1871 / 112 p. 6 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

befinden sich im Orne⸗Departement auf dem Landgute des Her⸗ ogs d'Audiffret⸗Pasquier. Dieselben warten dort die Ent⸗ der Versammlung Betreffs der Gültigkeit ihrer Wahlen ab.

Asien. Shanghai, 12. April. (W. T. B.) Londoner Blättern geht die Nachricht zu, daß die chinesische Regierung eine Depesche an die auswärtigen Gesandten gerichtet habe, in welcher sie die Forderung stellt, daß kein Unter⸗ richt ertheilt werde, welcher der Lehre des Confucius zuwider laufe. Sämmtliche Missionäre, außer den in den Häfen be⸗ findlichen, sollen als chinesische Unterthanen betrachtet werden. Frauen soll es untersagt sein, dem Gottesdienste beizuwohnen. Bezüglich der jüngst stattgehabten Metzeleien soll keine weitere Genugthuung als die Bestrafung der Schuldigen gewährt wer⸗ den. Die Antwort der Gesandten auf diese Depesche ist bisher nicht bekannt.

Reichstags »Angelegenheiten.

Berlin, 27. April. Die Antwort, welche der Präsident des Bundeskanzler⸗Amts, Staats⸗Minister Delbrück, in der gestrigen Sitzung des Deutschen Reichstags auf die Inter⸗ pellation der Abgg Dr. Gerstner u. Gen. über die Störungen des Eisenbahn⸗Gükerverkehrs ertheilte, hat folgenden Wortlaut:

Meine Herren! Der Herr Abgeordnete für Würzburg hat bei Begründung seiner Interpellation ein, wie ich glaube, einseitiges In⸗ teresse wahrgenommen. Er dat immer vom Interesse des Handels⸗ standes gesprochen; ich will ihm entgegen kommen. Ich will aner⸗ kennen, daß der Handelsstand bei der ganzen Frage in zweiter Linie interessirt ist; in erster Linie sind die Konsumenten iateressirt, und in sofern hat seine Interpellation eine objektw noch viel größere Berech⸗

tigung, als er ihr selbst gegeben hat.

In der Sache selbst wird es auf zwei Fragen ankommen, erstens darauf, inwieweit der jetzt vorhandene Zustand unter den gegebenen Verhältnissen gebessert werden kann, und zweitens, auf welche Weise. Zunächst muß man sich fragen: durch welche Ursachen ist der jest vor⸗ handene Zustand, von welchem ich anertenne, daß er keineswegs ein

normaler ist entstanden? 1d G o Der Herr Interpellant hot darauf bereits selbst hingewiesen, daß der Natur der Dinge nach mit dem Vertrauen auf einen günstigen Frie⸗ den, nachher mit dem Abschluß des Präliminarfriedens sich ganz natürlich der Zufluß der Guter, deren Vertheilung den Eisenbahnen obliegt, ungemein gesteigert hat; das ist aber nicht das einzige Mo⸗ ment, es kommt noch ein wesentliches anderes hinzu. Wir haben, 2 und das war für den Verkehr ein sehr unglücktiches Zusammentreffen, in einer Zeit, wo das Eisenbahn⸗Betriebsmaterial und Personal in ganz außergewöhnlichem Maße in Frantreich in Anspruch genom⸗ men war, zugleich einen Wint r von einer Strenge und Dauer ge⸗ habt, wie sie zu den Seltenheiten gehören, und es ist deshalb derjenige Güterverkehr, der bei einem normalen Winter sich auf den Flüssen bewegt haben würde, durch den un⸗ gewöhnlichen dies jährigen Winter auch mit aufgestaut. Nachdem die Flüsse aufgegangen sind, sind diese auch nicht im tande, sofort alles das aufgestaute Gut zu bewältigen, nämlich deshalb, weil man dar⸗ auf wartet. Es ging also von den Gütern, die im gewöhnlichen Lauf der Dinge der Eisenbahn gar nicht zugefallen sein würden, eine große Menge jetzt auf der Eisenbahn. Es ist also eine sehr erhebliche Steigerung der Eisenbahnversendung jetzt eingetreten, und diese unge⸗ wöhnliche Steigerung der Eisenbahnversendung würde, wie ich glaube, auch in normalen Zeiten, d. h. bei vollem Frieden, Störungen in dem Essenbahnverkehr und Beschwerden über solche Störungen her⸗ vorgerufen haben. 1

Nun kommt aber das zweite Moment hinzu, die unmittelbaren und mittelbaren Wirkungen des Krieges. Zu den unmittelbaren Wirkungen des Krieges gehört, daß allch heute noch ein nicht un⸗

ansehnlicher Theil deutschen Materials jenseit des Rheins zur Ver⸗ wendung kommt. Es ist nicht zulässig gewesen, dem Elsaß und Loth⸗ ringen die Eisenbahnverbindungen, den Eisenbahnverkehr zu versagen, und min würde diesen Gebieten den Verkehr versagt haben, wenn man ihn nicht wenigstens zum überwiegenden Theil mit deutschem Material und Personal aufgenommen hätte. Es ist ferner thatsäch⸗ lich ein Irrthum, wenn der Herr Interpellant anführt, daß die Pro⸗ viant⸗Transporte aufgehort hätten. Es ist auch das nicht der Fall.

Das sind die unmittelbaren Wirkungen, die jetzt noch vorhanden; indessen die mittelbaren Wirkungen sind auch nicht zu übersehen. Während ein großer Theil des deutschen Materials in Frankreich war, wurde sowohl dieses als auch das hier vorhandene, also alles Material

auf eine in normalen Zeiten gar nicht gekannte Weise ausgenutzt. Man ist mit Lokomotiven gefahren, mit denen man unter normalen Verhältnissen gar nicht gefahren wäre, weil sie in den Reparatur⸗ Wertstätten gestanden hätten. Diese Ausnutzung hat ihre Grenzen, es giebt Zeiten, wo schließlich ein Theil des ¹ etriebsmaterials so krank wird, daß Fan für Fhlung sorgen muß, und es deshalb dem Ve ützogen werden muß.

Berte ssr ddie auch jetzt noch wirksame mittelbare Folge des Krieges. Nun bin ich nicht im Entferntesten in der Lage, auf die Einzelnheiten einzugehen, die der Herr Interpellant zur Begründung seiner Interpellation angeführt hat. Ich bin weit entfernt, sie zu bestreiten, ich kann sie nicht bestätigen. Ich will ihm ferner theoretisch zugeben, daß, wie in allen derglei⸗ chen Dingen, auch hier, hie und da ein Mißgriff geschehen sein mag, daß hier und da besser operirt werden konnte, wie operirt wor⸗

den ist; ich will ferner nicht in Abrede stellen, daß wenigstens wäh“

rend der Dauer des Krieges die Eisenbahnen vielleicht nicht in dem

Maße ihr laufendes Material vermehrt haben, wie dies in normalen Zeiten geschehen sein würde; ich kann aber konstatiren, daß jetzt diese Vermehrung in reichem Maße eintritt, und daß die Fabriken, welche sich mit der Anfertigung solcher Gegenstände beschäfti⸗- gen, vollauf mit solchen Aufträgen versehen sind. Ich glaub

deshalb, daß man die unzweifelhaft anzuerkennenden Mangel, die jetzt noch in dem Eisenbahnbetriebe obwalten, mit einiger Billigkeit beurtheilen muß. Ich kann hinzufügen, daß unausgesetzt das Bestreben dahin gerichtet ist, diesen Mängeln abzubelfen, und ich kann namentlich erwähnen, daß, soweit es das Königreich Preußen betrifft, die Forderung solcher Reverse, wie sie der Herr Interpellan

erwähnt hat, neuerlich untersagt worden ist.

Nun würde das alles nicht ausschließen, daß man durch eine andere Organisalion entweder den jetzigen Zustand verbessern oder der Wiederkehr ähnlicher Zustände vorveugen könnte. De Herr Interpellant hat das wensgstens beiläufig erwähnt, in⸗ dem er hinwies auf die außerordentlichen Leistungen, welche die Exekutiv⸗Kommission im militärischen Interesse geleistet hat, und ich nuß auf diesen Punkt deshalb mit einigen Worten eingehen, weil, wie aus den Zeitungen erinnerlich sein wird, von vielen Seiten der Gedanke ausgesprochen ist, man möchte doch jetzt und bis zur Wieder⸗ kehr normaler Verhältnisse für den Guüterverkehr eine ähnliche Orga⸗ nisatien treffen, wie die Exekutiv⸗Kommission für den Militärtransport bildete. Solche Auffassungen gehen, wie ich glaube, von einer wesent⸗ lich unrichtigen Prämisse aus. Weshalb ist es denn möglich gewesen, daß zur Zeit des Krieges die Militärtransporte mit der Schnelligkeit, Sicherheit und Präzision ersolgten, wie sie erfolgt sind? Es traf da Zweierlei zusammen, erstens gab es eigentlich nur einen Eisenbahn⸗ transport⸗Unternehmer, indem für die Militärzwecke die Behörde die Disposition über das vorhandene Material hatte; der zweite ganz ebenso wesentliche Punkt war aber der, daß es nur einen einzigen Eisenbahnbefrachter gab. Wenn Sie sich vorstellen, daß jeder Ba⸗ taillons⸗Chef sich hätte an die Exekutivkommission wenden und sagen sollen: ich will mein Bataillon mit möglichster Beschleunigung da und dorthin haben, dann würde ich glaube, ich brauche das nicht weiter auszuführen eine allgemeine Verwirrung stattgefunden haben. Die Regelmäßigkeit, Pünktlichkeit und Präziston war nur dadurch möglich, daß eine einzige Instanz zu bestimmen hatte, welche Trup⸗ pentheile, von welchem Orte, zu welcher Zeit und nach welchem Orte hin zu befördern waren. Ein solche Einrichtung in Bezug auf den Güterverkehr ist ganz absolut unmoöglich. Stellen Sie sich nun eine Centralstelle vor, die in dieser Weise den Gütervertehr dirigiren soll, die also aus allen Ecken und Enden von Deutschland täglich ein paar hundert Telegramme bekäme, wo ein Kaufmann in Königsberg verlangt, daß ihm sein Flachs befördert werde, ein Spinner in Wiesen hal verlangt, daß er seine Baumwolle aus Bremen erhalte, ein Hüttenbesitzer verlangt, daß er seine Kohlen von der Ruhr oder Saar her bekomme ich könnte ja noch Hun⸗ derte von Beispielen vorführen. Wer soll da beurtheilen, was drin⸗ gend ist, Jeder hält das, was er verlangt, für dringend und man fäme entweder zur absoluten Konfusion oder zur absoluten Willkür. Ich glaube, man kann nach dieser Richtung hin unter keinen Um⸗ sänden Abhülfe schaffen.

Der Herr Interpellant hat nun präzis in der Inter⸗ vellation die Frage gestellt, ob es in der Abstcht liege, Erhebungen uͤber die Sache zu veranlassen und Sorge dafür zu tragen, daß die Unregelmäßigkeiten im deutschen Eisenbahnverkehr das zur Er⸗ füllung der militärischen Aufgabe unvermeidliche Maß nicht überschreiten. Meine Herren! Das Bundeskanzler⸗Amt ist wie⸗ derhelt in dieser Sache angegangen worden, zum Theil init allgemeinen Anträgen der Art, wie ich eben den einen charakterisirt habe und auf die es seinerseits nicht hat eingehen können, zum Theil mit speziellen Beschwerden, nicht sowohl über Spezialfaͤlle denn da würde das Bundeskanzler⸗Amt keine Einwirkung haben sondern über unzweckmäßige allgemeine Anordnungen. In dem ley⸗ teren Falle ist jede Beschwerde der Art verfolgt worden und soweit sie sich als begründet erwiesen, ist ihr auch von den betheiligten Re⸗ gierungen und Verwaltungen bereitwillig Abhülfe geschafft. Wenn ich mir vorstelle, daß jetzt eine Enquêéie über den thatsächlichen Zustand angestellt werden soll und über die Frage, um die es sich hier besonders handelt: ist der thatsächliche Zustand schlechter,

is es möglich wäre, so fürchte ich, meine Herren, daß die Enquöte ihr Ende erreichen wuͤrde, wenn vollkommen normale Zastände wieder hergestellt sind, und namentlich deshalb, wiil der thatsäͤchliche Zustand nach der Natur der Dinge sich mit jedem Tage ändert. Es wird und das muß ich hier offen sagen unzweifethaft, hoffentlich sehr vorübergehend, noch eine Verschlimmerung des jetzigen Zustandes ein⸗ treten, wenn es möglich sein wird, einen erheblichen Theil der deutschen Truppen aus Frankreich zurückzuziehen, es wird zu diesem Zwecke das dentsche Eisenbahnmaterial wieder stärker in Anspruch ge⸗ nommen werden, wie in diesem Augenvlicke. Es werden dann nicht Unterbrechungen des Verkehrs in absoluter Weise wie beim Auf⸗ marsch der Armee stattfinden, aber es werden Stockungen des Ver⸗ kehrs wieder eintreten. Dieser Lage gegenüber glaube ich in der That nicht, daß von einer Enquôte, wie der Herr Interpellant sie in Aus⸗ sicht genommen hat, ein praktischer Erfolg zu erwarten

Bei der Berathung über den Antrag der Abgg. Schulze u. Gen. auf Annahme des vorgeschlagenen Gesetzentwurfs, be⸗ treffend die privatrechtliche Stellung von Vereinen, erklärte der Staats⸗Minister Delbrück auf eine Anfrage des Abg. Miquél:

Meine Herren! Der Herr Abgeordnete für Waldeck hat vermißt, daß von dieser Stelle aus eine Aeußerung über die Stellung des

Bundesrathes zu der Vorlage erfolgt ist. Ich möchte daran er⸗ unern, daß es sich gegenwärtig zwar um die ziemlich un⸗

veränderte Reproduktion einer früheren Vorlage, aber einmal um ein

neues Haus und zweitens um einen durch den Hinzutritt mehrerer Mittglieder verstärkten Bundesrath handelt. Ich glaube nicht, daß es in der Möglichkeit liegt, daß bei Anträgen, die von einzel⸗ nen Mitgliedern dieses Haufes gestellt werden, der Bundesrath in dem Maße der Berathung folgen kann, wie es der Fall ist, wenn es sich um eine von ihm gemachte Vorlage handelt, oder wenn ihm ein Be⸗ schluß des Haufes selbst vorliegt.

Bei der Diskussion über den Antrag der Abgg. v. Kar⸗ dorff, v. Denzin, v. Hennig und v. Bonin, betreffend die, ent⸗ gegen den Bestimmungen des Handelsvertrages mit Italien vom 31. Dezember 1865, italienischen Spiritusfabrikanten ge⸗ währten Steuerermäßigungen, machte der Bundeskommissar,

Geheime Regierungs⸗Rath Dr. Michaelis, folgende Mit⸗ heilungen:

Meine Herren! Der Gegenstand, mit welchem dieser Antrag sich heschäftigt, hat bereits in der vorigen Session Veranlassung zu einer kurzen Verhandlung im Norddeutschen Reichstage gegeben. Am 25. Mai v. J. stellte der Herr Abg. für Neisse in Bezug auf das damals n Iialien projektirte Spiritus⸗Steuergesetz eine Interpellation und es vurde damals Auskunft ertheilt über die Schritte, die bis dahin in der Frage geschehen waren. Es wird bei der Berathung der vorliegenden Frage für Sie von Interesse ein, Kenntniß zu nehmen von dem, was seitdem in dieser Beziehung weiter geschehen ist. Damals waren es nur Zeitungs⸗ nachrichten, welche über die Gesetzee vorlage herübergedrungen waren, es lag der vollständige Entwurf selbst noch nicht vor. Die ersten Nachrichten, die darüber hierher gelangten, gaben Veranlassung, dem

dten des Norddeutschen Bundes in Florenz Instruk⸗ dahin zugehen zu lassen, daß er diese Frage ins fasse und die Interessen Deutschlands dort energisch ver⸗ Es kam hierauf der Entwurf selbst hierher und es ging daraus hervor, daß es in der Absicht lag, eine Spiritussteuer einzuführen, welche 40 Franken pro Hektoliter betragen sollte, und auf Grund dieser eingeführten Fabrikationssteuer den Eingangszoll um denselben Betrag zu erhöhen. Dabei waren die übrigen Bedin⸗ gungen der Steuer in dem Entwurfe ungefähr dieselben, wie sie später in dem Gesetz festgestellt worden sind. Es war nament⸗ ie Ausführung des Stleuergesetzes wesentlich auf den Verordnungsweg verwiesen, und es war ausgesprochen, daß die kleinen Brennereien, welche nicht über ¼˖ Hektoliter per Jahr brennen und Alkohol nicht verkaufen, steuerfrei sein sollten. Dieser Inhalt des Gesetzentwurfs bot dem Norddeutschen Bunde Veran⸗ lassung, sein Augenmerk besonders auf zwei Punkte hinzurichten, nämlich erstens auf die projektirte Höhe der Steuer und zweitens auf die projektirte Ausführung der Besteuerung der inländischen Fa⸗ brikation Die Höhe der Besteuerung ließ, weil es sich gegenüber einem Eingangszoll von 10 Franken um eine Erhöhung um 40 Fran⸗ ken handelte, ernste Befürchtungen eintreten wegen der Rückwirkung dieser S teuererböhung auf die Handelsbeziehungen zwischen dem Zoll⸗ veren und Jtalien 1

In diesem Sinne wurde der Gesandte instruirt, ernste Vor⸗ stellungen zu erheben, nachzuweisen, wie einer der wesentlichsten Egport⸗ artikel des Zollvereins nach Italien in Spiritus bestehe, nachzuweisen,

welch ein bedeutendes Interesse im Zollvereine durch die Spiritusaus⸗ fuhr repräsentirt sei, nachzuweisen, wie die kaum durch Vertragsver⸗

Aettniß begünstigte Beziehung zwischen beiden Völkern wesentlich beein⸗

trächtigt werden dürfte, wenn dieser Hauptartikel im Eingangszoll so sehr erhöht würde.

Die zweite Richtung, in welcher die Aufmerksamkeit der Bundesregierung in Anspruch genommen worden ist, war das Verhältniß des Gesetzes und der voraussichtlichen Ausfüh⸗ rung desselben zu dem Handelsvertrage. Der Herr Antragsteller hat Ihnen die Bestimmungen des Handelsvertages dargelegt, denen zufolge daß vertragsmäßige Recht dahin geht, daß eine Erhöhung des Eingangszolls nur dann eintrete, wenn die Vorbedingung einer ent⸗

sprechend höhern Besteuerung der inländischen Erzeugung ersall werde. Es mußte also die Ainzerise verelh darauf gerichtet sein, ob die Formen, die für die innere Besteuerung in Anwendung gelangen sollten, die Sicher⸗ eit geben, daß in der That eine dem erhöhten Eingangszoll gleiche Erhö⸗ hung der inn ren Steuer eintrete. Da war nun zunächst die Steuer⸗ freiheit der kleinen Brennereien ins Auge zu fassen. Es wurden die Verhandlungen, welche im Ausschuß des Parlaments stattfanden, sorg⸗ sam verfolgt, und es machten sich da Bestrebungen geltend, die Maximalhöhe der Jahresproduktion, welche die Vorbedingung der Steuer⸗ freiheit bilden sollte, von einem halben auf einen Hektoliter per Jahr zu steigern. Gegen diese Absicht ließ sich anführen und der Gesandte wurde instruirt dies geltend zu machen daß schon die Steuerfreiheit über⸗ haupt zu mancherlei Uuregelmäßigkeiten Gelegenheit gebe, welche einen ernsten und nachhaltigen Einfluß auf die wirkliche Höhe der Besteuerung üben müssen, und daß diese Unregelmäßigkeiten einen wreiteren Spielraum gewinnen würden, sobald man das die Vor⸗ bedingung der Steuerfreiheit bildende Produktionsmaximum auf das Doppelte erhöhen würde. Die Haupttzedenken aber bestanden von Anfang an gegen die Modalität der Ausführung der Besteuerung. Auf diese werde ich nachher eingehen, nachdem ich Ihnen vorher Mit⸗ theilung darüber gemacht habe, was aus dem damaligen Gesetzentwurf nachher geworden ist.

Der italienische Herr Finanz⸗Minister verwandte sich bei dem Ausschuß, welchem die Berathung der Projekte anvertraut war, da⸗ für, daß von der Höhe der Steuer, die ursprünglich auf 40 Fres. pro Hektoliter angesetzt war, abgesehen und nur eine Steuer von

20 Frcs. eingeführt wurde. Es ist ferner die Bestimmung wegen des Maximums der steuerfreien Produktion zum eigenen Gebrauch von ½ Hektoliter pro Jahr, gegenüber den im Ausschuß aufgetretenen Be⸗ strebungen, aufrecht erhalten worden. Es ist alto das Verhältniß für den Zollverein ein wesentlich günstigeres geworden, als damals der Anschein vorlag, daß es werden würde. Die im Verordnungswege festgestellte Ausführung der Besteuerung ist nur die, daß, wie der Herr Antragsteller ganz richtig dargelegt hat, ein sogenanntes Abonnement zugelassen wird. Es wird hierbei die Steuer bemessen, zunächst nach dem Maischraum, außerdem nach der Zeit. In Betreff des Maischraums ist man auf die Autorität des Professors Becchi hin davon ausgegangen, daß, um ein Hektoliter Alkohol zu 780, welches eben das mit 20 Lire zu besteuernde Quantum ist, zu gewinnen, für 4 17 Hektoliter farinöse Stoffe, welche, wenn sie aufgelöst sind, das Vier⸗ und Fünffache ihres Volumene einnehmen, gebraucht werden, so daß eine Steuer von einer Lire pro Hektoliter Raumgehalt und für jede Einmaischung das Fabrikat mit 20 Lire pro Hektolnter trifft. Eine solche Raumsteuer haben wir ja im Gebiete des Norddeutschen Bundes ebenfalls, wir haben die Erxfahrung gemacht und die Geschichte unserer Spiritussteuer bestätigt es, daß, wenn man den Maisch⸗ raum und jede Einmaischung besteuert, die Entwickelung der Fabrikaͤtion sich dahin richtet, aus demselben Maischraum das größtmöglichste Spiritusquantum zu ziehen, und daß, um die gleiche Höhe der Steuer für das Produkt aufrecht zu erhalten, die Höhe der Steuer für den Maischraum im Laufe der Zeit wesentlich hat gesteigert werden müssen. Es liegt also schon in der Raumsteuer ein Element der Unsicherheit darüber, ob sich bei ihr die Besteuerung des Fabrikats in der beabsichtigten Höhe ergebe.

Nun kommt aber bei dem Abonnement zu diesem Element der Unsicherheit ein zweites hinzu: es wird nicht jede Einmarschung be⸗ steuert, sondern lediglich die Zeit des Abonnements. Es wird ange⸗ nommen, daß ein Fabrikationsprozeß 4 Tage in Anspruch nimmt, daß das Jahr 300 Fabrikationstage habe, daß also 75 Einmaischungen pro Jahr stattfinden. Es wird nun der Maischraum der Fabrik multiplizirt mit 75 als der Zahl der jährlich möglichen Einmaischun⸗ gen und hierdurch die Normalziffer für die Jabhressteuer gewon⸗ nen. Es ist richtig, daß die Fabrik, deren der Herr Antragsteller erwähnte, nach diesem Maßstab bei 3500 Hektoliter Rauminhalt und jährlich 75 Operationen zu einer Normalsteuer von 262,500 Lire ein⸗ geschätzt ist, also zu einer Steuer, welche einer jährlichen Fabrikation von 13,125 Hektoliter entspräche, wenn die Steuer wurklich mit 20 Fres. pro Hektoliter erhoben würde. Es ist also bei dieser Ein⸗ richtung dem ungewissen Element der Raumbesteucrung noch ein anderes ungewisses Element, nämlich das der Zeit, hinzugetreten, und es ist eine doppelte Prämie gesetzt, einmal darauf, daß der Brenner aus dem Raume eine möglichst hohe Quantität Spiritus erzielt und zweitens darauf, daß er in der Zeit des Abonnements eine möglichst hohe Zahl von Einmaischungen vornimmt. Je mehr er in beiden Richtun en erzielt, desto niedriger wird die Steuer. Der jähr⸗ liche Produklionsumfang der Brennerei, welche der Herr An⸗ tragsteller erwähnt bhat, war mir auch bekannt, wenn auch nicht aus gleicher Quelle, es lagen mehrere Angaben vor, welche eine jährliche Produktion von 30,000 Hektoliter als ziemlich zuverlässig annehmen ließen. Es ist nicht unterlassen worden, dem Gesandten des Norddeutschen Bundes eine Kritik dieses Besteuerungsverfahrens zur Benutzung zu übersenden, eine Kritik ungefähr in dem Sinne, wie sie der Herr Antragsteller hier geübt hat.

So liegen die Verhältnisse gegenwärtig. Ich muß mich darauf beschränken, Ihnen das Thatsächliche mitzutheilen, und Ihnen die Beschlußfassung anheimzugeben.

Ueber die Petition landwirthschaftlicher Vereine um Wiedereinführung einer stehenden zwölftägigen Quarantäne für alles russisch österreichische Vieh an den östlichen Grenzen des Reichsgebietes, erklärte der Bundeskommissar, Geheime Regie⸗ rungs⸗Rath v. Puttkammer:

Meine Herren! Die hohe Bedeutung der Interessen, deren Schutz die Petition sich zur Aufgabe stellt, wird von dem Bundeskanzler⸗ Amte ebenso rückhaltlos anerkannt, wie seine Verpflichtung, in den Grenzen seines Ressorts mit aller Sorgfalt für diesen Schutz einzu⸗ sehen. Wenn daher das Hohe Haus sich bewogen finden sollte, im Sinne des Antrages der Petitions⸗Kommission Beschluß zu fassen, so bedarf es wohl kaum der ausdrücklichen Ver⸗ sicherung, daß ein solcher Beschiuß diejenige sorgfältige Er⸗ mägung bei dem Bundeskanzler⸗Amte finden würde, auf welche jede von diesem Hohen Hause geäußerte Ansicht unbedingten Anspruch hat. Umsomehr aber, meine Herren, bin ich verpflichtet, Ihnen schon jetzt diejenigen Bedenken vorzuführen, wel re voraussicht⸗ sich bei einer derartigen Erwägung zu einem negativen Ergebniß führen würden, nämlich zu dem Ergebniß, daß die Einführung einer stehenden Quarantäne unzweckmäßig sein würde.

Meine Herren, die Quarantäne für Rindpieh ist in ihren that⸗ sächlichen irkungen vollständig oder doch pahezu gleichbedeutend mit einem Einfuhrverbot, sie muoß desbalb in ihrem volkswirthschaft⸗ lichen Effekt ausschließlich unter dem Gesichtspunkt des Einfuͤhrver⸗ botes betrachtet werden Ich glaube, ich brauche die zahlreichen Herren der landwirthschaftlichen Sachverständigen in diesem Hause nicht darüber zu belehren, daß Mastvich, welches an der Grenze einer zwölftägigen Quarantäne unterworfen worden ist, nach Ablauf dieser Zeit eben kein solches mehr ist, daß es abgemagert ist und keinen Marktartikel in dem ursprünglichen Sinne mehr bildet. Kein Händler könne glso künftig sich darauf ein⸗ lassen, wenn die Quarantäne eingeführt würde, fettes Vieh zu importiren. Unter diesem Gesichtspugkt inpolvirt also die Quarantäne die Ahschneidung des größten Theils der Einfuhr eines unserer wichtigsten Konsun tionsartikel. Ich glaube, das ist eine un-