1871 / 114 p. 6 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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a. Art. Brig., von dem Kommdo als Abtheil. Commdr. bei der Be⸗ lagerungs⸗Art. vor Paris entbunden und vorläufig dem Rhein. Fest. Art. Regmt. Nr. 8 als Abtheil. Commdr. in Coblenz überwiesen. v. Zamory, Maj. z. Disp. und Bezirks⸗Commdr. des Res. Landw. Bats. Cöln Nr. 40, Herf, Maj. a. D., zuletzt Bats. Commdr. im Schlesw. Inf. Regmt. Nr. 84, z. Z. Commdr. des Landwehr⸗Bes. Bataillons Trier II., der Charakter als Oberst⸗Lieut., verliehen, Held, Schlegel, Obersten a. D., zuletzt im Brandenburg. Feld⸗ Art. Regt. Nr. 3 (Gen. Feldzeugmstr.), v. d. Lippe, Major a. D., zuletzt im Otdenb. Inf. Regt. Nr. 91, in die Kategorie der zur Disp. estellten Offiz. versetzt. Diener, Sec. Lt. a. D., zuletzt bei dem Plain des 1. Bats. (Osterode) 3. Ostpr. Landw. Regts. Nr. 4, der Char. als Pr. Lt. verliehen. Bothe, Ob. Lt z. Disp., zuletzt Ab⸗ theil. Commdr. in der 8. Artill. Brig., z. Z. Kmmdt. eines Kriegs⸗ gefangenen Lagers, der Char. als Oberf verliehen. Frhr. v. Diepen⸗ broick⸗Grüter, Pr. Lt. mit dem Char. als Rittm., zul. im 11. Hus. Regt., z. Z milit. Mitglied der Lazareth⸗Kommission zu Düsseldorf, v Bülow, Oberst a. D., zuletzt Ob. Licut. im 3. Westf. Inf. Regt. Nr. 16, z. Z. Commdr. des Garn. Bats. Nr. 13, in die Kategorie der zur Disp gestellten Off. versetzt. Farenholtz, Vize⸗Feldwebel vom Res. Landw. Bat. Barmen Nr. 39, zum Sec Lt. der Res. des Nieder⸗ rhein. Füs. Regts. Nr 39 befördert. v. Hülst, Sec. Lt. a. D., zul. bei der Jaf des 1. Bats. (Münster) 1. Westfäl. Landw. Regts. Nr. 13, z. Z. beim Ers. Bat. des Hannov. Füs. Regts. Nr. 73 dienstleistend, der Char. als Pr. Lt. verliehen. v. Kaweczynski, Hptm. a. D. zuletzt im 2. Westfäl. Infanterie⸗Regiment Nr. 15 (Prinz Friedrich der Niederlande), z. Z. beim Landw. Besatz. Bataillon Warendorf dienstleistend, unter Versetzung in die Kategorie der zur Disp. gestell⸗ ten Off., der Char. als Major verlichen. Fries, Pr. Lt. von der Inf. des 2. Bats. (Iserlohn) 7. Westfäl— Landw. Regts. Nr. 56, zum interimist. Comp. Führer ernannt. Eckardt, Sec. Lt. a. D., zuletzt bei der Art. des früheren 2. Bais. (Paderborn) 15. Landw. Regts., z. Z. milit. Mitglied der Lazareth⸗Kommission zu Höxter, unter Ertheilung der Erlaubniß zum Tragen der Landw. Armee⸗ Uniform, der Charakter als Pr. Lt. verliehen. Schrader, Sec. Lt. a. D, zuletzt bei der Inf. des 1. Bats. (Essen) 8. Westfäl. Landw. Regts. Nr. 57, z. Z. Landw. Bezirks⸗-Adjutant bei diesem Bat, der Char. als Pr. Lt. verliehen. v. Bönninghausen, Pr. Lt. a. D., zuletzt bei der Inf. des Res. Landw. Bats. Königsberg Nr 33, unter Befoͤrderung zum Hauptmann, bei der Inf. des 2 Bats. (Unna) 3. Westfäl. Ldw. Regts. Nr. 16 wieder einrangirt. Frhr. v. Droste⸗ Hülshoff, Sec. Lt. a. D., zuletzt bei der Inf. des 1. Bats. (Münster) 1. Westfäl. Landw. Regts. Nr. 13, z. Z., beim Garn. Bat. Nr. 13 dienstleistend, unter Extheilung der Erlaubniß zum Tragen der Ldw. Armee⸗Uniform, der Charakter als Pr. Lt. verliehen. Wichmann, Sec. Lt. a. D., zuletzt bei der Infanterie des 2. Bats. (Paderborn) 6. Westfäl. Lantw. Regts. Nr. 55, z. Z. beim Garnison⸗Bataillon Nr. 15 dienstleistend, der Char. als Pr. Lt., verliehen. Fordan, Port. Fähnr. vom 3. Posenschen Inf. Regt. Nr. 58, zum Sec. Lt., v. Oppen, Unteroff. von dems. Regt. zum Port. Fähnr. befördert. Schultz⸗Schultzenstein, Sec. Lt. von der Res. des Königs⸗Gren. Regts. (2 Westpr.) Nr. 7, im stehenden Heere und zwar als Sec. Lt. im 1. Niederschles. Inf. Regt. Nr. 46 angestellt. Trentepohl, Port. Fähnr vom Oldenb. Inf. Regt. Nr. 91, zum Sec. Lt. befördert.

B. Abschiedsbewilligungen ꝛc. Den 18. April. Steltzer, Ob. Lt. und Abiheil. Commdr. in der 4. Art. Brig., mit Pens. zur

Disp. gestellt

Offiziere ꝛc. Ernennungen, Beförderungen ꝛc.

Den 18. April. Bendemann, Strauch; Unter⸗Lts. z. See, zu Lieuts. zur See, Friedrich, See⸗Kadet, zum Unter⸗L“, z. See befördert. Freytag, See⸗Kadet, zur Reserre der Stamm⸗Division der Flotte der Ostsee entlassen.

Nichtamtliches. Frankreich: Ueber die Vorgänge am Tage nach dem Waffenstillstande dem 26. April liegen folgende Mittheilun⸗

en vor: 1 Paris, Abends. Auf der Secite von Neuilly wurde das

Feuer gestern Abend wieder aufgenommen. Um Mitternacht wurde ein Versuch gegen die Forts Issy und Vanves gemacht, aber trotz des heftigen Geschüͤtz⸗ und Gewehrfeuers mit nur geringem Erfolg. In Savarenne haben sich Munizipalgarden und Sergents de Ville gezeigt. Alle, welche dort in der Uniform der Nationalgarden betroffen wurden, wurden verhaftet, gleich⸗ viel, ob sie bewaffnet waren oder nicht. Um Uhr Morgens war Neuilly von seinen Bewohnern geräumt. Gegen drei Uhr hörte man in der Richtung vom Valsrien ein heftiges Geschütz⸗ feuer. Dasselbe war gegen Auteuil und den Point de Jour gerichtet. Weit entfernt ihr Feuer abzuschwächen, feuerten die Versailler Truppen heftiger als je. Den oberen Theil von Neuilly, Levallois und Villiers bedeckten sie geradezu mit Ge⸗ schossen und führten im Norden wichtige Bewegungen aus. Ungefähr 6000 Mann stark, rückten sie aus dem Gehölz von Garches heraus, passirten dicht am Mont Val6rien vorbei, und machten in Rueil Halt, woselbst sie durch Artillerie verstärkt wurden und dann weiter auf Colombes zu vorrückten. Nach kurzer Rast setzten sie ihren Weg fort, um im Gehölz von Gennevilliers zum zweiten Male Halt zu machen. Die Batterie auf den Trocadero

II. In der Marine. v“

ist abgebrochen worden, da sie dem Mont Valérien keinen Schaden zufügen konnte. In einer Geschützgießerei der Avenue Trudaine sind auf Anordnung der Kommune zwölf Mitrailleusen und drei Kanonen mit Beschlag belegt worden. Ein Luft⸗ ballon ist fertig, und steht im Begriffe Paris zu verlassen. Roussell, der Chef vom Stabe Cluserets, hat abgedankt, da sein Amt als Präsident des Kriegsgerichts ihn vollständig in An⸗ spruch nimmt.

7 Uhr Abends. Auf Fort Issy sind sieben Kanonen demolirt, und das Kanonenboot »Farcy« ist untüchtig gewor⸗ den. Nur mit Schwierigkeit konnte es gegen fünf Uhr nach der Porte de la Concorde zurückkehren. In der letzten Nacht ging insgeheim ein Luftballon vom Collège Rollin in die Höhe. Die Bultes von Montmartre werden stark befestigt.

28. April, Morgens 8 Uhr. (W. T. B.) Offizielle Depeschen der Kommune zufolge währte das Bom⸗ bardement von den Forts Issy, Vanves und Montrouge die ganze Nacht. Die Foͤderirten haben Rekognoszirungen in der Richtung auf Bagneux zu gemacht und warfen die Versailler Truppen in ihre Positionen zurück. Der Bahnhof von Cla⸗ mart wurde drei Mal von den Versailler Truppen angegriffen; dieselben wurden jedoch energisch zurückgeworfen. Der Mont Valérien beschoß aus zehn schweren Marinegeschützen die Bastio⸗ nen bei Auteuil, bei der Porte St. Cloud und dem Point du jour. Batterien in Haut⸗Meudon und Bas⸗Meudon beschossen die⸗ selben Punkte. Ein Bericht Dombrowstrs von Mitternacht meldet: »Die vorgeschobenen Posten, welche heftig angegriffen wurden, waren nach einem energischen Widerstande gezwungen, die Barrikade in der Avenue Pexyn (*) zu verlassen; der Feind wurde jedoch hierauf in die Flanke genommen und gezwungen, sich zurückzuziehen und die eroberten Positionen aufzugeben. In diesem Augenblicke sind wir wieder im Besitze unserer sämmtlichen bisherigen Positionen. Der Feind zieht sich auf der ganzen Linie zurück, das Feuer hört auf.⸗ Anderweitige Berichte sagen, daß die Südforts die Streitkräfte der Versailler Truppen, welche sich im Gehölz von Clamart und in Chatillon befanden, in Schach gehalten haben. In Fort Vanves soll nur ein Geschütz demontirt sein. Fort Issy ist mit Geschossen überschüttet doch glaubt man, daß es das Feuer noch fortsetzen kann. Eine Versammlung der republikanischen Liga hat Angesichts der am 30. d. für Frankreich ausgeschriebenen Munizipalwahlen be⸗ schlossen, ein Cirkular an sämmtliche Munizipalräthe zu erlassen und dieselben darin aufzufordern, Delegationen zu bilden, welche zu einem Kongresse in einer Provinzialstadt, etwa Lyon oder Grenoble, zusammentreten sollen. Die Liga hofft, daß dieser Kongreß einen ehrenvollen Vergleich zwischen der Kom⸗ mune und der Versailler Regierung zu Stande bringen werde. Heute Morgen vernimmt man lebhaftes Geschütz⸗ und Ge⸗ wehrfeuer von Westen her. 1

Abends 6 Uhr 30 Minuten. Die »Agence Havas⸗ meldet: Der Kampf wurde heute hauptsächlich zwischen den Forts Montrouge und Issy, Chatillon und Clamart, ferner zwischen Asniêres, Gennevilliers und Neuilly fortgesetzt; das

worden war, gewinnt gegen Abend wieder an Lebhaftig⸗ keit. Der Angriff der Versailler Truppen ist ein allgemeiner und bedroht fortgesetzt alle Punkte. wickeln große Thätigkeit in der Errichtung riesiger Barri⸗ kaden zur Vertheidigung der strategisch wichtigen Punkte im Innern der Stadt. Die Zufuhr von Lebensmitteln mittelst Eisenbahn beginnt spärlicher zu werden. Die der Kommune ergebenen Blätter versichern, die Regierung in Versailles habe mehrere für Paris bestimmte Züge mit Lebensmitteln ange⸗ halten. Ein Befehl der Kommune vom gestrigen Tage legt der Nord⸗, Ost⸗ und Westbahn, ferner den Bahnen von Orleans und Lyon die Bezahlung von 2 Millionen Fres. innerhalb 48 Stunden auf, welche Summe den genannten Gesellschaften als Vorausbezahlung ihrer Steuern in Anrechnung gebracht werden soll. Der Direktor der National⸗Bibliothek, Vincent, wurde seiner Stelle entsetzt. Die Arbeit bei den Bäckern darf nach einem neueren Befehle der Kommune nicht vor 5 Uhr Morgens beginnen.

Versailles, 28. April, Morgens 8 Uhr. (W. T. B.) Die »Agence Havas« meldet: Ein Detachement Föderirter wurde vergangene Nacht in der Richtung auf Hautes⸗Bruyères zu durch die Regierungstruppen in die Flucht geschlagen. Die Offiziere wurden zu Gefangenen gemacht. Die Batterien des Forts Issy sind fast vollständig zum Schweigen gebracht. An der Fertigstellung der Laufgräben wird eifrig fortgearbeitet. Die Journale besprechen beifällig die Rede Thiers in der gestrigen Sitzung der Nationalversammlung, tadeln dagegen lebhaft den Deputirten Köridec, welcher die monarchische Frage in inopportuner Weise angeregt habe.

In der Nationalversammlung legte der Finanz⸗ Minister Pouyer⸗Quertier einen Gesetzentwurf vor, durch

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Geschüt⸗ und Gewehrfeuer, welches Nachmittags schwächer ge⸗

Die Föderirten ent⸗

der Regierung ein neuer Kredit behufs Bezahlung der Ver⸗

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pflegungskosten für die in Frankreich stehenden deutschen Truppen

eröffnet werden soll. Der Finanz⸗Minister betonte, daß dieser

nommenen Verpflichtungen regelmäßig und auf das Gewissen⸗

neue Kredit durch die Verlängerung des Aufstandes nothwendig gemacht werde. Unter Bezugnahme auf die jüngst vom Fürsten Bismarck im Deutschen Reichstage gehaltene Rede erklärte Pouyer⸗Quertier, daß die französische Regierung ihre über⸗

hafteste den Bestimmungen der Konvention gemäß erfülle. Die fälligen Raten seien an die deutschen Behörden bezahlt worden, und man werde in der Verpflegung der deutschen Truppen fortfahren. Die eingegangenen Verpflichtungen, so schwer die⸗ selben auch seien, würden in loyaler Weise erfüllt werden, wie es sich für eine französische Regierung gezieme.

Abends6 Uhr. Die »Agence Havas⸗ meldet: Marschall Mac Mahon hat sich heute nach Reuil begeben, und wird Abends von dort zurückkehren. Fort Issy beantwortet das Feuer fast nicht mehr; ein Angriff wird als unmittelbar be⸗ vorstehend erwartet. Die von Bordeaux zur Anbahnung einer Versöhnung hier eingetroffenen Delegirten haben sich heute nach Paris begeben.

RNeichstags⸗Angelegenheiten. Berlin, 29. April. In der gestrigen Sitzung des Deut⸗ schen Reichstags erwiderte der Bundeskommissar, Geheime Regierungs⸗Rath Dr. Michaelis in der Diskussion über den Gesetzentwurf, betreffend eine anderweitige Feststellung der Ma⸗ trikularbeiträge zur Deckung der Gesammtausgaben für das

Jahr 1869 auf eine Bemerkung des Abg. Dr. Hammacher:

Da der Herr Vorredner auf eine von mir im Ausschusse an⸗ geblich nicht erfolgten Erklärung Schlüsse gezogen hat, so sehe ich mich veranlaßt das zu wiederholen, was ich im Ausschusse erklärt habe. Das Etatsgesetz weist für die Ausgaben für Neuanlagen im Bereiche der Telegraphenverwaltung nur den Ueberschuß der Telegraphenver⸗ waltung an und so lange das Etatsgesetz nur den Ueberschuß anweist, kann die Verwaltung in den Ausgaben für diese Zwecke nicht über diese ihr gesteckte Grenze hinausgehen. Die Frage, welche der Herr Redner anregt, ist eine Frage, deren Anregung sich allerdings lohnt, sie ist aber auch eine solche, welche nicht bei der nachträglichen Feststellung der Matrikularbeiträge, sondern bei dem nächsten neuen Reichshaus⸗ halt-Etat zum Austrag zu bringen ist.

In der Diskussion über den Gesetzentwurf, betreffend die Verbindlichkeit zum Schadenersatz für die bei dem Betriebe von Eisenbahnen, Bergwerken u. s. w. herbeigeführten Tödtun⸗ gen und Körperverletzungen, nahm der Bundeskommissar, Ge⸗ heime Ober⸗Bergrath Dr. Achenbach nach dem Abg. Schulze das Wort:

Meine Herren! Der Herr Vorredner hat im Verlause seiner Rede den Satz ausgesprochen, daß wohl kein Mitglied dieser Versammlung in seinem eigenen Bewußtsein befriedigt sein werde, wenn die hier vorliegende Frage diejenige Lösung finden sollte, welche der Entwurf der Bundesregierungen anstrebt. Er findet, daß insbesondere §. 2 der Vorlage nur ein Interimistikum oder Provisorium gegenüber dem⸗ jenigen Hauptprinzipe darstelle, welches § 1 der Vorlage aufstelle. Aus diesem Grunde, um diese Unbefriedigung und Unsicherheit, jenes gesetzgeberische Experimentiren zu beseitigen, macht er den Vorschlag, das Prinzip, welches der §. 1 enthält, kurzweg als das Allgemeine zu erklären und auf die verschiedenen industriellen Aalagen, welche der vorliegende Gesetzentwurf aufführt, anzuwenden.

Meine Herren! Die verbündeten Regierungen sind darüber nicht im Unklaren gewesen, daß eine Vorlage von einer solchen wirthschaft⸗ lichen und sozialen Tragweite, wie die gegenwärtige, den verschie⸗ densten Ansichten begegnen werde, sie sind um so mehr sich dessen be⸗ wußt gewesen, als aus ganz natürlichen Gründen auf dem hier vor⸗

liegenden Gebiete auch ein Interessenkampf mit Nothwendigkeit sich

geltend macht, sie wußten, daß, während man auf der einen Seite vielleicht dasjenige, was der § 2 festgesetzt hat, als ungenügend be⸗ zeichnen werde, auf der anderen Seite in den Bestimmungen dieses Paragraphen schwere Bedrohungen der vaterländischen Industrie, der Gewerbe und Kultur gefunden werden konnten. Die verbündeten Regierungen sind indessen von der Auffassung ausgegangen, daß beiderlei Ansichten keine Berechtigung haben.

Wenn wir ermessen wollen, ob der Inhalt der Regierungsvorlage, soweit derselbe in den §§. 1 und 2 niedergelegt ist, in der That den berechtigten Anforderungen entspricht, so mögen wir zunächst auf den geschichtlichen Verlauf dieser Angelegenheit zurückblicken.

1 Meine Herren! Der Reichstag beschloß bekanntlich im Jahre 1868, die Regierung um eine Vorlage zu ersuchen, welche den gegenwärtig hier in Frage stehenden Gegenstand anbelangt. In den Anlagen des damaligen Kommissionsberichtes, wie im Kontexte selbst, wurde wie auf ein Musterbild auf die englische und französische Gesetzgebung verwiesen, welcher die spätere Vorlage sich anschließen sollte. Die Regierungen, als sie diesem Beschluß des Reichstages folgend einen Entwurf aufstellen ließen, muß en selbstverständlich ihre Blicke jener angerufenen Gesetzgebung zuwenden. Zunächst, was die Eisenbahnen anbetrifft, fand man allerdings in den Bestimmun⸗ gen des preußischen Gesetzes vom 3. November 1838 eine Vorschrift, welche ohne Zweifel allen berechtigten Anforderungen im weitesten Sinne des Wortes voraussichtlich entsprechen konnte.

Man war der Ansicht, daß an dieser Vorschrift des Eisenbahn⸗ gesetzes festgehalten werden müsse und daß insbesondere es nicht an⸗

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gezeigt erscheine, dem Beschlusse des Reichstages gegenüber eine rück⸗ saͤngige Bewegung eintreten zu lassen. Wenn daher der §. 1 in einem Prinzip von dem §. 2 abweicht, so haben wir dies schon daraus zu erklären, daß der § 1 im Wesentlichen historisches Recht enthält, daß er sich an das Bestehende anschließt, und es dem Be⸗ schlusse des Reichstages gegenüber nicht möglich erschien, hinter die bereits bestehenden Bestimmungen zurüͤckzugehen. Die Regierungen waren aber auch überzeugt, daß diese Bestimmungen gerechte seien. Sie waren aus dem Grunde hiervon überzeugt, weil es sich bei den Eisenbahnen, abgesehen von dem Schutze des Publikums, um Anlagen handelt, bei denen, was den Betrieb und die Ueberwachung e anbetrifft, das Beamtenclement als das vorherrschende erscheint.

Dem gegenüber standen nun die Bergwerke und die übrigen in⸗ dustriellen Anlagen, rücksichtlich deren auf England und Frankreich verwiesen war. Meine Herren! Wenn die verbündeten Regierungen der englischen Gesetzgebung hätten folgen wollen, so würden Sie sicherlich nicht eine so weitgehende Bestimmung vorgelegt erhalten haben, wie sie §. 2 gegenwärtig enthält. Um nicht in das Detail der englischen Gesetzgebung und des englischen Rechts einzugehen, konstatire ich hier nur, daß der Standpunkt der englischen Gesetzgebung folgender ist: Der Werkseigenthümer haftet, wenn er bei Aus⸗ wahl der von ihm zur Beaufsichtigung bestellten Personen seinerseits ein Versehen begangen er haftet, wenn er diese Personen nicht mit dergestalt genügendem Betriebsmaterial ausgestattet hat, daß die polizeilichen Gesichtspunkte Seitens der Be⸗ triesbeamten gewahrt werden können. Hätte man diesen Inhalt der englischen Gesetzzebung zum Muster genommen, so würde das in Preußen bestehende Recht nur darin eine Aenderung erfahren haben, daß, während gegenwärtig der Werkseigenthümer nur subsidiarisch für die Versehen seiner Offizianten haftet, derselbe nach Maßgabe der eng⸗ lischen Gesetzgebung direkt wegen Fehlgriffe in der Auswahl der Beamten würde in Anspruch genommen werden können. Die Vorlage, welche Sie vor sich haben, geht also weit über das angerufene englische Recht hinaus, dieselbe hat sich dem Standpunkt der französischen Gesetzgebung angeschlossen, auf welche ebenfalls in den früheren Beschlüssen des Reichstages hingewiesen war. Es handelt sich um Artikel 1384 des Code civil.

Meine Herren! Ich weiß sehr wohl, daß eine Kontroverse über die Frage besteht, in wie weit nach jenem Artikel der Werks⸗ eigenthümer haftet, wenn ein Arbeiter dem andern Arbeiter Schaden zufügt. Während bei Eisenbahnen der Schade, welcher von einem Arbeiter dem andern Arbeiter zugefügt wird, unter den sonstigen Vor⸗ aussetzungen des §. 1. die Eisenbahn haftpflichtig macht, ist nach der Vorlage, die Ihnen die verbündeten Regierungen unterbreiten, bei Bergwerken und den übrigen industriellen Anlagen der Betriebsunter⸗ nehmer nicht haftbar, wenn der Schaden dem einen Arbeiter von dem andern zugefügt sein sollte. Die Vorlage beschränkt sich auf das Verschen von Angestellten und Offizianten. Die Regierungen glauben aber in dieser Beziehung den Sinn des französischen Rechts vollständig richtig getroffen zu haben. Es ist beispielsweise nicht nachzuweisen gewesen, daß in der belgischen Praxis ein Fall vorgekommen ist, wo ein Betriebs⸗ unternehmer wegen eines Versehens des Mitarbeiters gegenüber dem Mitarbeiter belangt worden wäre. Wenigstens liegen dahin lautende Privaterklärungen von Brüsseler Advokaten vor, daß ihnen Fälle überhaupt nicht bekannt seien, wo auf Grund jenes Ariikels eine solche Klage angestrengt worden sei. Was Frankreich anbetrifft, so habe ich persönlich mir die größte Mühe gegeben, derartige Fälle zu ermitteln, und überhaupt nur drei Fälle gefunden. In zwei Fällen ist zu Gunsten der Arbeitgeber, in einem Falle, allerdings von der höchsten Autorität auf dem Gebiete der Justiz, dem Kassationshofe, erkannt worden, daß der Art. 1384 unterschiedslos auch in dem angedeuteten Falle zur Anwendung zu bringen sei. Seit jener Zeit, seit 1841, wo jenes Kassations⸗Urtheil ergangen ist, schweigt die Jurisprudenz über jene Frage. Mir wenig⸗ stens sind weitere gerichtliche Urtheile nicht zur Kenntniß gekommen.

Meine Herren! Wenn dies die Lage des Rechtes in Frankreich ist, so dürfte vielleicht die Ansicht, welche einer der neuesten Bearbeiter dieser Lehre, ein belgischer Schriftsteller, über die Anwendung des Artikels 1384 ausspricht, nicht ohne Interesse für Sie sein. Ich ge⸗ statte mir, den folgenden Passus des Werkes über die Stellung des Art. 1384 in deutscher Uebersetzung zu verlesen. Es heißt:

»Was das Versehen eines Arbeiters anbetrifft, so ist die Frage eine schwierige (delicate); ich bin der Ansicht, daß die civilrechtliche Haftbarkeit des Art. 1384 hier nicht anwendbar ist. Die Thätigkeit

eines Arbeiters bietet größere oder geringere Möglichkeiten der Gefahr

dar, welche der Arbeiter selbst kennt und annimmt; je drohender diese Moöglichkeiten sind, desto höher ist der Lohn. Unter den Umständen, welche die Gefahren einer Arbeit erhöben, befindet sich die Theilnahme anderer Arbeiter an derselben. Jeder Arbeiter ist hierdurch der Gefahr ausgesetzt, das Opfer der Unklugheit seiner Genossen zu werden, und diese nothwendige Konkurrenz, wohlbekannt denjenigen, welche sie an⸗ nehmen, wird überhaupt gefaͤhrlicher, je mehr die Arbeit schon an sich von Gefahren umgeben ist. Dies ist genau die Lage der Berg⸗ leute. Sie wissen, daß ihre Arbeit voller Gefahren ist, welche um so drobender sind, als mit einem Male, an demselben Punkte eine große Zahl von Arbeitern beschäftigt werden muß, von denen Einer durch seine Unvorsichtigkeit den Untergang der Andern bewirken kann. Art. 1384 des bürgerlichen Gesetzbuches muß demnach auf den Schaden beschränkt werden, welchen ein Arbeiter in Ausführung seiner Arbeit einem Dritten zufügt. Vergeblich beruft man sich auf eine entgegengesetzte Entscheidung des französischen Kassationshofes (28. Juni 1841), daß Art. 1384 generell sei und keine Unterschiede mache. Dieser Artikel muß vielmehr strikt interpretirt werden, da derselbe eine Ausnahme von der Regel enthält, wonach man nur für