1871 / 1 p. 9 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 04 May 1871 18:00:01 GMT) scan diff

8 2 11““ 8 b 3 ich weiß nicht, eb alle Le⸗ fest g . Aber der Knotenpunkt liegt in Straßburg, denn so lange das nicht deutsch ist, wird es immer ein Hinderniß für Süddeutschland bilden, sich der deutschen Einheit, einer deutsch⸗nationalen Politik ohne Rückhalt hinzugeben. So lange Straßburg ein Ausfallthor für eine stets waffenbereite Armee von 100: bis 150,000 Mann ist, bleibt Deutschland in der Lage, nicht rechtzeitig mit ebenso starken Streitkräften am ö“ eintreten zu können die Franzosen werden stets früher da sein.« Ich glaube, dieser aus dem Leben gegriffene Fall sagt Alles ich habe dem nichts hbinzuzufügen. Der Keil, den die Ecke des Elaß bei Weißenburgiin Deutschland hinein⸗ schob, trennte Süddeutschland wirksamer als die politische Mainlinie von Norddeutschland, und es gehörte der hohe Grad von Enischlossenheit, von nationaler Begeisterung und Hingebung bei unseren füddeut⸗ schen Bu desgenossen dazu, um ungeachtet dieser naheliegenden Ge⸗ fahr, der sie bei einer geschickten Führung des Feldzuges von Seiten ausgesetzt waren, keinen Augenblick anzustehen, in der Ge⸗

ahr Norddeutschlands die ihrige zu sehen und frisch zuzugreifen, um mit uns gemeinschaftlich vorzugehen. Daß Frankreich in dieser über⸗ legenen Stellung, in diesem vorgeschobenen Bastion, welches Straß⸗ burg gegen Deutschland bildete, der Versuchung zu erliegen jeder Zeit bereit war, sobald innere Verhältnisse eine Ableitung nach Außen nützlich machten, das haben wir Jahrzehnte hindurch gesehen. Es ist bekannt, daß ich noch am 6. August 1866 in dem Fall gewesen bin, den französischen Botschafter bei mir eintreten zu sehen, um mir mit kurzen Worten das Ultimatum zu stellen, Mainz an Frankelich abzutreten, oder die sofortige Kriegserklärung zu gewärtigen. Ich bin natürlich nicht eine Sekunde zweifelhaft gewesen über die Antwort. Ich antwortete ihm: Gut, dann ist Krieg! Er reiste mit dieser Antwort nach Paris; in Paris besann man sich einige Tage nachher anders, und man gab mir zu verstehen, diese Instruktion sei dem Kaiser Napoleon während einer Krankheit entrissen worden. Die weiteren Versuche in Bezug auf Luxemburg und weitere Fragen sind bekannt. Ich komme darauf nicht zurück. Ich glaube, ich brauche auch nicht zu beweisen, daß Frankreich nicht immer charakterstark ge⸗ nug war, den Versuchungen, die der Besitz des Elsaß mit sich brachte, zu widerstehen.

Die Frage, wie Bürgschaften dagegen zu gewinnen seien,

territorialer Natur mußten sie sein, die Garantien der auswärtigen Mächte konnten uns nicht viel helfen, denn solche Garantien haben zu meinem Bedauern mitunter nachträglich eigenthümlich ab⸗ schwächende Deslarationen erhalten. Man sollte glauben, daß ganz Europa das Bedürfniß empfunden hätte, die häufig wieder⸗ kehrenden Kämpfe zweier großen Kulturvölker inmitten der euro⸗ päischen Civilisation zu hindern, und daß die Einsicht nahe lag, daß das einfachste Mittel, sie zu hindern, dasjenige sei, daß man den zweifelles friedfertigeren Theil von beiden in seiner Verthei⸗ digung stärke. Ich kann indeß nicht sagen, daß dieser Gedanke von Haus aus überall einleuchtend gefunden wurde. Es wurde nach an⸗ dern Auskunftsmitteln gesucht, es wurde uns vielfach vorgeschlagen, wir möͤchten uns mit den Kriegskosten und mit der Schleifung der französischen Festungen in Elsaß und Lothringen begnügen. Ich habe dem immer widerstanden, indem ich dieses Mittel für ein unpraktisches im Interesse der Erhaltung des Friedens ansehe. Es ist die Konstituirung einer Servitut auf fremdem Grund und Boden, einer sehr drückenden und beschwerlichen Last für das Souveränetäts⸗, für das Unabhängigkeitsgefühl desjenigen, den sie trifft. Die Ab⸗ tretung der Festungen wird kaum schwerer empfunden, als das Gebot des Auslandes, innerhalb des Gebietes der eigenen Souveränetät nicht bauen zu dürfen. Die Schleifung des unbedeutenden Platzes Hüningen ist vielleicht öfters wirksamer zur Erregung französischer Leidenschaft benutzt worden, als der Verlust irgend eines Territoriums, den Frankreich an seinen Eroberungen 1815 zu erleiden hatte. Ich habe deshalb auf dieses Mittel keinen Werth gelegt, um so weniger, als nach der geographischen Konfiguration das vorspringende Bastion, wie ich mir erlaubte, es zu bezeichnen, als Ausgangspunkt der fran⸗ zösischen Truppen immer gleich nahe an Stuttgart und München ge⸗ legen hätte, wie jetzt. Es kam darauf an, ihn weiter zurückzuverlegen. 3 Außerdem ist Metz ein Ort, dessen topographische Konfiguration ven der Art, daß die Kunst, um es zu einer starken Festung zu machen, nur sehr wenig zu thun braucht, und dasjenige, was sie etwa daran gethan hat, wenn es zerstört würde, was sehr kostspielig wäre, doch sehr rasch wiederherzustellen wäre. Ich habe also dies Auskunfts⸗ mittel als unzulänglich angesehen. V Ein anderes Mittel wäre gewesen und das wurde auch von Einwohnern von Elsaß und Lothringen befürwortet einen neu⸗ tralen Staat, ähnlich wie Belgien und die Schweiz, an jener Stelle zu errichten. Es wäre dann eine Kette von neutralen Staaten her⸗ gestellt gewesen von der Nordste bis an die Schweizer Alpen, die es uns allerdings unmöglich gemacht haben würde, Frankreich zu Lande anzugreifen, weil wir gewohnt sind, Verträge und Neutralitäten zu

achten, und weil wir durch diesen dazwischenliegenden Raum von Frankreich getrennt wären; keineswegs aber würde Frankreich an dem, im letzten Kriege ja gehegten aber nicht ausgeführten Plan gehindert sein, gelegentlich seine Flotte mit Landungstruppen an unsere Küsten zu schicken oder bei Verbündeten französische Truppen zu landen und bei uns einrücken zu lassen. Frankreich hätte einen schützenden Gürtel gegen uns bekommen, wir aber wären, so lange unsere Flotte der französischen nicht gewachsen ist, zur See nicht gedeckt, ge⸗ wesen. Es Grund aber nur in zweiter Linie. Der erste Grund ist der, daß die Neutralität überhaupt nur haltbar ist, wenn die Bevölkerung entschlossen ist, sich eine unabhängige neutrale Stellung zu wahren und für die Erhaltung

war dieser

(reich nützliches Trugbild gewesen.

es Belgien, so hat es die Schweiz gethan; beide häͤtten uns gegenüber es nicht nöthig gehabt, aber ihre Neutralität ist thatsächlich 88 beiden geachtet worden; beide wollen unabhängige, neutrale Staaten blei⸗ ben. Diese Voraussetzung wäre bei den neuzubildenden neutralen Elsaß und Lothringen in der nächsten Zeit nicht zugetroffen, sondern es ist zu erwarten, daß die starken franzöͤsischen Elemente, welche im Lande noch lange zurück bleiben werden, di mit ihren Interessen, Sympathien und Erinnerungen an Frankreich hängen, diesen neutralen Staat, welcher immer sein Souverän sein möchte, bei einem neuen französisch⸗deutschen Kriege bestimmt haben würden, sich Frankreich wieder anzuschließen, und die Neu⸗ ralität wäre eben nur ein für uns schädliches, für Frank⸗ reich es ild Es blieb daher nichts anderes übrig, als diese Landesstriche mit ihren starken Festungen vollständig in deutsche Gewalt zu bringen, um sie eelbst als ein starkes Glacis Deutschlands gegen Frankreich zu vertheidigen, und um den Aus⸗ gangspunkt etwaiger französischer Angriffe um eine Anzahl von Tage⸗ Res schen zurück 1 Fe Frankreich entweder bei eigener rstarkung oder im Besitz von Bundesgenossen uns den Handse wieder hinwerfen sollte. Eig ö Der Verwirklichung dieses Gedankens, der Befriedigung dieses uvnabweisbaren Bedürfnisses zu unserer Sicherheit stand in erster Linie die Abneigung der Einwohner selbst, von Frankreich getrennt zu werden, entgegen. Es ist nicht meine Aufgabe, hier die Gründe zu untersuchen, die es möglich machten, daß eine urdeutsche Bevölkerung einem Lande mit fremder Sprache und mit nicht immer wohlwollen⸗ der und schonender Regierung in diesem Maße anbänglich werden konnte. Etwas liegt wohl darin, daß alle diejenigen Eigenschaften, die den Deutschen vom Franzosen unterscheiden, gerade in der elsässer Be⸗ völkerung in hohem Grade verkörpert werden, so daß die Bevölkerung dieser Lande in Bezug auf Tüchtigkeit und Ordnungbliebe, ich darf wohl ohne Ueberhebung sagen, eine Art von Aristokratie in Frank reich bildete; sie waren befähigter zu Aemtern, zuverlässiger im Dienst, die Stellvertreter im Militär, die Gensdarmen, die Beamten; im Stäaatsdienst in einem die Proportion der Be⸗ völkerung weit überragenden Verhältniß waren Elsässer und Lothringer; es waren die 1 ¾ Millionen Deutschen, die alle Vorzüge des Deutschen in einem Volke, das andere Vorzüge hat, aber gerade nicht diese, zu verwerthen im Stande waren und thatsächlich ver⸗ wertheten; sie hatten durch ihre Eigenschaften eine bevorzugte Stellung, die sie manche gesetzliche Unbilligkeit vergessen machte. Es liegt dabei im deutschen Charakter, daß jeder Stamm sich irgend eine Art von Ueberlegenheit namentlich über seinen näaͤchsten Nachbar vindizirt; hinter dem Elsässer und Lothringer, so lange er französisch war, stand Paris mit seinem Glanze und Frankreich mit seiner einheitlichen Größe; er trat dem deutschen Landsmann gegenüber mit dem Gefühle: Paris ist mein, und fand darin eine Quelle für ein Gefühl partikularistischer Ueberlegenheit. Ich gehe nicht auf die weiteren Gründe zurück, daß Jeder sich einem großen Staatswesen, welches seiner Fähigkeit vollen Spielraum giebt, leichter assimilirt, als einer zerrissenen, wenn auch stammver⸗ wandten Nation, wie sie sich früher diesseits des Rheins für den Elsässer darstellte. Thatsache ist, daß diese Abneigung vorhanden war und daß es unsere Pflicht ist, sie mit Geduld zu überwinden. Wir haben meines Erachtens viele Mittel dazu; wir Deutsche haben im Ganzen die Gewohnheit, wohlwollender, mitunter etwas ungeschickter, aber auf die Dauer kommt es doch heraus, wohlwollender und menschlicher zu regieren, als es die französischen Staatsmänner thun; es ist das ein Vorzug des deutschen Wesens, der in dem deutschen Herzen der Elsässer bald anheimeln und erkennbar werden wird. Wir sind außerdem im Stande, den Bewohnern einen viel höheren Grad von kommunaler und individueller Freiheit zu bewilligen, als die französischen Einrichtungen und Traditionen dies je vermochten. Wenn wir die heutige Pariser Bewegung betrachten, so wird auch bei ihr eintreffen, was bei jeder Bewegung, die eine gewisse Nach⸗ haltigkeit hat, unzweifelhaft ist, daß neben allen unvernünftigen Motiven, die ihr ankleben und den Einzelnen bestimmen, in der Grundlage irgend ein vernünftiger Kern steckt, sonst vermag keine Bewegung auch nur das Maß von Kraft zu erlangen, wie die Pariser es augenblicklich erlangt hatten. Dieser vernünstige Kern b weiß nicht, wie viel Leute ihm anhangen, aber jedenfalls die besten und intelligentesten von denen, die augen⸗ blicklich gegen ihre Landsleute kämpfen, ich darf es mit einem Worte bezeichnen: es ist die deutsche Städteordnung; wenn die Kommune diese hätte, dann würden die Besseren ihrer Anhänger zufrieden sein, ich sage nicht Alle. Wir müssen unterscheiden: wie liegt die Sache: die Miliz der Gewalithat besteht überwiegend aus Leuten, die nichts zu verlieren haben, es giebt in einer Stadt von zwei Millionen eine große Anzahl sogenannter repris de justice, Leute, die man bei uns als unter polizeilicher Aufsicht bezeichnen würde, Leute, die die Intervalle, die sie zwischen zwei Zuchthaus⸗ perioden haben, in Paris zubringen, und die sich dort in erheblicher Anzahl zusammenfinden, Leute, die überall, wo es Unordnung und Plünderung giebt, bereitwillig derselben dienen. Es sind gerade diese, die der Bewegung den bedrohlichen Charakter für die Civi⸗ lisation gegeben haben, durch den sie sich gelegentlich hervorthat, ehe man die theoretischen Ziele näher untersuchte, und die im Interesse der Menschlichkeit, hoffe ich, jetzt zu den Ueberwundenen gehoͤren, aber freilich ebenso gut auch rückfällig werden können. Neben diesem Aus⸗ wurf, wie er sich in jeder großen Stadt ja reichlich findet, wird die Miliz, der ich gedacht, gebildet durch eine Anzahl von Anhängern der europäischen internationalen Republik. Mir sind die Ziffern genannt worden, mit welchen die fremden Nationalitäten sich dort betheiligen, von denen mir nur vorschwebt, daß beinahe Achttausend Engländer

ihrer Neutralität zur Roth mit Waffengewalt einzutreten. So hat

sich zum Zwecke der Verwirklichung ihrer Pläne in Paris

198 denen die Kommune und die französischen Freiheiten ziem⸗ 8 Reulabtig sind, sie erstreben etwas Anderes, und auf sie war natürlich jenes Argument nicht gerichtet, wenn ich sagte, es ist in

8 Lothringer, der mehr nach individueller und kommunaler Selbst⸗

8 en Hate ich für die Aufgabe jeder vernünftigen Staatskunst, und

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ollen, ich setze voraus, daß es großentheils irische Fenier befinden dem Lssbeuae Engländer bezeichnet würden, ebenso eine 29 Anzahl Belgier, Polen, Garibaldianer und Italiener. Das

jeder Bewegung ein vernünftiger Kern.

S Wünsche, wie sie ja in Frankreich bei den großen Ge⸗ eeesegr Felgss⸗ sind im Vergleich mit ihrer staatsrechtlichen Vergangenheit, die ihnen nur ein sehr geringes M der Bewegung zuläßt und nach den Traditionen der französischen Staatsmänner das Acußerste dennoch bietet, was man der kommunalen Freiheit ge⸗ sähren kann, macken sich ja bei dem deutschen Charakter der Elsasser

andigkeit strebt, wie der Franzose, in hohem Grade fühlbar, und ich eee daß wir 2 Bevölkerung des Elsaß auf dem Gebiete der Selbstverwaltung ohne Schaden für das gesammte Reich einen erheblichen freieren Spielraum lassen können von Hause aus, der allmählich so erweitert wird, daß er dem Ideal zustrebt, daß jedes In⸗ dividuum, jeder engere kleinere Kreis das Maß der Freiheit besitz, was überhaupt mit der Ordnung des Gesammt⸗Staatswesens ver⸗ Das zu erreichen, diesem Ziele möglichst nahe zu

ür die deutschen Einrichtungen, unter denen wir leben, sehr 1“ als sie es in Frankreich nach dem französischen Charakter und der unitarischen Verfassung von Frankreich jemals werden kann. Ich glaube debhalb, daß es uns mit deutscher Geduld und mit deutschem Wohlwollen gelingen wird, den Landsmann dort zu gewinnen vielleicht in fürzerer Zeit, als man jetzt erwartet. Es werden aber immer Elemente zurückbleiben, die mit ihrer ganzen persönlichen Vergangenheit in Frankreich wurzeln und die zu alt sind, um sich davon noch loszureißen, oder die durch ihre materiellen Interessen mit Frankre ch nothwendig zusammen hängen und für das Zerreißen der Bande, die sie an Frankreich knüpften, eine Entschädi⸗ gung bei uns entweder gar nicht oder nur spät finden können. Also wir dürfen uns nicht amit schmeicheln, sehr rasch an dem Ziele zu sein, daß in Elsaß die Verhältnisse sein würden wie in Thüringen in Bezug auf deutsche Empfindungen; aber wir dürfen denn doch auch nicht verzweifeln, das Ziel, dem wir zustreben, unsererseits noch zu erleben, wenn wir die Zeit erfüllen, welche dem Menschen im

Durchschnitt gegeben ist.

Wie nun dieser Aufgabe näher zu treten sei, in welcher Form zunächs, das ist die Frage, welche jetzt zuerst an Sie herantritt, meine Herren, aber doch nicht in einer entscheidenden und die Zukunft bin⸗ denden Weise. Ich möchte Sie bitten, bei diesen Berathungen sich nicht auf den Standpunkt zu stellen, daß Sie etwas für die Ewigkeit Gültiges machen wollen, daß Sie jetzt schon sich einen festen Gedanken bilden wollen über die Gestaltung der Zukunft, wie sie nach mehreren Jahren etwa sein soll. Dahin reicht meines Er⸗ achtens keine menschliche Voraussicht. Die Verhältnisse sind abnorm;

sie mußten abnorm sein unsere ganze Aufgabe war es und sie sind nicht nur abnorm in der Art, wie wir das Eisaß gewonnen haben, sie sind auch abnorm in der Person des Gewinners. Ein Bund, aus souveränen Fürsten und freien Städten bestehend, der eine Eroberung macht, die er zum Bedürfnisse seines Schutzes behalten muf, die sich also im gemeinsamen Besitze befindet, ist eine in der Geschichte sehr seltene Erscheinung, und wenn wir einzelne Unterneh⸗ mungen von Schweizer Kantonen abrechnen, die doch auch . nicht die Absicht hatten, sich die gemeinsam gewonnenen Länder gleich⸗ berechtigt zu assimiliren, sondern sie als gemeinsame Provinzen zam Vortheil der Eroberer zu bewirthschaften; so glaube ich G 5. sich in der Geschichte etwas Aehnliches findet. Ich möchte 89 so zlauben, daß gerade bei dieser abnormen Lage und abnormen Auf⸗ gabe die Mahnung, den Fernblick des scharfsichtigsten Politikers in menschlichen Dingen nicht zu überschaͤtzen, besonders an uns Pekgh tritt. Ich wenigstens fühle mich nicht im Stande, jetzt schon b8 voller Sicherheit zu sagen, wie die Situation nach drei Jahren im Elsaß und in Lothringen sein wird. Um das berechnen zu können, müßte man in die Zukunft sehen. Es hängt das von Faktoren ab, deren Entwickelung, deren Verhalten und guter Wille gar ’” unserer Gewalt stehen und von uns nicht regiert werden koͤnnen. ist das, was wir Ihnen vorlegen, eben ein Versuch, den Anfang einer Bahn zu finden, über deren Ende wir selbst noch der Be⸗ lehrung durch die Entwickelung, durch die Erfahrungen, die wir machen werden, bedürftig sind. Und ich möchte Sie deshalb 8 benee einstweilen denselben empirischen Weg. gehen zu wollen, den die Regierungen gegangen sind, und die Verhältnisse zu nehmen, wie sie liegen, und nicht, wie sie vielleicht wünschenswerth enen Wenn man nichts Besseres an die Stelle zu setzen weiß von Etwas, was einem nicht vollständig gefällt, so thut man immer, . Ueberzeugung nach, besser, der Schwerkraft der Ereignisse ihre Wir⸗ kung zu lassen und die Sache einstweilen so zu nehmen, wie sie liegt; sie liegt aber so, daß die verbündeten Regierungen gemeinsam diese Länder gewonnen haben, daß ihr gemeinsamwer Be⸗ sitz, ihre gemeinsame Verwaltung etwas⸗Gegebenes ist, was nach un⸗ seren Bedürfnissen und nach den Bedürfnissen der Betheiligten in Elsaß und Lothringen modifizirt werden kann, aber ich möͤchte drin⸗ gend bitten, sparen Sie sich, ebenso wie es die verbündeten .“ gen machen, das Urtheil über die Gestaltung, wie * 88 nitiv einmal werden kann, noch auf. Haben Sie mehr Muth,

si Zukunft zu präjndiziren, als wir haben, so werden wir Ihnen

bereitwillig entgegenkommen, da wir unsere Arbeit ja doch nur ge

selben sich die Ueberzeugung gebildet haben, zeigt Ihnen zugleich die Bereitwilligkeit, in der wir uns befinden, uns belehren zu lassen, wenn wir irgend einen besseren Vorschlag erhalten, namentlich wenn er sich durch die an der Hand der Erfahrung, selbst einer kurzen Erfahrung, als der bessere bewährt haben sollte. Und wenn ich unsererseits diesen

Willen kundgebe, so bin ich sicher, daß er bei Ihnen ebenso vorhanden ist, auf diesem Wege gemeinsam mit deutscher Geduld und ee

Liebe zu allen, besonders zu den neuesten Landsleuten, das Ziel zu finden und schließlich zu erreichen.

Ueber den von dem Abg. Wiggers vorgeschlagenen Gesetzentwurf, betreffend die Kautionspflichtigkeit periodischer Druckschriften und die Entziehung der Befugniß zum Betriebe eines Preßgewerbes, erklärte der Präsident des Bundeskanzler⸗ amts, Staatsminister Delbrück: 4 1 Meine Herren! Ich bin nicht in der Lage, über den vorliegenden Antrag im Namen des Bundesraths zu sprechen, indem letzterer noch nicht in der Lage gewesen ist, sich mit dem Antrag zu beschästigen; ich glaube indessen nicht verhehlen zu koͤnnen das, was mir als das wahrscheinliche Ergebniß eines Beschlusses in der Sache erscheinen würde. Die verbündeten Regierungen haben, indem sie den Artikel 4 in der neuen Reichsverfassung dadurch ergänzten, daß sie der Gesetz. gebung des Reiches die Preßangelegenheiten unterstellten, nicht blos einen theoretischen Satz aufstellen wollen, sondern sie sind sich bewuß gewesen, daß, indem sie die Verfassung in dieser Weise ergänzten, sie damit ihrerseits auch die Verpflichtung übernahmen, die gesetzliche Re⸗ gelung dieser Materie in die Hand zu nehmen. Dieser Verpflichtung werden sie nachkommen; ich glaube aber nicht, daß sie sich entschließen werden, dabei stückweise vorzugehen, daß sie sich entschließen werden, aus dem System der Preßgesetzgebung einzelne Punkte heraus⸗ zugreifen und dieselben, entsprechend dem hier vorliegenden Antrage oder entsprechend ähnlichen Anträgen, die sich ja auf aͤhnliche Seiten der Preßgesetzgebung richten können, abgesondert zu erledigen.

Ueber die Petition um Abschaffung des Landbrief⸗Be⸗ stellgeldes äußerte sich der Bundesbevollmächtigte, General⸗Post⸗ direktor Stephan: Meine Wenn ich vorhin auf das Wort verzichtet habe, so geschah es nur mit Rücksicht auf die Lage der Berathungen in dem betreffenden Momente; nach Allem dem aber, was inzwischen hier gesprochen worden ist, würde es mir in der That eine zu große Selbst⸗ überwindung kosten, diesen Verzicht auf das Wort noch weiter aus⸗ zudehnen. 1 1 Der Standpunkt, den die Regierung in dieser Frage einnimmt ist im Wesentlichen der, welcher gekennzeichnet worden ist durch den Vorschlag des Abg. Dr. Gneist. Die Regierung erkennt die Auf⸗ hebung dieser Abgabe durchaus als wünschenswerth an, und zwar in demselben Sinne, wie sie jede Erleichterung im Postwesen wünscht, so weit natürlich eine solche Erleichterung vereinbar ist mit den ander⸗ weiten und allgemeinen Interessen des Verkehrs und mit den Pflich⸗ ten, welche die Post als ein großes Staatsinstitut verfassungsmäßig wahrzunehmen hat.

Wenn von Seiten des geehrten Herrn Abgeordneten für den Saalkreis und auch des geehrten Herrn Abgeordneten für Meppen darauf hingedeutet worden ist, daß die Postverwaltung schon wieder erheb⸗ liche Ueberschüsse liefere, auch nachdem die Porte⸗Ermäßigung eingeführt ist, so muß ich dieser Auffassung doch entgegentreten. Die Ueberschüsse sind, abgesehen von Ersparnissen in den Ausgaben, zum Theil, wie Ihnen bekannt ist, entstanden durch die Abschaffung der Portofreiheit. Es ist dadurch eine nicht unerhebliche Summe dem Postfiskus zugeführt. Der Verlust, der aus dem Groschenporto erwachsen ist, beziffert sich heute schon auf etwa 4 bis 5 Millionen und er geht immer noch weiter. Wenn dem gegenüber die verschiedenen Wünsche auf Ermäßigungen u. s. w., die von allen Seiten geltend gemacht werden, Berücksichtigung erfahren follten, so würden wir sehr bald auf den Standpunkt des offenbaren Defizits angelangt sein. Ich erinnere daran, daß verschiedene bezüg⸗ liche Petitionen heute noch vorkommen werden. So hat der Magistrat von Wirsitz und wenn ich nicht irre, ist auch der Magistrat von Mehlsack noch hinzugetreten ine Petition bei dem Hause eingereicht, um die Portofreiheiten wieder hergestellt. zu sehen. Andere Petitionen gehen dahin, der Post die Chausseegeld⸗ freiheit zu entziehen; noch andere Petitionen lauten auf Er⸗ höhung der Beamtengehälter, und zwar in einer Weise, daß das allein eine Ausgabe von vielen Millionen verursachen würde. Von mehreren Seiten ist der dringende Wunsch ausgesprochen worden, das Porto für die Korrespondenzkarten heruntergesetzt zu sehen; Anderen und wieder die Postanweisungen und die Pakete zu theuer; und es soll mich gar nicht wundern, meine Herren, wenn bei Gelegenheit des Posttaxgesetzes, zu dessen Berathung noch in der gegenwärtigen Session Verankassung gegeben sein wird, von den verschiedensten Seiten Wünsche auf Taxermäßigungen hervortreten.

Der geehrte Herr Abgeordnete für Meppen erwähnte noch der Steigerung des Briesverkehrs, die eintreten würde, wenn die Post⸗ verwaltung das Landbrief⸗Bestellgeld abschaffte. Ja, meine das ist ein äußerst gefährliches Geschenk, was uns gemacht werden würde; wir wünschen diese Steigerung in der Zahl der zu bestellenden Briefe vom finanziellen Standpunkte aus gar nicht, denn sie ver⸗ ursacht uns so enorm viele Ausgaben und das hat sich speziell bei der Aufhebung des Stadtbrief⸗Bestellgeldes geztigt —, daß die Million Kosten, die der Herr Abg. Dr. Gneist berechnet hat, min⸗ destens um eine weitere halbe Million sich steigern würde, die für Landbriefträger mehr zu zahlen wäre, wenn das Landbrief⸗Bestellgeld

r it der ich meinschaftlich betreiben können, und grade die Vorsicht, mi . die S. der verbündeten Regierungen kundgebe, mit der die

abgeschafft wird, indem alsdann das Abholen der Korrespondenzen sehn sübenin wuͤrde eingeschränkt werden. .