1871 / 166 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 10 Nov 1871 18:00:01 GMT) scan diff

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denen in den Gouvernements, in welchen die Provinzial⸗ Institutionen noch nicht in Thätigkeit getreten sind, die Be⸗ urtheilung dieser Frage übertragen worden, im Gouvernement Kowno sowohl wie im Gouvernement Archangelsk nicht ge⸗ glaubt haben, daß die von der Abgabenkommission vorgeschla⸗ gene Umlegung der Kopfsteuer in eine Grund⸗ und Hofssteuer ine Erleichterung für die EEö“ Klasse herbeiführen vs und eine Einkommensteuer weit sicherer zum Ziele führen wür 8. 11“ ea Mr ren

Aus dem Wolff'schen Telegraphen⸗Büreau. London, Donnerstag, 9. November. nläßlich des Amtsantritts des Lordmayors hielt Gladstone eine längere Ansprache, in welcher er der auswärtigen Be⸗ ziehungen Englands in eingehender Weise gedachte. Der Red⸗ ner hob zunächst hervor, daß in dem gegenwärtigen Augenblick auch nicht die kleinste Differenz oder Streitfrage zwischen Eng⸗ land und irgend einem Staate der Erde bestehe. England werde steis die ihm zukommende Stellung inmitten der euro⸗ päischen Völkerfamilie behaupten. Das Land sei durch seine glückliche geographische Lage im Staͤnde, manchen Gefahren, denen andere Länder ausgesetzt seien, fern zu bleiben und in unparteiischer Weise die Streitfragen, welche sich zwischen anderen Staaten erheben, zu würdigen. Indem der Redner alsdann auf den letzten Krieg zuruckkam, nahm er Ver⸗ anlassung, den Vorwurf, als habe England diesen Krieg ver⸗ hindern können, wiederholt zurückzuweisen. Gladstone erwähne ferner der freundschaftl chen Beziehungen zwischen England und der nordamerikanischen lnion und knüpfte daran den⸗ Wunsch, daß der Vertrag von Washington ein Präzedenzfall für die Schlichtung aller zwischen einzelnen Völkern bestehenden Diffe⸗ renzen werden möge. Die englische Regierung, so schloß der Redner, hege augenblicklich nicht die geringste Besorgniß in metrel.ngeis e 11.ö“ Verwickelung, und zu iner Zeit sei der europäische Frieden ein vohe sesn säc. sche F in so gesicherter gewesen, om, Freitag, 10. November. Dem „Osservatore Ro⸗ mano« zufolge hat der französische Gesandte 8 Harcourt vor seiner Ruͤckkehr nach Rom an maßgebender Stelle in Paris notifizirt, daß er jede Verantwortlichkeit für den ihm von nies er Fasngin ö Inhalt einer Unterredung ehne und den dahin bezügli Blätter für unrichtig erkläre. ene SEsetchen Wericht der Der König hat die

8 mihen, eütmoch, 8. Fehgeicben. emission des Ministeriums Komonduros angeno Zaimis mit der Bildung des neuen Kabinets ea; dp;

Reichstags⸗Angelegenheiten.

Dem Reichstage liegt folgender Auslieferungs zwischen dem Deutschen Reiche und Italien (mit Luder ha⸗ tokolle und einer Denkschrift) zur verfassungsmäßigen Genehmigung vor:

Se. Majestät der Deutsche Kaiser, König von Preußen, im Namen des Deutschen Reiches einerseits, und gind F. 88 88 88 2. . andererseits,

b en, einen Vertrag wegen gegenseitiger Ausliefe⸗ rung der Verbrecher abzuschließen, und haben zu bühang vöchn m8 ee h zu diesem Zwecke mit

Se. Maje er Deutsche Kaiser, König von Preußen: den Herr 2 8 * as vorh König, Allerhöchstihren Geheimen des Felrar Se. Majestät der König von Italien: den Herrn Eduard Grafen 9 88 8 unag, E““ Gesandten 88 ötigten ininer be⸗ r. Majestät

Se von Preußen, fets dems Hereschen welche na ittheilung ihrer in guter und gehöriger Form bef⸗ . nen Jollmachten über nachstehende Artikel Art. 1. Die Hohen vertragenden Theile verpflichten sich durch gege wartigen Vertrag, sich einander in allen nach den Bestimmun⸗ gen desselben zulässigen Fällen diejenigen Personen auszuliefern, wesche von den Behöͤrden eines der beiden vertragenden Theile, wegen 1 einer der nachstehend aufgezählten Handlungen, sei es als Urheber oder Thei nehmer, verurtheilt, oder in Anklagestand versetzt, oder zur ge⸗ ichtzichen Untersuchung gezogen sind, und im Gebiete des anderen Theiles sich aufhalten, nämlich: 1) wegen Todtschlages, Mordes, Gift⸗ mordes, Elternmordes und Kindermordes; 2) wegen vorsätzlicher Ab⸗ treibung der Leibesfeucht; 3) wegen Aussetzung oder vorsätlicher Ver⸗ lassung eines Kindes; 4) wegen Raubes, Unterdrückung, Verwechse⸗ lung oder Unterschiebung eines Kindes; 5) wegen Entführung eines Menschen; 6) wegen vorsätzlicher und rechtswidriger Beraubung der persoͤnlichen Freibeit eines Menschen, sei es, daß sich eine Privatperson oder ein oͤffentlicher Beamter derselben schuldig macht; 7) wegen mehr⸗

b facher Ebe; 8) wegen Notbzucht; 9) wegen gewohnheitsmäßiger Kup⸗ pelei mit minderjährigen Personen des einen oder anderen Geschlechts, in denjenigen Fällen, in welchen dieselbe durch die Landesgesetzzebung beider vertragenden Theile mit Strafe bedroht ist; 10) wegen vortätz⸗ licher Mißhandlung oder Verletzung eines Menschen, welche eine un⸗ 1 heilbare oder voraussichtlich unheilbare Krantheit oder Verunstaltung 22 den Verlust des unbeschränkten Gebrauchs eines Organs, oder den Tod, ohne den Versatz zu tödten, zur Folge gehabt hat; 11) wegen

Bei dem Banket

Diebstahls, sofern er unte erschwerenden Um länden 1- b er

schwerer Diebstahl), oder sofern der Werth des dnage asogt andes 1000 Franken übersteigt; wegen Raubes und Erpressung; 12) 18ö ““ Fällen,

1 kandesgesetzgebung beider vertragenden Theile mit Stra ist, und wegen Betruges, ofern der Werth des .egenf b6s wehe brechens oder Vergehens 1 0 Franken übersteigt; 13) wegen betrüglichen Bankerutts und betrüglicher Benachtheiligung einer Konkursmasse ; 14) wegen Meineides/ 15) wegen falschen Zeugnisses und wegen falschen Gutach⸗ tens eines Sachverstaͤndigen oder Dolmetschers; 16) wegen Verleitung eines

den Sgr ehead hitbet entlichen Gebrauchs falscher oder gefälschter Urkunden und telegra⸗ phischer Depeschen; 18) wegen Falschmünzerei, insbesondere 1nc

achmachens und Veraͤnderns von Metall und Papiergeld, und we⸗ gen wissentlichen Ausgebens und Inumlaufsetzens von nachgemachtem oder verändertem Metall⸗ und Papiergelde; 19) wegen Nachmachens und Verfälschens von Bankbillets und anderen vom Staate oder unter Autorität des Staats von Korporationen, Gesellschaften oder 111u“ ausgegebenen Schuldverschreibungen und sonstigen Verthpapieren, so wie wegen wissentlichen Ausgebens und Inum⸗ laufsetzens solcher nachgemachten oder gefälschten Banlbillets, Schald⸗ verschreibungen und anderer Werthpapiere; 20) wegen vorsätzlicher Brandstiftung; 21) wegen Unterschlagung und Erpressung Seitens öffentlicher Beamten; 22) wegen Bestechung öffentlicher Beamten zum Zwecke einer Verletzung ihrer Amtspflicht; 23) wegen folgender straf⸗ barer Handlungen der Schiffsführer und Schiffsmannschaften auf See⸗ 5 vorsätzliche und rechtswidrige Zerstorung eines Schiffes; vor⸗ Shigh bewirkte Strandang eines Schiff’s; Widerstand gegen den Schiffsführer Seitens mehr als eines Dritheils der Schiffsmannschaft in denjenigen Fällen, in welchen derselbe von der Landesgesetzgebung beider vertragenden Theile mit Strafe bedroht ist; 24) wegen gänz⸗ licher oder theilweiser Zerstörung von Eisenbahnen, Dampfmaschinen oder Telegraphen⸗Anstalten; wegen jeder vorsätzlichen Handlung, düsch. Uhe a 8 der Eisentht zesenden oder beim Betrieb der⸗

ellte ersonen ein etzung wachsen ist o kmagse gestell e Körperverletzung erwachsen ist oder e Auslieferung kann auch wegen Versuches einer der p

8s u“ secz getet See an

. elben nach der Landesgesetzgebung ertr Thei E“ zesetzgebung der vertragenden Theile

Axt. 2. Jedoch soll von Seiten der Regierungen des De er che förtscher an die italienische H. Sane e alie i r wegeg iener an eine der deutschen Regierungen ausgeliefert enn nach den Gesetzen desjenigen Staats, welchem de ¹ schuldigte angehoͤrt, Anlaß vorhanden sein sollte, nhhe 8,2g. Frage stehenden Handlung zu verfolgen, so soll der andere Staat die Erhebungen und Schriftstücke, die zur Feststellung des Thatbestandes dienenden Gegenstände und jede andere für das Strafverfahren er⸗ ferbegiche mittheilen. enn die reklamirte Person weder ein Deutscher noch ei liener ist, oder wenn das Verbrechen oder 8919b ausch venh Ihcs Gebietes der vertragenden Theile von einer Person begangen ist welche demjenigen Staate nicht angehört, von welchem die Auslieferung begehrt wird, so kann dieser Staat von dem gestellten Antrage im ersteren Falle diejenige Regierung, welcher der Verfolgte angehört, im letzteren Falle diejenige Regierung, auf deren Gebiete das Ver⸗ brechen oder Vergehen begangen ist, in Kenntniß setzen, und wenn eine dieser Regierungen ihrerseits die Auslieferung des Angeschuldigten beansprucht, um ihn vor ihre Gerichte zu stellen, so kann diejenige Regierung, an welche der Auslieferungsantrag gerichtet ist, den An⸗ geschuldigten nach ihrer Wahl der einen oder der anderen Regierung ausliefern. Wenn die Seitens eines der vertragenden Theile rekla⸗ mirte Person gleichzeitig Seitens einer oder mehrerer anderer Regie⸗ Fenae Feedr Küaaiffelbe derjenigen Regie ung ausge⸗ welche die Auslieferung a . 1 Vectgkecens cder Venzehegs Seee uf Grund des schwereren ür den Fall, daß alle Verbrechen oder Vergehen glei

sein sollten, soll die betreffende Person vn ags hen lhs 9eSe liefert werden, deren Antrag von früherem Datum ist. 8 Art. 3. Die Auslieferung soll nicht staitfinden, wenn die S * tens der deutschen Regierungen reklamirte Person in Italjen 5.Eg, Seitens der italienischen Regierung reklamirte Person einem der deut⸗ schen Staaten wegen derselben strafbaren Handlunz, wegen deren die . g-. be. Untersuchung gewesen und außer g gesetzt worden ist, oder si⸗ hi Chang dea n 7 sich noch in Untersuchung befindet, Wenn die Seitens der deutschen Regierungen reklamirte G in Italien oder die Seitens der italienischen Regterung e rhersse. Person in einem der deuts en Staaten wegen einer anderen straf⸗ 8 baren Handlung in Untersuchung ist, so soll ihre Auslieferung bis zur Beendigung bieser Untersuchung und vollendeter Vollstreckung der etwa gegen sie erkannten Strafe aufgeschoben werden. 8

auf politische Verbrechen oder Vergehen keine Anwendun ie Per⸗ son, welche wegen eines der im Art. 1 aufgeführten 8. 2 brechen oder Vergehen ausgeliefert worden ist, darf demgemäß in dem-⸗ jenigen Staate, an welchen die Auslieferung gewährt ist, in keinem Falle wegen eines von ihr vor der Auslieferung verübten politischen

einem solchen politischen Verbrechen oder Vergehen im Zu 18 hange steht, zur Untersuchung gezogen und best aft 8.1 sanamen. wenig kann eine solche Person wegen eines Verbrechens oder Ver⸗

gehens, welches in dem gegenwäͤrtigen Vertrage nicht vorgesehen ist,

zur Untersuchung gezogen oder bestraft werden, es sei denn, daß die⸗ selbe, nachdem sie wegen des Verbrechens, welches zur Auslieferung

desjenigen Landes, in welchem der Verfolgte zur Zeit, wo die Aus⸗

Zeugen, Sachverstaͤndigen oder Dolmetschers zum Meineide; 17) we. oder telegraphischen Depeschen und

ebenfalls die Art und Schwere der verfolgten That, sowie die auf die⸗

geeizneten Angaben beigebracht werden.

urtheilten oder Ange uldigten beantragen und erwirken, unter der

versteckt oder hinterlegt worden sind, und die daselbst später aufgefun⸗

Art. 4. Die Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrages finden 8

Verbrechens oder Vergehens, noch wegen einer Handlung, die mit

egeben hat, bestraft oder freigesprochen worden ist, versäumt

b 8 Ablauf einer Frist von drei Monaten das Land zu ver⸗ lassen, oder daß sie aufs Neue dorthin komme.

Art. 5. Die Auslieferung soll nicht stattfinden, wenn seit der

begangenen strafbaren Handlung, oder der Einleitung der strafgericht⸗

lichen Verfolgung, oder der erfolgten Verurtheilung, nach den Gesetzen

lieferung beantragt wird, sich aufhält, Verjährung der strafgerichtlichen Verfolgung oder der erkannten Strafe eingeireten ist.

Art. 6. Die Auslieferung soll stets zugestanden werden, selbst wenn der Angeschuldigte dadurch gehindert wird, übernommene Ver⸗ bindlichkeiten gegen Privatpersonen zu erfüllen. Letztere können indeß ihre Ansprüche bei den zuständigen Gerichtsbehörden geltend wachen.

Art. 7. Die Auslieferung soll bewilligt werden auf den von einer der beiden Regierungen an die andere im diplomatischen Wege gestellten Antrag und nach Beibringuns eines Strafurtheils oder eines Beschlusses über Versetzung in den Anklagestand, eines Haft⸗ befehls oder eines anderen Akts, welcher die gleiche Wirkung hat und

selbe anwendbare strafgesetzliche Bestimmung angiebzt. Diese Akten⸗ ücke sollen im Original oder in beglaubigter Ausfertigung eines Gerichtshofs oder einer anderen zuständigen Behörde des die Aus⸗ lieferung beantragenden Landes miigetheilt werden. Slleichzeitig sollen, sofern dies möglich ist, das Signalement der reklamirten Person und alle anderen zur Feststellung ihrer Identität

Art. 8. In dringenden Fällen, und insbesondere wenn Gefahr der Flucht vorhanden ist, kann jede der beiden Regierungen unter Be⸗ rufung auf das Vorhaͤndensein eines Strafurtheils, eines Beschlusses auf Versetzung in den Anklag stand oder eines Haftbefehls, in kür⸗ zester Weise, selbst a-f telegraphischem Wege, die Verhaftung des Ver⸗

Bedingung, daß das Ookument, auf dessen Vorhandensein man sich berufen hat, binnen einer Frist von zwanzig Tagen nach der Verhaf⸗ tung beigebracht wird

Art. 9. Die entwendeten oder im Besitze des Verurtheilten oder Angeschuldigten vorg fundenen Gegenstände, die Geräthschaften und Werkzeuge, deren er sich zur Verübung seines Verbrechens oder Ver⸗ gehens bedient hat, so wie alle anderen Beweisstücke sollen gleichzeitig mit der Auslieferung des verhafteten Indiwviduums ausgefolgt werden. Dies soll selbst dann geschehen, wenn die Auslieferung, nachdem sie zugestanden worden ist, in Folge des Todes oder der Flucht des

Schuldigen nicht sollte stattfinden können. Diese Ausfolgung wird sich auch auf alle Gegenstände der gedachten Art erstrecken, welche von dem Angeschuldigten in dem Lande, in welches er sich geflüchtet hat,

den werden. Jedoch werden die Rechte dritter Personen an den erwähnten Ge⸗

genständen vorbehalten, und es sollen ihnen dieselben nach Schluß des gerichtlichen Verfahrens kostenfrei wieder ausgehändigt werden.

Art. 10. Liefert eine dritte Regierung ein Individuum aus, so gestatten die vertragenden Theile die DHurchführung des Auszuliefern⸗ den durch ihr Landesgebiet, oder den Transport des Auszuliefernden auf ihren Fahrzeugen und Dienstschiffen, sofern das betreffende Indi⸗ viduum nicht dem um die Gewährung der Durchführung angegange⸗ nen Staate angehört. In diesem Falle bedarf es nur eines einfachen Antrages auf diplomakischem Wege Seitens derjenigen Regierung, welche die Auslieferung verlangt hat und der Beibringung der nöthi⸗ gen Beweisstücke dafür, daß es sich nicht um ein politisches oder rein militärisches Vergehen handelt. 1

Die Durchführung findet auf dem kürzesten Wege unter der Be⸗ gleitung von Agenten des requirirten Landes und auf Kosten der re⸗

klamirenden Regierung statt. Art. 11. Theile verzichten auf die Erstattung

derjenigen Kosten, welche ihnen aus der Festnahme und dem Unter⸗

halte des Auszultefernden oder aus dessen Transporte bis zur Grenze des requirirten Theiles erwachsen. Sie wollen vielmehr diese Kosten egenseitig selbst tragen. 8 venngs febs Wenn im Laufe eines nicht politischen Straver⸗ fahrens einer der vertragenden Staaten im Gebiete des andern ver⸗ tragenden Theils die Vernehmung von Zeugen oder irgend eine andere Untersuchunashandlung für nothwendig erachtet, so wird zu diesem Zwecke ein Ersuchsschreiben auf kiplomatischem Wege übersandt, und es soll demselben nach Maßzabe der Gesetzgebung des Landes, wo der Zeuge vernommen oder der Akt vorgenommen werden soll, Statt gegeben werden; die Ausführung des Antrags kann verzweigert werden, wenn das Verfahren gegen einen von der requirirenden Behörde noch nicht verhafteten Angebörigen des requirirten Staats gecichtet ist, oder wenn die Untersuchung eine Handlung zum Gegenstande hat, welche nach den Gesetzen des Staates, an welchen das Ersuchs⸗ schreiben gerichtet ist, nicht gerichtlich strafbar ist. Die betheiligten Regierungen entsagen jedem Anspruche auf Erstattung der aus der Ausführung der Requisition entstehenden Kosten, so weit es sich nicht um strafgericht iche, kommerzielle oder medizinische Gytachten Sach⸗ verständiger handelt. Art⸗ 199 Wenn in einer nicht politischen Untersuchungssache das persöͤnliche Erscheinen eines Zeugen nothwendig ist, so soll die Re⸗ gierung des Landes, in welchem der Zeuge wohnt, denselben auf⸗ fordern, der Vorladung, welche die andere Regierung an ihn gerichtet hat, Folge zu leisten. Stimmt der Zeuge zu, so werden ihm die Kosten der Reise urd des Aufenthalts nach seiner Wahl entweder nach den Tariffätzen und Reglements des Landes, wo die Verneh⸗

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die Behörden seines Wohnorts der Gesammtbetrag oder ein Theil der Reisekosten vorgeschossen werden; diese Kosten werden demnächst von der dabei interessirten Regierung zurückerstattet. In keinem Falle darf ein Zeuge, welcher in Folge der in dem einen Lande an ihn er gangenen Vorladung freiwillig vor den Richtern des anderen Landes erscheint, daselbst wegen frützerer strafbarer Handlungen oder Verur-⸗ theilungen oder unter dem Vorwande der Mitschuld an den Hand-.. lungen, welche den Gegenstand der Untersuchung bilden, worin er als Zeuge erscheinen soll, zur Untersuchung gezogen oder in Haft ge⸗ nommen werden. Hierbei kommt es auf die Staatsangehorigkeit des Zeugen nicht an.

Art. 14. Wenn es bei einer Untersuchung, welche in einem der beiden vertragenden Theile geführt wird, nothwendig werden sollte, den Angeschuldigten mit in dem anderen Lande verhafteten Schuldigen zu konfrontiren, oder Beweisstücke oder gerichtliche Urkunden, welche lesterem Staate gehoͤren, vorzulegen, so soll ein Gesuch dieser Art auf diplomatischem Wege gestellt werden, und es soll demselben, sofern nicht etwa außergewöhnliche Bedenken dagegen obwalten, stets ent- sprochen werden, unter der Bedingung jedoch, daß so bald als mög- lich die Verhafteten zurückgeliefert und die obigen Beweisstücke und 2 Urkunden zurückgesandt werden. 8 Die Kosten des Transports der oben erwähnten Individuen und Gegenstände von einem Staate zum anderen, werden von derjenigen Regierung getragen, welche den bezüglichen Antrag gestellt bat.

„Art. 15. Die beiden vertragenden Regierungen verpflichten sich, einander wechselseitig die Verurtheilungen wegen Verbrechen und Ver⸗ gehen jeder Art mitzutheilen, welche von den Gerichtshöfen des einen Staats gegen Anaehoͤrige des anderen ausgesprochen werden. Diese 8 Mittheilung wird auf diplomatischem Wege erfolgen durch vollständige oder auszugsweise Uebersendung des ergangenen und rechtskräftig ge⸗ wordenen Urtheils an die Regierung desjenigen Landes, welchem der Verurtheilte angehört. Jede der vertragenden Regierungen wird zu diesem Zweck an die zuständigen Behörden die entsprechenden Anwei⸗ sungen erlassen. 1 8

Art. 16. Der gegenwärtige Vertrag ist auf fünf Jahre, vom 1. Januar 1872 an gerechnet, abgeschlossen. 8

Von dem Zeitpunkte seiner Geltung ab verlieren die früher zwischen den einzelnen Staaten des Deutschen Reiches und Italien abgeschtoffenen Verträge über die Auslieferung von Verbrechern ihre

ültigkeit. 5

Wenn von keinem der vertragenden Theile sechs Monate vor dem 1. Januar 1877 die Absicht, dieen Vertrag außer Kraft zu setzen, an- gezeigt wird, so soll derselbe für fünf weitere Jahre in Geltung blei⸗ ben, und so ferner von fünf zu fünf Jahren. Derselbe wird rarifizirt und die Ratifikationen werden binnen einer Frist von vier Wochen ausgewechselt werden.

Zu Urkund dessen haben die beiderseitigen Bevollmächtigten den⸗ selben unterzeichnet und mit ihren Siegeln versehen. GSFeßschehen zu Berlin, den 31. Oktober 1871.

8 (gez.) König. (gez.) Launay.

Protokoll. 8 Die Hohen vertragenden Theile des heut abgeschlossenen Ausliefe⸗ rungs⸗Vertrages haben für gut befunden, Folgendes in einem Proto⸗ kolle festzustellen:

Es ist nicht nothwendig, daß die Korrespondenzen und Verhand⸗ lungen, welche die Auslieferungs⸗Anträge nöoͤthig machen werden, zwischen der Deutschen Reichsregierung und Italien stattfinden; sie können im Gegentheil, je nach den Umstaͤnden jedes einzelnen Falles, auch direkt zwischen Italien und den Regierungen stattfinden, welche. zum Deutschen Reiche gehören und bei der Auslieferung interessirt sind, sei es, daß der Antrag von ihnen ausgehe, oder an sie ge⸗ richtet sei. 8

8 S a4; ist das gegenwärtige Protokoll von den beiden Be⸗ vollmächtigten in duplo unterzeichnet und ausgetauscht worden.

Berlin, den 31. Oktober 1871.

(s(gez.) Koönig.« (gCez.) Lau Fe hIec

11111“ D en k s ch r ¹ f t. . 1““ 1 Bereits vor Gründung des Deutschen Reiches hatte die zniglich italienische Regierung den Wunsch ausgesprochen, mit dem Norddeut⸗ schen Bunde einen Auslieferungsvertrag abzuschließen, und dabet sich bereit erklärt, den zwischen dem Norddeutschen Bunde und Belgien am 9. Februar 1870 (B. G. Bl. S. 53) abgeschlossenen Auslieferungs⸗ vertrag den Verhandlungen zum Grunde zu legen. Das Bundes⸗ Präsitium war diesem Wunsche um so bereitwilliger entgegengekom- men, als die gesteigerten Verkehrsbeziehungen zwischen beiden Ländern die Regelung dieser Fas gecbec auch im Interesse des Bundes wünschenswerth erscheinen ließen. 8 Mit der Gruͤndung des Deutschen Reiches mußten die behufs Abschließung des Auslieferungs⸗Vertrages mit der Königlich italie⸗ nischen Regierung angeknüpften Verhandlungen sowohl wegen der; geographischen Lage der süddeutschen Staaten, als auch aus dem Grunde eine erhöhte Bedeutung erlangen, weil zwischen diesen Staaten und Italien erst neuerdings besondere Verträge wegen gegenseitiger Auslieferung von Verbrechern abgeschlossen worden waren (Aus⸗ lieferungsvertrag vom 30 März 1867 zwischen Baden und Italien, vom 18 September 1868 zwischen Bayern und Italien und vom 3. Oktober 1869 zwischen Württemberg und Jtalien). 88 Die einheitliche Regelung der fraglichen Materie gegenüber Italien für den ganzen Umfang des Deutschen Reiches erschien unerläßlich. In Folge der fortgesetzten Verhandlungen ist am 31 Oktober d. J. zwischen dem Deutschen Reiche und Italien ein Auslieferungsvertrag zum Abschlusse gekommen, welcher einestheils unter Berücksichtigung der Bestimmungen des deutschen Strafgesetzbuches sich an den mit dem Köͤnigreiche Belgien abgeschlossenen Vertrag über die Austieferung

S

mung stattfinden soll, oder nach denjenigen des requirirten Staates bewilligt werden; auch kann dem Zeugen auf seinen Antrag durch

von Verbrechern anschließt, anderntheils aber eine Anzahl von Be⸗.