1871 / 103 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 29 Aug 1871 18:00:01 GMT) scan diff

auf eine Dampfmaschine, soweit solche nach der vorgelegten Zeichnung und Beschreibung für neu und eigenthümlich er⸗ achtet worden ist, v““ 8 1“

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ist aufgehoben.

Ministerium der 1.e Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten. 8

In mehreren Kreisen des Regierungsbezirks Gumbinnen ist die Cholora ausgebrochen und breitet sich mehr und mehr aus. Um dem dort herrschenden empfindlichen Mangel an Aerzten möglichst abzuhelfen, ist die Königliche Regierung in Gumbinnen unter Zustimmung des Herrn Finanz⸗Ministers ermächtigt, denjenigen Aerzten, welche sich ihr zur Bekämpfung der Epidemie zur Dispofition stellen, während der Dauer der letztern außer den aufgewendeten Reisekosten vier Thaler Diäten neben freier Fuhre zu gewähren. Aerzte, welche bereit sind, hierauf einzugehen, wollen dies schleunigst entweder direkt der genannten Königlichen Ueelerung oder dem unterzeichneten Minister anzeigen und zur sofortigen Abreise sich bereit halten.

Berlin, den 29. August 1871. Der Minister der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗ Angelegenheiten.

In Vertretung: Lehnert.

er von den preußischen Armenverbänden zu erstattenden Armenpflegekosten.

Auf Grund des §. 30 des Bundesgesetzes über den Unter⸗ stützungs⸗Wohnsitz vom 6. Juni 1870 (Bundes⸗Gesetzblatt S. 360 flg.) und des §. 35 des Ausführungsgesetzes vom 8. März 1871 (G. S. S. 130 flg.) wird hierdurch nach An⸗ hörung der Provinzial⸗Vertretungen (Kommunal⸗Landtage) Folgendes bestimmt:

1) Der Tarifsatz, mit welchem die für die Verpflegung eines erkrankten oder arbeitsunfähigen Hülfsbedürftigen im Alter von 14 und mehr Jahren entstandenen Kosten einem preußischen Armenverbande von einem anderen preußischen Armenverbande zu erstatten sind, beträgt für jeden Tag der Verpflegung: a) für die im Servis⸗Tarif Beilage Litt. B. des Gesetzes vom 25. Juni 1868, betreffend die Quartierleistung für die bewaffnete Macht während des Friedenszustandes (B. G. Bl. S. 544 flg- in der dritten bis fünften Klasse auf⸗

Brfuyhrhn Saschaoften Sar, b) für alle übrigen Ort (erste und zweite Servis⸗Klasse) 8 Sgr. 6 Pf. 8.Sec 8e

jedoch nicht begriffen und besonders zu berechnen die Kosten für gelieferte Kleidungsstücke, sowie die Kosten der ärztlichen oder wundärztlichen Behandlung, soweit diese letzteren nach §. 30 des Bundesgesetzes überhaupt zur Erstattung kommen.

2) Der Tarifsatz der für die nothwendig gewordene ärzt⸗ liche oder wundärztliche Behandlung der zu 1. gedachten Per⸗ sonen einem preußischen Armenverbande von einem anderen preußischen Armenverbande zu erstattenden Kosten beträgt für den Tag und für alle Ortschaften gleichmäßig 1 Sgr., vor⸗ behaltlich gleichwohl einer besonderen Berechnung und Liquidi⸗ erheblicher außerordentlicher Mehraufwendungen, welche in Verwundungsfällen oder bei schweren oder ansteckenden Krankheiten nothwendig geworden sind.

3) Der Tag, an welchem die Verpflegung begonnen hat, wird mit dem Tage, an welchem dieselbe beendigt worden ist, usammen als ein Tag berechnet.

4) Die obigen Tarifsätze kommen gleichmäßig zur Anwen⸗ dung, die Verpflegung mag innerhalb oder außerhalb eines Kranken⸗ oder Armenhauses bewirkt worden sein.

5) Alle unter die Bestimmungen zu 1. und 2. nicht zu begreifenden Verwendungen sind besonders zu berechnen; dies gilt namentlich auch rücksichtlich der Kosten der Verpflegung solcher Personen, welche das Alter von 14 Jahren noch nicht erreicht haben oder nicht vollständig arbeitsunfähig sind.

6) Die gegenwärtigen Bestimmungen, deren Revision vor⸗ behalten bleibt, treten mit dem 1. Oktober d. J. in Kraft; mit demselben Tage treten alle bisher in Geltung stehenden Tarife bezüglich der einem Armenverbande von einem anderen Armen⸗ verbande zu erstattenden Verpflegungskosten Hülfsbedürftiger außer Anwendung. 1 Berlin, den 21. August 1871.

Der Minister des Innern.

Gr. Eulenburg.

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Das 26. Stück der Gesetz⸗Sammlung, welches heute aus⸗ gegeben wird, enthält unter

Nr. 7867 den Allerhöchsten Erlaß vom 9. August 1871; betreffend die Berufung einer außerordentlichen Synode für die evangelisch⸗ lutherischen Kirchengemeinden in der Provinz Schleswig⸗Holstein; und unter

den der Provinz Schleswig⸗Holstein zu berufenden außerordent⸗ lichen Synode. Vom 9. August 18721 v Berlin, den 29. August 1871. . Königliches Gesetz⸗Sammlungs⸗D.

* Nichtamtliches. 1 Deutsches Reich.

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Preußen. Berlin, 28. August. Se. Majestät der Kaiser und König erhielten am 18. August Seitens des Commandeurs und des Offiziercorps des Kaiserlich russischen St. Petersburger Grenadier⸗Regiments Königs Friedrich Wilhelm III. aus Anlaß des an diesem Tage begangenen Re⸗ gimentsfestes eine Glückwunschdepesche, welche Allerhöchstdieselben mit folgendem Telegramm beantworteten:

Gastein. An den General⸗Major Aller, Commandeur des Gre⸗ nadier⸗Regiments Königs Friedrich Wilhelm IHI. in Warschau.

Für das Mir zugesandte Telegramm dankend, wünsche Ich dem Regiment Glück und grüße es zu seinem Regimentsfest, das mit dem Tage Meines Sieges bei Gravelotte im Jahre 1870 zusammenfällt. Wilhelm. Auch an Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit den Kronprinzen, als zweiten Chef des genannten Regi⸗ ments, hatte dasselbe ein Telegramm gerichtet.

Se. Kaiserliche und EF“ Hoheit der Kronprinz kam gestern Vormittag 10 Uhr von Potsdam

hierher, nahm im hiesigen Palais einige Vorträge entgegen, empfing mehrere Militärs und andere hochgestellte Personen und kehrte zum Diner wieder nach Potsdam zurück. 8

dem Neuen Palais bei

G 8 8 Mit Bezug auf die Allerhöchste Kabinetsordre vom 25. Juli, nach welcher die diesjährigen Truppenübungen nicht stattfinden werden, ist Seitens des Kriegs⸗Ministeriums bestimmt worden, daß mit Rücksicht auf die großen Anforderungen, welche während des Kriegszustandes an die Mannschaften des Beurlaubtenstandes gestellt worden sind, auch die Uebungen von Mannschaften zur Ausbildung für den Feldmagazindienst bei den Privatämtern im laufenden Jahre ebenfalls auszu⸗ fallen haben.

Die in der Seesliseshes: Nr. 189 der »Königsberger Hartungschen Zeüuung⸗ vom 15. d. Mts. unter »Königsberger Nachrichten⸗ gebrachte und in mehrere andere Blätter über⸗ gegangene Notiz von einem Unfall des Courierzuges bei Teres⸗ pol am 8. d. M. beruht, wie wir vernehmen, auf einem Irr⸗ thum. Dieselbe verdankt ihre Entstehung wahrscheinlich dem Umstande, daß am 5. d. M. auf der Kreuzungsstation Prust zwischen Kotomierz und Terespol eine Entgleisung leer zurück⸗ gehender Maschine stattgefunden hat, in Folge deren der Cou⸗ rierzug nach Berlin einen längeren Aufenthalt erlitt. Menschen sind hierbei nicht beschädigt worden.

Breslau, 29. August. Der Präsident der Königlichen Regierung zu Oppeln, Dr. jur. et phil. Georg Wilhelin Jo⸗ hann von Viebahn ist gestern Morgen im Alter von 68 Jahren verstorben.

Kiel, 28. August. Der Commodore Rodger ist aus den Vereinigten Staaten von Nord⸗Amerika hier eingetroffen, um von den hiesigen Marine⸗Etablissements Kenntniß zu nehmen.

Hannover, 28. August. Se. Königliche Sa der Prinz Albrecht (Sohn) ist heute Nacht um 3 Uhr, von Cassel kommend, hier eingetroffen.

Die Königin von Dänemark traf gestern Nacht um 3 Uhr auf der Durchreise von Cassel nach Harburg hier ein setzte die Reise aber ohne Unterbrechung fort.

Bonn, 25. August. Der Erbgroßherzog von Meck⸗ lenburg⸗Schwerin hat sich heute von hier über Hannover, Gräfenberg bei Freiwaldau begeben.

Baäayern. München, 26. August. Die Neubildung des Ministeriums wird heut im Regierungsblatt in folgender Form publizirt:

»„Se. Majestät der König hat, nachdem in Folge der Erledigung des Staats⸗Ministeriums des Königl Hauses und des Aeußern die Neugestaltung des Gesammt⸗Staats⸗Ministeriums zur Nothwendigkeit geworden ist, und aus diesem Anlasse die sämmtlichen bisherigen Staats⸗Minister ihre Entlassung erbeten haben, unterm 21. August d. J. Allerhoͤchstsich bewogen gefunden, das Gesammti⸗Staats⸗Ministerium vom 23. d. M. an wie folgt zu bilden: 1) Zum Staatsrathe im ordentlichen Dienste sowie zum Staats⸗Minister des Königlichen Hauses und des Aeußern hat Se. Majestät den Grafen Friedrich von Hegnenberg⸗Dux ernannt, und demselben zugleich den Vorsitz

Nr. 7868 die Verordnung, betreffend die Zu ammensetzung

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8 Ministerrath übertragen. 2) Mit der Leitung des Staats⸗Ministe⸗

s der Finanzen bleibt der Staats⸗Minister Adolf v. Pfretzschner,

und Dresden zu einem mehrwöchentlichen Kurgebrauch nach 1

und Zuständigkeit der für die evangelisch⸗lutherischen Gemein⸗

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3) mit jener des Kriegs⸗Ministeriums der Kriegs. Minister, General⸗

Lieutenant Sigmund Frhr. v. Pranckh, und 4) mit der Leitung des Staats⸗Ministeriums des Innern für Kirchen⸗ und Schul⸗Angelegen⸗

heiten Staats⸗Minister Jodann v. Lutz betraut. 5) Zum Staatsrath

im ordentlichen Dienst und Staats⸗Minister des Innern hat Se. Majestät den bisherigen Regierungs⸗Präsidenten der Pfalz, Sigmund

v. Pfeufer, 6) endlich zum Staatsraih im ordentlichen Dienste und

Staats⸗Minister der Justiz den bisherigen Ministerial⸗Rath Dr. Johann Nepomuk Fäustle zu ernennen geruht. Den Staats⸗Minister des

andels und der öffentlichen Arbeiten, Gustav v. Schlör, und den

taats. Minister des Innern, Paul v. Braun, hat Se. Majestät vom 23. d. an, ihrem allerunterthänigsten Ansuchen ent⸗ sprechend, der Leitung der ebengenannten Staats⸗Ministerien enthoben. Zugleich hat Se. Majestät die genannten beiden Staats⸗Minister in die Zahl der Staats Räͤthe im außerordentlichen Dienst eingereiht und in weohlgefälliger Anerkennung ihrer mit regem Pflichteifer und vollster Hingebung geleisteten ersprießlichsten Dienste denselben, und zwar: 1) dem Staats⸗Minister von Braun das Großcomthurkreuz des Verdienst⸗ ordens vom heiligen Michael, 2) dem Staats⸗Minister von Schlör in

Würdigung seines mehrjährigen erfolgreichen Wirkens das Großkreuz

des gedachten Ordens verliehen. Endlich hat Se. Majestät den Staats Minister von Lutz vom 23. d. M. an dessen allerunterthänigstem An⸗ suchen gemäß, der Leitung des Staats⸗Ministeriums der Justiz unter wohlgefälliger Anerkennung seiner ebenso verdienstvollen als auf⸗ opfernden, durch Führung der Geschäfte zweier Ministerien hoch⸗ gesteigerten Thaͤtigkeit enthoben.

Sachsen. Dresden, 28. August. Der König und die Königin von Sachsen werden, dem »Dr. J.“ zufolge, sich morgen über Possenhofen nach Stolzenfels begeben, woselbst die Königin bei ihrer Schwester, der verwittweten Königin von Preußen verbleibt, während der König Straßburg, Metz und Sedan besuchen wird. 1

Freiberg, 28. August. Der Kaiser von Brasilien ist heute von Dresden hier eingetroffen. Derselbe besichtigte die hiesige Bergakademie, sowie die Forstakademie in Tharand und kehrte sodann nach Dresden zurück.

Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Gotha, 28. August. Die »Gesetz⸗Sammlung für das Herzogthum Gotha⸗ veröffentlicht eine Ministerial⸗Bekanntmachung, die Kompetenz zur Vornahme von Trauungen betreffend, vom 18. August 1871.

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 27. August. Der Kai⸗ ser hat an den Großherzoglich badischen Gesandten in München, Robert v. Mohl, folgendes, in der »Wiener Ztg.“« mitgetheiltes Handschreiben erlassen: 1

»Lieber v. Mohl! Es ist zu Meiner Kenntniß gekommen, daß Sie am 27. d. Ihr fünfzigjähriges Doktor⸗Jubiläum feiern. Zu der hohen Befriedigung, die Ihnen, insbesondere an diesem Tage, der Rückblick auf Ihre vieljährige, vielseitige und rühmliche Thaͤtigkeit mit vollstem Rechte gewähren muß, bringe Ich Ihnen Meinen auf⸗ richtigen Glückwunsch dar. Zugleich übersende Ich Ihnen die In⸗ signien des Meinen Namen füdrenden Ordens als ein Zeichen der Anerkennung der hervorragenden Verdienste, welche Sie sich durch Ihr wissenschaftliches Wirken in so reichem Maße erworben haben.

Wien, 26. August 1871. Franz Joseph m. p.⸗

Der Erzherzog Albrecht ist heute aus Anlaß der Truppenübungen in Hlmütz eingetroffen.

Frankreich. Paris, 27. August. Die Generalraths⸗ Wahlen, welche am 17. September stattfinden sollten, sind auf den Antrag mehrerer Deputirten wieder hinausgeschoben wor⸗ den. Der Gemeinderath nahm in seiner gestrigen Sitzung den ihm vom Seine⸗Präfekten vorgelegten Plan Betreffs der Art und Weise, wie die neue Anleihe gemacht werden soll, an. Die einzelnen Bestimmungen desselben sind: 1) Die Anleihe wird auf dem Wege der öffentlichen Subskription aufgebracht; 2) die Anleihe wird in eben so viele Obligationen getheilt, als nothwendig sind, um 350 Millionen aufzubringen; 3) die Obli⸗ gationen, die zu 500 Fr. in 75 Jahren zurückbezahlt werden, tragen ein jährliches Interesse von 3 pCt. vom Nominalkapital und nehmen an der Ziehung der Loose Theil, die sich jährlich auf 1 ½ Millionen beläͤufen; 4) der Ausgabe⸗Cours wird vom Präfekten festgesetzt, dem eine Kommission von drei Gemeinde⸗ räthen zu diesem Zwecke beigegeben wird; 5) die Zinsen für die Anleihe werden durch Steuern aufgebracht, welche im Budget für 1872 vorgeschlagen worden.

Das »Journal 8 ö“ V Rund⸗

ib Innern an die Präfekten: schreiben des Ministers des Versailles, bn 24. w1S

Herr Präfekt! erfahre, daß man sich in mehreren Städten ansch ät, ö’ 8 4. September durch Revuen über die Nationalgarde oder durch öffentliche Lustbarkeiten zu feiern. Ohne Zweifel hat die Revolution, die sich an jenem Tage vollsog. die Repu⸗ blik in Frankreich eingeführt, und kann fortan das and als Herr über sich selbst in aller Freiheit sich die Einrichtungen geben, welche es für die geeignetsten hält, sein Gedeihen und seine Größe zu sichern. Aber man darf die Unglücksschläge nicht ver⸗ gessen, welche dieses bedeutsame Ereigniß herbeigeführt haben,

und nicht verhehlen, daß jedes Fest zu Ehren seines Ge⸗ nad sishs .2 1.e traurigsten Niederlagen er⸗ innern würde. Wenden Sie sich also an den Patriotismus aller guten Bürger und stellen Sie ihnen vor, daß Frankreich kaum von dem doppelten Kriege nach außen und nach innen befreit, daß ein Theil seines Gebietes noch von Truppen besetzt ist, die nicht die seinigen sind, und daß Kundgebungen der gedachten Art für jetzt jedes Gefühl verletzen würden. Ghne Zweifel wird Ihre Stimme überall gehört werden; sollte man aber an einigen Orten gegen Ihre Rathschläge darauf beharren, das erwähnte Vorhaben auszufübren, so fordere ich Sie auf, hiergegen die Mittel in Bewegung zu setzen, welche Ihnen das Gesetz zur Verfügung stellt. Empfangen Sie u. s. w *

Der Minister des Innern, 1“ F. Lambrecht. 28. August. Die Kommission zur Berathung der Prorogationsanträge hielt heute Morgen eine Sitzung. Es waren nur noch einige redaktionelle Anstände zu beheben, und hoffte man, wie die »Agence Havas« meldet, noch heute eine vollstaͤndige Einigung zu erzielen, in welchem Falle Vitet den Bericht noch im Laufe des Tages einbringen würde. In parlamentarischen Kreisen war man überzeugt, daß die Nationalversammlung den Antrag Rivets mit einigen Modi⸗ fikationen annehmen würde. Seitens der Rechten sollte in der Fegttgen Sitzung der Versuch gemacht werden, die Berathung des Antrages Ravinels noch vor der Diskussion über die Prorogationsfrage auf die Tagesordnung zu bringen. Wie es hieß, würde heute auch der Antrag gestellt werden, die Wahl der Generalräthe auf den dritten Sonntag nach Eintritt der Ferien der Nationalversammlung festzusetzen. Das Gerücht, diese Wahlen wären definitiv für den 17. September anbe⸗ raumt, ist der »Agence Havas« zufolge unbegründet. Wie aus Riom gemeldet wird, haben die Geschworenen daselbst gestern die eines Angriffes auf das Gebäude der Souspräfektur in Thiers (Riom und Thiers liegen beide im Departement Puy⸗de⸗Dôme) Angeschuldigten freigesprochen.

Versailles, 28. August. In der heutigen Sitzung der Nationalversammlung wurde über die Prorogations⸗ anträge Bericht erstattet. In dem Berichte wurde zunächst darauf hingewiesen, daß die Nationalversammlung berechtigt wäre, von der konstituirenden Gewalt als einem wesentlichen Attribute ihrer Souveränetät Gebrauch zu machen. Nach dem aus dem Schoße der Kommissionen hervorgegangenen Entwurfe erhält Thiers den Titel eines Präsidenten der Republik und setzt die Ausübung seiner bisherigen Funktionen unter der Autorität der Nationalversammlung fort. Demselben liegt ferner die öffentliche Bekanntmachung der Gesetze ob, sowie er auch für deren Ausführung sorgt und berrechtigt ist, nuch vor⸗ heriger Anzeige den Sitzungen der Nationalversammlung bei⸗ zuwohnen. Der Präsident und die Minister sind verantwort⸗ lich. Der Bericht erwähnt noch, die Kommissiton habe die Dauer der Vollmachten Thiers' auf eine bestimmte Zeit nicht festsetzen wollen, sondern dieselbe von der Dauer der National⸗ versammlung abhängig gemacht. Der Justiz⸗Minister bean⸗ tragte Namens des Ministerrathes, den den Gesetzentwurf ein⸗ leitenden Paragraphen einen neuen Paragraphen hinzuzufügen, wodurch die von Thiers geleisteten Dienste anerkannt werden und gleichzeitig der Sicherheit Ausdruck gegeben wird, welche durch Thiers dem Lande garantirt worden sei. Die Versamm⸗ lung beschloß, die Diskussion auf Mittwoch zu vertagen.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 13. August. Der Kaiser hat an den Ober⸗Kommandirenden der Truppen der Garde und des St. Petersburger Militärbezirks, Großfürsten Constantin, folgendes Allerhöchstes Reskript erlassen:

Ew. Kaiserliche Hoheit! Im Laufe dieses Sommers war mir nicht die Möglichkeit geboten, so häufig im Lager von Kraßnoje⸗Sselo zu sein, wie in früheren Jahren; nichtsdestoweniger gelang es den daselbst zusammengezogenen Truppen der Garde und des St. Peters⸗ burger Militärbezirks bei den in meiner Gegenwart stattgehabten Uebungen und Manövern ihre ausgezeichneten Eigenschaften in allen Zweigen der militärischen Ausbildung an den Tag zu legen. Außer der Regelmäßigkeit und Sicherbeit im Schießen, der Korrektheit und Geschwindigkeit in allen Evolutionen und Stellungen, überhaupt der sicheren Kenntniß seiner Sache bei einem Jeden, wofür ich Ew. Ho⸗ heit schon wiederholt meinen Dank ausgesprochen habe, war es mir besonders angenehm, die bei den Truppen sich jetzt entwickelnde Geistesgegenwart bei unvorhergesehenen Umständen und das Bewußt⸗ sein beim Handeln wahrzunehmen, Eigenschaften, die eine unerläßliche Bedingung ihrer Kriegstuͤchtigkeit ausmachen.

Indem ich den in jeder Beziehung vorzüglichen Zustand der Truppen der Garde und des St. Petersburger Militärbezirks Ihrer unermüdlichen Thätigkeit für das Wohl derselden und der unmittel⸗ baren Leitung ihrer Ausbildung durch Ew. Kaiserliche Hoheit zu schreibe, rechne ich es mir zur angenehmen Pflicht an, abermals Ihnen meine herzliche Erkenntlichkeit für Ihre rastlose Sorge für di Ihnen anvertrauten Truppen auszudrücken.

Ich verbleibe Ihnen für immer unwandelbar wohlgewogen.

»Ihr Sie aufrichtig liebender Bruder

Zarskoje⸗Sselo, am 11. August 171. AJeexander.⸗

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