1871 / 175 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 21 Nov 1871 18:00:01 GMT) scan diff

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Die Eichungsgebühr eines eisernen Gewichtes von 50 Kilogramm beträgt in Bayern 9 Kreuzer, also etwa 2 ¼ Sgr., im übrigen Reiche beträgt sie 7 Sgr., also eine Differenz von 4 ½⅞ Sgr. Für ein Gewicht von Eisen von 50 Pfund beträgt in Bayern die Eichungsgebühr 5 Kreuzer, also ungefähr 1 ¾ oder 1 ¾⅞ Sgr., im übrigen Deutschland 4 Sgr. also Differenz 2 Sgr. und etwas. Ich glaube, diese Differenzen sind in der That so erheblich, daß sie dem uͤbrigen Deutschland gegenuͤber eine Einfuhrprämie der in Bayern fabrizirten und geeichten Gewichte darstellen wuͤrden. Ich wiederhole nochmals: ich bin weit entfernt, den Uebergang in Bayern geeichter Maße und Gewichte nach dem übrigen Deutschland erschweren zu wollen; er ist auch in der That nicht erschwert. Denn, wie schon vorhin bemerkt worden ist, im Großhandel können alle diese Gewichte und Maße nach dem übrigen Deutschland bezogen werden, und der Händler in Norddeutschland hat sie hier eichen und stempeln zu lassen. Ich muß aber auf der anderen Seite, weil ich die freie Konkurrenz vertrete, auch wirklich darauf halten, daß die Konkurrenz

frei ist.

In der Diskussion über den Gesetzentwurf, be⸗ treffend den Geldbedarf für die Reichseisenbahnen in Elsaß⸗Lothringen, erwiderte der Staats⸗ Minister Delbrück dem Abg. v. Benda:

Meine Herren! In Beziehung auf die erste Frage des Herrn Vorredners habe ich zu bemerken, daß die hier in Rede stehenden Betriebsmittel angeschafft sind aus Kriegsfonds des vormaligen Nord⸗ deutschen Bundes, mit anderen Worten: aus der für die Kriegführung auf⸗

enommenen Anleihe. Diesen Fonds wird der Betrag, um den es ch hier handelt, wieder aus der Kontribution zugeführt, und damit die Rechnung erledigt.

Was den zweiten Punkt anlangt, so ist durchaus nicht zu er⸗ kennen, daß es für den Eisenbahnverkehr in Elsaß⸗Lothringen keines⸗ wegs allein darauf ankommt, die jetzt vorhandenen Eisenbahnen mit den nöthigen Betriebsmitteln zu versehen, sondern daß die Sorge der Verwaltung darauf gerichtet sein muß, das im Elsaß vorhandene Eisenbahnnetz, und zwar nach mehr als einer Richtung hin, zu er⸗ gänzen und zu erweitern. bereits angeordnet, und ich werde, wie ich bestimmt voraussetze, im Anfang des nächsten Jahres in der Lage sein, bezügliche Anträge beim Bundesrath einzubringen.

In der Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Einführung des norddeutschen Bundesgesetzes über die Ver⸗ pflichtung zum Kriegsdienst vom 9. November 1867 in Bayern, erklärte der Staats⸗Minister Graf v. Roon nach dem Abg. Dr. Dove:

Der Herr Vorredner hat eine Antwort von mir verlangt, ohne eigentlich eine Frage zu stellen. Ich entnehme jedoch seinem Antrage mit Vergnügen, daß er den Gedanken hat, es sei für die Theologen beider Konfessionen pädagogisch nicht ohne Werth, wenn sie ihren ge⸗ setzlichen Verpflichtungen in der Armee genügen. Ich bin mit ihm vollkommen einverstanden, und meines Wissens ist eine Befretung der Theologen gegen das Gesetz in keiner Weise beabsichtigt. Ich kann also auch nur annehmen, daß die jungen Theologen der Vortheile theilhaftig werden, die ihnen der Herr Vorredner vindiziren möchte, und weiter weiß ich in der Sache nichts zu antworten, weil ein be⸗

stimmter Antrag an mich nicht gerichtet worden ist.

Nach dem Abg. v. Mallinckrodt fügte der Staats⸗Minister

Graf v. Roon hinzu:

Ich habe nicht die Absicht, die Angelegenheit hier ab ovo zu ver⸗ handeln, ich kann nur wiederholen, daß trotz meiner Ansicht, daß die Erfüllung der Militärdienstpflicht den jungen Theologen sehr heilsam und nützlich ist, keineswegs die Absicht vorliegt, an den gesetzlichen Bestimm ungen irgend etwas zu ändern, soviel ich weiß.

Auf eine Replik desselben Abgeordneten erwiderte Staats⸗Minister Graf v. Roon:

Ich kann auch darauf nur antworten, daß ich von einer Aende⸗ rung der bisher gehandhabten Intentionen nichts weiß. Die Bestim⸗ mungen, welche erlassen worden sind zu Gunsten junger Theologen beider Konfessionen, und um deswegen erlassen worden sind, weil es an jungen Geistlichen fehlte, um die kirchlichen Funktionen überall zu verrichten, diese Bestimmungen sind, so viel ich mich erinnere, modi⸗ fizirt worden. Wie, das kann ich in diesem Augenblicke nicht sagen. Wenn der Herr Abgeordnete eine bestimmte Interpellation an die Re⸗ gierung richten will, so werde ich ihm so deutliche und bestimmte Aus⸗ kunft geben, als er irgend verlangen kann. Da dies aber nicht ge⸗ schehen ist, so hat die Unbestimmtheit der Antwort jedenfalls nur ihre Ursache in der Unbestimmtheit der Frage. 8—

Nach dem Abg. Greil nahm der Staats⸗Minister v. Lutz das Wort:

Meine Herren! Der Herr Vorredner hat es beklagt, daß der Ent⸗ wurf, über den Sie zu berathen im Begriffe sind, nicht früher in das Haus gebracht ist. Ich habe dem gegenüber zu bemerken, daß der Gesetzentwurf von Seiten der bayerischen Regierung nicht etwa in einer absichtlichen Weise verspätet dem Bundesrathe vorgelegt wurde, sondern zu einer Zeit, welche noch immerhin als eine der Sachlage vollständig entsprechende bezeichnet werden kann. Die Vorlage ist zu Ende des Monats Oktober erfolgt, und es sind in der That ganz andere Gründe gewesen, welche die Einbringung des Gesetzes in diesem Hause nicht früher möglich gemacht haben als etwa die Absicht, eine Ueberrumpelung des Hauses zu versuchen.

Was im Uebrigen die Sache selbst betrifft, so legt der Herr Abg. Greil die Bestimmung in Ziff. 5 des Schlußproto⸗ kolls, woselbst bestimmt ist, daß diejenigen Vorschriften der Verfassung, durch welche bestimmte Rechte der einzelnen Bundes⸗ staaten im Verhältniß zur Gesammtheit festgestellt sind, insbesondere,

der

Die deshalb nöthigen Vorarbeiten sind

was Bayern angeht, die unter Ziffer 3 dieses Vertrages aufgeführten Bestimmungen, nur mit Zustimmung des berechtigten Bundesstaates abgeändert werden koͤnnen, der Hr. Abg. Greil legt sich diese Be⸗ stimmung dahin aus, daß unter ker Zustimmung des betreffenden Staats die Zustimmung der sämmtlichen gesetzgebenden Faktoren des⸗ selben gemeint sei, daß also zum Verzichte auf eine Besonderheit die Zustimmung Sr. Majestät des Königs nicht allein, nicht allein die Zustimmung der betreffenden Regierung, sondern auch eine Zustim⸗ mung der Volksvertretung erforderlich sei. Nun, meine Herren, dem gegenüber habe ich zu erklären, daß die baye ische Regierung diese Auffassung nicht hat, und ich meines Orts, ich bin berechtigt, dies auszusprechen, nachdem ich bei Abfassung der Verträge einigermaßen betheiligt gewesen, ich kann noch beifügen, daß es auch niemals die Absicht des Kontrahenten gewesen ist, den betreffenden Bestimmungen eine solche Bedeutung unterzulegen Hier beim Bunde wird der Staat Bayern vertreten durch diejenigen Mitglieder des Bundesraths, die Se. Majestät der König dahin avordnet, und ich kann nicht annehmen,

daß der Reichstag iraendwelche Ursache haäͤtte, weiter zurückzugehen und

nach den Quellen und nach dem Modus zu fragen, aus welchen für die Mitglieder des Bundesraths ihre Vollmachten entsprossen sind. Ich erachte deshalb, daß der Reichetig berechtigt wäre, einen Verzicht auf ein besonderes Recht Bayerns dann als rite abgegeben zu be⸗ trachten, wenn nur die Mitalieder des Bundesraths, die von Bayern abgeordnet sind, zu diesem Verzichte sich bekennen.

Ich könnte mir auch gar keige Form denken, in welcher irgend eine andere Auffassung, insbesondere die Auffassung des Herrn Abg. Greil praktisch durchgeführt werden könnte; von dem Verkehr zwischen dem Reichstag und den ernzelnen Landtagen, der hierzu nöthig wäre, vermag ich mir meinerseits ein Bild absolut nicht zu machen.

Der Herr Abgeordnete hat es beklagt, daß man, obwohl der bayerische Landtag kürzlich versammelt gewesen, dennoch demselben eine Vorlage wegen des Wehrgesetzes nicht gemacht habe. Nun, ich denke, aus den bisherigen Erklärungen geht der Grund hierfür deut⸗ lich genug hervor. Wir haben keine Vorlage gemacht, weil wir der Meinung sind, daß wir weder die Pflicht noch das Recht haben, in dieser Frage ein Votum des bayerischen Läͤndtages zu provociren. Ich will damit nicht aussprechen, daß wir, wie der Abg. Greil ge⸗ meint hat, ein absolutes Regiment zu führen berechtigt wären, nein, die Herren werden im Stande sein, die konstitutionellen Mittel, die ihnen in die Hand gegeben sind, geltend zu machen, wenn sie mit unserm Verhalten in diesem Hause nicht einverstanden sind.

Ein Mißtrauensvotum der Regierung zu ertheilen aus dem Grunde, weil sie die Rechte der Abstimmung in diesem Hause nicht im Sinne der Majorität des bayerischen Landtages gebraucht habe, steht jener Majorität natürlich frei.

Allein ich kann auch noch ein Weiteres nicht zugeben, was der Herr Abgeordnete, der vor mir gesprochen, bebauptet hat: das ist nämlich die Behauplung, daß die eben verlesene Ziffer 5 des Schluß⸗ protokolls auf den heute vorliegenden Gesetzentwurf Anwendung findet.

Ich behaupte, dies ist nict der Fall; wir werden durch die Ueber⸗ nahme des Kriegsdienstgesetzes an der Verfassung nichts ändern und ein Bayern vorbehaltenes Separatrecht nicht aufgeben. Die Stelle, die der Herr Abg. Greil verlesen hat, bedarf nur der richtigen Inter⸗ pretation, um die Begründung des eben Ausgesprochenen darzuthun. Es heißt allerdings in dem betreffenden Abs. III. §. 5 Ziffer 1 des Vertrages, daß Bayern vorerst seine Militärgesetzgebung beibehalte; insofern liegt allerdings ein besonderes Recht vor, es steht aber zu⸗ gleich dabei, daß es dieses besondere Recht nur so lange behält, bis eine verfassungsmäßige Beschlußfassung über die der Bundesgesetz⸗ gebung anheimfallende Materie erfolgt. Nun ist gar kein Zweifel: die Materie des Kriegsdienstgesetzes fällt der Legislative des Reichs an⸗

heim, und wenn Sie, wie proponirt ist, heute beschließen, daß dieses

Kriegsdienstgesetz, wie es früher für den Norddeutschen Bund gegeben worden ist, in Bayern Geltung verlangen solle, so ist denn auch die verfassungsmäßige Beschlußfassung über eine der Bundeslegislativpe anheimfallende Materie vorhanden, mit welcher das besondere Recht Bayerns auf Beibehaltung des betreffenden Theiles seiner Militär⸗ gesezgebung erlischt. Wir sind also obenein auch aus diesem Grunde mit Ziffer 5 des Schlußprotokolls in gar keinem Widerstreit, wenn wir unsererseits den Antrag beim Bundesrath eingebracht haben, das Kriegsdienstgesetz auch auf Bayern auszudehnen.

Der Staats⸗Minister v. Mittnacht erklärte nach dem Abg. Lasker: Es ist mir gesagt, daß der Hr. Abg. Lasker ich selbst war ab⸗

wesend heute sich dahin ausgesprochen, es habe ein württembergi⸗

scher Minister in der wuͤrttembergischen Ständeversammlung geäußert, daß nach seiner Ansicht, unter »Zustimmung des berechtigten Bundes⸗ staates« Art. 78 der Verfassung, die Zustimmung nicht blos der Re⸗ gierung, sondern auch der Stände zu verstehen sei. Wenn das gesagt ward, so muß ich es als nicht richtig bezeichnen, ich habe zufällig das stenographische Protokoll der betreffenden Sitzung in Händen, und darnach verhaͤlt sich die Sache so Die Kommission der Kammer der Abgeordneten hatte die Frage angeregt und sich dshin ausgesprochen, daß, wenn auch ein bestimm⸗ ter Antrag in obiger Richtung von ihr nicht gestellt würde, deoch auch der andern Ansicht nicht präjudizirt werden seolle, es solle die Entscheidung dem einzelnen spaäͤteren Falle vorbchalten bleiben. Darauf habe ich angeführt, was in der Sitzong des Reichstags des Norddeutschen Bundes, welcher ich auf der Gallerie angewohnt hatte, zwischen dem Herrn Präsidenten des Bundeskanzleramts und dem Herrn Abg. Lasker und noch einem weiteren Mitgliede des Reichs⸗ tags, glaube ich, gesprochen worden ist, und habe meinerseits gesagt;: »Ihre Kommission hat, soviel ich vernommen hsbe, lediglich das Recht der Auslegung der Ständeversammlung gewahrt.

habe keinen Anlaß, einer solchen Wahrung entgegenzutreten. Es ver⸗

steht sich von selbst/ daß damit auch der Regierung das Recht der Auslegung, wenn der Fall einmal praktisch wird, vorbehalten ist. « Ich theilte in Wirklichkeit die Ansicht der Kammission nicht, und habe mit diesen Worten meine Meinung, allerdings vorsichtig, aber doch dem Kommissionsberichte entgegengestellt, ausgesprochen, daß die An⸗ sicht der Regierung der der Kemmission nicht entsprechen möchte.

Zu §. 2 der Vorlage ergriff der Staats⸗Minister von Pfretzschner das Wort:

Meine Herren! Ich möchte Sie bitten, die Bestimmung des Art. 83, Absatz 1 und 2 des bayerischen Wehrgesetzes auch fernerhin aufrecht zu erhalten, wie es von Seiten der bayerischen Regierung und in der Vorlage des Bundesraths Ihnen vorgeschlagen ist. Es ist rein zufällig, daß eine Bestimmung über Stempelnormen in un⸗ serm bayerischen Wehrgesetze Platz gefunden hat. Der Grund liegt darin, daß in der That in Bayern die S empelnormen vielfach zer⸗ streut sind, weshalb es auch schon lange die Absicht der Regierung ist, eine umfassende Tax⸗ und Stempelgesetzgrbung vorzubereiten. Hätte die Bestimmung, daß für die Militärentlaß⸗ und Freischeine ein Stempel von 10 Gulden anzuwenden ist, nicht in dem bayerischen Wehrgesetz gestanden, sondern in einem ausschließlichen Stempel⸗ esetz, so wuͤrde es bei der gegenwärtigen Gelegenheit wohl Nieman⸗ semn beigefallen sein, diese Bestimmung hier besonders zu erwähnen.

8 Also lediglich der Umstand, daß diese rein finanzielle Bestimmung in

dem bayerischen Wehrgesetz Platz hatte, war der Grund, daß man hier deren fortdauernde Geltung aussprechen zu sollen glaubte. Auch kann ich der Anschauung, welche wir so eben vernommen haben, nicht beitreten, daß hierin eine Prägravation im Sinne der Verfassung liegt, denn es handelt sich hier nicht um besondere Lasten einzelner Staaten oder Klassen, sondern um einen einfachen Urkundenstempel den gewisse Personen dann zu zahlen haben, wenn die Voraussetzung der bezüglichen gesetz⸗ lichen Bestimmung eintritt und sie nicht wegen Mittellosigkeit außer Stande sich befinden, die betreffende Zahlung zu leisten. Daß es übrigens nicht in der Absicht gelegen hat, gleichmäßige Stempelnormen für die Militärverhandlungen in den einzelnen Bundesstaaten einzu⸗ führen, geht noch aus einem anderen Vorgange hervor. In der amt⸗ lichen Ausgabe der Militärersatz⸗Instruktton des Norddeutschen Bun⸗ des vom 26. März 1868 fiandet sich in dieser Richtung in einer An⸗ merkung Folgendes vorgetragen: »Ob Verhandlungen und Atteste, welche von Militärpflichtigen oder deren Angehörigen beigebracht wer⸗ den, um dadurch die Zurückstellung beziehungsweise Befreiung vom Militärdienst zu begründen, sowie schriftliche Eingaben, welche sich auf den Eintritt der Militärpflichtigen zum Dienst beziehen, stempel⸗ pflichtig sind, richtet sich nach den Gesezen des betreffenden Staates. e Preußen sind die soeben erwähnten Atteste ꝛc. stempelfrei; dagegen ind ebendaselbst Gesuche, welche die Wiederentlassung eines Soldaten vom stehenden Heere bezwecken, nach dem Gesetze vom 7. März 1822 stempelpflichtig⸗

Sie sehen, meine Herren, daß durchaus keine Gleichmäßigkeit bezüglich der Stempelbestimmungen in den einzelnen Bundesstaaten besteht, und es ist daher meines Erachtens kein Grund vorhanden, die hier in Frage stehende bayerische Stempelbestimmung außer Kraft zu sezen aus dem einfachen Grunde, weil ste zufällig in dem bayerischen nicht in einem bayerischen Stempelgesetze Platz ge⸗ unden hat.

Hierauf erklärte der Staats⸗Minister v. Lutz:

Gestatten Sie mir nur einige wenige Worte über den Antrag, den der Abg. Fehr. v. Stauffenberg an das Haus gebracht hat. Eines der wesentlichsten Interessen, wegen deren von den verschieden⸗ sten Seiten die Einführung des deutschen Kriegsdienstgesetzes in Bayern panbcht wird, besteht darin, daß die militärische Freizügigkeit zwischen em Deutschen Reiche und Bayern hergestellt werden soll. Dies Inter se wird nicht gefördert, sondern vielleicht gefährdet, wenn dem Untrage der Herren v. Stauffenberg und Dr. Barth Statt gegeben wird. Es können Schwierigkeiten die Folge davon sein, welche ent⸗ weder die Herstellung der Freizügigkeit unmöglich machen, oder sie doch nur in einer späteren Zeit als erreichbar erscheinen lassen.

will diese Behauptung nicht weiter ausführen, aber ich glaube, Andeutungen genug dafür, daß die Ansicht begründet ist/ hgen in den Aeußerungen des Herrn Präsidenten des Reichskanzler⸗ mtes.

Ein zweites Interesse, welches sie mit dem Antrage verfolgen, besteht darin, daß die Bestimmungen über das Ersatzgeschäft, wie sie dermalen bei uns gelten, ihnen wünschenswerther erscheinen als die Bestimmungen, wie sie in dem übrigen Deutschen Reiche in Geltung sich befinden. Diesen Zweck, meine Herren, glaube ich, erreichen Sie auch, wenn Sie lediglich dem Entwurf, wie er von den Bundesregie⸗ rungen Ihnen vorgelegt ist, Ihre Zustimmung ertheilen. Denn ich bin in der Lage, ertlären zu koöͤnnen, daß die Absichten der bayerischen Regierung gerade dahin gehen, die bayerischen Bestimmungen über das Ersatzgeschaͤft in ihren Intentionen aufrecht zu erhalten. ScSchließlich äußerte sich der Staats⸗Minister Delbrück: Meine Herren! Ich würde in dieser Frage nicht das Wort er⸗ greifen, wenn es sich in derselben lediglich um eine bayerische Frage handelte. Ich ergreife deshalb das Wort, weil die Frage eine über Bayern hinausreichende Bedeutung hat. Zunächst erkläre ich mich mit der Auffassung des Herrn Abgeordneten für München dahin ein⸗ verstanden, daß durch den §. 19 des einzufübrenden Wehrgesetzes zu⸗ gleich auch der Abschnilt des bayerischen Wehrgesetzes, welchen er auf⸗ recht erhalten will, in Wegfall kommen würde und zu ersetzen sein würde durch bayerische Verordnung. Ich habe bei dieser Gelegenheit eben an eine Bestimmung des Versailler Vertrags zu erin⸗ nern, die bei der vorherigen allgemeinen Diskussion bereits sehr vielfach erörtert worden ist, an die Bestimmung des Vertrages, welcher gewisse Gegenstände der freien Verstän⸗ digung üͤberweis Zu diesen der freien Verständigung überwiesenen

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Gegenständen rechne ich auch heute noch, wie ich dies im vorigen Jahre gethan habe, diejenigen Verordnungen administrativer Natur, die zur Ausführung der Bundes⸗ oder Reichsgesetze zu erlassen sind, und in erster Linie kommt dahin allerdings die Ersatz⸗Instruktion, diejenigen Vorschriften, welche wir in Norddeutschland Ersat⸗Instruk⸗ tion zu nennen gewöhnt sind. Indem ich davon ausgehe, daß es sich, hiebei eben um die freie Verständigung handelt, deute ich schon an, daß es nicht mein Gedanke ist, die Norddeutsche Ersatz⸗Instruktion ohne Weiters, so wie sie liegt, auf Bayern übetragen zu wollen. Es ist in Beziehung auf die rganisation der Behörden, die der Herr Abgeordnete von München besonders hervorgehoben hat, wie ich

glaube, eben so zulässig, als durch die Rücksicht auf vorhandene Orga-

nisationen und die üblich gewordenen Gewohnheiten bedingt, keines⸗ wegs ein ganz unbedingtes allgemeines Schema durchzuführen. Dagegen enthält das Ersatzgeschäft eine Anzahl von anderen Beziehun⸗ gen, deren Gleichmäßigkeit im ganzen Reich im Interesse der gleich⸗ mäßigen Ausbildung des Bundes heeres unzweifelhaft nothwendig ist. Nun wird es, wie ich glaube, sowohl die Tendenz der Verwaltung

des Reichsheeres, als der Königlich bayrischen Militärverwaltung

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sein, soweit es eben geht, soweit die vorhandenen Verhältnisse es ge-

statten, die Gleichheit in diesen Beziehungen herzustellen, eine Gleich⸗ heit, wie gesagt, unter Beachtung berechtigter Eigenthümlichkeiten. Diese Tendenz wird, wie ich glaube, wesentlich erschwert, wenn der Abschnitt VI, der dem Antrage des Herrn Abgeordneten fuͤr München beigedruckt ist, als Gesetz aufrecht erhalten wird. Alsdann wäre in dieser Beziehung eine Verhandlung zwischen den beiderseitigen mili⸗ tärischen Verwaltungsbehörden, ich will nicht sagen geradezu unmög⸗ lich gemacht, aber doch in einer Weise erschwert, daß ich kaum glauben kann, daß sie zu einem günstigen Resultat führen wird. Dies ist der, wie gesagt, außerhalb Bayerns liegende Gesichtspunkt, der mich wünschen läßt, daß Sie den Antrag des Aoperröneken für München

ablehnen.

Dem Reichstag ist folgender Gesetzentwurf vorgelegt worden: Gesetz, betreffend die Ergänzung des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich. Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen ꝛc.

verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach erfolgter Zustim⸗

mung des Bundesraths und Reichstags, was folgt:

Einziger Artikel. Hinter §. 130 des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich wird folgender neue §. 130 a. eingestellt:

Ein Geistlicher oder anderer Religionsdiener, welcher in Aus⸗ übung oder in Veranlassung der Ausübung seines Berufs öffentlich

vor einer Menschenmenge, oder welcher in einer Kirche oder an einem

anderen zu religiösen Versammlungen bestimmten Orte vor Mehreren Angelegenheiten des Staats in einer Weise, welche den öffentlichen Frieden zu stören geeignet erscheint, zum Gegenstande einer Verkün⸗ digung oder Erörterung macht, wird mit Gefängniß bis zu zwe Jahren bestraft.

Der vorgelegte Gesetzentwurf hat den Zweck, Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich zu ergänzen. Dasselbe ent⸗ hält im 28. Abschnitt Bestimmungen über »Verbrechen und Vergehen im Amte«. In Bezug auf Geistliche und Diener der Religion finden sich in §. 337 und 338 nur zwei Strasvorschriften bezüglich der Ein⸗ segnung einer Ehe, zu deren Gültigkeit ein vorangegangener Civilakt nöͤthig ist, oder einer solchen, welcher das Hinderniß einer bereits vor

handenen Ehe entgegensteht. Vorschriften gegen einen staatsgefähr lichen Mißbrauch des geistlichen Amts durch Angriffe auf Staals gesetze und Staatseinrichtungen finden sich nicht.

Andere Gesetzgebungen enthalten derartige Strafvorschriften Es ist in dieser Beziehung anzuführen der französische Code péna art. 201 206, das belgische Strafgesetzbuch von 1867 Art. 268, das württembergische Strafgesetzöbuch von 1839 Art. 447—449 und das badische Gesetz vom 9. Oktober 1860. Auch und Italien hat man ähnliche Vorschriften nicht entbehren zu können geglaubt: sie finden sich in dem spanischen Strafgesetzbuch von 184 Art. 304 306, dem portugiesischen von 1852 Art. 136 —140, dem sar

eine Lücke des

in Spanien, Portugal

dinischen von 1859 Art. 268 270, und dem neuen italienischen Ent⸗

wurfe von 1870 Art. 186 -190.

Der Geistliche steht vermöge seines Amts dem Staate und der Gesellschaft gegenüber in einem besondern Verhältnisse: er uübt, indem er Glauben und Moral pflegt und lehrt, einen Einfluß auf den ganzen sittlichen Zustand, der seine weitere Wirkung nicht blos auf das innere Leben der Einzelnen, sondern auch auf die praktische Gestaltung der Lebens verhältnisse äußert. Begangene Ungehörigkeiten müssen daher in Folge der besonderen Stellung der Geistlichen als ein vom Staate besonders zu ahndendes delictum proprium aufgefaßt und anders beurtheilt werden, als ähnliche von nicht in gleichen Verhältnissen

stehenden Personen begangene Handlungen.

Welche Handlungen auf diese Weise als delicta propria ausge-

zeichnet werden sollen, ist eine Frage der

Strafgesetgebungspolitik.

Der Staat hat die allgemeine Rechtsordnung zu schützen und prä⸗

ventiv oder durch Repressivmaßregeln ecinzuschreiten, fährdet wird. Die unmittelbarste Gefährdung liegt aber in denjenige Handlungen, welche keine Verletzung der durch Strafgesetze geschützte einzelnen Rechte, sondern direkte Angriffe auf Frieden, auf Achtun vor den Gesetzen und Gehorsam gegen die Gesetze allgemein enthalten,

und in den Strafgesetzbüchern als Verbrechen und Vergehen wider die

öffentliche Ordnung bezeichnet werden. Die vorangeführten Gesetze richten Fälle, in welchen die geistliche Amtsgewalt zu Angriffen auf die öffentliche Ordnung mißbraucht wird. Die Strafsanktionen gegen die gröberen Fälle des Hoch⸗ und

wo dieselbe ge⸗

sich daher gerade gegen solche

Landesverraths und des Widerstandes gegen die Staatsgewalt werden