1871 / 173 p. 8 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 18 Nov 1871 18:00:01 GMT) scan diff

Amendement des Grafen Münster, welches ja einen eigenthümlich delikaten Inhalt hat, so zwar, daß ich immer noch hoffe, es werde auch bei der zweiten Lesung nicht bis zur Abstimmung getrieben wer⸗ den, daß man gegen dies Amendement eine gemeinschaftliche Vorlage der Bundesregiecungen vertheidigt. Ich führe es an, um einen Ge⸗ sichtspunkt hervorzuheben, welcher, glaube ich, an dieser Stelle noch nicht geltend gemacht worden ist; nämlich den Gesichtspunkt, daß man in den §§. 5 bis 7 des Entwurfs bereits eine Art Kompro⸗ misses von verschiedenen Standpunkten vor sich hat, ein Kompromiß, mittelst dessen man wenigstens faßte ich die Sache so auf über die immer unliebsame Frage der Verfassungsänderung hinwegzukom⸗ men hoffte, weil ja zu §§ 5 bis 7 alle Bundesregterungen Ja ge⸗ sagt haben. Ich betrachte es nicht als meine Aufgabe, Ihnen, meine Herren, des Näh ren auseinanderzusetzen, inwiefern nach den §§. 5— 7 die einzelnen Bundesstaaten in ihrem vollen Münzhoheitsrechte theils dauernd, thei’s bis zu weiterer gesetzlicher Regeluag mit ihrer Zustim⸗ mung Einschränkungen erleiden. Es kann ja darüber Niemand im Zweifel sein, der den Gegenstand auch nur obenhin prüft. Ich glaube, man könnte sagen, wenn es sich hier um’ eine Verfassungs veränderung handelt, dann handelt es sich eigentlich nicht mehr um das »ob«, sondern um das »Maßs« der Verfassungsänderung. Ich glaube, die Auffassung wird richtig sein, daß die Vorlage den Weg nicht gewählt hat, bezüglich des Münzhoheitsrechts einen Ge⸗ danken entschieden durchzuführen. Sie suchte zweierlei zu vereinigen, zu versöhnen, was man als Gegensätze gegenüberstellen, was man meiner Ansicht nach aber auch versöhnen kann, und von diesem Standpunkte, vom Standpunkte des Kompromisses aus moͤchte ich wünschen, daß die Vorlage beurtheilt würde. Die Frage der Ver⸗ fassungsänderung möchte ich nicht in den Vordergrund stellen, jeden⸗ falls so lange nicht, als von Ihrer unbefangenen sachlichen Prüͤfung der Vorlage unz von Ihrer politischen Beurtheilung der vor⸗ handenen Zustände und Verhältnisse und diese Hoffnung habe ich immer gehabt und habe sie auch jetzt die Zustimmung zu §. 5 erwartet werden darf. Nur kann ich nicht unerwähnt lassen, daß das, was bis jetzt von Seiten der Gegner gegen die Annahme einer Verfassungsänderung angeführt ist, mich nicht überzeugt hat. Das Argument schon gar nicht, daß die Territorialherren bisher das Recht nicht gehabt haben, ihr Bildniß auf Reichsmünzen prägen zu lassen, aber auch das Argument nicht, welches, allerdings noch ohne weitere Ausführung, bei der ersten Lesung geltend gemacht und auch heulte vom Herrn Antragsteller wiederholt wurde, das Argu⸗ Bestandtheil des Münzsystems sei. weit kommen, man fkoͤnnte z. B. unter das Strafrechtsystem auch das Begnadigungsrecht bringen. Mir scheint, die Reichsverfassung ist bezüglich des Postregals doch anders zu Werke gegongen. Auch das Postwesen hat sie in Art. 4 der Gesezgebung und Oberaufficht des Nelchs peengfah nicgtiagen, daß das Post⸗ und Telegraphenwesen als einheitliche Staatsverkehrs⸗ Anstalten für das ganze Gebiet des Reiches eingerichtet und verwaltet werden sollen. Gesetzgebung und Oberaufsichtsrecht auf der einen Seite, Verwaltung und Betrieb auf der anderen Seite sind doch nicht iden⸗ isch. Dech, meine Herren, dies nur beiläufig. Ich will meinerseits nicht dazu beitragen, daß jetzt ein Streit über Verfassungsänderunz größere Dimensionen annimmt. Ich möchte Sie aber fragen: was, meine Herren, sollte Sie nöthigen, das Bildniß der Landesherren von den deutschen Münzen verschwinden zu machen? Die Rücksicht, welche der Herr Antragsteller bei der ersten Lesung geltend gemacht hat, die Rücksicht auf das, was in 2.- oder 300 Jahren ein Münzensammter sagen wird, die wird, denke ich, nicht entscheidend sein. Für mich wenigstens ist das, was Jemand sagen wird, der 2. bis 300 Jahre jünger ist als ich, noch in so weiter Ferne, daß es mich nicht bestimmt. Der Münzlammler in zwei. bis dreihundert Jahren, der koͤnnte übri⸗ gens unter Umständen noch ganz andere Dinge, als der Herr An⸗ tragsteller glaubt, als zu dem überwundenen Standpunkte gehörig, ansehen, und wenn, woran noch nicht verzweifelt werden darf, der Münzsammler ein billig denkender Mann sein wird, so wird er sagen: Je nun, diese Reichsmünze, mit dem Reichswappen auf der einen Seite und dem Bildniß des Landeshärrn auf der andern Seite, ent⸗ spricht aber doch ganz der Verfassung, die Deutschland vor 2 300 Jahren hatte; denn Deutschland war damals keine einheitliche Mon⸗ archie, sondern ein Bundesstaat, und seine Ver fassung enthielt die Be⸗ stimmung: Das Präsidium des Bundes steht dem König von Preußen zu, welcher den Namen »Deutscher Kaiser« führt. Die Hoffnung, welche der Herr Antragsteller weiter geltend machte, daß die Goldmünzen mit dem Bildnisse des Kaisers »in jede deutsche Hütte« würden ge⸗ tragen werden, hat viel Ansprechendes, aber ich fürchte zu einer buch⸗ stäblichen Erfüllung ist sie auch nicht geeignet. Und wenn endlich der achtungswerthe Herr Antragsteller Aeußerungen warmen National⸗ gefühls uns vorgeführt hat, so glaube ich, daß diese Aeußerungen in dieser Frage ein Ausschlag gebendes Moment nicht sein werden. Der Herr Antragsteller hat gesagt, an den Münzzeichen werde Geschichte studirt; es wurde von ihm hingewiesen auf die großen Erfolge unserer großen Zeiten. Nun, meine Herren, diese großen Erfolge waren denn doch wesentlich kriegerischer Natur und ich wüßte nicht, daß die mili⸗ tärischen Erfolge beeinträchtigt worden waͤren dadurch, daß deutsche Truppen unter ihren eigenen Fahnen und Feldz ichen gekaämpft haben. Ich glaube nicht, daß die siegreichen Fahnen, wesche das deutsche Herr aus dem letzten Feldzuge in die Heimath zurückgetragen hat, in ein paar huͤndert Jahren deshalb weniger werden verehrt wer⸗ den, weil sie die Land’szeichen tragen, wobei ich nicht sagen will, daß ich etwas dagegen einzuwenden hätte, wenn sie auch die Reichszeichen trügen. So, meine Herren, läßt sich neben ein achtungswerthes Gefühl auch ein anderes setzen, und wenn sachliche, von dem Wesen der Münzreform, das Loch mit der Aus⸗ abe von Denkmünzen nicht identifizirt werden kann, hergenommene

Gründe bis jetzt nicht angeführt sind, so möͤchte ich die Sache so auffassen: Es wird erklärlich und begreiflich gefunden werden auch ohne daß ich in das Einzelne eingehe daß wir einen entschiedenen Werth darauf zu legen haben, das Bildniß des Landesherrn auf der deutschen Münze nicht zu verlieren. Andererseits wird das Bildniß des Kaisers und Köͤnigs auf so vielen Münzen des größten deutschen Staates geänzen und es wird vor Allem jedem deutschen Herzen so unauslöschlich eingeprägt sein und bleiben, daß ich es beinahe klein finden möchte, einen Gewinn darin erblicken zu wollen, daß man es auf allen deutschen Münzen findet. Deshalb vertraue ich darauf, daß aus dieser Münzgeprägefrage ein Mißton nicht hervorgehe; ich bitte, lassen Sie es bewenden bei dem, worüber die Regierungen sich per⸗ ständigt haben, und sprechen Sie sich dafür schon bei der zweiten

Lesung aus. der Reichskanzler Fürst v. Bis marck

Hierauf das Wort:

Ich hoffe, meine Herren, daß die beredten Worte meines Würt⸗ tembergischen Herrn Kollegen Sie überzeugt haben, daß es nicht nütz· lich ist, den Antrag des Herrn Grafen von Münster anzunehmen, und daß wenig Vortheile dabei für das Reich erwachsen würden, wenn wir in dieser Beziehung das Kompromiß, welches zwischen den Regierungen stattgefunden hat, wieder aufheben. Wenn ich dennoch das Wort ergreife, so geschieht es, um bei dieser Gelegenheit den Un⸗ lerschied noch einmal hervorzuheben der Situation, in der Sie und in der wir arbeiten. Wenn Einer von Ihnen, meine Herrer, eine Ueberzeugung hat, sei sie auch mehr theoretischer als praktischer Be⸗ deutung, wie diese, der Graf Münster Ausdruck gegeben hat, so hält nichts ihn ab, aufzutreten und dieser Ueberzeugung in Gestalt eines Antrags praktische Geltung zu geben; die Folgen davon, wie viel sorg⸗ fältig gesponnene Fäden dadurch zecreißen, sind ihm vollkommen gleichgiltig, und wenn er darauf aufmerksam gemacht wird von dieser Stelle, so ist er berechtigt, zu antworten: das geht mich nichts an, ich rede nach meiner Ueberzeugung. Nun, meine Herren, ich habe auch persönliche Ueberzeugungen und muß ihnen sehr häufig Gewalt an⸗ thun, und wenn ich es nicht thäte, so würden wir in Frieden nicht so weit gekommen sein, wie wir gekommen sind. Wir Leute der Regie⸗ rung haben nicht das Recht, beliebig nach unserer Ueberzeugung zu verfahren, sondern wir müssen uns die Wirkungen rergegenwärtigen, die die ausgesprochene Ueberzeugung auf die politischen Dinge hat. Daß das System, nach dem wire verfahren sind, nicht ganz ohne Er⸗ folg gewesen ist, wird Ihnen klar werden, wenn Sie sich vergegen⸗ wärtigen, wo wir noch heute vor einem Jahr mit unsern Einheits⸗ bestrebungen waren. Wäre ich immer nach meiner persönlichen Ueberzeugung gegangen, so würden wir vielleicht noch da stehen, wo wir vor einem Jahre standen. Ich habe mancher meiner Ueber⸗

eugungen nicht Ausdruck gegeben, und so haben wir erreicht, was zeug . icht A Die Lagape haben wir uns auch im Bundee⸗

rath gestellt, nicht durch theoretische Verfassungsfragen die Nachgiebig⸗ keit, die der Eine gegen die Ueberzeugung lescafreg n hat 1e 8 Deutschland nie so sehr groß ist, auf die Probe zu stellen. Wenn die übrigen Bundesregierungen erleben, daß die preußische Regierung, nachdem man wochenlang verhandelt und nach sorgfältiger und schwie⸗ riger Arbeit ein Kompromiß zu Stande gebracht hat, von ihrem Antheile an diesem Kompromiß, von ihrer Zusage durch das Reichs⸗

nahm

Vertrauen des Bundesraths, dessen ich im Schoße des Bundesrat

bedarf, um Kompromisse der Art zu Stande zu bringen. 69 muß daher gestchen, daß ich außer Stande sein würde, Sache an den Bund esrath zurückkäme, den übrigen

zur Sprache kommt. Wenn es sich um Interessen des Reichs andelt durch die seine Einheit, seine Festigkeit, sein Vortheil wecs

nicht abhalten, bei unserer Abstimmung das Recht und die Majori die wir etwa im Bundesrathe haben, so weit zu ] die Verfassung uns erlaubt, auch wenn die Grenze zweifelhaft ist,

politisch in hohem Grade verstimmenden Druck auf die Bundesgenoss⸗

auszuüben, dafür hat uns Gott die Macht, die Seen in Peaassen land angewiesen ist, nicht gegeben. Giebt es ein stärkeres Be⸗ kenntniß der deutschen Fürsten zum Reiche als in der Praͤ⸗ gung der Münzen, wie sie vorgeschlagen ist? jestät der König von Bayern auf der 8“ Lhe 16 das Kaiserliche kann er offenkund'ger und nachhaltiger bekennen, i zän

ich gg- 198 F1 Reiches Faltig elcher Vortheil ist dagegen in Anschlag zu bringen, daß wi ein berechtigtes Selbstgefühl, durch 100jährige Fradittöneeh dg gvir verstimmen und den Einflüsterungen und Ueberredungen derjenigen Nahrung geben, die an die Zentrifugalinstinkte zu appelliren Neigung haben? Es ist mir als Reichskanzler in teiner Weise gleichgultig, wie die verbündeten Monarchen, und namentlich die mächtigeren unter ihnen, persönlich gestimn t sind, und wem dieses gleich ist, der ist ein Theoretiker; ich muß mit diesen Stimmungen sehr sorgfältig rechnen, sie fallen sehr schwer ins Gewicht, und Sie würden meine Aufgobe außerordenttsch erschweren, wenn Sie sie mir dahin stellen wollten, im Bundesrathe für die et vaige Annahme des An⸗ trages des Grafen Münster thätig zu sein. Ich habe schon befür⸗ wortet, daß ich das nicht könnte, und glaube iich nicht an die Mög⸗ lichkeit dieses Antrages im Bundeeratbe ahne politische Nachtheile, die viel schwerer wiegen, als die Vortheile 88. Antrags. Wenn eine Goldmünze, auf der steht: Wilhelm, Deu scher Kaiser, König von

Preußen, in die Huütten außerhalb Preußens wirklich eindringt 2 a. 5 8 8 0 hängt der Eindruck, den das macht, von der Stimmurn defeg ga

tagsvotum sich entbinden läßt, dann, meine Herren, verliere ich das

8 wenn die Regierungen nicht Wort zu halten, und das Vertrauen auf das künftige Verhallen Preußens wiegt meines Erachtens schwerer, als die Frage, welche hier

sind, dann, meine Herren, habe ich ja auch gezeigt, daß die partikula- ristischen Bedenken unserer Bundesgenossen mich unter Uenganden

oder von anderer Seite bestritten wird. In dieser Frage aber einen

Wenn Se. Ma⸗ einen Seite sein Bildniß Reichswappen,

der die Hütte gerade bewohnt. Es giebt weite Bezirke, in denen man

sagen wird: da seht den, der unseren Fürsten mediatistren will und wie er mit ihm umgegangen ist, daß hier preußische Münzen wider seinen Willen und wider seine Stimme im Reiche ihm aufgezwungen werden. Und ich kann dem Herrn Grafen Münster nicht verhehlen, daß nach allen scwierigen Vereinbarungen, wie ich seinen Antrag hier gehört, mein Gefühl, ich hosse, nicht so ganz ohnmͤchtig, wie das des Archimedes war, zu sagen: Noli turbare circulos meos!

Dem Rieichstage sind folgende Gesetz⸗Entwürfe vor⸗

gelegt worden: Gesetz über die Einführung des Norddeutschen Bundes⸗ gesetzes, betreffend die Verpflichtung zum Kriegsdienste vom 9. November 1867, in Bayern. Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen ꝛc. verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach erfolgter Zustim⸗ mung des Bundesrathes und des Reichstages, was folgt:

§. 1. Das Gesetz des Norddeutschen Bundes, betreffend die Ver⸗ pflichtung zum Kriegsdienste, vom 9. Norember 1867, tritt im Koͤnig⸗ reich Bayern, vorbehaltlich der in dem Vertrage d d. Versailles, den 23. November 1870, Ziffer III §. 5 Nr. III. Sr. Majestät dem König von Bayern zustehenden Rechte, am 1. Januar 1872 als Reichsgesetz n Kraft. 8 8 Durch gegenwärtiges Gesetz werden die Vorschriften nicht berührt, welche im Artikel 22, 33, Abs. 1, 34, 82, 83, Absatz 1— 2, und 89 des bayerischen Gesetzes, betreffend die Wehrverfassung, vom 30. Januar 1868, enthalten sind.

§. 3. Mit dem 1. Januar 1872 tritt das bayerische Gesetz, be⸗ treffend das Wehrgeld, vom 29. April 1869, außer Wirksamkeit. UMrkundlich ꝛc. Gegeben ꝛc. . Motive. 1

In Bayern war die Wehrpflicht schon vor Einführung der Reichs⸗ verfassung in einer, den Bestimmungen der Art. 57 und 59 dieser Verfassung entsprechenden Weise durch das Wehrverfassungsgesetz vom 30. Januar 1868 geregelt. Der vorliegende, von der Königlich Baye⸗ rischen Regierung vorgeschlagene Gesetzentwurf hat den Zweck, durch Einführung des Gesetzes des Norddeutschen Bundes, betreffend die Verpflichtung zum Kriegsdienste, vom 9. November 1867 in Bayern, die im Wesentlichen bereits vorhandene materielle Uebereinstimmung vollständig und formell zum Ausdruck zu bringen. Indem der 1. Ja⸗ nuar k. J. als Einführungs⸗Termin gewählt wurde, ist es als selbst⸗ verständlich erachtet, daß bei den Aushebungs⸗Verhandlungen für das Jahr 1872, wozu die Vorbereitungen schon im November 1871 zu beginnen haben, noch nach den bisherigen Normen verfahren werde, insoweit nicht durch das Kriegsdienstgesetz einzelne Aenderungen sofort veranlaßt erscheinen.

In §. 1 des Entwurfes wurden jene Rechte vorbehalten, welche nach dem Bündnißvertrage d. d. Versailles, den 23. November 1870, Ziffer III. §. 5 Nr. III. und der Schlußbestimmung zum XlI. Abschnitt der Reichsverfassung vom 16. April 1871 in Bezug auf das bayerische Heer Sr. Majestät dem Könige von Bayern zust’hen.

Die Vorschriften des Kriegsdienstgesetzes, welche sich auf die Marine (Flotte und Seewehr) beziehen, finden zwar auf Bayern that⸗ sächlich keine Anwendung; zur Aufnahme einer hierauf bezüglichen Modifikation im Gesetzentwurfe war jedoch keine Veranlassung ge⸗

eben 8 Zu §. 2 ist vor Allem zu bemerken, daß eine ausdrückliche Auf⸗ hebung des bayerischen Wehrverfassungsgesetzes vom 30. Januar 1868 mit Rücksicht auf die Bestimmungen im Artikel 2 der Reichsverfassung nicht für nöthig erachtet wurde; es wird vielmehr als sich von selbst verstehend angesehen, daß mit Einführung des Norddeutschen Kriegs⸗ dienstgesetzes alle Bestimmungen des Bayerischen Wehrverfassungs⸗ gesttzes, insoweit sie sich auf die Verpflichtung zum Militärdienst, auf das Aushebungs⸗ und Ersatzverfahren beziehen, außer Wirksamkeit treten. Dagegen sind in dem Bayerischen Wehrverfassungsgesetze Vor⸗ schriften fuͤr einige Verhältnisse enthalten, welche im Norddeutschen Kriegsdienstgesetze nicht berübrt sind und welche beim vollständigen Wegfall des ersten Gesetzes durch Spezialgesetze neu geregelt werden müßten. Es betreffen diese Vorschriften die Verpflichtung von Ge⸗ meinden zu Beschaffung von Kanzleien, Magazinen und Schießplätzen für die Landwehr, dann Unterstützung für bedürftige Familien ver· heiratheter Reservisten und Landwehrmänner bei eintretender Mobil⸗ machung, ferner Ansprüche von Unteroffizieren und Gendarmen auf Anstellung im fubalternen Civildienste, einige Tax⸗ und Stempel⸗ normen, endlich die Verwendung der aus dem älteren Heer.⸗ Ergänzungssysteme zur Zeit noch vorhandenen Einstandskapitalien in Desertions⸗ und Unwürdigkeitsfäller. Sowohl um Lücken in der Gesetz⸗ gebung zu vermeiden, als mit Rücksicht auf die theilweise transitorische Natur der fragichen Bestimmungen, ist daher vorgeschlagen, diese im § 3 des Geseß⸗Entwurfes bezeichneten Vorschriften, von denen ein Abdruck hier b. igefügt ist, vorläufig aufrecht zu erhalten.

Was insbesondere jene in Art 82 und 83 Absatz 1 und 2 des bayerischen Wehrverfassungsgesetzes betrifft, so hängen dieselben mit dem Systeme der zur Zeit geltenden Bayerischen Tax⸗ und Stempel⸗ gesetze zusammen. Alle auf die Aushebung bezüglichen Verhandlungen, sowie die hierzu nöthigen Zeugnisse sind frei von Tax, Stempel⸗ und sonstigen Gebühren, wogegen für die Entlassungsscheine der Waffen⸗ unwürdigen und für die Freischeine der nicht zur wirklichen Einreihung gelangenden Untauglichen, eine Stempelgebühr von je 10 Fl, Fälle nachgewiesener Mittellosigkett ausgenommen, erhoben wird. Die Ent⸗ richtung einer derartigen cinmaligen Gebühr für Entlassungs⸗ oder Ausmusterungs⸗Uikunden, welche Waffendienstuntaugliche und Unwürdige auch in der Folge erhalten werden, kann nicht

Reichsverfassung aufgefaßt werden, weil es sich hierbei weder um fordauernde Leistungen, noch um Anforderungen an gewisse Stände, sondern um eine Gebühr auf bestimmte Ausfertigungen für zahlungs⸗ fähige Wehrpflichtige handelt. Demnach werden auf die Dauer des Bestehens der gegenwärtigen hayerischen Tax⸗ und Stempelgesetz⸗ gebung zwar für Zeugnisse und Aushebungsverhandlungen keine Tax⸗ und Stempelgebühren zu erheben, dagegen aguch in der Folge den dienstuntauglichen und unwürdigen Wehrpflichtigen Eallassungs⸗ Urkunden mit dem gesetzlichen 10 SlI⸗Stem pel auszufertigen sein. G In §. 3 ist die gleichzeitige ausdrückliche Arfhebung des bayeri⸗ schen Wehrgeldgesetzes vom 29. April 1869 vorgeschlagen, welches in Ausführung des Art. 83, Absatz 3 des Wehrverfassungsgesetze erlassen worden ist, und den nicht in die altive Armee eingereihten Wehr pflichtigen einen für die gesetzliche Dienstzeit laufenden Jahresbeitrag zur Staatskasse behufs Vermwendung für reengirte Unteroffizierre un Gensd'armen, sohin vorzugsweise zu Militärausgaben auferlegt hat. Die Erhebung eines solchen fortlaufenden Beitrages erscheint mit den Bestimmungen über die Deckung des Militäraufwandes nicht mehr vereinbar, und es wurde deshalb, um hicrüber jeden Zweifel auszu⸗ schließen, eine hierauf bezügliche Bestimmung in den Gesetzentwurf aufgenommen. 1b Gesetz, betreffend die Einführung des Gesetzes des Nord deutschen Bundes vom 25. Juni 1868 in Baden. 1 Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen ꝛc., verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach Eegig Zustimmung des Bundesrathes und des Reichstages, was olgt: Das Gesetz des Norddeutschen Bundes, betreffend die Quartier⸗ leistung für die bewaffnete Macht während des Friedenszustandes vom 25. Juni 1868, tritt als Reichsgesetz im Grofherzogthum Baden vom Tage der Wirksamkeit des gegenwärtigen Gesetzes an in Kraft. Die für Quartierleistung zu gewaͤhrende Entschädigung 3 des Gesetzes vom 25. Juni 1868) wird bis auf Weiteres durch die an⸗ liegende Klasseneintheilung der Badischen Orte bestimmt. Urkundlich ꝛc. Gegeben ꝛc. ““

Dem Reichstag ist ein Nachtragsetat der Reichs⸗Mili⸗ 8 tärverwaltung für 1871, betreffend den Ausgabebedarf für das Großherzoglich badische Kontingent für das 2. Semester 1871 vorgelegt worden. Der Etat weist 1,558,650 Thlr. de und 60,000 Thlr. einmalige, zusammen 1,618,650 Thlr.

usgaben nach. Eine demselben beigefügte Denkschrift lautet: 1 Nach der, zwischen Preußen und Baden unterm 25. November 1870 abgeschlossenen Militärkonvention wird das Großherzoglich badische Kontingent in analoger Weise, wie dies bereits bei verschiedenen nord- deutschen Bundesstaaten der Fall ist, unmittelbarer Bestandtheil des deutschen resp. des preußischen Heeres, in der Art, daß Se. Majestät der König von Preußen alle Rechte und Pflichten des Kontingents und Kriegsherrn, einschließlich der Fürsorge für die Festung Rastatt unter Vorbehalt der badischen Territorialhoheit übernimmt, wogegen das Großherzogthum Baden die, dasselbe jeweilig treffende Summe für das Landheer des Reichs der Königlich preußischen Kriege verwal⸗ tung, für Rechnung des Reichs, zu freier Verfügung überläße

Die aus der verfassungsmäßigen Friedens⸗Präsenzs äcke des Reichshreres auf die badische Bevölkerung entfallende Kopfzab!l beträgt 14,388 Mann und ist in den bisher badischen Formationen, bestehend in 1 Divisionsstabe, 3 Infanterie⸗Brigadestäben, 1 Kavallerie⸗⸗Brigade⸗ stabe, 1 Artillerie⸗Brigadestabe, 6 Infanterice⸗Regimentern, 3 Kavallerie⸗ Regimentern, 1 Feld⸗Artilleric⸗Regiment in 3 Abt eilungen mit über⸗ haupt 9 Fuß⸗Batterien und I reitenden Batterie, 1 Festungs⸗Artillerie⸗ Abtheilung mit 4 Compagnien, 1 Pionier⸗Bataillon, 1 Train⸗Bataillon und 10 Landwehr⸗Bataillonsstäben enthalten.

Aus diesen Truppen ig’, unter Hinzutritt von 2 preußischen In⸗ fanteric⸗Regimentern und 1 preußischem Kavpallerie⸗Regiment, ein neues Armee⸗Corps (das XIV.), mit einem General⸗Kommando (in Karlsrube), zwei Divisionen, 4 Infanterie⸗-, 2 Kavallerie⸗Brigaden und 1 Artillerie⸗Brigade gebildet: Zu diesem Corps gehören, außer den vorgenaanten Truppentheilen und einer Unteroffizierschule (in Ettlingen), das Gouvernement in Rastatt, die Kommandanturen in Karlsrube und Rastatt; das Personal an Artillerie-⸗, Ingenieur⸗ und Zeug.⸗Offizieren für die Festungoͤbehörden und Artellerie⸗Depots, an Auditeuren und Geistlichen; eine Co ps⸗ und zwei Divinons⸗Inten- danturen, ein Train⸗Depot und die Magazin⸗, Garnison⸗ und Laza- reth⸗-Verwaltungen in den Garnisonen. 1

Der konventiensmäaäßig der preußischen Militärverwaltung zum Unterhalt des badischen Kontingents zur Verfügung zu stellende ver⸗- fassungsmäßige Militärbeitrag beziffert sich für das 2. Semester 1871 für 14,388 Mann à 112 ¾ Thlr. auf 1,618,650 Thlr. 8

Diese Summe ist nach Maßgabe des Bedarfs für die bisherigen badischen Formationen und de reu erricht ten Stäbe und Admini⸗ strationen des Corps re p. unter Zugrundelegung der betreffenden Einheitssätze des preußischen Militärctats für 1871, auf die einzelnen Ausgabetitel repartirt, wie dies der betreffende Nachtrag ergiebt, dessen Ausgabesumme von 1,618,650 Thlrn, mit den einzelnen Titelbeirägen, dem Etat der preußischen Militärverwaltung für 1871 hinzutritt.

Die Aufstellung von Spezialetats, welche das Detail der einzelnen Ausgabetitel näher ergeben, ist für jetzt nicht angängig g. wesen, weil

sich das Greßherzeglich badische Kon ingent noech in der Periode der Ueberführung in die neuen Formationen und in die preußieche Verwat⸗ tung und deren Normen befindet und diese Uebergangsverhaltnisse die Aufstellung und Anwendung fester Etats nach den Spezialobjekte nicht angängig machen.

Die dritte Abtheilung hat über die amtlihe Untersuchung wegen Gesetzesüberschreitungen bei der Wahl im vierten Oppelner Wahlkreise, sowie über zwei hierauf bezügliche Pelitionen Berich

als eine Prägravation ein elner Klassen im Sinne des Art. 58 der