es bei der Bestimmung im Art 49 des Postvertrages vom 23. No⸗ vember 1867 bewendet.
An den zur Reichskasse fließenden Einnahmen des Post⸗ und Telegraphenwesens haben Bayern und Württemberg keinen Theil.
IX. Marine und Schiffahrt.
Art. 53. Die Kriegsmarine des Reichs ist eine einheitliche unter dem Oberbefehl des Kaisers. Die Organisation und Zusammensetzung derselben liegt dem Kaiser ob, welcher die Offiziere und Beamten der Marine ernennt, und fuür welchen dieselben nebst den Mannschaften eidlich in Pflicht zu nehmen sind.
Der Kieler Hafen und der Jadehafen sind Reichs⸗Kriegshäfen.
Der zur Gruͤndung und Erhaltung der Kriegsflotte und der da⸗ mit zusammenhängenden Anstalten erforderliche Aufwand wird aus der Reichskasse bestritten.
Die gesammte seemännische Bevölkerung des Reichs, einschließlich des Maschinenpersonals und der Schiffshardwerker, ist vom Dienste eee befreit, dagegen zum Dienste in der Kaiserlichen Marine verpflichtet.
Die Vertheilung des Ersatzbedarfs findet nach Maßgabe der vor⸗ handenen seemännischen Bevölkerung statt, und die hiernach von jedem Staate gestellte QOuote kommt auf die Gestellung zum Landheere in Abrechnung.
Art. 54. Die Kauffahrteischiffe aller Bundesstaaten bilden eine einheitliche Handelsmarine.
Das Reich hat das Verfahren zur Ermittelung der Ladungs⸗ fähigkeit der Seeschiffe zu bestimmen, die Ausstellung der Meßbriefe, sowie der Schiffscertifikate zu regeln und die Bedingungen festzu⸗ bon welchen die Erlaubniß zur Führung eines Seeschiffes ab⸗
ängig ist.
In den Sechäfen und auf allen natürlichen und künstlichen Wasserstraßen der einzelnen Bundesstaaten werden die Kauffahrtei⸗ schiffe fämmtlicher Bundesstaaten gleichmäßig zugelassen und behandelt. Die Abgaben, welche in den Seehäfen von den Seeschiffen oder deren Ladungen für die Benutzung der Schiffahrts⸗Anstalten erhoben wer⸗ den, durfen die zur Unterhaltung und gewoͤhnlichen Herstellung dieser Anstalten erforderlichen Kosten nicht übersteigen.
Auf allen natürlichen Wasserstraßen dürfen Abgaben nur für die Benutzung besonderer Anstalten, die zur Erleichterung des Verkehrs bbestimmt sind, erhoben werden. Diese Abgaben, sowie die Abgaben für die Befahrung solcher künstlichen Wasserstraßen, welche Staats⸗ eigenthum sind, dürfen die zur Unterhaltung und gewöhn⸗ lichen Herstellung der Anstalten und Anlagen erforderlichen Kosten nicht übersteigen. Auf die Flößerei finden diese Be⸗ stimmungen insoweit Anwendung, als dieselbe auf schiffbaren Wasserstraßen betrieben wird.
Auf fremde Schiffe oder deren Ladungen andere oder höhere Ab⸗ gaben zu legen, als von den Schiffen der Bundesstaaten oder deren Ladungen zu entrichten sind, steht keinem Einzelstaate, sondern nur dem Reiche zu.
Art. 55. Die Flagge der Krieas⸗ und Handelsmarine ist schwarz⸗ weiß⸗roth. 85 b
X. Konsulatwesen.
Art. 56. Das gesammte Konsulatwesen des Deutschen Reichs steht unter der Aufsicht des Kaisers, welcher die Konsuln, nach Ver⸗ nehmnng des Ausschusses des Bundesrathes für Handel und Verkehr, anstellt.
In dem Amtsbezirk der deutschen Konsuln dürfen neue Landes⸗ konsulate nicht errichtet werden. Die deutschen Konsuln üben für die in ihrem Bezirk nicht vertretenen Bundesstaaten die Funktionen eines Landeskonsuls aus. Die sämmtlichen bestehenden Landeskonsulate werden aufgehoben, sobald die Organisation der deutschen Konsulate dergestalt vollendet ist, daß die Vertretung der Einzelinteressen aller Bundesstaaten als durch die deutschen Konsulate gesichert von Bundesrathe anerkannt wird. 8 “
XI. Reichs⸗Kriegswesen.
Art. 57. ZJeder Deutsche ist wehrpflichtig und kann sich in Aus⸗ übung dieser Pflicht nicht vertreten lassen.
Art. 58. Die Kosten und Lasten des gesammten Kriegswesens des Reichs sind von allen Bundesstaaten und ihren Angehörigen gleichmäßig zu tragen, so daß weder Bevorzugungen, noch Prägrava⸗ tionen einzelner Staaten oder egeeh grundsätzlich zulässig sind. Wo die gleiche Vertheilung der Lasten sich in natura nicht herstellen läßt, ohne die öffentliche Wohlfahrt zu schädigen, ist die Ausgleichung nach ö“ der Gerechtigkeit im Wege der Gesetzgebung festzu⸗
ellen. I. 59. Jeder wehrfähige Deutsche gehört sieben Jahre lang, in der Regel vom vollendeten 20. bis zum beginnenden 28. Lebens⸗ ahre, dem stehenden Heere — und zwar die ersten drei Jahre bei den
ahnen, die letzten vier Jahre in der Reserve — und die folgenden ünf Lebensjahre der Landwehr an. In denjenigen Bundesstaaten, in denen bisher eine längere als zwölfjährige Gesammtdienstzeit ge⸗ setzlich war, findet die allmälige Herabsetzung der Verpflichtung nur in dem Maße statt, als dies die Rücksicht auf die Kriegsbereitschaft des Reichsheeres zuläßt.
In Bezug auf die Auswanderung der Reservisten sollers“ iglich diejenigen Bestimmungen maßgebend sein, welche für die Aus Hande⸗ rung der Landwehrmänner gelten.
Art. 60. Die Friedens⸗Präsenzstärke des deutschen Heeres wird bis zum 31. Dezember 1871 auf Ein Prozent der Bevölkerung von 1867 normirt, und wird pro rata derselben von den einzelnen
Bundesstaaten gestellt. Für die spätere Zeit wird die Friedens⸗ Präsenzstärke des Heeres im Wege der Reichsgesetzgebung festgestellt.
Art. 61. Nach Publikation dieser Verfassung ist in dem ganzen Reiche die gesammte preußische Militärgesetzgebung ungesäumt ein⸗ zuführen, sowohl die Gesetze selbst, als die zu ihrer Ausführung, Er⸗
141“
zustand erklären. Bis zum Erlaß eines die Voraussetzungen, die
läuterung oder Ergänzung erlassenen Reglements, Instruktionen und
Reskripte, namentlich also das Militär⸗Strafgesetzbuch vom 3. April 1845, die Militär⸗Strafgerichtsordnung vom 3. April 1845, die Verordnung über die Ehrengerichte vom 20. Juli 1843, die Bestim⸗ mungen über Aushebung, Dienstzeit, Servis⸗ und Verpflegungs⸗ wesen, Einquartierung Ersatz von Flurbeschädigungen, Mobil⸗ machung u. s. w. für Krieg und Frieden. Die Militär⸗Kirchenordnung ist jedoch ausgeschlossen.
Nach gleichmäßiger Durchführung der Kriegsorganisation des deutschen Heeres wird ein umfassendes Reichs⸗Militärgesetz dem Reichstage und dem Bundesrathe zur verfassungsmäßigen Beschluß⸗ fassung vorgelegt werden.
Art. 62. Zur Bestreitung des Aufwandes für das gesammte deutsche Heer und die zu demselben gehörigen Einrichtungen sind bis zum 31 Dezember 1871 dem Kaiser jährlich sovielmal 225 Thaler, in Worten zwei hundert fünf und zwanzig Thaler, als die Kopfzahl der Friedensstärke des Heeres nach Artikel 60 beträgt, zur Verfügung zu stellen. Vergl. Abschnitt XII.
Nach dem 31. Dezember 1871 müssen diese Beiträge von den ein⸗ zelnen Staaten des Bundes zur Reichskasse fortgezahlt werden. Zur Berechnung derselben wird die im Artikel 60 interimistisch festgestellte Friedens⸗Präsenzstärke so lange festgehalten, bis sie durch ein Reichs⸗ gese z abgeändert ist.
Die Verausgabung dieser Summe für das gesammte Reichsheer und dessen Einrichtungen wird durch das Etatsgesetz festgestellt.
Bei der Feststellung des Militär⸗Auszabe⸗Etats wird die auf Grundlage dieser Verfassung gesetzlich feststehende Organisation des Reichsheeres zu Grunde gelegt.
Art. 63. Die gesammte Landmacht des Reichs wird ein einheit⸗ liches Heer bilden, welches in Krieg und Frieden unter dem Befehle des Kaisers steht.
Die Regimenter ꝛc. führen fortlaufende Nummern durch das ganze deutsche Heer. Für die Bekleidung sind die Grundfarben und der Schnitt der Königlich preußischen Armee maßgebend. Dem be⸗ treffenden Kontingentsherrn bleibt es überlassen, die äußern Abzeichen (Kokarden ꝛc.) zu bestimmen.
Der Kaiser hat die Pflicht und das Recht, dafür Sorge zu tragen, daß innerhalb des deutschen Heeres alle Truppentheile vollzählig und kriegstüchtig vorhanden sind und daß Einheit in der Organisation und Formation, in Bewaffnung und Kommando, in der Ausbildung der Mannschaften, sowie in der Qualifikation der Offiziere hergestellt und erhalten wird. Zu diesem Behufe ist der Kaiser berechtigt, sich jederzeit durch Inspektionen von der Verfassung der einzelnen Kon⸗ tingente zu überzeugen und die Abstellung der dabei vorgefundenen Mängel anzuordnen.
Der Kaiser bestimmt den Präsenzstand, die Gliederung und Ein⸗ theilung der Kontingente des Reichsheeres, sowie die Organisation der Landwehr, und hat das Recht, innerhalb des Bundesgebietes die Garnisonen zu bestimmen, sowie die kriegsbereite Aufstellung eines jeden Theils des Reichsheeres anzuordnen.
Behufs Erhältung der unentbehrlichen Einheit in der Administra⸗ —
tion, Verpflegung, Bewaffnung und Ausrüstung aller Truppentheile des deutschen Heeres sind die bezüglichen, künftig ergehenden An⸗ ordnungen für die preußische Armee den Commandeuren der übrigen Kontingente, durch den Artikel 8 Nr. 1 bezeichneten Ausschuß für 9 ““ und die Festungen, zur Nachachtung in geeigneter Weise mitzutheilen.
Art. 64. Alle deutsche Truppen sind verpflichtet, den Befehlen des Kaisers unbedingte Folge zu leisten. Diese Verpflichtung ist in den Fahneneid aufzunehmen.
Der Höchstkommandirende eines Kontingents, sowie alle Offiziere, welche Truppen mehr als eines Kontingents befehligen, und alle Festungskommandanten werden von dem Kaiser ernannt. Die von demselben ernannten Offiziere leisten Ihm den Fahneneid. Bei Generalen und den Generalstellungen versehenden Offizieren innerhalb des Kontingents ist die Ernennung von der jedesmaligen Zustimmung des Kaisers abhängig zu machen.
Der Kaiser ist berechtigt, Behufs Versetzung mit oder ohne Be⸗ förderung für die von Ihm im Reichsdienste, sei es im preußischen Heere, oder in anderen Kontingenten zu besetzenden Stellen aus den Offizieren aller Kontingente des Reichsheeres zu wählen.
Art. 65. Das Recht, Festungen innerhalb des Bundesgebiets anzulegen, steht dem Kaiser zu, welcher die Bewilligung der dazu er⸗ forderlichen Mittel, soweit das Ordinarium sie nicht gewährt, nach Abschnitt XII. beantragt.
Art. 66. Wo nicht besondere Konventionen ein Anderes be⸗ stimmen, ernennen die Bundesfürsten, beziehentlich die Senate die Offiziere ihrer Kontingente, mit der Einschränkung des Artikels 64. Sie sind Chefs aller ihren Gebieten angehörenden Kruppentheile und genießen die damit verbundenen Ehren. Sie haben namentlich das Recht der Inspizirung zu jeder Zeit und erhalten, außer den rege mäßigen Rapporten und Meldungen über vorkommende Veränderun⸗ gen, Behufs der nöthigen landesherrlichen Publikation, rechtzeitige
Mittheilung von den die betreffenden Truppentheile berührenden
Avancements und Ernennungen.
Auch steht ihnen das Recht zu, zu polizeilichen Zwecken nicht blos ihre eigenen Truppen zu verwenden, sondern auch alle anderen Truppentheile des Reichsheeres, welche in ihren Ländergebieten dis⸗ lozirt sind, zu requiriren.
Art. 67. Ersparnisse an dem Militär⸗Etat fallen unter keinen “ einer einzelnen Regierung, sondern jederzeit der Reichs⸗ asse zu.
Art. 68. Der Kaiser kann, wenn die öffentliche Sicherheit in dem Bundesgebiete bedroht ist, einen jeden Theil desselben in Kriegs⸗
E“ 8 “ 1“ n 8
Form der Verkündigung und die Wirkungen einer solchen Erklärung regelnden Reichsgesetzes gelten dafür die Vorschriften des preußi⸗
8 schen Se vom 4. Juni 1851 (Gesetz⸗Samml. für 1851 S. 451 ff.)
chlußbestimmung zum XI. Abschnitt. Die in diesem Abschnitt enthaltenen Vorschriften kommen in Bayern nach näherer Bestimmung des Bündniß⸗Vertrages vom 23. November 1870 (Bundesgesetzblatt 1871, S. 9) unter III. §. 5., in Württemberg nach näherer Bestimmung der Militär-Konvention vom 21./25 November 1870 (Bundesgesetzblatt 1870, S. 658) zur An⸗
wendung. 1 .
XII. Reichsfinanzen. “
Einnahmen und Ausgaben des Reichs müssen
für jedes Jahr veranschlagt und auf den Reichshaushalts⸗Etat gebracht
werden. Vetzterer wird vor Beginn des Etatsjahres nach folgenden Grundsätzen durch ein Gesetz festgestellt. .
Art. 70. Zur Bestreitung aller gemeinschaftlichen Ausgaben dienen zunächst die etwaigen Ueberschüsse der Vorjahre, sowie die aus den Zöllen, den gemeinschaftlichen Verbrauchssteuern und aus dem Post⸗ und Telegraphenwesen fließenden gemeinschaftlichen Einnahmen. Insoweit dieselben durch diese Einnahmen nicht gedeckt werden, sind sie, so lange Reichssteuern nicht eingeführt sind, durch Beiträge der einzelnen Bundesstaaten nach Maßgabe ihrer Bevölkerung aufzubrin⸗ gen, welche bis zur Höhe des budgetmäßigen Betrages durch den Reichskanzler ausgeschrieben werden. 8
Art. 71. Die gemeinschaftlichen Ausgaben werden in der Regel⸗ für ein Jahr bewilligt, können jedoch in besonderen Fällen auch für eine längere Dauer bewilligt werden. “
Während der im Art. 60 normirten Uebergangszeit ist der nach Titeln geordnete Etat über die Ausgaben für das Heer dem Bundes⸗ rathe und dem Reichstage nur zur Kenntnißnahme und zur Erinne⸗ rung vorzulegen. 1 1
Art 72. Ueber die Verwendung aller Einnahmen des Reichs ist durch den h“ dem ¹“ und dem Reichstage zur Entlastung jährlich Rechnung zu legen.
dheng, 180 In Fällen eines außerordentlichen Bedürfnisses kann im Wege der Reichsgesetzgebung die Aufnahme einer Anleihe, so wie die Uebernahme einer Garantie zu Lasten des Reichs erfolgen. 8
Schlußbestimmung zum XII. Abschnitt.
Auf die Ausgaben für das bayerische Heer finden die Artikel 69 und 71 nur nach Maßzabe der, in der Schlußbestimmung zum XI. Abschnitt erwähnten Bestimmungen des Vertrages vom 23. No⸗ vember 1870, und der Artikel 72 nur in soweit Anwendung, als dem Bundesrathe und dem Reichstage die Ueberweisung der für das baye⸗ rische Heer erforderlichen Summe an Bayern nachzuweisen ist. XIII. Schlichtung von Streitigkeiten und Straf⸗
bestimmungen. G v
Art. 74. Jedes Unternehmen gegen die Ehisteng die Integrität, die Sicherheit oder die Verfassung des Deutschen? teichs, endlich die Belei⸗ digung des Bundesrathes, des Reichstages, eines Mitgliedes des Bun⸗ desrathes oder des Reichstages, einer Behörde oder eines öffentlichen Beamiten des Reichs, während dieselben in der Ausübung ihres Be⸗ rufes begriffen sind oder in Beziehung auf ihren Beruf, durch Wort, Schrift, Druck, Zeichen, bildliche oder andere Darstellung, werden in den einzelnen Bundesstaaten beurtheilt und bestraft nach Maßgabe der in den letzteren bestehenden oder kuünftig in Wirksamkeit tretenden Gesetze, nach welchen eine gleiche gegen den einzelnen Bundesstaat, seine Verfassung, seine Kammern oder Stände, seine Kammer⸗ oder Ständemitglieder, seine Behörden und Beamten begangene Handlung zu richten wäre.
Art. 75. Für diejenigen in Artikel 74 bezeichneten Unterneh⸗ mungen gegen das Deutsche Reich, welche, wenn gegen einen der ein⸗ zelnen Bundesstaaten gerichtet, als Hochverrath oder Landesverrath zu qualifiziren wären, ist das gemeinschaftliche Ober⸗Appellations⸗ gericht der drei freien und Hansestädte in Lübeck die zuständige Spruch⸗ behörde in erster und letzter Instanz. 8
Die näheren Bestimmungen über die Zuständigkeit und das Ver⸗ fahren des Ober⸗Appellationsgerichts erfolgen im Wege der Reichs⸗ gesetzgebung. Bis zum Erlasse eines Reichsgesetzes bewendet es bei der seitberigen Zuständigkeit der Gerichte in den einzelnen Bundes⸗ staaten und den auf das Verfahren dieser Gerichte sich beziehenden Bestimmungen. —
Art. 76. Streitigkeiten zwischen verschiedenen Bundesstaaten, sofern dieselben nicht privatrechtlicher Natur und daher von den kom⸗ petenten Gerichtsbehörden zu entscheiden sind, werden auf Anrufen des einen Theils von dem Bundesrathe erledigt.
Verfassungsstreitigkeiten in solchen Bundesstaaten, in deren Ver⸗ fassung nicht eine Behörde zur Entscheidung solcher Streitigkeiten be⸗ stimmt ist, hat auf Anrufen eines Theiles der Bundesrath gütlich auszugleichen oder, wenn das nicht gelingt, im Wege der Reichsgesetz⸗ gebung zur Erledigung zu bringen. b
Art. 77. Wenn in einem Bundesstaate der Fall einer Pasti verweigerung eintritt, und auf gesetzlichen Wegen ausreichende Hülfe nicht erlangt werden kann, so liegt dem Bundesrathe ob, erwiesene, nach der Verfassung und den bestehenden Gesetzen des betreffenden Bundesstaates zu beurtheilende Beschwerden über verweigerte oder ge⸗ hemmte Rechtspflege anzunehmen, und darauf die gerichtliche Hülfe bei der Bundesregierung, die zu der Beschwerde Anlaß gegeben hat,
zu bewirken. . XIV. Allgemeine Bestimmung.
Art. 78. Veränderungen der Verfassung erfolgen im Wege der Gesetzgebung. Sie gelten als abgelehnt, wenn sie im Bundesrathe 14 Stimmen gegen sich haben.
Diejenigen Vorschriften der Reichsverfassung, durch welche be⸗ stimmte Rechte eizelner Bundesstaaten in deren Verhältniß zur Ge⸗ sammtheit festgestellt sind, können nur mit Zustimmung des berechtigten Bundesstaates abgeändert werden. “ 8
2
Entwurf eines Gesetzes, betreffend eine anderweiti Feststellung der Matrikularbeiträge zur Deckung Gesammtausgaben für das Jahr 1869. 1 Wir von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen ꝛc. verordnen im Namen des Deutschen Reichs nach erfolgter Zustim⸗ mung des Bundesrathes und des Reichstages, was folgt: . § 1. Die Matrikularbeiträge zu den Ausgaben des Norddeut⸗ schen Bundes für das Jahr 1869 werden an Stelle der im Kapitel 6 der Einnahmen des durch das Gesetz vom 29. Juni 1868 (B. G. Bl. von 1868 S. 437) festgestellten Bundeshaushalts⸗Etat für das Jahr 1869 aufgeführten Beträge, unter Berücksichtigung der Bestimmungen des Gesetzes vom 18. März 1869 (B. G. Bl. von 1869 S. 51), auf den Gesammtbetrag von 23,548,205 Thlrn. festgestellt und nach An⸗ leitung der dem gegenwärtigen Gesetze als Anlage beigefügten Ta⸗ belle auf die Staaten des Norddeutschen Bundes vertheilt, wie folgt 1) Preußen 19,819,419 Thlr., 2) Lauenburg 39,546 Thlr., 3) Sachsern 1,922,693 Thlr., 4) Hessen 297,249 Thlr., 5) Mecklenburg⸗Schweri 455,481 Thlr, 6) Sachsen⸗Weimar 88,653 Thlr., 7) Mecklenburg Strelitz 78,794 Thlr., 8) Oldenburg 121,441 Thlr., 9) Braunschweig 228,367 Thlr., 10) Sachsen⸗Meiningen 56,842 Thlr., 11) Sachsen⸗ Altenburg 43,823 Thlr., 12) Sachsen⸗Coburg⸗Gotha —, 13) An⸗ halt 58,512 Thlr., 14) Schwarzburg⸗Rudolstadt 23,589 Thlr., 15) Schwarzburg⸗Sondershausen 21,216 Thlr, 16) Waldeck 18,558 Thlr. 17) Reuß ä. L 13,655 Thlr., 18) Reuß j. L. 26,863 Thlr., 19) Schaum⸗ burg⸗Lippe 9709 Thlr., 20) Lippe 36,398 Thlr., 21) Lübeck 13,16 Thaler, 22) Bremen 69,818 Thlr., 23) Hamburg 194,510 Thaler Summe 23,548,205 Thlr. . 8 §. 2. Die Rechnungslegung über die Verwendung des im §. 1 bezeichneten Betrages in Gemäßheit des Art. 72 der Verfassungs⸗Ur kunde wird vorbehalten UMArkundlich ꝛc. Gegeben ꝛc.
Außerdem: Freundschafts⸗Handels⸗ und Schiff⸗ fahrtsvertrag zwischen Sr. Majestät dem Könige von Preußen im Namen des Norddeutschen Bunde und des Zollvereins und dem Freistaat San Salva
dor, vom 13. Juni 1870.
— Im 6. Cölner Wahlbezirk (Mühlheim — Wipperfürth — Gum⸗ mersbach) ist bei der engeren Wahl der Appellations⸗Gerichts⸗ Rath Bürgers zu Cöln mit 6103 gegen 5984 Stimmen, welche der Land⸗ rath von Niesewand erhalten hat, zum Mitgliede des Reichstags ge⸗ wählt worden. 116] “ 8
Landwirtbschaft. 8
Berlin, 23. März. In der am 16. d. abgehaltenen Sitzung hat der bleibende Ausschuß des Landes⸗Oekonomie⸗Kolle⸗ giums einen Antrag, betreffend die Rinderpestfrage, seiner Erwä⸗ gung unterworfen. 1
In der Sitzung am 17. März kam die laut Beschluß des Landes⸗ Oekonomie⸗Kollegiums an den ständigen Ausschuß überwiesene Ge⸗ schäftsordnung zur Berathung. Die Geschäftsordnung vom Jahre 1865 erscheint in einigen Punkten, insbesondere in Ruͤcksicht auf die Vergrößerung des Kollegiums nicht mehr zutreffend. Es hatte des⸗ halb der Vorsitzende in Gemeinschaft mit dem General⸗Sekretär und nach Rücksprache mit einigen Mitgliedern einen Entwurf für eine neue Geschäftsordnung ausgearbeitet. Graf von Borries hatte mehrere Anträge hierzu gestellt. Das Endresultat der Be⸗ rathung war, daß die gemachten Vorschläge bis auf Einen ab⸗ gelehnt wurden, wobei das Recht der Mitglieder, Anträge zu stellen, als selbstverstaͤndlich allerseits anerkannt wurde.
Hierauf kam folgender dringlicher Antrag zur Debatte: »Der Ausschuß des Königlichen Landes⸗Oekonomie⸗ Kollegiums wolle beschließen: in einer an Se. Excellenz den Herrn Minister für die landwirthschaftlichen Feeilegern ern zu richtenden Eingabe auf das Mißverständniß hinsichtlich der Gegenstände des Unterrichts auf den Ackerbauschulen aufmerksam zu machen, welches in dem Bescheide des Bundeskanzlers resp. in dem Gutachten der Bundes⸗Schulkommission sich befindet; auch zu beantragen, daß Se. Excellenz der Herr Minister für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten unter Darlegung des wirklichen Sachverhaltes die Bitte des Landes⸗Hekonomie⸗Kollegiums in Bezug auf die Stellung der mittleren theoretischen Ackerbauschulen zum einjährigen freiwilligen Militärdienst wiederholen wolle. — Außer diesem wurden noch zwei Anträge zur Besprechung und Abstimmung gestellt, welche folgende Fassung haben:
1) »Unter Ablehnung des Antrages des Herrn Bokelmann die
rage, ob und unter welchen Bedingungen den Schülern der theore⸗ tischen Ackerbauschulen das Privilegium des einjährigen Militärdienstes zu bewilligen sei, der nächsten Plenarsitzung des Landes⸗Oekonomie⸗ Kollegiums vorzulegen,«
2) in Anbetracht, daß vorläufig die Aufklärung des Sachverhält⸗ nisses erreicht ist, zur Tagesordnung überzugehen.«
Bei der Abstimmung wurde nur der Antrag Nr. 2 angenommen.
Der ständige Ausschuß des Landes⸗Oekonomie⸗Kollegiums hat in seiner Sitzung vom 18. d., welche zugleich die letzte seiner diesmaligen Session, nachfolgenden Antrag des Grafen von Borries einer Be⸗ rathung unterworfen: »Das Königliche Landes⸗Oekonomie⸗Kollegium wolle beschließen: Se. Excellenz den Herrn Minister für die land⸗ wirthschaftlichen Angelegenheiten zu ersuchen: einen Gesetzentwurf ent⸗ werfen zu lassen, durch welchen nach denjenigen Grundsätzen / nach
lchen eine Konsolid (Verkoppelung) beschlossen werden kann⸗