1871 / 190 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 08 Dec 1871 18:00:01 GMT) scan diff

2. Die Ober⸗Rechnungskammer besteht aus ein denten und der erforderlichen Zahl von Direktoren und Räthen.

Dieselben werden von dem Könige ernannt, der Präsident auf den Vorschlag des Staats⸗Ministeriums, die Direktoren und Räthe auf den Vorschlag des Präsidenten der Ober⸗Rechnungskammer unter Gegenzeichnung des Vorsitzenden des Staats⸗Ministeriums.

Niemand kann die Stelle eines Präsidenten oder anderen Mit⸗ gliedes der Ober⸗Rechnungskammer bekleiden, welcher nicht als Regie⸗ rungs⸗ oder Appellationsgerichts⸗Rath oder in einem anderen Amte von gleichem oder höherem Range angestellt gewesen ist.

Die Anstellung als Rath der Ober⸗Rechnungskammer kann erst nach Ableisung eines nicht über sechs Monate auszudehnend en Probe⸗ dienstes erfolgen.

§ 3. Die Mitglieder der Ober⸗Rechnungskammer unterliegen den Vorschriften der Gesetze über die Dienstvergehen der Richter u. s. w. vom 7. Mai 1851 (Ges⸗S. S. 218) und vom 26. März 1856 (Ges.⸗S. S. 201) unter folgenden näheren Bestimmungen:

Das Ober⸗-⸗Tribunal ist dar zuständige Diszipeinargericht für den Präsidenten, die Direktoren und die übrigen Mitglieder der Ober⸗ Rechnungskammer. Die im §. 13 des Gesetzes vom 7. Mai 1851 vorgeschriebene Mahnung an Direttoren und Räthe der Ober⸗Rech⸗ nungskammer zu erlassen, steht dem Präsidenten derselben zu.

Die im § 58 ebendaselbst vorgeschriebene Verrichtung wird in Ansehung des Präsidenten der Ober⸗Rec nungskammer von dem ersten Präsidenten des Ober-⸗Tribunals auf Grund eines Beschlusses dieses Gerichtshofes (§. 59 a. a O.) in Ansehung der übrigen Mitglieder von dem Präsidenten der Ober⸗Rechnungskammer wahrgenommen.

Die unfreiwillige Versetzung eines Mitgliedes der Ober⸗Rechnungs⸗ kammer kann mit Beibehaltung seines Ranges in ein anderes richter⸗ liches oder Verwaltungs⸗Amt, für welches dasselbe die gesetzliche Qua⸗ lifikation besitzt, erfolgen.

Der ig Gemäßheit des § 54 des Gesetzes vom 7. Mai 1851 vorzulegende Befehl wird vom Staats⸗Ministerium erlassen.

In dem Falle des §. 63 a. a. O. wird der Beschluß, wenn er den Präsidenten betrifft, dem Staats⸗Ministerium, wenn er andere Mitglieder der Ober⸗Rechnungskammer betrifft, dem Präsidenten der⸗ selben übersendet. b

. 4. Vater und Sohn, Schwiegervater und Schwiegersohn, Brüder und Schwager dürfen nicht zugleich Mitglieder der Ober⸗ Rechnungskammer sein.

§. 5. Nebenäntter oder mit fortlaufender Remuneration verbun⸗ dene Nebenbeschäftigungen dürfen dem Präsidenten und den Mitglie⸗ dern der Ober⸗Rechnungskammer weder übertragen, noch von ihnen übernommen werden. b

Ebensowenig koͤnnen die gedachten Beamten Mitglieder eines der Häuser des Landtages sein.

§ 6. Dem Präsidenten der Ober⸗Rechnungskammer steht unter selbständiger Verantwortlichkeit die oberste Leitung des Geschäfis⸗ betriebes, die Anstellung der Beamten der Ober⸗Rechnungskammer mit Ausschluß ihrer Mitglieder, sowie die Disziplin über sämmtliche Beamte drr Ober⸗Rechnungskammer mit gleichen Befugnissen, wie den Ministern rücksichtlich der ihnen untergeordneten Beamten zu.

Die entscheidende Disziplinarbehörde für die Beamten, welche nicht zu den Mitgliedern gehören, ist der Disziplinarhof zu Berlin.

§. 7. Die Ober⸗Rechnungskammer faßt ihre Beschlüsse nach

timmenmehrheit der Mitglieder, einschließlich des Vorsitzenden, welcher bei gleicher Theilung der Stimmen durch die seinige den Ausschlag iebt. b Die kollegialische Berathung und Beschlußfassung ist jedenfalls erforderlich, wenn 1) an den König Bericht erstattet, 2) die für die Häuser des Landtages bestimmten Bemerkungen 17 Nr. 2 bis 4) festgestellt, 3) allgemeine Grundsätze aufgestellt oder bestebende abge⸗ ändert, 4) allgemeine Instruktionen erlazssen und 5) über Anordnun⸗ gen der obersten Verwaltungsbehörden Gutachten abgegeben werden sollen.

§. 8 Der Revision durch die Ober⸗Rechnungskammer unterliegen zuvörderst alle diejenigen Rechnungen, durch welche die Ausführung des festgestellten Stgatshaushalts⸗Etats (Art. 99 der Verfassungs⸗ Urkunde) und der sämmtlichen Etals und sonstigen Unterlagen, auf welchen derselbe beruht, dargethan wird, insbesondere also:

1) die Rechnungen der Staatsbehörden, Staatsbetriebs⸗Anstalten und staatlichen Institute über Einnahmen und Ausgaben von Staats⸗ geldern, 2) soweit nicht in einzelnen Fällen statutarische oder ver⸗ tragsmäßige Bestimmungen eine Ausnahme begründen, die Rechnun⸗ gen aller derjenigen nicht staatlichen Institute, welche aus Staats⸗ mitteln unterhalten werden, oder veränderliche Zuschüsse nach Maß⸗ gabe des Bedürfnisses aus der Staatskasse erhalten, oder mit Ge⸗ wéährleistung des Staates verwaltet werden, sobald und so lange diese Garantie verwirklicht werden soll. 8

Der Ober⸗Rechnungskammer wird namentlich unter Aufhebung der entgegenstehenden Anordnungen die Reviston der von der See⸗ handlung geführten Balancen und Bücher übertragen, wogegen es hinsichtlich der Rechnungen der Preußischen Bank bei den bestehenden Anordnungen bewendet. Die Rechnungen der Bureaukasse, der Ober⸗ ..*“ unterliegen der alleinigen Revision des Präsidenten derselben. 8

Ausgenommen von der Revision durch die Ober⸗Rechnungskammer sind allein die Rechnungen über die in dem Etat für das Bureau des Staats Ministeriums zu allgemeinen politischen Zwecken und in dem Etat des Ministeriums des Innern zu geheimen Ausgaben im Inter⸗ esse der Polizei ausgesetzten Fonds.

§. 9. Zur Revision der Ober⸗Rechnungskammer gelangen ferner 1) die Rechnungen der Staatsbehörden, Staatsbetriebs⸗Anstalten und staatlichen Institute über Naturalsen, Vorräthe, Materialien und

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v.“ 8 8 1“ Staates, 2) die Rechnungen derjenigen Institute, Anstalten gen und Fonds, welche lediglich von Staatsbehörden oder duentnn. Staatswegen angestellte Beamte, ohne Konkurrenz der Interessenten bei der Rechnungs⸗Abnahme und Quittirung, verwaltet werden, glei viel ob sie Zuschüsse vom Staate erhalten oder nicht. 9.

Inwieweit den zu 1 erwähnten Rechnungen die Inventarien bei zufügen sind, oder nur deren regelmäßige Führung nachzuweisen it bleibt der Bestimmung der Ober-Rechnungskammer nach Verschieden, heit der Kassen und Institute überlassen.

§. 10. Von den in den §§. 8 und 9 bezeichneten Rechnungen ist die Ober⸗Rechnungskammer diejenigen, welche von untergeordneter Bedeutung sind, innerhalb der bisher bestandenen Grenzen ven ihrer regelmäßigen Prüfung auszuschließen, und die Revision so wie die Dechargirung derselben den Verwaltungsbehörden zu überlassen he. recht gt, bis darüber bei eintretendem Beduüͤrfniß durch Königliche Ver⸗ ordnung anderweitige Verfügung getroffen wird; der Ober. Rechnungs. kammer verbleibt aber die Befugniß, von Zeit zu Zeit dergleichen Rechnungen und Nachweisungen einzufordern, um sich zu überzeugen daß die Verwaltung der Fonds, worüber sie geführt werden, vor,

§. 11. ie Revision der Rechnungen ist außer der Rechnungs. Just fikation noch besonders darauf zu richten, ob bei der ErHereae der Benutzung und der Veräußerung von Staatseigenthum und bei der Erhebung und Verwendung der Staatseinkünfte, Abgaben und Steuern, nach den bestehenden Gesetzen und Vorschriften, unter ge⸗ 11e“ der maßgebenden Verwaltungsgrundsätze verfahren K8. 12. Die Ober⸗Rechnungskammer ist berechtigt, von den Behör jede, bei Prüfung der Rechnungen und Nachweisungen für erfeede erachtete Auskunft, sowie die Einsendung der bezüglichen Bücher und Schriftstücke auch von den Provinzial⸗ und den denselben unterge⸗ ordneten Behörden die Einsendung von Akten zu verlangen.

Der Präsident der Ober⸗Rechnungskammer ist befugt, Bedenken und Erinnerungen gegen die Rechnungen an Ort und Stelle durch Kommissarien erörtern zu lassen, auch zur Informationseinziehung über die Einzelheiten der Verwaltung Kommissarien abzuordnen.

Ebenso steht ihm das Recht zu, außsrordentliche Kassen⸗ und Magazin⸗Revisionen zu veranlassen. In diesem Falle, sowie in allen Fällen der Absendung eines Kommissarius hat er jedoch dem be⸗ treffenden Verwaltungschef davon vorherige Mittheilung zu machen, damit dieser sich an den Verhandlungen durch einen seinerseits abzu⸗ ordnenden Kommissarius betheiligen kann.

§ 13. Alle Verfügungen der obersten Staatsbehörden, durch welche in Beziehung auf Einnahmen oder Ausgaben des Staats eine aͤllgemeine Vorschrift gegeben, oder eine schon bestehende abgeändert oder erläutert wird, müssen sogleich bei ihrem Ergehen der Ober⸗ Rechnungskammer mitgetheilt werden.

Allgemeine Anordnungen der Behörden über die Kassenverwal⸗ tung und Buchführung sind schon vor ihrem Erlaß zur Kenntniß der Obec⸗Rechnungskammer zu bringen, damit dieselbe auf etwaige Be⸗ denken, welche sich aus ihrem Standpunkte ergeben, aufmerksam machen kann. 1

Die Vorschriften über die formelle Einrichtung der Jahres⸗ Rechnungen und Zustifikatorien werden von der Ober⸗Rechnungs⸗ kammer erlassen. Dieselbe hat sich darüber zwar vorher mit den be⸗ theiligten Departements⸗Chefs in Verbindung zu setzen, bei obwal⸗ tender Meinungsverschiedenheit steht ihr aber die entscheidende Stimme zu.

§. 14. Die Termine zur Einsendung der Rechnungen und die Fristen zur Erledigung der dagegen aufgestellten Erinnerungen werden von der Ober-⸗Rechnungskammer festgestellt. § 15. Die Provinzial⸗ und die ihnen gleichstehenden und unter⸗ gebenen Behörden sind der Ober⸗Rechnungskammer in allen Ange⸗ legenheiten des Ressorts derselben untergeordnet. Die Ober⸗Rechnungs⸗

kammer ist befugt, ihren Verfügungen nöthigenfalls durch Straf⸗ befehle, innerhalb der für die obersten Verwaltungsbehörden gesetzlich bestimmten Grenzen, die schuldige Folgeleistung zu sichern, auch etwa vorkommende Unangemessenheiten in Erledigung ihrer Erlasse zu rügen.

§ 16. Die Ober⸗Rechnungskammer ertheilt den rechnungsführen⸗ den Beamten, wenn sie ihren Verbindlichkeiten vollständig genügt, und die aufgestellten Erinntrungen erledigt haben, eine Decharge mit den in den §§ 146 ff, Thei! I., Titel 14 des Allgemeinen Landrechts einer Quittung beigelegten Wirkungen. Stellen sich Vertretungen des Rechnungsführers oder anderer Beamten bei der Rechnungsrevision heraus, deren Deckung durch die Notaten⸗Beantwortung nicht nach⸗ gewiesen wird, so ist die Ober⸗Rechnungskammer berechtigt, die Ein⸗ tragung derselben in das Soll der Einnahme zum Zweck der weiteren Belgun, welche von der vorgesetzten Behoͤrde zu betreiben ist, an⸗ zuordnen.

„§ 17. Die nach Vorschrift des Art. 104 der Verfassungs⸗Urkunde mit der allgemeinen Rechnung über den Staatshaushalt jeden Jahres von der Staats⸗Regierung dem Landtage vorzulegenden, von der Ober⸗Rechnungskammer unter selbständiger, unbedingter Verantwort⸗ lichkeit aufzustellenden Bemerkungen müssen ergeben: 1) ob die in der Rechnung aufgeführten Beträge in Einnahme und Ausgabe mit den⸗ jenigen übereinstimmen, welche in den von der Ober⸗Rechnungskammer reoidirten Kassenrechnungen in Einnahme und Ausgabe nachgewiesen sind, 2) ob und in wie weit bei der Vereinnahmung und Erhebung, bei der Verausgabung oder Verwendung von Staatsgeldern oder bei der Erwerbung, Benutzung oder Veräußerung von Staatseigenthum Abweichungen von den Bestimmungen des gesetzlich festgestellten Staatshaushalts⸗Etats oder der von der Landesvertretung genehmig⸗ ten Titel der Spezial⸗Etats stattgefunden haben, insbesondere 3) ob

überhaupt das gesammte nicht in Gelde bestehende Eigenthum des

und welche Etats⸗Ueberschreitungen im Sinne des Art. 104 der Ver⸗

fassungs⸗

fassungs⸗Urkunde vorgekommen sind und 4) zu welchen außeretats⸗ maßigen außerordentlichen Ausgaben (§. 18) die Genehmigung des Landtages noch nicht beigebracht ist. 1

18. Etats⸗Ueberschreitungen im Sinne des Art. 104 der Ver⸗ Urkunde sind alle Mehrausgaben, welche gegen die einzelnen Kapitel und Titel des nach Art. 99 a a. O. festgestellten Staats⸗ haushalts⸗Etats oder gegen die von der Landesvertretung genehmigten Titel der Spezial⸗Etats stotigefunden haben, soweit nicht einzelne Titel zn den Etats als übertragbar ausdrücklich bezeichnet sind, und bei olchen die Mehrausgaben bei einem Titel durch Minderausgaben bei anderen ausgeglichen werden. d

In die zur Vorlegung an den Landtag gelangenden Spezial⸗Etats sind fortan, zuerst in die Etats für das Jahr 1873, bei den Besol⸗ dungsfonds die Stellenzahl und die Gehaltssätze, welche für die Dis⸗ position über diese Fonds maßgebend sind, aufzunehmen.

Eine Nachweisung der Etats⸗Aeberschreitungen und der außer⸗ etatsmäßigen außerordentlichen Ausgaben ist jedesmal im nächsten Jahre, nachdem sie entstanden sind, den Häusern des Landtages zur nachträglichen Genehmigung vorzulegen.

§. 19. Nach Ablauf eines jeden Geschäftsjahres erstattet die Ober⸗Rechnungskammer dem Könige einen Bericht über die Ergebnisse ihrer Geschäftstvätigkeit, welchem zugleich ihre gutachtlichen Vorschläge beizusügen sind, ob und inwieweit nach den aus den Rechnungen sich ergebenden Resultaten der Verwaltung zur Beförderung der Staats⸗ zwecke im Wege der Gesetzgebung oder der Verordnung zu treffende Bestimmungen nothwendig oder rathsam erscheinen.

§. 20. Alle durch frühere Gesetze und Verordnungen erlassenen Bestimmungen, soweit sie dem gegenwärtigen Gesetze zuwiderlaufen,

treten außer Kraft.

Die Annalen der Landwirthschaft in den König⸗ lich preußischen Staaten Nr. 49 haben folgenden Inhalt: Die Ausstellung von landwirthschaftlichen Geräthen und Maschinen in Gothenburg. Von Dr. L. Wittmack. Die Getreidehalm⸗Wespe, Cephus pygmaeus L. Von Professor Dr. J. Kühn. Aus der Versammlung des Teltower landwirtbschaftlichen Vereins am 14. No⸗ vember 1871. Beschlüsse des Verbandes der Architekten⸗ und

Ingenieur⸗Vereine, betreffend die Einführung der metrischen Maße und Gewichte im Bauwesen. Berichte und Korrespondenzen: Aus Rußland. (Die Rinderpest und deren Abwehr.) Aus dem Regierungs⸗ bezirk Marienwerder. Literatur: Der Zustand und die Entwickelung der landwirthschaftlichen Verhältnisse im Fürstenthum Lüneburg von F. Enckhhausen. Der Bau der Lokomobilen und transportablen Dampf⸗ maschinen von Hermann Weber. Besondere Beilage zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger. Notizen: 50jähriges Stiftungsfest des Vereins zur Befoͤrderung des Gartenbaues in den preußischen Staaten. Die landwirthschaftliche Lehranstalt in Herford. Ernte⸗Erträge des Groß⸗ herzogthums Baden im Jahre 1871. Stand der Rinderpest in der

österreichischungarischen Monarchie. Personalien. Marktbericht:

Butterpreise. Viehpreise. Stärkepreise.

V Kunst und Wissenschaft.

Berlin. In der Sitzung der Archäologischen Gesellschaft vom 7. November fuͤhrte anstatt des von seiner Reise noch nicht zurückge⸗ kehrten Herrn Curtius den Vorsitz Herr Hübner, der zunächst vier langjähriger Mitglieder gedachte, welche in dem Zeitraum seit der letten Versammlung gestorben sind, der Herren v. Ganzauge, Frie⸗ drichs, Pinder und Zahn. Herr Hübner knüpfte sodann einige Be⸗ merkungen an das inzwischen fertig gewordene Heft der archäologischen Zeitung und die durch Herrn Bötlicher veröffentlichte Doppelherme der Sappho und des Phaon. Die auf dem hiesigen Gipsabguß be⸗ findlichen Aufschriften (die Namen der beiden Dargestellten in erhabener Schrift enthaltend) befinden sich nicht auf dem Ma⸗ drider Original und sind daher als eine moderne Zuthat des Gipsgießers anzusehen. Herr S. S. Lewis aus Cambridge hatte Photograpbien in natürlicher Größe eingesandt von einer in der Nähe von Cambridge gefundenen Erzstatuette des Mars Victor mit etwas fein gerathenem korinthischem Helm, Brust⸗ harnisch (dessen Ornamente, Gorgoneion und Blätterschmuck von ein⸗ gelegtem Silber sind) und Beinschienen, in der üblichen Stellung mit Speer und Schild (welche fehlen) von 8 ½¼ Zoll Höhe. Als Zeit der Ausführung des gewiß oft wiederholten Typus wird das Ende des zweiten oder der Anfang des dritten Jahrhunderts christliche Zeitrech⸗ nung angesehen werden können. Die Statuette befindet sich jetzt im britischen Museum; eine ähnliche kleinere von zierlicher Ausfüh rung besitzt das hiesige Museum. Aus der beträchtlichen Anzahl von inzwischen für die Gesellschaft eingegangenen Gaben und den neuen Erscheinungen der archäologischen Literatur hob der Vortragende drei Werke besonders hervor. Das erste ist Wadding⸗ tons neuestes Inschriftenwerk (Inscriptions Grecques et Latines de la Syrie; Paris 1870. 4). Das zweite Werk ist die unter Lei⸗ tung des Herrn Rada begonnene Publikation des neu begründeten spanischen Nationalmuseums (Museo Espanol de antiguedades. Heft 1—4. Madrid 1871. fol), welche sich auf alle Klassen von Alter⸗ thümern erstrecken soll. Die sogenannten vorhistorischen behandelt Herr Tubino mit einem systematischen Aufsatz, Herr Castropeza be⸗ chreibt acht Ptolemäermünzen; Herr Guarra den Sarkophag von Husillos (Tod des Agamemnon; der Verfasser vergleicht die verwandten Darstellungen auf den Sarkophagen Giustiniani, Barberini und Bor⸗ ghese); Herr Amador de los Rios mittelalterliche Reliquienschreine. Das dritte Werk ist der in erster Lieferung vorliegende dritte Band von Dr. L. Lindenschmit's, Direktors des römisch⸗germani⸗ schen Central⸗Museums zu Mainz, trefflichem Werk öber die

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Herausgeber behandelt darin den von dem Vereine von Alter-⸗ thumsfreunden in Rheinland bereits publizirten Grabfund von Wald- algesheim bei Bingen, knüpft aber in einem besondern Beilageheft an die Beschreibung desselben die eingehende Besprechung einer wichtigen historischen und antiquarischen Frage. Gegenüber nämlich der von anderer Seite aufgestellten Behauptung, daß der Ursprung der in jenem Fund entdeckten Gegenstände (Goldschmuck, Waffen und Gefäße von Bronze) in einer einheimischen, grirchische, etruskische und römi⸗ sche Vorbilder nachahmenden Technik zu suchen ist, tritt Herr Linden⸗ schmit den Beweis an, daß dieselben vielmehr etruskisches Fabrikat seien, welches im ausgedehnten Maße eingeführt worden Der Verf. fordert am Schluß die klassische Archäologie besonders dazu auf, den bisher fast ganz vernachlässigten Waffen und Geräthen aus den letzten Jahrhunderten der römtschen Republik eingehende Aufmerksamkeit zu schenken, weil auf diesem Wege nur feste Anhaltepunkte für die Zeit⸗ und Herkunftsbestimmung der verwandten Gegenstände, welche aus nichtitalienischen Funden herstammen, zu gewinnen sind. Hr. Heyde⸗ mann legte zuerst einige Neuiakeiten der archäologischen Literatur vor, darunter C. Justi's ungedruckte Briefe von Stosch, die der gelehrte Biograph Winckelmanns mit einem anziehenden und reichen Kommen⸗ tar versehen hat; ferner die vierzehnte Lieferung des »Giornale di Pompeig«, in der ein kleines Wandgemälde aus Herculanum abgebildet ist, welches der Herausgeber irrthümlich auf Kandaules und Tudo deutet, während vielmehr eine Scene des Paris⸗Urtheils dargestellt ist u. A. m. Dann zeigte er die Photographie eines kürzlich in Spalatro gefundenen Sarkopbags, die er der Güte des als Gast in der Gesell⸗ schaft anwesenden Herrn Professor Glawinic verdankt. Die wohl⸗ erhaltene Darstellung ist eine genaue Wiederholung der Phädra⸗ Hippolytus⸗Vorstellung eines jetzt in Paris befindlichen Sarkophags, welcher in den Mon. dell Inst. VIII. 38, 1 abgebildet ist. Eine kurze vergleichende Beschreibung wird in der archäologischen Zeitung gegeben werden. Endlich legte der Ref. die Durchzeichnung einer Vase der Sammlung Jatta in Ruvo (N. 1096) vor, die in schoͤnster Zeichnung den Raub der Leukippiden darstellt, und besprach dabei die erhaltenen Darstellungen desselben Mythos. Hr. v. Sallet legte neue numismatische Werke vor

Gewerbe und Handel.

Berlin, 8. Dezember. Bis zum Erscheinen des Bundesgesetzes vem 11. Juni 1870, die Kommanditgesellschaften auf Atktien ꝛc. be⸗ treffend, wurden bestimmungsmäßig die Statuten aller Aktien⸗ Gesellschaften, welche nicht eine nur lokale und ganz spezielle Aufgabe erfüllten sondern einem allgemeinern und gemeinnützigern Zwecke dieanten, im »Staats⸗Anzeiger⸗ publizirt. Ebenso er⸗ folgten die für die Aktionäre verbindlichen Bekanntmachungen nach Vorschrift der Statuten neben andern Provinzial⸗ und Fachblättern regelmäßig im »Staats⸗Anzeiger«. Es hatte sich durch diese seither befolgte Praxis in dem »Staats⸗Anzeiger⸗ eine Centralstätte für die rechts⸗ und finanziellen Verhältnisse der preußischen Aktiengesellschaf⸗ ten gebildet, welche sich sowohl für die Betheiligten, für die Presse und das gesammte Publikum, als auch für die Behoͤrden als nuͤtzlich erwiesen hat. Um diese Zugänglichkeit noch mehr zu befördern, wurden in die jährlich ausgegebenen Sachregister die betreffenden Notizen der Aktiengesellschaften aufgenommen. Außerdem ist für November 1867 eine Zusammenstellung sämmtlicher in Preußen befindlicher Aktien⸗ gesellschaften durch den »Staats⸗Anzeiger« (Beilage zu Nr. 60 de 1868) publizirt und in Separatabdrücken verbreitet worden.

Nachdem nun durch das Bundesgesetz vom 11. Juni 1870 die Bildung der Aktiengesellschaften von der staatlischen Konzession befreit ist, bleibt den Betheiligten die Wahl der Publikationsortzane über⸗ lassen. Es hat sich hierdurch eine Gesammtzusammenstellung der neu gebildeten Aktiengesellschaften für die Betheiligten umsomehr als zweckmäßig erwiesen. Es ist deshalb in der Besonderen Beilage d. Bl. Nr. 19 de 1871 ein Verzeichniß derjenigen Aktiengesellschaften ver⸗ öffentlicht worden, welche vom 1. Januar bis ult. Juni 1871 neu gebildet sind. Ebenso enthalten die Nummern 28 ff. der Besonderen Beilage d. J. ein Verzeichniß der in den Provinzen Hannover, Schles⸗ wig⸗Holstein und Hessen⸗Nassau bis zum Erscheinen des Gesetzes vom 11. Juni 1870 und der in den übrigen Provinzen in der Zeit vom No⸗ vember 1867 bis zum Juni 1870 neu gebildeten Aktiengesellschaften.

In Folge mehrseitiger Anregung werden wir, so weit uns das Material zu Gebote steht, Anfangs des nächsten Jahres eine Gesammt⸗ Zusammenstellung sämmtlicher in Preußen ultimo Dezember 1871. bestehenden Aktiengesellschaften in einem besonderen Separatdruck publiziren. 8 3

Zur Herstellung einer möglichsten Vollständigkeit, ersuchen wir diejenigen Aktiengesellschaften, welche sich vom 11. Juni bis ultimo Dezember 1870 gebildet haben, um schleunige Zusendung ihrer Sta⸗

tuten. Berlin. Die Rentenliste Nr. 39 ist so eben im Verlage der

Königlichen Geheimen Ober⸗Hofbuchdruckerei (R. v. Decker) erschienen und enthält: die bei den Provinzial⸗Rentenbanken im November d. J. ausgeloosten Nummern der Rentenbriefe, welche am 1. April 1872 fällig werden, und diejenigen Nummern der Rentenbriefe, welche in früheren Terminen ausgeloost und ungeachtet der verflossenen Kün⸗ digung bis zum Ausloosungstermine November 1871 zur Zahlung bei der Rentenbank nicht präsentirt worden sind; endlich die Num⸗ mern der Rentenbriefe, welche als angeblich verl oder sonst ab

handen gekommen sind. v

Verkehrs⸗Anstalten. 8

Triest, 7. Dezember. Der Lloyddampfer »Vesta« ist heute um

Alexandrien hier eingetroffen. Kopenhagen, 7. Dezember.

lterthümer unsrer

heidnischen Vorzeit (Mainz 1871. 4.) Der

hat das Leuchtschiff »Falsterbo« gestern die Station verlassen.

8 ¾ Uhr Vormittags mit der ostindisch⸗chinesischen Ueberlandpost aus Amtlicher Mittheilung zufolge

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