns nicht der Verzweiflung! Jeder thue seine Pflicht! Niemand entziehe sich der Abstimmung.“ Eduard Quinet protestirte in lebhaften Ausdrücken gegen die Annahme der Friedenspräliminarien, welche die Gegenwart und die Zukunft Frankreichs vernichten würden. Bamberger, Abgeordneter des Mosel⸗Departements, beschwor die Versammlung, die Friedens⸗ bedingungen nochmals auf das Sorgfältigste zu prüfen. Die Sitzung dauert fort.

Man glaubt, die heutige Sitzung der Nationalver

sammlung werde nicht geschlossen werden, ohne daß über die

Friedenspräliminarien abgestimmt worden sei. Ein Extrazug wird fortwährend bereit gehalten, um das Protokoll der Ab⸗ stimmung sofort nach Paris zu bringen.

Nachts. Die Nationalversammlung hat die Ratifikation der Friedensbedingungen mit 546 gegen 107 Stimmen ange⸗ nommen.

Gambetta entwirft unter Mitwirkung von Ranc gegen den General Trochu eine Anklage⸗Akte, aber auch dieser ist mit einer ähnlichen Arbeit beschäftigt; auch er bereitet einen förm⸗ lichen Anklage⸗Akt gegen Gambetta vor.

Spanien. Madrid, Dienstag, 28. Februar. (W. T. B.) Der Handelsvertrag mit Schweden ist heute unterzeichnet wor⸗ den. Der Gesandte des Norddeutschen Bundes wird morgen sein Beglaubigungsschreiben überreichen.

Türkei. Konstantinopel, 1. März. (W. T. B.) Der Pforte ist noch keine Mittheilung über das Ultimatum zu⸗ gegangen, welches die spanische Regierung an den Vizekönig gerichtet haben foll. Wie es heißt, wird die Pforte eventuell das 6 in Anspruch nehmen, für ihren Vasallen zu ant⸗ worten. 8

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MNußland und Po Der Gesandte des Norddeutschen Bundes, Prinz Reuß, hat am 26. Februar dem Kaiser die Annahme des Deutschen Kaisertitels durch den König von Preußen notifizirt.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 1. Der Zustand des Königs bessert sich fortwährend. v

Dänemark. Kopenhagen, 27. Februar. Der frühere Ministerpräsident Bischof Monrad, der nach dem Kriege von 1864 nach Australien auswanderte, ist zum Bischof von Laa⸗ land und Falster ernannt worden. Der bisherige Gesandte Dänemarks in Paris, Graf Moltke Hvidtfeld, ist beurlaubt worden; an seiner Stelle ist der Regierungs⸗Kanzlist Haxt⸗ 9 zum Vorstande der Gesandtschaft in Paris ernannt worden.

Amerika. Washington, 28. Februar. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Repräsentantenhauses hat das⸗ selbe mit zwei Drittel Majorität die Bill bezüglich Aufhebung des Einfuhrzolles auf Kohlen angenommen.

Vereinstbätigkeit für die Armee.

An das Central⸗Komite der Deutschen Vereine zur Pflege im Felde verwundeter und erkrankter Krieger sind wieder Liebesgaben von verschiedenen Seiten

eingegangen: 1500 Thlr. als dritte und 2027 Thlr. als vierte Rate der im Großherzogthum Mecklenburg⸗Strelitz abgehaltenen Hauskollekte, 3350 Thlr. als Resultat einer Sammlung im Herzogthum Sachsen⸗ Meiningen, 2000 Thlr. als Ergebniß einer Sammlung im Fürsten⸗ thum Schwarzburg⸗Rudolstadt, 628 Thlr. aus Singapore, 970 Thlr. als 27. Gabe der Deutschen in St. Petersburg, 100 Pfd. Sterl. als eine neue Gabe der deutschen Kolonie in Mount Gambier (Süd⸗

len. St. Petersburg, 1. März.