1871 / 146 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 18 Oct 1871 18:00:01 GMT) scan diff

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die Mittel bereit zu halten, welche erforderlich sind, um bei aus⸗ brechendem Kriege über die ersten finanziellen Schwierigkeiten hinweg⸗ zukommen. In dieser Beschränkung seiner Aufgabe bildet der Kriegs⸗ schatz die nothwendige finanzielle Ergänzung des Instituts der allge⸗ meinen Wehrpflicht. Denn eben weil das letztere darauf berechnet ist, mit knappen Friedenscadres die rasche Aufstellung einer um⸗ fangreichen Kriegsformation zu ermöglichen, werden bei ausbrechen⸗ dem Kriege, wenn durch die Mobilmachung plötzlich die ausgedehnte Kriegsformation ins Leben gerufen und mit Pferden und Vorräthen ausgestattet werden soll, sehr bedeutende unmittelbar bereite Mittel erforderlich. Durch diese Aufgabe des Kriegsschatzes war einerseits die Beschränkung seines Umfanges auf ein Maß ermöglicht, welches hinreicht, um die beim Beginn der Mobilmachung auflaufenden außer⸗ ordentlichen Ausgaben zu bestreiten, andererseits gewinnt er durch dieselbe die durchaus friedliche Bedeutung einer Geldreserve, welche nicht eine Vorbereitung zur Führung eines bestimmten Krieges, son⸗ dern lediglich einen Bestandtheil derjenigen Kriegsbereitschaft Lildet, Meiah bei unserem Heeressystem während des Friedens nothwen⸗ ig ist.

Im Wege des Kredits können allerdings gegenwärtig verhältniß⸗ mäßig rasch umfangreiche Mittel beschafft werden. Allein schon die legislative Behandlung der Kreditfragen nimmt eine Zeit in Anspruch, während welcher bei plötzlich eintretender Kriegsgefahr zur Mobil⸗ machung schon sehr ausgedehnte Mittel nothwendig verwendet sein müssen, wenn nicht die Insfeldstellung der Truppen in einem für die Integrität des Gebiets und die Geschicke der Nation verhängnißvollen Grade verzögert werden soll. Ueberdies pflegt unmittelbar hbeim Ein⸗ tritt der Kriegsgefahr der Geldmarkt sich in einer Lage zu befinden, die während der wenigen Tage, in welchen die Mittel zur Bestreitung der Mobilmachungskosten großentheils bereit stehen müssen, die Be⸗ schaffung derselben im Wege des Kredits nahezu unmöglich macht.

Der preußische Kriegsschatz hat sich in der eben bezeichneten Be⸗ deutung in dem letzten Kriege nicht nur als eine nüͤtliche Hülfe, sondern als ein Element der Kriegsbereitschaft bewährt, welches nicht 98 88 höchsten Gefahren für die Nation vernachlässigt wer⸗

en darf.

Der vorliegende Gesetzentwurf ist bestimmt, die Institution eines Kriegsschatzes als nothwendige Ergänzung des gemeinsamen Wehrsystems für das Reich ins Leben zu rufen.

Die Höͤhe des Reichskriegsschatzes ist in dem §. 1 desselben auf 40 Millionen Thaler rormirt. Da dieser Betrag schon durch die ein⸗ maligen Ausgaben für die Mobilmachung der Armee des Norddeut⸗ schen Bundes im Jahre 1870 überschritten wurde, so reicht derselbe bei Weitem nicht aus, um die durch eine Mobilmachung des ge⸗ sammten deutschen Heeres veranlaßten einmaligen Ausgaben zu decken, vielmehr ist bei seiner Normirung darauf gerechnet, daß im Falle ausbrechenden Krieges die Faktoren der Gesetzgebung sofort zu⸗ sammenberufen werden, um die Wege des Kredits für die Beschaffung der Mittel nicht nur zu den laufenden Ausgaben der Kriegführung, sondern auch zur Deckung eines erheblichen Restbedarfs an einmaligen Kosten der Mobilmachung zu eröffnen.

Die im zweiten Alinea des §. 1 in Betreff der Verfügung über die Bestände des Reichskriegsschatzes getroffenen Vorschriften sind der Bestimmung desselben zur Herstellung augenblicklicher Kriegsbereitschaft unter Wahrung des bei Verfügungen über Reichsmittel den Faktoren der Gesetzgebung zuständigen Rechts der vorgängigen oder nachträg⸗ lichen Genehmigung angepaßt. b

Um dem Reichskriegsschatz die Bedeutung einer dauernden Insti⸗ tution des Reichs zu geben, sind demselben für den Fall eingetretener Verminderung des Bestandes bestimmte Einnahmen zuzuweisen, durch deren Zufluß er wieder zur normalen Höhe ergänzt werden kann.

Dem preußischen Staatsschatze wurden bei seiner im Jahre 1820 erfolgten Neubegründung an Einnahmen die Verwaltungs⸗Ueberschüsse und die zufälligen Einnahmen des Staates zugewiesen. Ueber die Verwaltungs⸗Ueberschüsse ist durch Art. 70 der Reichsverfassung be⸗ reits verfügt, so daß nur die 38. nicht aus den regelmäßigen Einnahmequellen fließenden Einnahmen dem Reichsschatze durch §. 2 im Fall eingetretener Verminderung seines Bestandes bis zur Wieder⸗ erreichung desselben zugewiesen werden konnten. Da auf erhebliche zufällige Einnahmen nur ausnahmsweise gerechnet werden kann, so mußte, wie unter Nr. 2 geschehen, auch auf die durch den Reichshaus⸗ halts⸗Etat erforderlichenfalls behufs Beschleunigung der Wiederergän⸗ zung zu überweisenden Mittel hingedeutet werden.

Die im §. 3 vorgeschriebenen Vorschriften über die Kontrole der Verwaltung des Reichskriegsschatzes schließen sich den Bestimmungen über das Reichsschuldenwesen an. Die Heranziehung der Reichs⸗ schuldenkommission dürfte sich theils mit Rücksicht auf den vorhande⸗ nen Organismus, theils durch die Analogie der Interessen bei aktiver und passiver Vermögensverwaltung rechtfertigen.

Dem Gesetzentwurf, betreffend die auf Grund des Gesetzes vom 21. Juli 1870 aufgenommene fünfprozen⸗ tige Anleihe (s. Nr. 145 d. Bl.) sind folgende Motive beigefügt:

Die von Frankreich zu zahlende Kriegsentschädigung ist in erster Linie zur Deckung der Kriegskosten bestimmt. Es empfiehlt sich daher, die für Rechnung des vormaligen Norddeutschen Bundes zur Beschaf⸗ fung der Geldmittel für die Kriegführung aufgenommenen Anleihen zu tilgen, sobald die auf diese Entschädigung eingehenden und dem Norddeutschen Bunde überwiesenen Zahlungen solches gestatten. Denn von diesem Augenblick an würden die zur Verzinsung dieser Anleihen erforderlichen, sehr beträchtlichen Summen nutzlos verausgabt werden.

In diesem Sinne ist bereits mit der Abtragung der in Form von Schatzanweisungen übernommenen Schuldverpflichtungen so weit vor⸗ gegangen, daß an Stelle der fällig gewordenen Schatzanweisungen neue nicht wieder ausgegeben wurden, und daß diejenigen Schatzanweisun⸗ gen, deren Kündigung vorbehalten wurde, zu nahen Terminen ge⸗ kündigt worden sind.

Auf Grund der beiden Kreditgesetze vom 21. Juli und 29. o. vember v. J. (Bundes⸗Gesetzblatt Seite 491 resp. 619), nach welchen im Wege des Kredits 120 beziehungsweise 100, zusammen 220 Millio⸗ nen Thaler flüssig zu machen waren, sind ausgegeben worden und zwar

1) auf Grund des Gesetzes vom 21. Juli v. J. a) Schuldverschrei. bungen der fundirten fünfprozentigen Anleihe von 1870 zum Nominal. werthe von 113,773,300 Thlr. mit einem Realisationsertrage von 104,369,647 ¾ Thlr. b) fünsprozentige Schatanweisungen, fällig am 1 Juli 1871 über 5,000,000 Thlr. mit einem Realisationsertrage von 5,000,000 Thlr., am 1. August 1871 über 10,000,000 Thlr. mit einem Realisationsertrage von 10,000,000 Thir. 2) Auf Grund des Gesetzes vom 29. November v. J. a) fünfjährige fuͤnfprozentige Schatzanwei⸗ sungen in, zwei Emissionen zusammen zum Nominalwerthe von 102,000,000 Thlr. mit einem Realisationsertrage von 95,752,500 Thlr b) fünfprezent. Schatzanweisungen, fällig am 1. Februar 1872 über 4,247,500 Thlr. mit einem Realisationsbetrage von 4,247,500 Thlr. Im Ganzen sind durch Ausgabe von Schuldverschreibungen und Schatzanweisungen zum Nominalwerthe von 235,020,800 Thlr. flüssig gemacht 219,369,647 ¾ Thlr.

Von den kurzfristigen Schatzanweisungen sind eingezogen: am 1. Juli d. J 5,000,000 Thlr., am 1. August d. J. 10,000,000 Thlr., ferner am 1. Februar k. J. fällig 4,247,500 Thir. Von den fünf⸗ jährigen Schatzanweisungen ad 2 a. sind gekündigt: zur Einlösung am 1. Januar k. J. die I. Emission 51,000,000 Thlr., zur Einloͤsung am 1. Februar k J. die II. Emission 51,000,000 Thlr., so daß also im Ganzen 121,247,500 Thlr. theils abgetragen sind, theils bis zum 1. Februar k. J. fällig werden und nur noch die ausgegebenen Schuldverschreibungen der fünfprozentigen Anleihe von 1870 Uber im Ganzen 113,773,300 Thlr. der Kün igung bedürfen.

Zur Kündigung dieser auf Grund des Gesetzes vom 21. Juli v. J. nach Maßgabe der Allerhöchsten Erlasse vom 24. Juli v. J. (B.⸗G. Bl. S. 505) und vom 27. Januagr d. J. (R. G.⸗Bl. S. 29) ausge⸗ gebenen fünfprozentigen Anleihe des Norddeuischen Bundes bedarf es nach der Bestimmung im §. 3 jenes Gesetzes einer besonderen gesetz⸗ sichen Sfact Boung, durch welche zugleich die Kündigungsfrist festge⸗ etzt wird.

Diese Ermächtigung herbeizuführen, ist der Zweck des vorliezenden Gesetzentwurfs.

Es ist in Aussicht zu nehmen, daß der Antheil der Staaten des vormaligen Norddeutschen Bundes an der vertragsmäzig bis zum

1. Mai k. J. zur Zahlung gelangenden vierten halben Milliarde der

Kriegsentschädigung die zur Rückzahlung dieser Anleihe noch nöthigen Mittel gewähren wird. Da sich indeß nicht mit Bestimmtheit über⸗ sehen läßt, bis zu welchem Zeitpunkte die zur Rückzahlung der An⸗ leihe erforderlichen Mittel angesammeli sein werden, so war es nicht thunlich, den Kündigungstermin in das Gesetz selbst aufzunehmen. Es blieb nur übrig, dem Reichskanzler die Bestimmung dieses Ter⸗ mins zu überlassen und die durch das Gesetz zu treffende Bestimmung auf die Festsetzung der Kündigungsfrist zu beschränken.

Der Gesetzentwurf, betreffend die Kontrole des Reichshaushalts für das Jahr 1871 (s. Nr. 145 d. Bl.) hat folgende Motive:

Zur Sicherstellung der gewissenhaften Befolgung und gleichmäßi⸗ gen Handhabung der auf das Rechnungswesen bezüglichen Vorschrif⸗ ten, sowie zur Vorbereitung der Beschlußnahme des Bundesrathes und des Reichstages über die Entlastung der Bundesverwaltung ist durch Gesetz vom 4. Juli 1868 (B.⸗G.⸗Bl, S. 433) der preußischen Ober⸗Rechnungskammer unter der Benennung: »Rechnungshof des Norddeutschen Bundes« die Kontrole des gesammten Bundes⸗Haus⸗ haltes durch Prüfung und Feststellung der Rechnungen über Ein⸗ nahmen und Ausgaben von Bundesgeldern, über Zugang und Ab⸗ gang von Bundeseigenthum und über die Verwaltung der Bundes⸗ schulden übertragen worden.

Diesem Delegationsverhaͤltnisse war indeß insofern nur ein pro⸗ visorischer Charakter gegeben, als nach §. 1 des erwähnten Gesetzes die Befugnisse der preußischen Ober⸗Rechnungskammer lediglich für die Jahre 1867, 1868 und 1869 zu Recht bestehen sollten. Es war die Absicht, mit Ablauf dieser Frist eine definitive Einrichtung auf Grundlage eines Gesetzes über die Rechte und Pflichten der obersten Rechnungsbehörde zu treffen. Als dieser Zeitpunkt herannahete, war die Königlich preußische Regierung mit der Vorbereitung eines, die Organisation der preußischen Ober⸗Rechnungskammer betreffenden Gesetzes beschäftigt und stand dessen Vorlegung an den preußischen Landtag in Aussicht. Die verbündeten Regierungen hielten es bei solcher Sachlage für richtig, der Beschlußnahme über die definitive Gestaltung der obersten Rechnungsbehörde des Bundes bis zum Ab⸗ schluß der über die Organisation der preußischen Ober⸗Rechnungs⸗ kammer zu gewärtigenden Verhandlungen Anstand zu geben und be⸗ antragten daber in der vorjährigen Session des Reichstages eine ein⸗ jährige Verlängerung des, durch das oben erwähnte Gesetz der Ober⸗ Rechnungskammer ertheilten Mandats. Ihrem Antrage entsprechend, wurde durch das Gesetz vom 11. März 1870 (B. G. Bl. S. 47) Be⸗ stimmung getroffen. 8

Die damals vorausgesetzte Vorlegung eines Gesetzes über die Ober⸗Rechnungskammer an den preußischen Landtag ist durch den Krieg verhindert. Sie steht für die nächste Session desselben in Aus⸗ sicht und die verbündeten Regierungen haben daher gegenwärtig die nämliche Lage vor sich, wie im vorigen Jahre. Wie damals halten sie es auch gegenwaͤrtig für gerathen, die Verhandlungen im preußi⸗ schen Landtage über die Organisation der preußischen Ober⸗Rech⸗ nungskammer der Beschlußnahme über die definitire Gestaltung der

obersten Rechnungsbehörde des Reiches vorhergehen zu

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1“ Statistische Nachrichten. Ueber den Handel und die Industrie von Frankfurta. M. ntnehmen wir dem Jahresbericht der dortigen Handelskammer (s. auch

A. 126 d. Bl.) noch Nachstehendes: Von den gesammten Einnahmen

des Zollvereins an Ein⸗ und Ausgangsabgaben im Jahre 1870 (28,509,401 Thlr.) treffen auf Frankfurt 928,280 Thlr. oder 3,26 pCt., 0,15 pCt. mehr als im Jahre 1869. Unter den in Frankfurt ein⸗ gegangenen Waaren sind besonders hbervorzuheben: drei⸗ und mehr⸗ drähtiges Baumwollengarn (13,80 pCt. der gesammten Zollvereins⸗ einfuhr in diesem Artikel), undichte baumwollene Gewebe (9,53 pCt.), eine Bürsten⸗ und Siebmacherwaaren (14,11 pCt.), Wurmsamen ꝛe. 12,24 pCt.), Chinarinde (18,03 pCt.), andere rohe Erzeugnisse zum

edizinalgebrauch (9,83 pCt.), feine Eisen⸗ und Stahlwaaren (11,38 pCt.), Behänge von Glas und dergl. (9,01 pCt.), rohe Hasen⸗ und Kaninchenfelle (20,79 pCt.), Gewebe aus Kautschuck in Verbindung mit anderen Spinnmaterialien (17,76 pCt.), leinene Leib⸗ wasche (27/88 pCt.), kurze Waaren ganz oder theilweis aus edlen Metallen gefertigt (10,90 pCt.) leinene Bänder u. dergl. (10,47 pEt.), ebrannter Kaffer (17,87 pCt.), seidene Wgaren (11,13 pCt.), halb⸗ seidene Waaren (9,60 pCt.), Hüte ohne Garhitur (12,90 pt.), Hasen⸗ und Kaninchenhaare (17,52 pCt.), wollene Fußteppiche (15,72 pCt.). Die in Frankfurt versteuerten Mühlenfabrikate, 305,489 Ctr., re⸗ präsentiren einen Verbrauch von 375 Pfd. 10 Loth per Kopf, gegen 280,812 Ctr. oder 340 Pfd. 15 Loth per Kopf in 1869. Der Fleisch⸗ verbrauch berechnet sich auf 156,862 Ctr. oder 192 Pfb. 22 Loth per Kopf, gezen 140,915 Ctr. oder 170 Pfd. 29 Loth i. J. 1869. Die Brannt⸗ weinsteuer stellte sich auf 7948 Thlr, die Braumalzsteuer auf 83,289 Thlr., gegen 11,843 Thlr. resp. 79,340 Thlr. in 1869 Die Weinprodultion in der Gemarkung Frankfurts belief sich auf 244 Ohm, 89 Ohm unter dem 24jäh⸗ rigen Durchschnitt. An Brennbolz wurden 48,557 Gilbert 2 Stecken zu 37,893 Kb. Werkschuh) verkauft, gegen 43,672 G. in 1869, an Wellen 544,200 Stück (1869: 827,750 St.), an Hoizkohlen 20,536 Buͤtten à 121,2 Liter 1869: 22,379 B.). Die Steinkohleneinfuhr be⸗ trug 1,918,012 Ctr., „gen 1,675,725 Ctr. in 1869. Auf dem Früh⸗ jahrs⸗Pferdemarkt wurden 1584 Pferde im Preise von 427,200 Thlr. verkauft, gegen 1420 Pferde und 426,000 Thlr. in 1869. Der Groß⸗ handel in Taschenuhren war im J. 1870 noch erheblich umfangreichfr als früher. Der Weinhandel führte 23,474 Ohm ein, 21,823 Ohm aus, 25 39,898 und 24,506 Ohm in 1869. ün Apfelwein wurden 24,315 Oem Retto versteuert, gegen 14,828 Ohm in 1869.

Die Fabrikation von mu stglischer Instrumenten ist sfehr unbe⸗ deutend geworden. Für die Toiletteseifen⸗ und Parfümeriewaaren⸗ Fabriken war das . 1870 ein sehr günstiges. Die 39 Brauereien verbrauchten 125,938 Ctr. Malz und 8. 157,423 Ohm Bier, 1544 Ctr. Malz und 1930 Ohm Bier weniger als im Jahre 1869. Die Seilereien hatten durch Militärlieferungen normale Beschäftigung. Die Ledereinfuhr zu den Märkten betrug im Frühjahr 20,408 Ctr. (4 Ctr. mehr als im J. 1869), im Herbste 13,526 Ctr. (7278 Ctr. weniger als in 1869). Der Hasenhaarschneiderei kam die Cernirung von Paris sehr zu Statten.

Der Güterverkehr auf dem Main wurde durch 728 Schiffe (gegen 824 im Vorjahre) vermittelt. Derselbe umfaßte, ohne Sninöhlen und Getreide, 311,805 Ctr., 3894 Ctr. weniger als im J. 1869.

Straßburg, 13. Oktober. „Die hoͤheren Lehranstalten in ganz Elsaß⸗Lothringen haben sämmtlich am letzten Dienstas ihr neues Schuljahr begonnen. Das Lyceum in Straßburg zählt 170 Schüler, welche sich mit jedem Tage mehren; darunter sind bis jetzt 40 einge⸗ borene Elsaͤsser und Lothringer. Das Internat der Anstalt beläuft sich auf 14 Zöglinge, und es darf bemerkt werden, daß mehrere Nationalfranzosen aus dem Innern Frankreichs ihre Soͤhne gesandt haben, um einer deutschen Erziehung theilhaftig zu werden. Das Gymnasium in Buchsweiler hat mit 102 Schülern begonnen, wor⸗ unter nur ein einziger eingewanderter Deutscher; Mübdlhausen zählt 80, darunter die Soͤhne der angesehensten Famtlien; Colmar 84, dar⸗ unter 60 eingeborne Elsäasser; Metz 87, groöͤßtentheils eingewanderte Deutsche; obwohl sämmtliche Lehrer daselbst franzöͤsisch sprechen und der Direktor ein Vothringer ist.

Kunst und Wissenschaft.

Weimar, 17. Oktober. Die Deutsche Goethe⸗Stiftung, deren Sit; und Vorstand sich hierseibst befindet, hat seit einer Reihe von Jahren Preisbewerbungen für hervorragende Werke auf dem Ge⸗ biete der bildenden Künste veranstaltet. In diesem Jahre wendet sie sich an die deutschen Bildhauer und fordert dieselben zu einer Preis⸗ bewerbung auf, deren Gegenstand der Entwurf eines Denkmals für die im siegreichen Kampfe für das deutsche Vaterland gefallenen Krieger bildet. Gegenstand und Form der für die Lösung der gestellten Aufgabe zu wählenden Darstellung ist dem Künstler freigegeben, welcher außer einer plastischen Skizze des ganzen Denkmals in beliebiger Größe eine für dasselbe bestimmte Statue oder ein zu demselben gehoͤriges Relief als Gipsmodell von mindestens 60 Centimeter Höhe ausgeführt bis zum 1. August 1872 nsch Weimar an das Großherzogliche Museum einzusenden hat. Die Generalver⸗ sammlung, welche am 28. August 1872 in Weimar zusammentritt, erkennt auf Grund eines von Kunstverständigen abgegebenen Urtheils den Preis zu, welcher 1000 Thlr. beträgt. Das Eigenthum des preis⸗ gekrönten Entwurfs behaͤlt die Goethe⸗Stiftung, der Künstler dagegen das Recht der Reproduktion und der Vervielfältigung.

Verkehrs⸗Anstalten. 8 Die Thüringische Eisenbahn hat nach dem Jahresbericht der Direktion pro 1870 am 3. Oktober 1870 die neue Strecke Mühlhausen⸗ Mearefelde, 3,651 Meilen, dem Verkehr übergeben, nachdem Gotha⸗ Maͤhlhausen (5,20 Ml) schon am 4. April 1870 erffnet worden war. Die gonze Bahn Gotha⸗L inefelde ist 8,91 Ml. = 8,98 Neumeilen gleich 7111 Kilom. lang. Die Länge der im Betrieb befindlichen Strecken

der Thüringischen Bahn war Ende 1870: Halle⸗Gerstungen 25,186

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1“ 8 ö“ 1““ 2 e.“]“ Meil., Corbetha⸗Leipzig 4,298, Weißenfels⸗Gera 7,816, Dietendorf⸗ Arnstedt 1,345, Gotha⸗Leinefelde 8,91, im Ganzen 47,515 Ml. Die Gera⸗Eichichter Bahn wird voraussichtlich bis zum Jahresschluß ferti gestellt werden. Der Bau der Bahn von Leipzig über Pegau na Peitz ist erst nach Wiederherstellung des Friedens begonnen worden. Die Geleise auf den in Betrieb befindlichen Bahnstrecken betrugen Ende 1870 150,496,09 Ruthen, 873,14 Ruthen mehr als Ende 1869. Auf 7853,07 Ruth. Geleis wurden im Jahre 1870 die leichteren Schienen gegen schwerere ausgewechselt.

An Transportmitteln waren Ende 1870 102 Lokomotiven, 173 Personenwagen mit 8212 Plätzen, 65 Gepäck⸗ und 1917 Güterwagen (287,330 Ctr. Ladungsfählgkeit) vorhanden.

„Im Betriebe waren durchschnittlich 43,3a0 Meilen. Im Jahre 1870 ereisneten sich 32 Unfälle, bei welchen Personen getödtet oder verletzt wurden; im Jahre 1869 waren nur 14 derartige Unfälle vor⸗ gekommen. Die Lokomotiven legten 329,666,9 Nutzmeilen zurück, 30,431 Rutzmeilen mehr als im Jahre 1869, wobei die Fahrten auf franzoͤsischen Bahnen nicht mit erechnet sind. Der Betrieb brachte auf den alten Bahnstrecken 3,960,991 Thlr. Einnahme, 452,138 Thlr. mehr als im Vorjahre; auf der Zweigbahn Dietendorf⸗Arnstedt 26,422 Thlr, 1911 Thlr. mehr als in 1869; auf der Gotha⸗Leinfelder Bahn 85,514 Thlr. Die Mehreinnahmen sind lediglich durch Militär⸗ transporte erzielt worden, die 560,000 Thtr. einbrachten, wogegen der Personenverkehr einen Ausfall von 156,000 Thlr. ergab. Die Militar⸗ transporte umfaßten 387,733 Personen, 84,812 Ctr. Effekten u. dgl, 6818 Fahrzeuge und Geschütze und 43,341 Pferde, außerdem 16,611 Ctr. Viebes⸗ gaben. Im Personenverkehr wurden im Ganzen 2,237,014 Personen auf 16,739,979 Meilen (durchschnittlich 7,48 Meilen) befoöͤrdert, was 1,250,122 Thlr. Einnahmen ergab, pro Person 0,555 Thlr., pro Meile v Sser. Im Ganzen wurden (— 120,213 Civilpersonen, + 400,806

ilitärs) 280,593 Personen mehr als im Jahre 1869 befördert, = 6,502,592 Personenmeilen, wodurch 148,375 Thlr. Mehreinnahmen erzielt wurden. An Gepäck wurden 155,871 Ctr. = 1,703,825 Cemner⸗ meilen (durchschnittlich pro Ctr. 10,981 Ml.) befördert, mit 35,933 Thlr. Einnahme, pro Ctr. 6,916 Sgr., pro Ctr. und Ml. 7,59 Pf.; gegen 1869 24,100 Ctr. und 2284 Thlr. weniger. Im Güterverkehr wurden 22,541,110 Ctr. auf 285,953,806 Ml. (durchschnittlich 12,686 Ml. pro Cir.) befördert. Die Einnahmen betrugen 2,164,852 Thlr., durchschnittlich 2,923 Sgr. pro Ctr. und Ml. Gegen 1869 wurden 581,662 Ctr. ohne die Militärgüter und 1,032,421 Ctr. (= 30 039,890 Ctr. = Ml.) mit denselben mehr und 148,769 Thlr. mehr eingenommen als im Jahre 1869. An Vich wurden 143,139 Stück = 843,363 Ctr. auf 14,061,257 Ml. befördert, und dafür 219,358 Thlr. eingenommen, 173,702 Thlr. mehr als in 1869. Die gesammte befoöͤrderte Nettolast berechnet sich auf 326,828,857 Ctr.⸗Ml., 49,876,631 Ctr.⸗Ml. mehr als im Vorjahre; pro Meile Bahnlänge 51,617 Personen, 3596 Ctr. Gepäck, 507,892 Ctr. Güter, 3303 Stäück Vieh. Die Ein⸗ nahmen betrugen im Ganzen 4,072,935 Thir. (pro Ml. Bahnlänge 93,978,5 Thlr., gegen 91,634,/8 Thlr. in 1869), die Betriebsausgaben 1,898,921 Thlr ([50,969,6 Thlr. pro Ml. Bahnlänge), gegen 46,104,3 Thaler im Vorjahre (oder 49,08 pCt. der Einnahme, 1,27 pCt. weniger als im J. 1869). Das Anlagekapital der Thüringischen Bahn berechnet sich auf 38,243,400 Thlr, wovon bis 15. Juni 1871 32,717,340 Thlr. auf das Baukapital verrechnet sind. Der Ergänzungsbaufonds hat einen Bestand von 510,333 Thlr., woraus die Kosten für Ergänzung des Wagenmaterials für die Stammbahn 20 zweiachsige Personen⸗ wegen IV. Klasse, 108 zweiachsige Güterwagen bestritten werden ollen. 1

Zusammenstellung der im Deutschen Reichs⸗Anzeiger bis inkl. 14 Oktober 1871 bekann gemachten anstehenden Subhastations⸗Termine*). .

bei welchem die Subhast. schwebt.

Verkaufs Anz.

Die zur Subhastation 1 Termin. Seile.

stehenden Immobilien.

St.⸗Ger. Berlin Kr.⸗Ger. Berlin

Grundstück zu Berlin, Oranienstr. 165 Grundstück zu Pankow, Dorfstraße 17 u. 17a

Kr.⸗Ger. Berlin Grundstück in Nieder⸗ Schönhausen

Kr.⸗Ger. Berlin Grundstücke in Deutsch⸗ Rixdorf, H. B. Vol. 6, Nr. 245, Fol. 185 2553 Kossäthengut ꝛc. zu Selchow 3 2553 Kr.⸗Ger. Potsdam Grundstück ꝛc. zu Potsdam 2092 Kr.⸗Ger. Potsdam Grundstück zu Potsdam, Karlstr. 9 111. 2172 Kr.⸗Ger.⸗Dep. Char⸗ Grundstück zu Charlotten⸗ lottenburg burg 2202 Kr.⸗Ger.⸗Dep. Char⸗ Grundstück zu Charlotten⸗ lottenburg burg, H. B. Bd. 29, 8 Nr. 1427, Bl. 33 71 2553 Kr.⸗Ger. Friedeberg Wohn⸗ u. Brauhaus zu Neum. 19/12. 71 2300

Friedeberg Neum.

2²) Diese Zusammenstellungen sollen im »Reichs⸗Anzeiger« nach Seb Anfang und Mitte jed fortlaufend vergfentklehh werden.

27,/10. 71. 1349

11./11. 71. 1881 2300 2022 2507

Kr.⸗Ger. Berlin

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