1“ “ 1“ “ 1““ v1IZ113“ Staatsgesetzen gehorsam zu sein. Er mag es mir zu ute halten, wenn ich der Civiltà cattolica eine erhebliche Autorität bei⸗ messe, gewiß nicht in dem Sinne, daß sie eine offizielle Stimme wäͤre, aber die Civiltà cattolica sagt selbst von sich, daß sie die Anschauungen des römischen Stuhles darlege, daß sie nicht die Grundsätze und Regierungsprinzipien Papst Pius des IX. erfinde, aber daß sie der genaue Interpret derselben sei. Diese Zeit⸗ schrift hat an einem Hirtenbriefe des Bischofs von Passau, der schon öfter genannt war, und der zu jener Zeit sehr eindringlich den Gehor⸗ sam den weltlichen Gesetzen empfohlen hat, sich wie folgt ausgelassen:
eShn Bischof schließt in größter Herzensbewegung mit einer Er⸗ mahnung an seine Diözesanen, sich niemals unter irgend einem Vor⸗ wande von dieser Sorte von Menschen verführen zu lassen, welchem
Stande dieselben immer angehören mögen; vielmehr im Gegentheil durch That und Wort zu beweisen, daß die treuen und ergebenen Söhne der Kirche die treuesten und ergebensten Unterthanen des Lan⸗ desherrn und der gesetzmäßigen Regierung sind.⸗
»Wenn in Bayern«, so fährt die »Civiltä« fort, »nicht Gesetze be⸗ stehen würden, welche ungerecht und offenbar unveräußerlichen Rechten der Kirche, ja sogar dem Geiste des Christenthumes zuwider sind, so würde ein solcher Hirtenbrief zwar mangelhaft in der Theorie, aber doch nicht schädlich in seiner praktischen Anwendung sein. Er würde mangelhaft in der Theorie sein, weil der christliche Gchorsom gegen
die weltlichen Gesetze immer durch die unerläßliche Bedingung einge⸗ schränkt sein müsse, daß dieselbe nicht ungerecht, d. h. daß sie nicht den Gesetzen Gottes und nicht der Kirche zuwider sind. Wie viele Gesetze und wie viele Gesetzentwürfe bestehen aber gegenwärtig in Bayern und fast in ganz Deutschland, welche offenbar ungerecht und feindlich gegen die Kirche sind? Das Verschweigen einer so nothwendigen Bedin⸗ gung macht danach die Theorie nicht nur mangelhaft, sondern sogar gefährlich: denn während es auf der einen Seite den Gemern des katholischen Glaubens eine moͤrderische Waffe verleiht, beraubt es auf der andern die Gläubigen eines jeden Vertheidigungsmittels Der Herr Abg. Reichensperger hat mich an dieser Stelle in einer an⸗ dern Weise angegriffen; er sagte: glauben nicht auch die Protestanten an den Satz: man muß Gott mehr gehorchen, als den Menschen?« Er führte aus, daß, wer sich diesem Satz nicht unterwerfe, eigentlich auf den Standpunkt des Heidenthums zurückgekehrt sei. Meine Herren! Der Ton, der in dieser Erwiderung angeschlagen ist, ist uns hin⸗ reichend bekannt, wir haben ihn zu Hause recht oft gehört. Es ist im Grunde nichts anderes, als eine Denunziation an die gläu⸗ bigen Massen. Habe ich denn aber gesagt daß der Saß nicht richtig sei? und habe ich denn gesagt, daß wir uns demselben nicht unter⸗ werfen wollten? Gewiß mcht. Ich habe nur gesagt, daß dieser Satz gebraucht, daß er mißbraucht werde, um ein System durchzusetzen, für welches dieser Satz, meiner Ueberzeugung nach, nie gegeven ist. Gewiß glauben auch die Protestanten an den Satz; ich habe aber nie gehört, daß in protestantischen Laändern aus diesem Satze solche Folgerungen von Seiten des Kirchenregiments gezogen worden sind, wie man sie bei uns zieht.
Es könnte sich weiter fragen, ob die Aufstellungen wahr sind, die ich mir zu machen erlaubt habe, daß die Regierung in der von mir angegebenen Weise bekämpft worden sei. Nun, meine Herren, woll⸗ ten wir einen Beweis mit Urkunden in der Hand über die von uns aufgestellten Thatsachen führen, dann hätten wir wohl schon seit lan⸗ ger Zeit unsere Untersuchungsrichter und unsere Notare in Thätigkeit setzen müssen. Sie werden es aber begreiflich finden, daß dies in Bayern bisher unterlassen worden ist. Ich habe auch wirklich die Meinung, daz es nicht allen Anspruchs auf Glauben entbehrt, wenn die Regierung Ihnen offiziell mittheilt, daß es sich bei uns verhält, wie ich Ihnen zu sagen mir erlaubte. Indessen Sie haben das Urtheil, mögen Sie wäͤhlen, wer mehr Glauben verdient, wir mit unseren Aufstellungen oder die andere Seite, die Erklärungen, daß ein Bischof dieses oder jenes Blatt für ein Evangelium erklärt, damit beseitigen zu koͤnnen gemeint hat, daß sie sagt, es habe sich vielleicht um einen Scherz gehandelt, freilich um einen Scherz, der sehr praktische Folgen hatte, um einen Scherz, der dahin praktisch ge⸗ macht ist, daß man dieses Blatt bis in die letzte Hütte zu verbreiten suchte. Die Regierung hat zu wiederholten Malen gegen die Aus⸗ schreitungen, von denen ich sprach, Abhülfe gesucht bei kirchlichen Oberen, sie aber nicht gefunden.
Ich waͤre indeß auch in der Lage, eingehendere und schlagendere Beispiele für die Behauptungen, die ich mir vorzubringen erlaubt habe, vorzutragen. Hätte der Herr Abg. v. Schauß heute die Predigt von Passau etwas eingehender Ihnen mitgetheilt, Sie würden einen woörtlichen Beleg für das gefunden haben, was ich sagte, daß man der Gesetzgebung ein Schwanken von heute auf morgen und Unfähigkeit und Verkennung aller Interessen des Volkes vorgeworfen hat: Kurz, alle Behauptungen, die ich aufzustellen mir erlaubte, sind gerade in dieser Rede im Einzelnen belegt. Einen wei⸗ teren Beleg Ihnen übrigens noch vorzuführen, kann ich mich nicht enthalten. Es ist das nicht etwa ein Zeitungsartikel, es ist eine amt⸗ liche Aeußerung von der Kanzel.
Ich begehe, glaube ich, keine Anmaßung, wenn ich annehme, daß auch in diesem Hause in weiteren Kreisen meine Beantwortung der Inter⸗ pellation des Abg. Herz u. Gen. bekannt geworden ist. Diese Inter⸗ pellationsbeantwortung hatte den Zweck, ausreichende Motive für unser Verhalten darzulegen. Wir hatten den Zweck und den Willen, Jedermann davon zu überzeugen, daß wir in unserer Haltung gegen die Kirche den rechten Weg, den Weg des Gesetzes gewählt haben. Die Regierung hat Veranlassung genommen, diese Schrift in einer Anzahl von Exemplaren im Lande zu verbreiten. Was ist darauf geschehen? Das Stadtpfarramt von Deppendorf hat von der Kanzel, veranlaßt durch diese Mittheilungen, folgende
»Ist es nicht ein goͤttliches Wort,
Warnung erlassen: »Es ist dem Stadtpfarramt zur Kenntniß ge. kommen, daß als Beilage zu glaubensfeindlichen Zeitungen und auf anderen Wegen⸗ — die anderen Wege, das sind die amtlichen — »Druckschriften vertheilt und versendet worden, welche mit einem Auf⸗ wande vieler Unrichtigkeiten und Entstellungen gegen den Papst und die Bischöfe, insbesondere gegen das letzte vatikanische Konzil gerichtet sind. Die HSläubigen werden aufmerksam gemacht, daß sie solche Schriften ohne Gefahr für das Seelenheil weder lesen noch verbreiten dürfen, und daß, wer sie geflissentlich verbreitet, in die schwere Kirchen⸗ strafe der Exkommunikation verfällt.⸗ -
Meine Herren! Ich bin außerdem provozirt, — man hat eine Aeußerung, die ich machte in Bezug auf die Verbindung zwischen Staat und Demokratie aufgegriffen, — ich bin provozirt, die Gründe, die ich in dieser Beziehung etwa noch anzuführen häͤtte, mitzutheilen. Ohne die Provokation hätte ich es unterlassen, von der Sache zu sprechen. Ich führe Ihnen einen Zeugen vor. Der Zeuge ist ein deutscher Bischof. Was ich mittheile, stammt aus einer Unterredun nicht aus einer privaten — sonst swürde lich gewiß allezeit darüber schweigen — sondern aus einer ganz offtziellen Unterredung. Der Zeuge ist der Herr Bischof von Passau. Vor zwei Jahren ging ich in der Eigenschaft als Justiz⸗Minister an mehrere Gerichtssitze in Bau⸗ angelegenheiten und kam auch nach Passau. Den Herrn Bischof von Passau kannte ich bis dahin persönlich gar nicht. Persönliche Be⸗ ziehungen bestanden zwischen uns nich:t. Es ist aber bei uns üblich und als Pflicht der Artigkelt erkannt, daß, wenn ein Mitglied der Regiecung an einen Bischofssitz kommt, es dem Bischof einen speziellen Besuch macht. Der Herr Bischof — er war damals etwas anderer Stimmung als jetzt — hat mir damals einen eingehenden politischen Vortrag gehalten und in diesem Vortrage mitc auseinandergesett: Die Kirche strebe, man möge machen, was man wolle, nach der Herr⸗ schaft im Staate. Sie habe es bis jetzt mit allen Staatsformen probirt und ihren Zweck nicht erreicht. Mit dem Absolutismus sei ohnehin in der jetzigen Zeit nichts mehr zu machen, der Konstitutiona⸗ lit mus habe sich auch nicht als ein entsprechendes Mittel für Be⸗ gründung der kirchlichen Herrschaft erwiesen, die Kirche strebe nun nach anderen Mitteln, sie werde sich demnächst mit der Demokratie und mit den Massen verbinden, um den angegebenen Zweck zu erreichen, und als ich vielleicht ihm gegenüber ein etwas ungläubiges Gesicht mach bemerkte mir der Herr Bischof; nehmen sie es gar nicht so leicht,
lauben sie es ja, was ich sage; ich bin dessen überzeugt, es verhält
ch so. Warum sollen wir nicht glauben, was in dieser Beziehung ein Bischof uns sagt? Es war von den Karlsbader Beschlüssen die Rede. Ich lasse dahingestellt, ob wirklich der Zusammenhang besteht, von dem gesprochen worden ist, ob nicht; thatsächlich kann ich ver⸗ sic ern, daß ich meinerseits jene Beschlusse nicht zur Quelle genommen habe, aus der ich geschöpft habe. 8
Es wurde auch heute viel von Freiheit gesprochen und davon, daß der Staagt es vertragen müsse, wenn andere Meinungen geaußert würden, als diejenigen, die ihm eoder dem Ministerium, in dessen Portefeuille es brennt, gefielen. Nun, meine Herren, diese Freiheit den einzelnen Geistlichen als Privatmann, wie sie dem Einzelnen, oder den Assoziationen, wie sie den Assoziationen im Staate zuge⸗ standen ist, zu nehmen, das ist uns niemals eingefallen; wir sind ganz darauf vorbereitet, selbst wenn der Artikel, den wir vorschlagen, zum Gesetz wird, daß doch von den Geistlichen demnaäͤchst Voltsver⸗ fammlungen gehalten und politische Reden vorgetragen werden, und Niemand wird daran denken, ihnen das zu verwehren; aber etwas ganz anderes ist es, wie ich es neulich anzuführen mir erlaubte, ob maß cnc einer organisirten Regierung dieses Recht einzuräumen be⸗ ugt ist.
Wenn darauf hingewiesen wurde, daß man im Norddeutschen Bunde seinerzeit ein Bedürfniß für eine strafrechtliche Bestimmung, wie sie vorgeschlagen wird, nicht kannte, wenn gesagt wird, daß den Verfassern des Strafgesetzbuchs die Bestimmungen des französischen, belgischen ꝛc. Strafgesetzbuches bekannt gewesen seien und deshalb die betreffende Unterlassung in dem deutschen Strafgesetzbuche eine absicht⸗ liche sei, so lasse ich das dahingestellt; ich habe auch schon andere Aeußerungen aus der Mitte des Hauses vernommen, aber erklärlich bliebe es, daß Sie ein Bedürfniß dafür nicht empfanden und doch bliebe auch die Behauptung erktfärlich, daß sich ein solches Bedürfniß jetzt geltend gemacht hat, nachdem sich das Reich erweitert hat.
Man hat auf das Beispiel von Württemberg verwiesen. Ich ergreife mit Vergnügen die Gelegenheit, um mich über die verschiedene Haltung der bayerischen und der württembergischen Regierung aus⸗ zusprechen. Ich wünschte sehr, die bayerische Regierung wäre in der Lage gewesen, dieselbe Politik handhaben zu können wie die württem⸗ bergische; ich muß Ihnen aber doch bemerken: wir haben im Grunde gar nichts anderes gethan, als was die württembergische Regierung auch gethan hat, nur mit dem Unterschtede, daß die faktischen Verhältnisse die bayerische Regierung genöthigt haben, aus ihrer Erklärung Ernst
zu machen, Thatsachen darauf folgen zu lassen, während die verständige
Haltung des Bischofs, der mit der württembergischen Regierung zu verkehren hat, und der Umstand, daß die Katholitken dort in der Mi⸗ norität sich befinden, es der württembergischen Regierung bisher mög⸗ lich gemacht hat, es bis auf Weiteres bei einem theoretischen Satze zu belassen. Hätte man bei uns nicht Exkommunikationen, und was dergleichen Dinge mehr sind, gehandhabt, wer weiß, ob die bayerische Regierung Anlaß gehabt hätte, weiter zu gehen, als die württember⸗ gische Regierung es gethan hat. Wenn aber dort jemals ähnliche Ereignisse eintreten würden, dann wird die württembergische Regie⸗
Lage sein, entweder das zu thun, was wir ge⸗
rung auch in der than haben, oder das gegebene Wort zu brechen. .
Es ist auf England und Amerika verwiesen. Wohl, meine Her⸗ ren, geben Sie mir die amexikanischen Zustände, dann habe ich auch gar kein Bedürfniß für einen Artikel, wie er hier vorgeschlagen ist.
* Und endlich nech einen Satz: Man sagte, wenn es bei uns
täͤgige
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brenne/ hatte man zu löschen und das Reich im Uebrigen in Ruhe lassen. Meine Herren, die Frage, ob die bayrische Regierung für sich
n staatsrechtlich noch befugt ist, eine solche Bestimmung wie die
vorgeschlagene mit Gesetzeskraft auszuruͤsten, ist reiflich erwogen; und im Bundesrathe war die Ansicht fast unbestritten die, daß es dem Einzelstaate nicht mehr zusteht, die Bestimmungen zu erlassen, von denen wir heute sprechen.
Nach dem Abg. Dr. von Niegolewski nahm das Wort der Bundesbevollmächtigte Geheime Ober⸗Justizrath Dr. Falk:
Meine Herren, es ist nicht im entferntesten meine Abstcht, in die Erörterung der großen Gesichtspunkte einzutreten, welche diese zwei⸗ Debatte entwickelt hat; ich ergreife nur das Wort, weil ich laube, daß die Hohe Versammlunz berechtigt ist, eine Aeußerung von ieser Stelle zu vernehmen über die zu dem Vorschlage der verbünde⸗ len Regierungen gestellten Amendements. Da dieselben erst heute ge⸗ stellt worden sind, hat selbstredend eine Beschlußfassunz des Bundes⸗ raths über dieselben nicht Statt haben können; ich glaube indessen nicht zu irren, wenn ich meine, daß die Auffassung der verbündeten Regierungen die folgende sein dürfte.
Es in den verbuüͤndeten Regierungen erwünscht, wenn die Hohe Verfäammlung dem Antrage des Herrn Abg. Kastner, welcher die Festungsstrafe neben die Gefängnißstrafe stellt, ihre Zustimmung er⸗ sheilt; die Verschiedenheit der Strafarten, ja die Verschiedenheit der üchlich in Deutschland bestehenden Verhältnisse scheint dahin zu drängen.
Es haben die verbündeten Regierungen, glaube ich, nichts zu er⸗ innern, wenn Sie dem Antrage desselben Herrn Abgeordneten gemäß das Wort verscheint« ersetzen durch das Wort »ist«⸗; denn sie meinen, das sei in der Sache dasselbe. Ich glaube, der Herr Abgeordnete für Thorn hat mit Recht hervorgehoben, daß es sich nicht um ein Scheinen, sondern um ein Erscheinen handelt, um dasjenige, was in die Wirklichkeit der Dinge tritt, was also nach der Auffassung des intscheidenden Richters auch wirklich ist.
Ich wende mich endlich zu dem Antrage des Hrn. Abg. Windt⸗ horst. Ich habe, wenn die hobe Versammlung dem Hrn. Arg. Meyer (Thorn) folgen wollte in seiner Argumentation, die, irre ich nicht, dahin ging, daß die Formel des Entwurfs, »den Frieden zu stören geeignet erscheint«, in der Sache nichts anderes sei, als ein »Gefähr⸗ den des Friedens«, der hohen Versammlung anheimzustellen, über die Nr. 3 des Antrages des Hrn. Abg. Windthorst zu beschließen; ich habe aber alle übrigen Vorschläge dieses Herrn Abgeordneten — glaube ich —- für unannehmbar zu erk ären.
— Dem Reichstage ist folgender Gesetzentwurf, betreffend die Friedenspräsenzstärke des Deutschen Heeres und die Ausgaben für die Verwaltung desselben für die Jahre 1872, 1873 und 1874, vorgelegt worden:
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen ꝛc. verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach erfolgter Zustim⸗ mung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:
.1. Für die Jahre 1872, 1873 und 1874 wird die Friedens⸗ präsenzstärke des Deutschen Heeres auf 401,659 Mann und der zur Besreitung des Aufwandes für dieses Heer und die zu demselben ge⸗ hörigen Einrichtungen erforderliche Betrag, ausschließlich der im Reichs⸗ haushalts⸗Etat für 1872 unter Kap. 10 der fortdauernden Ausgaben eenen Gehaltsverbesserungen, auf jährlich 90,373,275 Thlr. fest⸗ gestellt.
Von diesem Betrage sind jährlich 1) 79,518,375 Thlr., vorbehalt⸗ lich der den einzelnen Bundesstaaten vertragsmäßig zu gewährenden Nachlässe, dem Kaiser zur Verfügung zu stellen, und 2) 10,854,900 Thaler Bayern zu überweisen. Letzterer Summe wird der verhältniß⸗ mäßige Betrag der für Militärbeamte vorgesehenen Gehaltsverbesserun⸗ gen hinzugesetzt.
§ 2. Auf die Etats über die Verausgabung des dem Kaiser nach der Bestimmung im §. 1 bis einschließlich 1874 jährlich zur Ver⸗ fügung zu stellenden Betrages findet die im zweiten Absatz 5 Art. 71 der Verfassung des Deutschen Reiches enthaltene Vorschrift Anwen⸗ dung. Urkundlich ꝛc. Gegeben ꝛc.
Motive..—
In der Denkschrift zu dem Gesetz⸗Entwurf wegen Feststellung des Reichs⸗Haushalts⸗Etats für das Jahr 1872 sind die Gründe näher dargelegt, welche den, in dem Etats⸗Entwurf enthaltenen Vorschlag einer Ausdehnung der bis zum 31. Dezember d. J. hinsichtlich des Etats der Verwaltung des Deutschen Heeres geltenden Ver⸗ fasungsbestimmungen auf das Jahr 1872 herbeigeführt haben. Es ist dort namentlich auf die Analogie hingewiesen, welche zwischen der jetzt zu vollziehenden Umformung des Heeres des Norddeutschen Bundes zu dem Deutschen Heere und der bei Feststellung der Verfassung des Norddeutschen Bundes ins Auge gefaßten Umformung des preußischen Heeres zu dem Heere des Norddeutschen Bundes besteht. Damals führten diese Ver⸗ hältnisse zu der Feststellung der Periode des sogenannten Pausch⸗ quantums auf 4 Jahre. Der vorgelegte Etats⸗Entwurf zieht für die gegenwärtig bestehenden analogen Verhältnisse jene Konsequenz nur
sar ein Jahr.
Die über diesen Theil des Reichs⸗Haushaltsetats mit den — Reichstages gepflogenen Vorverhandlungen haben den verkbündeten Regierungen die Erwägung der Frage auf⸗
6“
Kommissarien des
gedrängt, ob es sich nicht, und zwar sowohl im Interesse der Sache,
als auch im gemeinsamen Interesse der gesetzgebenden Faktoren
Reichs empfiehlt, die aus der gegenwärtigen Sachlage für den
Etat der Verwaltung des Reichsheeres sich ergebende Folgerung, welche
in dem Etats⸗En wurse ihren Ausdruck findet, ebenso fur die Dauer
.
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einiger Jahre festzuhalten, wie es unter gleichen Verhältnissen 1867 geschehen. Die verbündeten Regierungen sind zu einer Bejahung die⸗ ser Frage gelangt.
In der bezeichneten Denkschrift ist die Vortegung eines vollstän⸗ digen Etats der Verwaltung des Reichsheeres für das Jahr 1873 in Aussicht gestellt, und hieran wird auch jetzt noch festgehalten, allein es ist zugleich darauf hingewiesen, daß in den Etats für die Verwaltung des Reichsheeres in den nächsten Jahren, in welchen den Schwierig⸗ keiten der Ueberleitung der bisherigen Verhältnisse in die neuen, noch die Unregelmäßigkeiten hinzutreten, welche aus dem in der Oktupation noch fogctbestehenden Kriegszustande hervorgehen, die Ver⸗ hältnisse nicht von vornherein so fixirt werden können, wie dies zur Auf⸗ stellung eines die Verwaltung im Einzelnen bindenden Etats unerläßlich ist H erin finden die verbuüͤndeten Regierungen das entscheidende Motiv dafür, daß es ersprießlicher ist, diesem Sachverhalt für eine Periode von drei Jahren, während welcher seine Fortdauer anzunehmen ist, in einer entsprechenden Ausdehnung der bis Ende d. J. für den Etat der Verwaltung des Reiches geltenden Verfassungsbestimm ungen kla⸗ ren und zutreffenden Ausdruck zu geben. vorliegende Gesetzentwurf soll dieser Auffassung gerecht
Der §. 1 ordnet die durch Art. 60 der Reichzsverfassung für die Zeit vom 31. Dezember 1871 ab der Gesetzgebung Senclehe Fest⸗ stellung der Friedens⸗Präsenzstärke des Deutschen Heeres für die nächsten drei Jahre in der Weise, daß es bei der nach den gegenwärtig geltenden Bestimmungen sich ergebenden Ziffer sein Bewenden behält. Die Ziffer von 401,659 Mann liegt auch dem Etatsentwurf für 1872 zu Grunde und in der Anlage IV. zum Etat ist nachgewiesen, daß dieselbe mit einem Prozent berechnet ist, und zwar für die zum deut⸗ schen Zollgebiete gehörenden Bundesstaaten von der im Jahre 1867 ermittelten Zollabrechnungs⸗Bevölkerung, und für Elsaß⸗Lothringen von derjenigen Bevölkerungszahl, welche durch die im Jahre 1866 in Frankreich stattgehabte Volkszählung für das abgetretene Gebiet mit
1,588,905 ermittelt worden ist.
Niach der Fassung des Art. 60 der Reichsverfassung unterliegt es keinem Zweifel, daß die Bestimmung, wonach die Friedenspräsenz⸗ stärke pro rata der Bevölkerung von den einzelnen Bundesstaaten gestellt wird, unverändert auf die durch den vorliegenden Entwurf für die nächsten 3 Jahre fixirte Friedenspräsenzstärke des Deutschen Heeres Anwendung findet.
Ehenso wie die Friedenspräsenzstärke, ist im §. 1 auch die mit 225 Thlrn. per Kopf derselben berechnete Normalsumme des Militär⸗ etats ziffermäßig festgestellt.
Der weitere Inhalt dieses Paragraphen entspricht rücksichtlich des dem Kaiser zur Verfügung zu stellenden, wie des Bayern zu überweisenden Betrages den Bestimmungen im Art. 62 der Reichs⸗ verfassung, sowie den in dem Bündnißvertrage mit Bayern vom 23. November 1870 zu den Artikeln 57 bis 68 der Reichsverfassung getroffenen Abreden. Von der dem Kaiser zur Verfügung zu stellen- den Summe gehen die, einzelnen Bundesstaaten vertragsmäßig zu gewährenden Nachlässe ab, und erst nach Abrechnung dieser Nachlässe, welche für 1872 376,882 Thlr. betragen, ergiebt sich die auf Grund der Bestimmung des Gesetzentwurfs in den Etat einzurückende Ziffer. In 858 für 1872 aufgestellten Etatszentwurf wird hiernach nichts geändert.
Dagegen hat daran festgehalten werden müssen, daß die für Auf-⸗ besserung der Beamtenbesoldungen im Bereiche der Militärverwaltung erforderlichen Mittel neben der für den Etat der Verwaltung des Reichsheeres festgestellten Summe in Anspruch zu nehmen sind. Es ist daher in den §. 1 ein entsprechender Vorbehalt aufgenommen.
Die allgemeine Maßregel der Gehaltsaufbesserungen ist hervor⸗- gegangen aus einem Bedürfniß der Civilverwaltung und erstreckt sich außer auf den Reichs⸗ auch auf den preußischen Landes⸗Etat, auf welchem letzteren sie eine erheblich höhere Summe in Anspruch neh: men wird, als auf dem Reichsetat. Diese umfassende Maßregel kann jedoch nicht durchgeführt werden, ohne die entsprechenden Kategorien der Militärbeamten in gleicher Weise zu bedenken wie die Civilbeam⸗ ten. Wenn der hierzu erforderliche Betrag nur einen Bruchtheil der⸗- jenigen Summe bildet, welche für die Besoldungsverbesserungen auf den Reichsetat gebracht ist, so tritt sie ganz in den Hintergrund gegen den Betrag, den die Maßregel im Ganzen innerhalb und auferthalb des Reichsetats in Anspruch nehmen wird.
Die verbündeten Regierungen glauben davon ausgehen zu dürfen, daß aus dieser nothwendigen Uebernahme der für die Besoldungs⸗ Verbesserungen im Bereich der Militärverwaltung für die nächsten drei Jahre erforderlichen Mittel auf die allgemeinen Fonds finanzielle Bedenken gegen die gesammte Maßregel nicht erwachsen können.
Da Bayern nach Nr. II. der besonderen Bestimmungen zu den Artikeln 61 bis 68 der Reichsverfassung verpflichtet ist, für sein Kon⸗ tingent und die zu demselben gehörigen Einrichtungen einen gleichen Geldbetrag zu verwenden, wie nach Verdältniß der Kopfstärke durch den Militäretat für die übrigen Theile des deutschen Heeres festgesett wird, so mußte in dem §. 1 am Schluß eine Bestimmung dahin ge⸗ troffen werden, daß der an Bayern zu überweisenden Summe der verhältnißmäßige Betrag der für Militärbeamte vorgesehenen Gehalts- verbesserungen hinzuzufügen ist. Da die unter Kap. 10 des Etats zu Besoldungsverbesserungen für Militärbeamte der übrigen Theile des deutschen Heeres vorgesehene Summe nach Art. XIV. 337,698 ¾⅜ Thlr. beträgt, so berechnet sich der entsprechende, für Bayern jäbrlich der Pauschsumme hinzuzufügende Betrag auf 46,099 Thlr. Dieser Be⸗ trag wird in dem Etat für 1872 der unter Nr 10 der fortdauernden Ausgaben ausgrlassenen (zuvor nach Anl. XIV. zu berichtigenden) Summe hinzuzufügen sein, wodurch sich dieselbe auf 1,334 319 erhöht. Um einen gleichen Betrag von 46 099 Thlrn. erhöht sich in Folge dessen der Matrikularbeitrag Bayerns. G—