1871 / 189 p. 9 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 07 Dec 1871 18:00:01 GMT) scan diff

Gerichts oder desjenigen Gerichts, welches die Veräußerung der Grundstücke und Gerechtigkeiten solcher Personen aus freier Hand zu genehmigen befugt ist. 1

Lehns⸗ und Fideikommiß⸗Besitzer sind befugt, diese Verträge unter Zustimmung der beiden nächsten Agnaten abzuschließen, sofern die Stiftungs⸗Urkunden oder besondere gesetzliche Bestimmungen jene Ver⸗ äußerungen nicht unter erleichterter Form gestatten.

Im Bezirk des Appellations⸗Gerichtshofes zu Coͤln sind die Ver⸗ treter der Minorennen, Abwesenden, Interdizirten und anderer un⸗ fähiger Personen, sowie der Fallitmassen 8 gültig in die Ver⸗ äußerung zu willigen, wenn sie dazu von dem Gericht auf Antrag in der Rathskammer nach Anhörung des öffentlichen Ministeriums er⸗ mächtigt sind. Diese Vorschrift findet auch auf Dotal⸗ und Fidei⸗ kommißagrundstücke Anwendung.

§. 15. Auf Antrag des Unternehmers erfolgt das Verfahren be⸗ buf⸗ Feststellung der zu enteignenden oder zu beschränkenden Grund⸗

ücke. Zu diesem Behufe hat derselbe der Bezirks⸗Regierung für jeden Gemeinde⸗ oder Gutsbezirk einen Auszug aus dem festgestellten Plane nebst Anlagen 13) und ein Vermessungsregister vorzulegen, welche eine genaue Bezeichnung der in dem betreffenden Bezirke abzutretenden oder zu belastenden Grundstücke nach ihrer Lage, Größe, Kulturart und, wo ein Kataster besteht, unter Angabe der Nummer der Flur und des Grundstücks, ferner die Art und den Umfang der Belastung, somss die Namen und den Wohnort der Eigenthümer enthalten müssen.

§. 16. Plan nebst Anlagen sind in den betreffenden Gemeinde⸗ und Gutsbezirken, in welchen die in Anspruch zu nehmenden Grund⸗ 8 gelegen sind, während 14 Tagen zu Jedermanns Einsicht offen zu legen. 1

Die Zeit der Offenlegung ist ortsüblich bekannt zu machen. Weährend dieser Zeit kann jeder Grundeigenthümer Einwendung dahin erheben, daß die Ausführung des Unternehmens die Entziehung oder Beschränkung seines Eigenthums nicht erfordert. Auch der Vor⸗ stand des Gemeinde⸗ oder Gutsbezirks hat das Recht, Einwendungen zu erheben, welche sich auf die projekrirte Richtung des Unternehmens oder auf Anlagen der im §. 12 gedachten Art beziehen.

17. Nach Ablauf der Frist (§. 16) werden die Einwendungen gegen den Plan in einem noͤthigenfalls an Ort und Stelle abzuhal⸗ tenden Termin vor einem von der Bezirks⸗Regierung zu ernennenden Kommissar erörtert.

Zu dem Termine werden der Unternehmer, die Reklamanten und der Vorstand des Gemeinde⸗ oder Gutsbezirks vorgeladen und mit ihrer Erklärung gehört. Dem Regierungs⸗Kommissar bleibt es über⸗ lassen, Sachverständigen, deren Gutachten erforderlich ist, zuzuziehen. 1

Diese Verhandlungen haben sich nicht auf solche Einwendungen zu erstrecken, welche auf den Werth der abzutretenden oder zu be⸗ Grundstücke oder auf die Entschaäͤdigungsfrage sich be⸗

iehen. §. 18. Der Kommissarius hat sofort nach Beendigung der Ver⸗ handlungen letztere der Bezirksregierung vorzulegen, welche prüft, ob die vorgeschriebenen Foöͤrmlichkeiten beobachtet sind, und sodann mittelst motivirten Beschlusses: 1) über den Gegenstand, dessen Abtretung oder Benutzung verlangt wird, über die Größe und die Grenze des abzu⸗ tretenden Terrains, sowie über die Art und den Umfang der bean⸗ spruchten Eigenthumsbeschränkungen, soweit die Königliche Verordnung 2) hierüber keine Bestimmung enthält; 2) über die Anlagen, zu deren Errichtung wie Unterhaltung der Unternehmer verpflichtet ist (§. 12) entscheidet. 8

§. 19. Gegen die Entscheidung der Bezirksregierung über die im §. 18 Nr. 1 und 2 bezeichneten Punkte steht beiden Theilen der Re⸗ kurs an die vorgesetzte Ministerialinstanz offen.

§. 20. Das Rechtsmittel muß bei Verlust desselben innerhalb

der aͤuf den Tag der Zustellung des Beschlusses folgenden zehn Tage bei der Bezirksregierung eingelegt werden. Die Regierung hat die Rekursschrift dem Gegner zur Beantwortung innerhalb einer acht⸗ bis vierzehntägigen präklusivischen Frist mitzutheilen und die Akten nach deren Ablauf an den zuständigen Minister zur Entscheidung ein⸗ usenden. 19 2) Von dem Verfahren über Feststellung und Zah⸗ lung der Entschädigung und Einweisung des Unterneh⸗ mers in den Besitz. §. 21. Der Antrag auf Feststellung und Er⸗ mittelung der Entschädigung ist von dem Unternehmer schriftlich bei der Bezirksregierung einzubringen.

Der Anirag muß außer der genauen Bezeichnung des abzutreten⸗ den oder zu belastenden Grundstücks (§. 15) die Art und den Umfang der Belastung und den Namen nebst Wohnort des Eigenthümers und der sonstigen Entschädigungsberechtigten enthalten. 8

Der Unternehmer ist berechtigt, zur Ermittelung dieser Verhält⸗ nisse bei den betreffenden Behörden die Einsicht der Grundbücher (Hypothekenbücher, Stockbücher, Währschaftsbücher) oder Auszüge aus denselben gegen Erstattung der Kopialien zu beantragen.

§. 22. Der Entscheidung der Bezirksregierung muß eine kom⸗ missarische Vengae g 21 den 11.“ unter Vorlegung des definitiv festgestellten Planes vorangehen .

Der falügesten us hat die Entschädigungsberechtigten, sowie den Unternehmer zu einem nöthigenfalls an Ort und Stelle abzuhalten⸗ den Termine vorzuladen. Der Unternehmer, sowie die Eigenthümer und sonstigen bekannten Entschädigungsberechtigten sind unter der Verwarnung zu laden, daß bei ihrem Ausbleiben mit Ermittelung der Entschädigung verfahren werden würde.

Die nicht bekannten Entschädigungsberechtigten sind unter der⸗ selben Verwarnung durch eine in dem Regierungs⸗Amtsblatt und in dem betreffenden Kreisblatt, sowie geeigneten Falls in sonstigen Blättern bekannt zu machenden Vorladung zu dem Termine zu laden.

n dem Termine ist jeder an dem zu enteignenden Objekte di lich Berechtigte befugt, zu erscheinen und jerte din⸗. stellung der Entschädigung wahrzunehmen.

In dem Termin §. 8. Absatz 1 und 2 und der Grundeigenthümer seine Anträge auf vollständige Uebernahme eines theilweise in Anspruch genommenen (§. 9) anzubringen. Spätere Anträge dieser Art sind unzulässig.

§. 23. Zu der kommissarischen Verhandlung sind ein oder dreg Sachverständige zuzuziehen, welche von der Eöö entweder für das ganze Unternehmen oder einzelne Theile desselben zu ernennen sind. Doch steht auch den Interessenten zu, sich vor dem Abschätzungs. iesmine ger Sachverständige zu einigen und dieselben dem Kommissar zu bezeichnen. .

Die ernannten Sachverständigen müssen die in den betreffenden Prozeßgesetzen vorgeschriebenen Eigenschaften eines voͤllig glaubwürdi. gen Zeugem besitzen; dieselben dürfen insbesondere nicht zu denjenigen Personen gehören, die selbst als Besitzer oder Entschädigungsberechtigte von der Expropriation betroffen sind.

. 24. Der Kommissar hat eine Vereinbarung der Betheiligten zu Protokoll zu nehmen und eine Ausfertigung desselben auf Ver⸗ langen den Betheiligten zu ertheilen.

Das Protokoll hat die Kraft einer gerichtlichen oder notariellen

Urkunde. In Bezug auf die Rechtsverbindlichkeit der vor dem Kom⸗ missar abgeschlossenen Verträge kommen die Bestimmungen des §.15, Alinea 2, 3, und 4 zur Anwendung.

.25. Das Gutachten wird von den Sachverständigen entweder mündlich zu Protokoll erklärt oder schriftlich eingereicht. In beiden Fällen muß dasselbe mit Gründen unterstützt und beeidet werden. Sind die Sachverständigen ein für allemal als solche vereidet, so ge⸗ nügt die Versicherung der Richtigkeit des Gutachtens auf den geleiste⸗ ten Sachverständigeneid im Protokoll oder unter dem schriftlich ein⸗ gereichten Gutachten. 8

Den Betheiligten ist vor der Entscheidung der Bezirksregierung (§. 26) Gelegenheit zu geben, über das Gutachten sich auszusprechen.

§. 26. Die Entscheidung der Bezirksregierung über den Betrag der Entschädigung und die etwa zu bestellende Kaution erfolgt mittelst motivirten Beschlusses. feß vg. Entschädigungssumme ist für jeden Betheiligten besonders estzustellen.

In dem Beschlusse ist zugleich zu bestimmen, daß ber Unternehmer in den Besitz des zu enteignenden Grundstücks nach erfolgter Zahlung c5 tetsentng der Entschädigungs⸗ oder Kautionssumme einzu⸗ weisen sei.

Die Regierung hat das Ergebniß der Bezutachtung durch Sach⸗ verständige nach freier Ueberzeugung zu wüͤrdigen.

27. Im Bezirke des Appellationsgerichtshofes zu Cöln ist der Beschluß der Regierung über die evpentuelle Einweisung des Unter⸗ nehmers in den Besitz behufs dessen Ueberschreibung in das Hypothe⸗ kenregister gemäß Artikel 2181 des Rheinischen Civilgesetzbuchs dem Hypothekenbewahrer mitzutheiten. 8 .

§. 28. Gegen die Entscheidung der Regierung über die zu lei⸗ stende Entschädigung, über die zu bestellende Kaution und über die aus §§. 8 bis 11 sich ergebenden Verpflichtungen steht beiden Theilen innerhalb dreier Jahre nach Zußtellung des Regierungsbeschlusses die Provokation auf richterliche Entscheidung zu.

8 anbtg ls das Gericht, in dessen Bezirk das betreffende Grund⸗ ück belegen ist. Das Gericht ernennt die zum Zwecke der Werthermittelung er⸗ forderlichen Sachverständigen und kann die Parteien zur Bezeichnung von Personen auffordern, welche geeignet sind, als Sachverstaͤndige vernommen zu werden.

Das Ergebniß der Begutachtung durch Sachverständige hat jedoch das Gericht nach freier Ueberzeugung zu würdigen. 8

§. 29. Alle Vorladungen und Zustellungen, welche in dem Ver⸗ fahren Titel III. erforderlich sind, sind gülrig, wenn sie unter Beob⸗ achtung der für gerichtliche Insinuationen bestehenden Vorschriften erfolgt sind. Die vereideten Verwaltungsbeamten haben dabei den Glauben der zur Zustellung gerichtlicher Verfügung bestellten Beamten.

§. 30. Die Einweisung in den Bresitz wird, sofern nicht die Be⸗ theiligten ein Anderes verabredet haben, von der Bezirksregierung ver⸗ fügt, wenn nachgewiesen ist, daß die durch Vertrag vor dem Kom⸗ missar (cfr. §. 24) bestimmte oder durch Beschluß der Regierung oder Urtheil des Gerichts rechtskräftig feststehende Entschädigungs⸗ oder Kautionssumme gezahlt oder hinterlegt ist. .

§. 31. In dringlichen Fällen kann die Regierung eine sofortige Besitz⸗Einweissung anordnen, wenn die durch ihren noch nicht rechts⸗ kräftigen Beschluß (§. 26) festgestellte Entschädigungs⸗ oder Kautions⸗ summe gezahlt oder hinterlegt ist.

§. 32. Jeder Betheiltgte kann binnen acht Tagen nach dem ihm bekannt gemäachten, die Dringlichkeit aussprechenden Beschlusse verlan⸗ gen, daß der sofortigen Besitzeinweisung eine Feststellung des Zustan⸗ des von Gebäuden oder künstlichen Anlagen voraufgehe.

Dieselbe ist bei dem Gerichte (Friedensgerichte) der belegenen Sache mündlich zu Protokoll oder schriftlich zu beantragen.

Das Gericht hat den Termin schleunigst und nicht über acht Tage hinaus anzuberaumen und hiervon die Betheiligten und die Regierung zeitig zu benachrichtigen.

Die Zuziehung eines oder mehrerer Sachverständigen kann aug von Amtswegen angeordnet werden. Sind die Personen über die Sachverständigen nicht einig, so ernennt das Gericht dieselben.

Die Einweisung in den Besitz kann nicht vor Beendigung dieso Verfahrens erfolgen, wovon das Gericht die Regierung zu benachti tigen hat. . 8 8

§. 33. Wenn der Unternehmer von dem ihm verliehenen Expe priatlonsrechte nicht binnen der von dem zuständigen Minister be

sein Interesse an der Fest. hat der Unternehmer seine Einwendungen aus

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ten Frist Gebrauch macht, oder nen z ee „Sen die Festsetzung der Entschädigung durch Beschluß der Re⸗ erfolgt ist, so erlischt jenes Recht gegen den Eigenthümer des sücks. Der Unternehmer haftet in diesem Falle dem Eigen⸗

bümer oder sonstigen Entschädigungsberechtigten für die Nachtheile,

belche demselben durch das Expropriationsverfahren erwachsen find.

Tritt der Unternehmer zurück, nachdem bereits die Feststellung er Entschädigung durch Beschluß der Regierung erfolgt ist, so wird erselbe von der Zahlung der durch diesen Beschluß oder durch Urtheil es Gerichts festgestellten Entschädigung nicht befreit. Auch können ie Entschädigungsberechtigten das abhängig gemachte Verfahren fort⸗ tzen und demnächst aus dem rechtskräftigen Urtel Exekution auf zahlung der Entschädigungssumme gegen den Unternehmer nachsuchen. 52 §§. 34. Das Vorkaufs⸗ und Wiederkaufsrecht steht dem Eigen⸗ hümer nach denselben gesezlichen Grundsätzen zu, welche in Gemäͤß⸗ heit der §§. 16 bis 19 des Gesetzes über die Eisenbahn⸗Unternehmun⸗ en vom 3. November 1838 in dieser Beziehung den Eisenbahn⸗ gegenüber gelten. Die Entschädigungssumme wird an denjenigen bezahlt, ür welchen die Feststellung stattgefunden hat.

Dieselbe wird in Ermangelung abweichender Vertragsbestimmun⸗ gen von dem Unternehmer mit fuͤnf Prozent vom Tage der Ein⸗ beisung in den Besitz verzinst, soweit sie zu dieser Zeit nicht bezahlt

der hinterlegt ist.

Wird die durch Beschluß der Regierung festgesetzte Entschädigungs⸗ umme durch die gerichtliche Entscheidung herabgesetzt, so erhält der nternehmer den gezahlten Mehrbetrag ohne Zinsen, den hinterlegten Mehrbetrag aber mit den davon in der Zwischenzeit aufgesammelten

Sinsen zurück.

§. 36. Der Unternehmer ist verpflichtet, die Entschädigungs⸗

summe zu hinterlegen: 1) wenn neben dem Eigenthümer Entschädigungs⸗ Berechtigte vorhanden sind, deren Ansprüche an die Entschädigungs⸗

umme zur Zeit nicht feststehen; 2) wenn das betreffende Grundstuück chn⸗, Fideikommiß, oder Stammgut ist, oder im Erbgutsverbande

sicht; 3) wenn Reallasten oder Hypotheken auf dem betreffenden Grundstücke haften.

Die Hinterlegung erfolgt im Bezirke des Appellationsgerichtshofes zu Cöln bei der Depositenkasse, in Nassau bei der Landesbank und in

den uüͤbrigen Theilen der Monarchie bei dem Gerichte, unter dessen

Jurisdiktion das betreffende Grundstück belegen ist, wenn das Gut aber ein im (HGeltungsbezirke des Allgemeinen Landrechts belegenes

Fideikommiß oder Lehn ist, zum Depositorium des Gerichts, bei

belchem Lehns⸗ oder Fideikommißs⸗Kapitalien niederzulegen sind.

Nur beim Widerspruch des Depositen findet über die Rechtmäßig⸗ eit der Deposition ein gerichtliches Verfahren statt. b SF. 37. Betrifft die Expropriation ein grundsteuerpflichtiges Grund⸗ ück, dessen Katastral⸗Reinertrag mehr als 1 Thir. ist, und beträgt die

Entschädigungssumme nicht mehr als 25 Thlr, oder handelt es sich

m Entschädigung für Entziehung von Nutzungen, so stehen der Lehns⸗, Fideikommiß-, Stammguts⸗ oder Erbgutsverband, sowie die auf dem Grundstuͤcke haftenden Reallasten und Hypotheken der Auszahlung 9 Entschädigungssumme an den Entschädigungs⸗Berechtigten nicht ntgegen.

§. 38. Die Kosten des administrativen Verfahrens trägt der nternchmer. Fuͤr die Verrichtungen des Friedensgerichts (§. 30) verden die Gebühren nach der Gebührentaxe für die Friedensgerichte m Bezirke des Appellations⸗Gerichtshofes zu Cöln vom 23. Mat 859 (Gesetz⸗Samwl. S. 309) berechnet.

Fäür Prozesse über die Entschädigungssumme werden die nach den Gebühren⸗Taxen zulässigen Kosten und Stempel erhoben.

Sämmtliche uͤbrige Verhandlungen der Gerichte und Administra⸗ v⸗Behörden, welche den Erwerb des Grundeigenthums und die Fest⸗ jellung der Entschädigung zum Gegenstande haben, sowie die Quit⸗ ungen und Konsense der Hypothekarien sind gebühren⸗ und stempel⸗ lei. Auch werden keine Beposital⸗Gebühren angesetzt.

§. 39. Das

Titel IV. Wirkungen der Expropriation. Eigenthm des enteigneten Grundstücks geht mit dem Zeitpunkte der eng des Unternehmers in den Besitz auf den Unternehmer

Diese Vorschrift gilt auch in den Landestheilen, in denen nach en allgemeinen Gesetzen der Uebergang des Eigenthums von der inschreibung in die Stock⸗ oder Hypothekenbücher oder von der Ein⸗ eichung des Vertrages bei dem Realrichter abhängig gemacht ist. §. 40. Die enteigneten Grundstücke werden mit dem §. 39 be⸗ immten Zeitpunkt von allen darauf haftenden, auf privatrechtlichen iteln beruhenden Verpflichtungen frei, soweit der Unternehmer die⸗ lben nicht vertragsmäßig übernommen hat.

Die Entschädigung tritt rücksichtlich aller Eigenthums⸗, Nutzungs⸗ nd sonstigen Realansprüche, insbesondere der Reallasten und Hypo⸗ heken, an die Stelle des enteigneten Gegenstandes.

§. 41. Ist ein zu dem Unternehmen erforderliches Grundstück dne Vermitkelung der Regierung durch Vertrag an den Unternehmer getreten, so geht das Eigenthum desselben auf den Unternehmer dach den in den verschiedenen Landestheilen für den Kaufvertrag vor⸗ schr ebenen Grundsätzen über. Die rechtlichen Folgen des §. 40 eten auch in diesem Falle ein. Die Hypothekengläubiger und Real⸗ krechtigten können jedoch, wenn ihre Forderungen durch die Entschä⸗ gungssumme nicht gedeckt werden, deren Festsetzung im Rechtswege ach Maßgabe der im §. 28 über die Ermittelung der Entschädigung ufgestellten Beweisvorschriften gegen den Unternehmer fordern. §. 42. Ist das zu dem Unternehmen erforderliche Grundstück . Fideikommiß⸗ oder Stammgut, oder gehört dasselbe dem Erb⸗ verbande an, so ist der Besitzer des Guts, mit Ausnahme des §. 37 vorgesehenen Falles, über die Entschädigungssumme nur den Vorschriften zu verfügen befugt, welche in den verschiedenen

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heilen für die Verfügungen über Lehns⸗ oder Fideikommiß⸗ Kapitalien oder Stamm⸗ und Erbgüter maßgebend dec §. 43. Ist das zu dem Unternehmen erforderliche Grundstück freies Eigenthum, aber mit Reallasten oder Hypotheken behaftet, so kann der Eigenthümer, mit Ausnahme des im §. 37 vorgesehenen Falles, über die Entschädigungssumme nur verfügen, wenn die Realberechtigten oder Hypothekengläubiger einwilligen.

.44. Der Eigenthümer des Grundstäcks ist jedoch in den Fällen der §§. 42 und 43 befugt, wegen Auszahlung oder Verwen⸗ dung der hinterlegten Entschädigungssumme die Vermittelung der Auseinandersetzungs⸗Behörden für Regulirung gutsherrlicher und bäuerlicher Verhältnisse, Ablösungen und Gemeinheits theilungen in diah-. Iac. se

Die Auseinandersetzungsbehörde hat die bei ihr eingehenden Anträge nach den Bestimmungen zu beurtheilen 8 8 er⸗ ledigen, welche wegen Wahrnehmung der Rechte dritter Personen bei Verwendung der Abloösungskapitalien in den —. 110 bis 112 des Gesetzes vom 2. März 1850, betreffend die Ablösung der Rrallasten und Regulirung der zutsherrlichen und bäauerlichen Ver⸗ hältnisse, ertheilt worden sind.

Diese Vorschrift kommt in den Landestheilen des linken Rhein⸗ ufers, in der Provinz Hannover, in der Provinz Schleswig⸗Holstein und den Theilen des Regierungsbezirks Wiesbaden, in welchen die Verordnungen vom 13. Mai 1867 (Geset⸗Samml. S. 716) und 2. September 1867 (Gesetz⸗Samml. S. 1463) nicht eingeführt sind, nicht zur Anwendung, vielmehr bleibt es hier bei den bisher bestehen⸗ den Vorschriften.

§. 45. Die Eintragung des Eigenthumswechsels in das Hypo⸗ thekenbuch erfolgt auf Requisition der Bezirksregierung, wenn die Einweisung in den Besitz durch die Regierung erfolgt ist.

Im Bezirk des Justiz⸗Senats zu Ehrenbreitstein ist der erfolgte Besitzwechsel den Kreisgerichten mitzutheilen.

Im vormaligen Herzogthum Nassau ist derselbe den Amts⸗ gerichten zur Ueberschreibung in die Stockbücher, in Oberhessen behufs Ueberschreibung in die Mutationdbregister mitzutheilen. Der Ein⸗ weisungsbeschluß der Regierung in den Besitz steht hierbei dem Er⸗ kenntnisse des Gerichts gleich.

Titel V. Besondere Bestimmungen über Entnahme von Materialien zum Bau öffentlicher Wege. §. 46. Die zum Bau und zur Unterhaltung öffentlicher Wege erforderlichen Feld⸗ und Bruchsteine, Kies, Rasen, Sand, Lehm und andere Erde ist, so⸗ weit der Wegebaupflichtige nicht diese Materialien in brauchbarer Beschaffenheit und angemessener Nähe auf eigenen Grundstücken för⸗ dern kann, und der Eigenthümer sie nicht selbst gebraucht, ein Jeder verpflichtet, nach Anordnung der Behöͤrde, von seinen landwirthschaft⸗ lichen und Forst⸗Grundstücken, seinem Unlande oder aus seinen Ge⸗ wässern entnehmen und das Aufsuchen derselben durch Schürfen, Bohren u. s. w. daselbst unter Kontrolle des Eigenthümers sich ge⸗ fallen zu lassen.

Der Wegebaupflichtige hat 1) für die Beschädigung der Substanz des Grundstücks und für die entzegenen Nutzungen, 2) für die etwa bereits wirthschaftlich aufgewendeten Werbungs⸗-, Sammlungs⸗ und Bereitungskosten vollständigen Ersatz zu leisten und außerdem 3) den Werth der Materialien, jedoch nur dann und insoweit zu vergüten, als solche schon vorher einen Kaufwerth erlangt haben.

§. 47. Der zur Entschädigung Berechtigte hat keinen Anspruch darauf, daß derjenige Mehrwerth zur Berechnung gezogen werde, welchen die abgetretenen Materialien erst durch den Wegebau erhalten.

§. 48. Wenn ein Grundstück zur Gewinnung der Materialien hauptsächlich bestimmt ist, und letztere für den Wegebau in solchem Maße in Anspruch genommen werden, daß das Grundstück deshalb dieser Bestimmung gemäß nicht ergiebig benutzt werden kann, so kann der Eigenthümer gegen Abtretung des Grundzgücks selbst an den Wegebaupflichtigen den Ersatz des Werths desselben verlangen.

§. 49. In Ermangelung einer gütlichen Einigung dürfen die dem Wegebaupflichtigen zußändigen Rechte nicht zur Ausführung gebracht werden, bevor derselbe in das abzutretende Grundstück, bezichungs⸗ weise in die auf demselben auszuübenden Rechte eingewiesen ist.

Dieser Einweisung muß voraufgehen: 1) die auf Grund voll⸗ ständiger Erörterung im kontradiktsrischen Verfahren zwischen den Betheiligten von dem Landrath resolutorisch zu treffende Entscheidung, in welcher die dem Wegebaupflichtigen gegen den Grundbesitzer einzu⸗ räumenden Rechte nach Gegenstand und Umfang speziell zu bezeichnen sind, und die dafür zu gewährende Entschädigung auf Grund sach⸗ verständiger Abschätzung oder geeigneten Falls die dafür zu bestellende Sicherheit vorläufig festzusetzen ist; 2) die Zahlung oder Sicherstellung der Entschädigung auf Grund der vorläufigen Feststellung.

Gegen das Resolut ad 1 steht beiden Theilen der Rekurs an die Regierung binnen einer Präklusivfrist von 10 Tagen nach Zustellung des Resoluts des Landraths, gegen die Feststellung der Entschädigung sub 2 die Provokation auf gerichtliche Entscheidung binnen einer Präklusivfrist von 3 Jahren vom Tage der Zustellung des Resoluts ad 1 oder, wenn gegen dasselbe Rekurs an die Regierung eingelegt ist, 8 der Zustellung der Entscheidung der Regierung an ge⸗ rechnet, zu.

Die Einweisung in den Besitz ist nur nach Ablauf der zur Ein⸗ legung des Rekurses gegen das Resolut sub 1, oder nach Erlaß der definitiven Entscheidung der Regierung zulässig.

Wegen Auszahlung der Entschädigungssumme findet die im §. 35 gegebene Bestimmung Anwendung.

Titel VI. Schluß⸗ und Uebergangs⸗Bestimmungen. §. 50. Dieses Gesetz findet keine Anwendung: 1) auf die in beson⸗ deren Gesetzen oder im Gewohnheitsrechte begründete Entziehung oder Beschränkung des Grundeigenthums im Interesse der Landeskultur, als: bei Regulirung gutsherrlicher und bäuerlicher Verhältnisse, bei Ablösung von Reallasten, Gemeinheitstheilungen, Vorfluths⸗Ange⸗

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