1871 / 110 p. 6 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

Truppen, die Batterie des Schlosses Becon um einige Metres zurückzulegen; dieselben Eisenbahnwagen brachten auch eine andere Batterie der Versailler Truppen im Innern von Asnidères zum Schweigen. Das »Journal officiel« der Kommune meldet, daß Oberst Cecilia heute Morgen die Linie der Bastionen von der Muette bis zum Point du jour inspizirte; derselbe ist mit dem Resultate seiner Inspektion sehr zufrieden, die ge⸗ troffenen Vertheidigungsmaßregeln lassen nichts zu wünschen übrig. Auf dem Plateau vom Montmartre sind neue Batterien errichtet worden, welche die Ebene von St. Denis bestreichen. Die Lebensmüutelfrage nimmt wieder einen sehr bedenk⸗ lichen Chbarakter an. Wenn man den diesjährigen Bestand des großen Marktes in La Villette vom 5. bis 12. April mit dem vorjährigen in denselben Tagen vergleicht, so ergiebt sich fol⸗ gender Unterschied: vom 5. bis 12. April 1871: vom 5. bis 12. April 1870: Ochsen.. 1762 Stück, 8,272 Stück. Kühe.. 69 F“ Kälber.. 546 2,515 3 Schöpsfe. 4310 46,241 Schafe. .—. 1695 „“ 4,503 8 In Montlugon (llier) hat ein Pronuncamento zi Gunsten der Kommune von Paris Statt gefunden. Die Be⸗ vegung wurde aber sofort von den Truppen unterdrückt. Viele Personen wurden verhaftet. Versailles, 24. April, Morgens 9 Uhr. (W. T. B.) Die »Agence Havas« meldet: »Die von mehreren Blättern ver⸗ breitete Nachricht, daß der Angriff auf die Insurgenten bereits begonnen habe, ist unrichtig. Blos vom Fort Valsrien aus wird die Beschießung der Stellung der Aufständischen fortgesetzt. Gestern und heute trafen frische Truppen hier ein.«⸗ Die vom »Gaulois« gebrachte Mittheilung, die diesseitigen Truppen hätten gestern das Fort Charenton besetzt, ist nicht begründet. Die Batterien der Insurgenten erwiderten gestern das Feuer

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»Journal officiel« veröffentlicht ein Cirkular Dufaure's, datirt vom 23. April und gerichtet an die General⸗ Prokuratoren. Aus Anlaß des neuen Gesetzes, welches den Geschworenen die Entscheidung über Preßvergehen überträgt, spricht sich der Justiz⸗Minister sehr entschieden gegen diejenigen Schriftsteller aus, welche nun, nachdem sie seit langer Zeit das allgemeine Wahlrecht verlangten, die Nationalversammlung fort⸗

während angreifen, während dieselbe doch der freieste und zuver⸗ lässigste Ausdruck des allgemeinen Wahlrechts ist. Dufaure bezeich⸗ net in seinem Cirkular die Schriftsteller ferner als schamlose Schutz⸗ redner für die fremden Diktatoren; sie stellen in gleiche Linie die Nationalversammlung, hervorgegangen aus freier Wahl, und die angebliche Kommune in Paris; sie entnerven durch eine gleißnerische Sprache unter dem Vorwande einer Versöh⸗ nung jedes Gefühl für Recht und Unrecht; sie sind gewohnt, mit demselben Auge die gesetzliche Ordnung wie die Insurrektion zu betrachten, die Macht, welche durch Frankreich erschaffen wurde, wie die Diktatur, die sich durch das Verbrechen ein⸗ führte und von dem Schrecken regiert wird. Derartige Schriftsteller sind nicht die Feinde irgend einer Regierung, sondern Feinde der ganzen menschlichen Gesellschaft. Sie dürfen nicht mehr zaudern, sie zu verfolgen. Wir sind seit einer Reihe von Monaten die betrübten Zeugen der Uebel gewesen, die uns ein Krieg mit dem Auslande auferlegte; jetzt, wo jene Straf⸗ baren einen Bürgerkrieg in unserm eigenen Lande anzuzünden suchen, müssen wir mehr handelnd eingreifen. Abends 6 Uhr. Die »⸗Agence Havas« meldet: Ab⸗ gesehen von einer unbedeutenden Kanonade zwischen dem Mont Valérien und der Porte Maillot hat sich nichts Wichtiges zu⸗ getragen. General Ducrot hat seine Entlassung als Kom⸗ mandant derjenigen Truppen eingereicht, deren Organisation ihm oblag. Seine Entlassung ist angenommnen worden. Pouyer⸗Quertier ist nach Versailles zurückgekehrt. 3

Havre, 24. April. (W. T. B.) Vier große Dampfschiffe der transatlantischen Compagnie, welche nach Hamburg ab⸗ gegangen waren, um Kriegsgefangene abzuholen, sind leer wieder zurückgekommen.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 23. April. Hinsichtlich der Bewaffnung der Kavallerie mit Hinterladern hat der Kaiser, dem »Reg.⸗Anz.« zufolge, am 27. Dezember 1869 befohlen, daß bei allen Husaren⸗ und Ulanen⸗Regimentern das zweite Glied Karabiner erhalten, das erste die Lanzen be⸗ wahren soll. Bei den Kürassieren und Dragonern bleibt die frühere Zahl der Feuerwaffen; bei ersteren erhalten 16 Mann jeder Schwadron Karabiner, bei letzteren alle Leute Gewehre neuer Konstruktion. Die mit Lanzen bewaffneten Leute, alle Trompeter und die Unterofsiziere aller Kavallerie⸗Arten erhal⸗

ten nur Pistolen.

Dem offtziellen Bericht über die Arbeiten zur Organisation der agrarischen Verhältnisse der Bauern für das Jahr 1870, der im »Reg.⸗Anz.“« veröffentlicht wird, entnehmen wir Fol⸗ endes: Von den 14 Gouvernements, in welchen 1867 zur Abfas⸗ sung der Besitzurkunden geschritten worden, waren zum 1. Ja⸗ nuar 1871 noch 17 Urkunden in den Gouvernements Moskau, Ssaratow, Ssimbirsk und St. Petersburg auszuliefern. Im Gouvernement Ssamara sind die Besitzurkunden noch nicht in 28 Dörfern, in denen Reichsbauern mit Baschkiren zusammen wohnen, ausgehändigt, und in 53 Dörfern, in welchen die Reichsbauern auf Baschkirenländereien leben, konnte noch nicht zur Abfassung derselben geschritten werden, weil die Lokal⸗ Bauerninstitutionen noch nicht die Vermessungsakte aufgenom⸗ men hatten. In denselben 14 Gouvernements waren auch alle von den Bauern eingereichten Gesuche um Zuthei⸗ lung von Staatsland zu dem Bauernlande entschieden und die damit verbundenen Uebersiedelungen der Bauern vollzogen worden. In den 16-Gouvernements, in welchen die Vorbereitungs⸗ arbeiten zur Abfassung der Besitzurkunden laut der am 27. Juni 1868 und am 15. Oktober 1869 Allerh. bestätigten Instruktionen in Angriff zu nehmen waren, und im Gebiet Bessarabien, wo dies auf Grundlage der am 23. Dezember 1869 Allerhöchst bestätigten Regeln geschehen sollte, ist das Areal der Bauern⸗ ländereien mit der Bevölkerungszahl bereits ermittelt. Der Prinz Reuß ist gestern hier wieder eingetroffen. Nach einem neuen Gesetz, welches am 1. Juli v. J. für Finnland in Kraft trat, steht die Kirchenleitung bei den Bischöfen, Domkapiteln, Pröpsten, Priesterversammlungen und der Kirchenversammlung. Das Domkapitel in jedem Stift besteht aus dem Bischof als Vorsitzenden, drei theologisch ge⸗ bildeten Mitgliedern und dem Sekretär, welcher ein gebildeter und erfahrener Jurist sein muß und Sitz und Stimme im Kapitel hat. Die Oberbehörde für das Schulwesen, welche ihren Sitz in Helsingfors hat, soll über die allgemeinen Elementaranstalten und Volksschulen des Landes die Aufsicht füh⸗ ren. Sie besteht aus einem Vorsitzenden und mehreren Mitgliedern, von denen zwei für unbestimmte Zeit aus den höheren Beamten des Landes gewählt werden. Einer ist Ober⸗Inspektor für die Volks⸗ schulen, die übrigen für die Elementar⸗Anstalten. Der Vor⸗ sitzende und sämmtliche Mitglieder werden auf Vorschlag des General⸗Gouverneurs für Finnland vom Kaiser ernannt. Zur Beaufsichtigung der Elementar⸗Anstalten sollen Männer ge⸗ nommen werden, die neben der nöthigen wissenschaftlichen Bildung durch eigenen Dienst Erfahrungen im Unterrichts⸗ wesen gewonnen haben. Wer zur Beaufsichtigung der Volks⸗ schulen vorgeschlagen werden soll, muß durch Prüfungen oder schriftstellerische Arbeiten eine höhere wissenschaftliche Ausbildung bekundet, an den Schulen des Landes Er⸗ fahrung hinsichtlich des Schul⸗ und Unterrichtswesens im Allgemeinen und des Volksschulwesens insbesondere sich erworben haben und von dem betreffenden Universitäts⸗Professor ein Zeugniß darüber beibringen, daß er der finnischen Sprache im Schreiben und Sprechen hinlänglich mächtig ist. Bischof und Domkapitel haben ferner in ihrem Stift den Religions⸗Unter⸗ richt zu überwachen, theils durch besondere Inspektionen von Mitgliedern des Domkapitels, theils durch die betreffenden Orts⸗

Rieichstags⸗Angelegenheiten.

Berlin, 25. April. In der gestrigen Sitzung des

Deutschen Reichstages leitete der Bundeskanzler Fürst von

Bismarck die dritte Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend

die Bewilligung weiterer Geldmittel für den Kriegsbedarf, durch

folgende Rede ein:

Da ich bei der letzten Verhandlung über diese Frage nicht an⸗ wesend sein konnte, so erlaube ich mir heute, einige Ergänzungen zu den Motiven nachzuholen. Die verbündeten Regierungen durften bei

Abschluß des Versailler Präliminar⸗Friedens sich der Fosnen hin · 4 ls auch die Er⸗- gänzung desselben durch einen definitiven Friedensvertrag wesentlichen

geben, daß sowohl die Ausführung dieses Vertrages a

Schwierigkeiten und Störungen nich ausgesetzt sein würde Sie glaub⸗ ten deshalb, mit neuen finanziellen Forderungen in dieser Session nicht vor den Reichstag treten zu dürfen, indem sie zu hoffen berech⸗ tigt waren, daß sowohl die Zahlungen der französischen Regierungen für die Verpflegung der deutschen Truppen in Frankreich regel mäßig, als auch die ersten Zahlungen auf die Kriegsentschädigung so recht⸗ zeitig erfolgen würden, daß in den deutschen Kassen ein Mangel nicht eintreten würde.

Wie ich äußerlich vernommen habe, waren auch kurz vor Aus⸗

bruch der Pariser Beivegung von Seiten der französischen Regierung Veranstaltungen getroffen, die ersten zwei Milliarden der Kriegs⸗ entschädigung in verhältnißmäßig kurzer Zeit zu zahlen und dadurch die bedeutende Verminderung der Occupation herbeizuführen, welche von den ersten Zahlungen abhängig gemacht war, wenn auch, wie

ich beiläufig bemerke, um einem vielverbreiteten Mißverständ- niß zu begegnen, die bloße Zahlung einer halben Milliarde

vpon Seiten Frankreichs noch gar keine RNäumung, auch nicht die der Forts vor Paris nach sich ziehen würde. Es gehört doazu noch eine andere Vorbedingung, nämlich der definitive Friedensschluß, der vorher erfolgt sein muß. Ich erlaube mir, auf den Artikel darüber da ich auch in öffentlichen Blättern vielfoch Mißverständnisse darüber gefunden habe ausdrücklich aufmerksam zu machen. Es ist im Art. 3 das zweite Alinea: L'6vacuation des départements situés entre la rive droite de la Seine et la frontiére de l'Est par les troupes allemandes s'opérera gra- duellement après la ratification du traité de paix définitif et le paiement du premier demi-milliard.

Indessen der Druck, der in dieser Bestimm ung auf einen baldigen Abschluß des definitiven Friedens liegen konnte, erweist sich bisher als nicht wesentlich wirksam. Ich kann nicht sagen, daß die Verhandlun⸗

gen in Brüssel den raschen Fortgang nehmen, den ich von ihnen unter diesen Umständen erwartet hätte, ich kann mich im Gegentheil dem Eindrucke nicht versagen, als ob die französische Regierung sich dder Heffnung hingäbe, zu ei er späteren Zeit, wo sie mehr erstarkt sein würde, andere Bedingungen als jetzt zu erlangen. Auf Ver⸗ suche, die Bedingungen des Präliminarfriedens abzuschwächen, würden wir uns in keiner Weite einlassen, nach welcher Richtung dieselben Dauch versucht werden möchten, set es im territorialen, sei es im inanziellen Theile der Abmachungen.

Eine andere Gefahr, die der ruhigen Entwickelung der Verhält⸗ nisse drohen konnte, bestand in der Entlassung einer so großen Zahl von Gefangenen, wie die es war, welche wir hier versammelt hatten. guls Bürgschaft gegen die Gefahr, die sich aus einer übermäßigen Ver⸗ größerung der französischen Armee, durch Verbindung der während

es Winters zur Armee einberufenen Elemente und der wieder ent⸗ assenen Kriegsgefangenen ergeben konnte, war ven unserer Seite zuerst vorgeschlagen worden, die sämmtlichen Kriensgefangenen sollten, die Offiziere auf ihr Ehrenwort, die üͤbrigen auf das Wort der französischen NResgierung verpflichtet sein, bis zum definitiven Friedensschluß resp. lis zu dessen Ausführung nicht in der französischen Armee Dienste zu nehmen. Diese Bedingung wurde von den französischen Unter⸗ händlern abgelehnt, indem sie dieselbe einerseits verletzend für die Armee fanden und andrerseits auch wohl schon damals gla ubten, dieser Armee im Innern zu bedürfen und sie deshalb vollzähtig er⸗ halten zu müssen. Es wurde deshalb von den französischen Unterhändlern und namentlich von Heun Thiers als Ersatz für unsere Forderungen und als Garantie gegen die Gefahren, die wir besorgten, der Vorschlag gemacht, daß die ranzösische Armee bis zur Ratifikation des definitiven Friedens phimter der Loire internirt breiben sollte, so daß zwischen der Seine Uund Loire ein breiter neutraler Strich zwischen beiden Heeren gewesen wäre, der nicht überschritten werden durfte, so daß die Ueberschreitung der Loire durch einen irgendwie beträchtlichen französischen Truppen⸗ theil sofort des Signal zur Erneuerung des Krieges, d. h. die An⸗ tündigung der Absicht seitens der französischen Regierung, den Krieg zu erneuern, sein würde. Weegen der besonderen Verhältnisse ven Paris wurde eine Ausnahme stipulirt dahin, daß 40,000 Mann französische Truppen in Paris zur Aufrechterhaltung der Ordnung bleiben konnten. Die Existenz einer französischen Armee zwischen der Seine und Loire, also bei Versailles, ist an sich nach dem Präliminarfrieden micht zu⸗ lässig. Da indessen, nachdem die Unruhen in Paris ausgebrochen waren und die französischen Truppen sich nicht stark und zuverlässig genug erwiesen batten, sie zu unterdrücken, die Regierung, mit der wir den Präliminarfrieden geschlossen hatten, zur Ausführung des⸗ felben nur im Stande blieb, wenn ihr gestattet wurde, sich wieder in den Besitz von Paris zu setzen, und da sie dazu einer Truppen⸗ nacht zwischen Seine und Loire bedurfte, und ohne Zweifel

eeiner bedeutenderen als 40,000 Mann, so haben wir gegen die Ab⸗

weeichung von den Stipulationen, die in einer Truppen⸗Ansammlung bei Versailles liegt, keinen Einspruch erhoben. Aber es ist selbst⸗ perständlich, daß in Folge des Verzichts auf die Garantien, gauf die Ausführung der Gegenbedingung auch unsere Ver⸗ pflichtung zur Auslieferung der Gefangenen einstweilen erlischt, d. b. das Maß ihrer Erfüllung von unserer Erwägung der Verhältnisse abhängig bleibt und unsere Verpflichtung voll erst dann wieder eintritt, wenn die französische Regierung ihrerseits in der Lage sein wird, die Gegenstipulation, zwischen der Seine und Loire

* Wir batten von Hause aus, wie

reine Armee zu halten, zu erfüllen es unserer Verpflichtung entsprach, mit der Freilassung der Gefangenen Im breitesten Maßstabe den Anfang gemacht; ich glaube, daß ungefähr wischen einem Drittel und der Hälfte derjenigen, welche in unserer Gewalt waren, außer denjenigen, die wir nach Elsaß und Lothringen entlassen haben, bereits sich in Freiheit befinden werden. Diese Umstände nmachen aber nun leider einen weit erheblicheren fine nziellen Aufwand für uns nothwendig, als wir bei Abschluß der Friedens⸗Präliminarien voraussehen konnten. Ich spreche nicht von der länger dauernden Verpflegung von immerhin 2-⸗ bis 300,000 Gefangenen, kondern der zwingende Grund für die stärkere Ausgabe liegt in den inneren Ver⸗ lältn ssen von Frankreich. Wir sind durch die dort obwaltenden Verhält⸗ nisse genöthigt, eine sehr viel erheblichere Truppenmacht noch sür die Dauer der Unruhen dort stehen zu lassen, als es damals bei Abschließung des Präliminarfriedens unsere Absicht sein konnte. Man schätzt die Armee der Regierung bei Versailles auf über 100,000 Mann, ich weiß nicht, zu welchem Prozent aus Linientruppen resp. aus National⸗ garden bestehend. Wenn die Regierung mit dieser Armee die Auf⸗ gabe, die sie sich gestellt hat, durchführt, so vertrauen wir auf ihre Loyalität in Ausführung des Friedens; wenn ihr aber die Aufgabe nmuißlingt, so können wir unmöglich vorher übersehen, welche Agglo⸗ nmerationen von Truppen und unter welcher Führung sich in Frank⸗ reich aus den dort auf beiden Seiten vorhandenen Bestand⸗

1 theilen bilden koͤnnen. Wir müssen also, wenn wir ganz sicher

1“

echen wollen und nach so großen Opfern ist

Regierung, ganz sicher zu gehen so stark bleiben, daß wir jedec Eventualität, jeder Kombination von Streitkräften in unserer Stel⸗ lung gewachsen sind. Das bedingt erhebliche finanzielle Opfer, um so größer, als die französische Regierung sich bisher nicht in der Lage gesehen hat, auch nur die Zahlungen zu leisten, die für die Unter⸗ haltung der Truppen als Ersatz für unsern Verzicht auf Natural⸗- requisitionen stipulirt wurden, nämlich 36 Millionen und einige Frants im Monat; daneben läuft die Verzinsung eines erheblichen Theils der Kriegskontributionen. Die Fälligkeitstermine im Monat März und April sind nicht eingehalten worden; aber es ist uns die Zusage gegeben, daß am 25. d. M., also ich glaube morgen, alle bisher aufgelaufenen Rückstände bezahlt werden sollten, und daß am 1. Mai der dann fällige Termin regelmäßig gezahlt werden würde. Wir sind überzeugt, daß die französische Regierung zahlen wird, wenn sie in der Lage ist, obwohl mir schwer begreif⸗ lich ist, wie sie es für diese kleine Summe nicht sein könnte, da wir das Geld meistentheils in Fraäͤnkreich selbst ausgeben und daher nicht darauf bestehen, es in Metall zu haben, sondern mit dem Erzeugniß der alle Zeit bereitwilligen Banknoten⸗Presse vorlieb nehmen. Aber wenn dennoch die Regierung am 25. nicht im Stande sein sollte, ihre Zusage zu erfüllen, so würde das für uns und für das gegenseitige Verträgniß zwischen Truppen und Einwohnern so sehr bedauerliche Verhältniß wieder eintreten, daß wir zu Requisitionen von Natura⸗ lien schreiten müßten, da die Vorschüösse, die wir unserseits zu diesem Behufe der den Franzosen obliegenden Verpflegung leisten können, doch ihre Grenzen haben.

Es wäre ja eine Möglichkeit für uns, die uns von Hause aus nahe getreten ist und die wir sorgfältig erwogen baben, dem jetzigen Zustande in Frankreich durch Eingreifen von unserer Seite ein Ende zu machen, ich habe mich indessen necht entschließen können, Sr. Majestät zu diesem Mittel zu rathen, ich muß befürchten, daß eine unerbetene Einmischung in diese Verhältnisse alle Therle gegen uns, ich wiltl nicht sagen einigen, aber doch einander nähern würde; man würde nach französischer Art rasch bereit sein, alle Uebel der Sitnation auf die Eivmischung des Auslandes zu schieben und sich gegenseitig mit der Betheuerung: nous sommes frangais umarmen, oder, wenn das Wort zu weit geht, sich wesentlich einander näher rücken auf unsere Kosten, und außerdem mächte ich ungern, daß wir von dem Programme, welches Se. Majeßät der Kaiser aufgestellt hat und nach dem wir zu handeln gedenken, von dem Programm der Nicht⸗ einmischung in die Angelegenheiten anderer Vötker uns entfernen, selbst in einem Falle, wo die Versuchung dazu uns so nahe gelegt ist und wo unser eigenes finanzielles Interesse so sehr dazu zu drängen scheint. Ob es wirklich damit gewahrt werden würde, wenn wir uns in die Sache einmischen und uns dadurch der Gefahr aussetzen, daß uns die moralische Verantwortlichkeit für die Regelung der Zukunft Frankreichs zufallen könnte, das lasse ich dahin gestellt sein; es kann sein, daß es uns gelänge, durch eine solche Einmischung die von uns anerkannte Regierung zu befestigen, es könnte aber auch sein, daß die Regierung entweder, nachdem sie Gegenstand fremder Unterstützung geworden ist, ihre Lage unkattbar oder doch so unangenehm fände, daß sie den willkommenen Vorwand ergriffe, sich zurückzuziehen und sich der Verantwortlichkeit zu entlasten, und dann würde es unsere Aufgabe sein, zunächst wieder eine neue Spitze von Frankreich entweder zu machen oder zu finden. Ich bin daher der Meinung und habe bie her gefunden, daß die öffentliche Meinung und, wie ich glaube, die Majorität dieser Versammlung in dieser schwierigen Berechnung einer theils zukünftigen, theils auch in ihrer Gegenwart für uns nicht vollkom⸗ men durchsichtigen Lage, daß sie in dieser Lage findet, doß die Re⸗ gierung in ihrer bisherigen Enthaltung das Richtige getroffen hat. Die Zusage einer Enthaltung um jeden Preis zu geben, halte ich aber nicht für indicirt, es würde das unter Umständen eine Auf⸗ müunterung, eine Zusage der Straflosigkeit, ein Verzicht sein können, während wir jedenfalls das Recht und die Pflicht haben, uns vorzu⸗ behalten, daß wir da, wo wir unsere eigenen Interessen und Rechte verletzt oder gefährdet finden, nicht behufs Einmischung in fremde Angelegenheiten, sondern behufs der Vertheidigung der eigenen, eingreifen. . 8

Im Verlaufe der Diskussion erwiderte der Bundes⸗ bevollmͤchtigte Finanz⸗Minister Camphausen auf eine An⸗ frage des Abgeordneten Lasker:

Die Anleihe kann meiner Ansicht nach nur als eine Anleihe des Drutschen Reiches betrachtet werden; die Verpflichtung, für die Ver⸗ zinsung und auch für die Tilgung der Anleihe zu sorgen, wird den⸗ jenigen Staaten obliegen, die den ehemaligen Norddeuischen Bund gebildet haben. 8 8

Die erste Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Inhaberpapiere mit Prämien, leitete der Präsident des Bundes⸗ fanzleramts, Staats⸗Minister Delbrück, wie folgt ein:

Meine Herren! Der Gegenstand des Gesetzentwurfs, der heute zur ersten Berathung steht, hat bereits dem letzten Norddeutschen Reichs⸗ tage zu einer eingehenden Verhandlung Veranlassung gegeben; ich darf deshalb bei einem Theil der Mitglieder des Hauses eine eingehende Bekanntschaft mit der Materie voraussetzen; ich glaube aber auch, daß für diejenigen Mitglieder des Hauses, welche damals dem Norddeutscen * Reichstage nicht angehörten, der Gegenstand kein sremder ist. Die damaligen Verhandlungen haben Veranlassung gegeben, die Frage um die es sich handelt, in der Presse einer eingehenden Erörterung zu unterziehen, und die jetzt Ihnen gemachte Vorlage hat bereits den gleichen Ansteoß ertheilt. Ich kann. mich deshalb zur Einleitung der- selben auf einen kurzen Vortrag beschränken.

Als in dem letzten Norddeutschen Reichstage aus der Initiative des Hauses von verschiedenen Seiten der Gegenstand angeregt wurde, waren die verbündeten Regierungen in der Lage, sich zu der Frage