1871 / 178 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 24 Nov 1871 18:00:01 GMT) scan diff

Duncker und Frhr. v. Hoverbeck aus, worauf der Staats⸗Minister Delbrück noch einmal das Wort nahm und dem Mißverständ⸗ niß entgegentrat, alshandele es sich darum, dem Präsidenten die be⸗ treffende Befugniß zu schmälern. Dies sei kein eswegs die Absicht seiner Bemerkung gewesen. Bei der Abstimmung erhob sich eine große Miajorität für die Aufrechterhaltung der Bestimmung im Etat. Bei der Position, welche 5000 Thaler für eine Reichstags⸗ bibliothek auswirft, beantragte Abg. von Hennig, 600 Thaler für Besoldung eines Bibliothekars von dieser Summe abzu⸗ zweigen. Nach längerer Debatte wurde der Antrag angenommen. 8 Als Anlage ist dem Etat ein Programm für den Ent⸗ wurf zu einem Parlamentsgebäude für den deutschen Reichstag beigefügt. Als Referent legte der Abg. von Unruh (Magdeburg) die Vorzüge des Köni splatzes als Bauplatz für das neue Gebäude dar und sprach die Hoffnung aus, daß die Schwierig⸗ keiten, die der Erwerbung des nöthigen Terrains zur Zeit noch entgegenständen, in Kurzem beseitigt sein würden. Die Kommission, die sich mit der Berathung des Gegenstandes beschäftigt habe, beabsichtige, eine Konkurrenz für geeignete Entwürfe auszu⸗ schreiben, von denen nicht allein die zur Ausführung gelan⸗ genden, sondern auch andere zweckentsprechende Arbeiten zu prämüren seien. Die Zeit bis zum 15. April werde sehr wohl zur Anfertigung der Skizzen ausreichen. Er beantrage, das Programm zu genehmigen, die Wahl von 8 Mitgliedern der Kommission für die Prüfung der Entwürfe vorzunehmen und den Reichskanzler aufzufordern, den Bundesrath zur Bezeich⸗ nung von drei Mitgliedern zu veranlassen, die Kommission einzuberufen und, nachdem dieselbe sechs Architekten gewählt haben wird, die öffentliche Konkurrenz auszuschreiben. Vom Abg. Römer (Hildesheim) ist ein Antrag eingebracht, zur Konkurrenz nur deutsche Architekten zuzulassen, den er bei Schluß des Blattes motivirt.

Auf den Antrag des Vorsitzenden des Bundesrathes des Deutschen Zollvereins vom 17. Januar d. J., betreffend die Ausfertigung der Ladungsverzeich nisse über die auf den Eisen⸗ bahnen eingehenden Waaren, hat der Bundesrath nach An⸗ hörung der Ausschüsse für Zoll⸗ und Steuerwesen, sowie für

andel und Verkehr in der Sitzung vom 12. d. M. beschlossen:

n Fällen, in welchen die Verladung der zu einem Fracht⸗ Priefe gehörigen Waaren mehr als einen Wagen erfordert, oder in denen einzelne Kolli einer Waarenpost zur besseren Ausnutzung des Raums getrennt von dem übrigen Theil der⸗ selben verladen werden, kann von der besonderen Angabe des Inhalts der betreffenden Wagen bezw. der Gesammtzahl und des Bruttogewichts der in jedem derselben befindlichen Kolli im Ladungsverzeichnisse abgesehen werden. (Muster Anlage A. zum Eisenbahnregulativ.) Auch kann in solchen Ladungs⸗ verzeichnissen, welche eine geringe Zahl von Eintragungen ent⸗ halten, von der summarischen Angabe der Zahl und des Bruttogewichts der in jedem einzelnen Wagen befindlichen Waaren, und der Wiederholung der betreffenden Angaben zur Bildung der Hauptsumme in der Weise Abstand genommen werden, daß nur die Letzteren in den betreffenden Spalten des Ladungsverzeichnisses anzugeben sind.

S. M. S. »Gazelle« ist am 1. November c. in La Guayra angekommen. Der Gesundheitszustand der Besatzung ist vortrefflich.

S. M. Briggs »Musquito⸗ und »Undine« sind resp. am 22. und 23. d. M. von Lissabon nach Cadix in See gegangen.

Heute traf der Cöln⸗Berliner Courierzug (über Kreien⸗ sen) 58 Minuten zu spät in Berlin ein. Die Ursache waren Fahrverluste und Betriebsstörungen auf der Strecke von Cöln bis Magdeburg. Von Oschersleben bis Berlin wurde zur fahr⸗ planmäßigen Zeit ein besonderer Courierzug befördert.

Baden. Karlsruhe, 22. November. Die erste öffent⸗ liche Sitzung der Zweiten Kammer eröffnete der Alters⸗ Präsident Schulz mit einer kurzen Ansprache. Er drückte die Hoffnung aus, daß ein allseitiges gutes Einvernehmen unter den Ständegliedern stattfinden werde, und die Bitte, sich nach Kräften zu vertragen und zu einigen.

Nachdem der Alterspräsident noch den Einlauf verschiede⸗ ner Eingaben angezeigt, verlas Staats⸗Minister Dr. Jolly zwei Allerhöchste Entschließungen, betreffend die Ernennung der Re⸗ gierungs⸗Kommissare; die zweite Entschließung bestimmt, daß die durch die mündliche Rücksprache zwischen dem Präsidenten der Kammer und der Regierung zu erledigenden, den Gang der Verhandlungen im Allgemeinen betreffenden Geschäfte durch Staats⸗Minister Dr. Jolly zu besorgen sind. Zugleich über⸗ gab Staats⸗Minister Dr. Jolly die erledigten Petitionen und ie Wahlakten an das Präsidium.

9 In der Nachmittagssitzung wurde von den Vorständen der provisorischen Abtheilungen über das Resultat der vorgenommenen

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Wahlprüfungen Bericht erstattet und hierauf, da keine Bean. standungen erhoben wurden, die Sitzung geschlossen.

23. November. Die Abgeordnetenkammer wählte beute Kirsner zum Präsidenten, Eckhard und Kiefer zu Vize⸗ Präsidenten. e““

Hessen. Darmstadt, 23. November. Prinz Ludwig ist heute von London hierher zurückgekehrt. Derselbe wird nagrchn das Kommando der hessischen Division wieder über⸗

Mecklenbarg⸗Schwerin. Sternberg, 22. Novem. ber. Die Eröffnung des diesjährigen Landtags fand heute Mittag in der herkömmlich feierlichen Weise in hiesiger Kirche statt. Nach beendigter gottesdienstlicher Feier begaben sich die Stände in den auf dem Rathhause befindlichen

Sitzungssaal, und wurden dort zunächst die landesherrlichen

Propositionen verlesen.

Die Großherzoglich schwerinsche Landtags⸗Proposition betrifft zunächst die ordentliche Landes⸗Kontribution und die Bedürfnisse der allgemeinen Landes⸗Rezepturkasse. Die dritte Proposition bilden die bezüglichen Vorlagen, der Entwurf der Verordnung, betreffend die Entschädigung für die vom 1. Ja⸗ nuar 1873 ab durch §. 7 der deutschen Gewerbe⸗Ordnung auf⸗ gehobenen Berechtigungen, und betreffend die Ablösung der durch §. 8 der Gewerbe⸗Ordnung von demselben Zeitpunkte ab für ablösbar erklärten Rechte, nebst dessen Motiven, welche der Großherzog bereits unter dem 16. d. M. dem Engeren Aus⸗ schusse von Ritter⸗ und Landschaft hat zugehen lassen.

Die Großherzoglich strelitzsche Landtagspropositton betrißt zunächst die ordentliche Landeskontribution und den Landes⸗ beitrag für den Zeitraum vom 1. Juli 1872 bis Ende Juni 1873 und die Deckung der Bedürfnisse der Centralsteuerkasse für den Zeitraum vom 1. Juli 1872 bis 30. Juli 1873.

Was sodann die Verordnung, betreffend Entschädigung für die vom 1. Januar 1873 ab durch §. 7 der deutschen Ge⸗ werbe⸗Ordnung von demselben Zeitpunkte an für ablösbar erklärten Rechte anlangt, so ist dieselbe durch die Vorschrift im zweiten Absatze des §. 7 der gedachten Gewerbe⸗Ordnung ver⸗ anlaßt worden, wonach die Landesgesetze zu bestimmen haben, ob und in welcher Weise den Berechtigten für die aufgehobenen Berechtigungen ꝛc. Entschädigung zu leisten ist. 1

Anlangend endlich die Einführung einer Sportelntagxe für

die Magistrate der Landstädte, so haben die inzwischen im Kreise stattgefundenen Verhandlungen noch nicht zu einer alb⸗ seitigen Verständigung geführt.

Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 22. Noveme⸗

ber. Der Ministerial⸗Direktor im Departement des Aeußern

und Innern, Schambach, ist zum Staatsrath ernannt

worden.

Waldeck. Arolsen. Die dritte öffentliche Sitzung des Landtags der Fürstenthümer Waldeck und Pyrmont wurde am 16. d. Mts. um 11 Uhr Vormittags in Gegenwart des Landes⸗Direktors von Flottwell und des Finanz⸗Raths Waldech vom Vorsitzenden eröffnet.

In die Tagesordnung eintretend, referirte für den Gesetz⸗ gebungs⸗Ausschuß der Abg. Hassenpflug mündlich zu dem Geset betreffend die Zehrungskosten der gerichtlichen Boten und Exeku⸗ toren bei Besorgung von Dienstgeschäften in Parteisachen außer⸗ halb des Gerichtsorts. An der Debatte betheiligten sich die Abgg. Stöcker, Hagemann, Hassenpflug, Windel, so wie der Landes⸗Direktor. Die Vorlage erhielt mit wenigen Modiflka⸗ tionen die ständische Zustimmung.

Den zweiten Gegenstand der Tagesordnung bildete der

mündliche Bericht des Abg. Schultze für den Verwaltunge

Ausschuß zum Schreiben des Landes⸗Direktors vom 8. Novem⸗ ber, betreffend die Zurückgabe der für die Gefangenen⸗, Arbeite und frühere Zuchthaus⸗Anstalt benutzten, in Folge der nun⸗ mehrigen Unterbringung von Gefängniß⸗ und Zuchthaussträf lingen aus den Fürstenthümern in den Königlichen Gefangenen, und Zuchthaus⸗Anstalten zu Ziegenhain, 8 jetzt entbehrlich gewordenen, dem Dominium gehörenden Ge⸗ bäulichkeiten auf Schloß Waldeck an die Domanialverwaltung. Die vom Berichterstatter beantragte Zustimmung erfolgte ohne Diskussion. b Desgleichen erfolgte die ständische Zustimmung zu einem Schreiben des Landes⸗Direktors von demselben Tage, nac welchem die dem Dominium gehörigen, für das Waldecksch Landgestüt benutzten, durch die im Jahre 1869 eingetretene Aufhebung desselben aber entbehrlich gewordenen Gebäulich keiten ꝛc. auf dem Mönchhofe in Corbach vom Landes⸗Direktot mit Vorbehalt der kostenfreien Stellung und Unterhaltung daß für eine Gestütsstation nöͤthigen Räumlichkeiten an die Domaniab verwaltung zurückgegeben werden sollen. Der Berichterstatten für den Verwaltungs⸗Ausschuß zu diesem Gegenstande Abg Ende, hatte Zustimmung beantratt. 1

Geldbuße bis zu zehn Thalern oder Gefängnißstrafe bis zu drei

assel und Herfor

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1 vn Hiernächst folgte der mündliche Bericht

mu dem vom Abg. Schotte eingebrachten Antrage:

Stände wollen den Herrn Landes⸗Direktor um die Vorlage eines Gesetzes ersuchen, wonach der Gewerbebetrieb im Umderziehen ohne vorherige Entrichtung der gesetzlichen Steuer mit Strafe bedroht wird und Nach ahlung der defraudirten Steuer eintritt.

Der Antragsteller schritt zur näheren Begründung seines

Antrags. Der Berichterstatter empfahl Annahme desselben,

welche ohne Debatte erfolgte.

Zu dem Antrage des Abg. Rhode:

Hohes Landes⸗Direktorium um eine Vorlage zu ersuchen, welche den §. 3 des Gesetzes vom 24. September 1851 dahin abändert, daß zur Rechtsgültigkeit einer Hypothekbestellung die gerichtliche Kon⸗ firmation für nicht erforderlich erklärt wird. referirte mündlich der Abg. Hassenpflug, welcher principaliter den ganzen §. 3, da derselbe zwecklos geworden sei und das Kataster jede Veränderung Betreffs des Grundeigenthums zur Genüge erweise, aufgehoben haben wollte und eventuell die Annahme des Rhodeschen Antrags empfahl. Der Abg. Rhode motivirte hierauf seinen Antrag, nachdem auch der Abg.

Stöcker insbesondere mit Rücksicht auf den dadurch gefährdeten

Fealkredit sich noch gegen die vom Berichterstatter princi- aliter beantragte Aufhebung des ganzen §. 3 ausgesprochen hatte, welcher ohne weitere Diskussion zum ständischen Beschluß erhoben wurde. 86 Nach Verhandlung noch einiger geschäftlicher Gegenstände zes Landtags wurde um 1 ¾ Uhr Nachmittags die Sitzung ge⸗ Der Senat setzt heute nach⸗

schlossen.

Bremen, 22. November. folgende Vorschrift in §. 12 der Verordnung zur Ausführung der Gewerbe⸗Ordnung vom 27. September 1869 außer Kraft: »Das Betreten fremder Wohnungen zum Zwecke des Gewerbebetriebes im Umherziehen ohne vorgängige Aufforderung oder Einwilligung der Bewohner bleibt bei Meidung einer

Tagen verboten.⸗

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Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 23. November. Wie von unterrichteter Seite mitgetheilt wird, dürfte die Neu⸗ bildung des Kabinets am Sonntag vollzogen werden. Graf Beust hat sich heute Abend nach Salzburg begeben; derselbe wurde am Bahnhofe von zahlreichen Notabilitäten zur Verabschiedung erwartet.

Prag, 23. November. Ueber den Föderalistenkongreß meldet das »Prag. Abendbl.«“: Die Mehrzahl der Theilnehmer an dem Föderalistenkongresse hat bereits gestern Abend und heute früh Prag wieder verlassen. Ueber den Verlauf des Kon⸗ gresses selbst dringen bisher blos Andeutungen an die Oeffent⸗ lichkeit. Sind dieselben richtig, so handelte es sich auf dem Kongresse hauptsächlich um die formelle Anerkennung der »Fun⸗ damental⸗Artikel⸗Seitens der Vertreter der konservativen Partei und Durchführung der bezüglichen „staatsrechtlichen«⸗ Prin⸗ zipien auch in den übrigen Ländern. Der konfessionellen Gesetz⸗ gebung wurde gleichfalls gedacht und hierbei die Wahrung des üeng kirchlichen Standpunktes nachdrücklichst betont. Mehr⸗ eitig wurde zugleich versichert, daß der Kongreß in Prag als der Vorläufer eines zweiten Kongresses etwa in Agram zu gelten habe, welcher Ende Dezember zusammentreten soll.

Pesth, 22. November. In der Oberhaussitzung wur⸗ den einige kleinere Vorlagen und das Jagdgesetz angenommen.

Im Unterhause brachte Paul Moricz einen Gesetzent⸗ wurf über Abschaffung des Schankregales ein und zugleich den Beschlußantrag, zur Prüfung des Gesetzentwurfes eine Kom⸗ mission von 15 Mitgliedern zu entsenden. Der Minister des Innern, Toth, beantwortete die Interpellation Pavlonics' über die Ernennung des Obergespans für Neusatz und Zombor und Betreffs des Verbotes der Ovationen für Miletics. Pavloviecs bat, morgen repliziren zu dürfen, was gestattet wurde. Hier⸗

auf fand die Fortsetzung der Spezialdebatte über das Gewerbe⸗

Berathung des Gewerbegesetzes er⸗ war, im Hause und Linken mit lebhaften

Ueber die Polen⸗Konferenz wird dem esther Aoyd⸗« aus Wien geschrieben, daß folgende Punkte festgesetzt wurden: Beibehaltung des Ministers für Galizien, Einführung der polnischen Sprache in saäͤmmtlichen Aemtern und Schulen, Verantwortlichkeit des Ministers für Galizien gegenüber dem galizischen Landtage und Vermehrung der galizischen Reichs⸗ EEE

Aus Agram wird telegraphirt: Der Erfolg der auf heute einberufenen Versammlung der Unionspartei ist über⸗ raschend günstig. Trotz der Ungunst der Witterung sind an 200 Personen eingetroffen. Die Versammlung ernannte ein Komite, welches den Entwurf einer Organisation der Partei im ganzen Lande ausarbeiten soll Die Stimmung ist eine

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sgses statt. Während der chien Deak, der längere Zeit unwohl wurde von der Rechten und gemäßigten Eljens begrüßt.

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Belgien.

gehobene. Die Mitglieder ver erngeeenvvp. ... ee, dauernde Konsolidirung der auf dem Rechtsboden des 1868er Ausgleichs stehenden Partei gesichert.

Brüssel, 23. November. In der Reprä⸗ sentantenkammer ergriff in der heute fortgesetzten Debatte über die Interpellation Bara's, betreffend die Ernennung de Deckers zum Gouverneur von Limburg, Nothomb, eben⸗ falls einer der Administratoren der Langrandschen Unterneh⸗ mungen, das Wort, um die gestrigen Ausführungen Bara's entschieden zurückzuweisen. Die Kammer nahm den Schluß der Debatte mit 64 gegen 46 Stimmen an und verwarf als⸗ dann mit 66 gegen 44 Stimmen eine motivirte Tagesordnung, in welcher das Haus sein Bedauern über die Ernennung de Deckers ausspricht. Ruhestörungen sind trotz der bedeu⸗ tenden, vor dem Sitzungsgebäude angesammelten Menge am Tage nicht vorgekommen; starke Abtheilungen von Polizei⸗ Beamten und Garde civique erhielten die Ordnung aufrecht.

Abends jedoch fanden vereinzelte Ruhestörungen statt, na⸗ mentlich vor Gebäuden, welche dem Klerus gehören, sowie vor dem Hotel des Ministers der öffentlichen Arbeiten, wo die Menschenmenge die Gitter zu zerstören suchte, jedoch von der Polizei ohne Schwierigkeit Hereee wurde.

24. November. In später Abendstunde durchzogen Menschenmassen unter Absingung der Brabangonne und Schmäh⸗ rufen auf das Ministerium die Straßen der Stadt. Vor dem Königlichen Palais fanden einige Verhaftungen statt. Es ge⸗ lang, die Ruhestörer zu zerstreuen.

Wie die⸗Indépendance Belge⸗ berichtet, hielt das Schöppen⸗ Kollegium gestern Abend eine Sitzung im Stadthause ab, in welcher der Beschluß gefaßt wurde, heute die erste Legion der »Garde civique⸗« einzuberufen. Heute Morgen fand Ministerrath statt. Zu demselben war der Bürgermeister der Stadt Brüssel eingeladen worden, um über die gestrigen Vorfälle Auskunft zu ertheilen. Derselbe soll sich auf die Aeußerung eines Ministers, die Bewegung sei nur Ausfluß

eines Parteimanövers, dahin geäußert haben, daß die gesammte

Bevölkerung der Hauptstadt wie der Provinzen auf das Tiefste erregt sei. Die Forderung, die bewaffnete Macht zu requiriren, habe der Bürgermeister mit der vFnies uac rhitgehch daß die Garde civique, welche aus der Mitte der Bevölkerun hervor⸗ gegangen sei, vollkommen zur Aufrechthaltung der Ordnung ausreiche. Der Präsident der Kammer hat ein Schrei⸗ ben an den Bürgermeister gerichtet, alle ihm zustehenden polizeilichen Befugnisse zur Aufrechthaltung der Ordnung im Innern des Hauses und an den Zugängen desselben überträgt.

Großbritannien und Irland. London, 22. No⸗ vember. Der Geburtstag der Kronprinzessin des Deutschen Reiches und von Preußen, Prinzeß Royal von Großbritannien und Irland, wurde in Windsor am 21. d. Mts. mit den üblichen Freudenbezeugungen festlich be⸗

angen. Am Morgen und in Zwischenräumen während des ages ließen die Glocken der Königlichen St. Georgskapelle und der Stadtpfarrkirche ihr Festgeläut erschallen, während an Bord der Königlichen Fregatte »Adelaide« und im Fort Bel⸗ vedere in Virginia Water Salutschüsse abgefeuert wurden.

23. November. Der Krankheitszustand des Prinzen von Wales trägt nach Ausspruch der Aerzte keinen irgendwie gefährlichen Charakter an sich. Offizielle Bulletins werden nich ausgegeben.

Die »Daily News⸗«

veröffentlichen den Entwurf eines Handelsvertrages, wie derselbe französischerseits vorgeschlagen

bedeutende Erhöhung des Wolle und Baumwolle. Ratifikation Seitens

wurde. Er enthält hauptsächlich eine Eingangszolles auf Hanf, Flachs, Der neue Vertrag soll bis 1877 dauern.

der Nationalversammlung ist vorbehalten.

Frankreich. Paris, 22. November. Das »Journal officiel« publizirt Präsidialdekrete, durch welche Beschlüsse der Arrondissementsräthe von Chalons-sur⸗Saone, Nérac, Nérac d'Agen, Moutiers et d'Albertville und Panniers aufgehoben werden; die Beschlüsse betreffen meist die Unentgeltlichkeit Schulunterrichts und den Schulzwang.

Am naäͤchsten Sonntage finden für den Pariser Ge⸗ meinderath fünf Ergänzungswahlen statt.

Die Gnaden⸗Kommission hielt heute wieder Sitzung. Obgleich dieselbe von 1 bis 6 Uhr Abends dauerte, so kam es doch zu keinem Beschluß. Sieben neue Kriegsgerichte sind wie⸗ der errichtet worden, so daß die Zahl derselben jetzt 30 beträgt.

Heute wurde der Contre⸗Admiral Dieudonné begraben. Die kirchliche Feier fand in der Madelaine statt. Der Admi⸗ ral war 1812 geboren. Er hatte den Krim⸗Feldzug als zweiter Kommandant des Linienschiffes »Montebello⸗ mitgemacht. 1865 war er zum Contre⸗Admiral ernannt worden. In den letzten Jahren war derselbe im Marine⸗Ministerium angestellt

in welchem er demselben