1872 / 33 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 07 Feb 1872 18:00:01 GMT) scan diff

Aus der 30. Verloosung: B. Nr. 181. 754. 1356. 2256. 2869. 3074. 3365. 3583. 3669. 3900. 4191. 4203. 4212 und 4806. C. Nr. 226. 481. 1441. 1524. 2390. 2804. 2825. 2891. 3244. 3855. 4249. 4283. 4521. 4525 und 4653. D. Nr. 771. 2107. 2425. 3730 und 3794. A. Nr. 56. 263. 323. 324. 443. 474. 500. 527. 587. 792. 807. 811. 814. 854. 857. 923 1023. 1204. 1205. 1217. 1227. 1268. 1285. 1334. 1435. 1622. 1665. 1674. 1765. 1846. 1918. 1921. 2215. 2291. 2305. 2331. 2344. 2374. 2441. 2178. 2533. 2580. 2584. 2613. 2659. 2780. 2931. 3030. 3061. 8184. 3248. 3334. 3440. 3539. 3576. 3610. 3687. 3744. 3759. 3799. 3911. 3940. 3941. 3943. 3944. 3949. 4128. 4150. 4173. 4200. 4375. 4411. 4442. 4445. 4553. 4631. 4662. 4663. 4696. 4735. 4785 und 4810. Die Inhaber dieser Obligationen werden wiederholt zu deren Ein⸗ leg aufgefordert. 3 iesbaden, den 22. Januar 1872. 8 Der Königliche Regierungs⸗Präsident. raf Sulenburg.

Landtags⸗Angelegenheiten. 8

Berlin, 7. Februar. der Abgeordneten vom 31. v. M. gehaltene Rede des Präsidenten des Staats⸗Ministeriums Fürsten von Bis⸗ marck, welcher in der Diskussion über den Etat der geist⸗ lichen ꝛc. Angelegenheiten zum Titel 13 Lee Klerus) nach dem Abg. von Mallinckrodt das Wort ergriff, lautet nach dem nunmehr ausgegebenen stenographischen Berichte:

Ich will dem Herrn Vorredner nicht auf das dogmatische Gebiet folgen, sondern antworte ihm nur, weil sich einige seiner Aeußerungen gegen diejenigen, die ich gestern vom Platze aus that, gerichtet haben; er hat mich einmal in die Alternative gesetzt, die Vorhaltung richtete sich auch noch, glaube ich, gegen Andere, wie gegen mich, aber ich muß sie mir doch mit zuziehen als ob ich von ihm entweder nicht annähme, daß er die es spräche, oder wenn ich es annähme, e nicht dem entsprechend entgegnete. Ja, ich glaube wohl, daß er die subjektive Wahrheit spricht, ich bin fest überzeugt, daß er das, was er spricht, für wahr hält; aber ob es auch objektiv wahr ist, darüber habe ich mein eigenes Urtheil.

„Ich halte meinerseits manches, was der Herr Vorredner für wahr hält, für unheilvoll und verdammlich, und mir gegenüber wird es ihm vielleicht ebenso gehen.

Dem Heerrn Abgeordneten Windthorst, der mich auf die Subjek⸗ tivität meines Urtheils zurückweist, erlaube ich mir zu erwidern, daß wir gewiß Alle stets in der Lage sind, subjektiv zu urtheilen; aus dem Angeborenen, aus dem alten Adam, der in unserm Fleische steckt, können wir alle nicht heraus, auch der Herr Abgeordnete nicht.

Der Herr Vorredner ist außerdem zurückgekommen auf die gestern von dem Herrn Abgeordneten Windthorst unbewiesen, nur unterstützt durch das Ansehen seiner subjektiven Ueberzeugung hingestellte Be⸗ hauptung, daß die Katholiken gerechte Klage wegen zu geringer Be⸗ theiligung bei den Anstellungen hätten. Ja, meine Herren, ich habe geten schon gesagt: wir brauchen für die ganfe Richtung, in der wir ie Staatsregierung führen, eine Majorität, so lange konstitutionell regiert werden soll; ich habe gestern schon erwähnt: die finden wir nicht, wenn wir die Wege gehen wollten, die diese Herren vor mir uns empfehlen; aber ich frage weiter: wollen denn diese Herren überhaupt Anstellungen unter dieser Regierung haben? Ich glaube, nein, und wenn sie sie wollten, könnten sie nach ihrem Gewissen und nach ihrer Ueberzeugung sie annehmen?

Ich glaube, darin sind Thatsachen schlagender als alle Worte, und ich möͤchte den Herrn Vorredner darauf aufmerksam machen, wenn er sagt, diese Fraktion sei keine konfessionelle, daß man das nach den Worten der Herren allerdings niemals glauben sollte, aber nach ihren Werken verhält es sich denn doch ganz anders.

Meine Herren, mir liegt hier z. B. ein im Sinne Fraktion und behufs Verstärkung derselben erlassener Wahlaufruf por, nicht etwa von einzelnen, sondern von einem Komite, welches sich in un⸗ serer größten und volkreichsten Provinz des vollen Vertrauens aller Anhänger dieser Partei erfreut, und welches augenblicklich für diese Partei rekrutirt, ein Wahlerlaß, der unterzeichnet ist: Breslau, den 19. Januar 1872, es sind auch nicht unbekannte Leute, die ihn unter⸗ schrieben haben, da steht Graf Chamarré, Graf Ballestrem, Graf Lazy Henkel, Herr Porsch, Dr. Rosenthal.

Ich glaube, daß teiner der Unterzeichner von Seiten der Fraktion des Tentrums hier vegleugnet werden wird. Wie motiviren nun diese Herren die Wahl, die sie erstreben; Etwa mit den 3 Punkten, die der Herr Abgeordnete v. Mallinckrodt vorhin entwickelte, mit der Schützung des Rechtes, mit dem Eintritt für die nationale Sache, nur, nicht gerade so, wie sie augenblicklich ist, wie sie augenblicklich allein bestehen kann, aber doch mit irgend einer Befürwortung für das Deutsche Reich? Nein, sie motiviren 8 ausschließlich vom konfessionellen Standpunkte. Der Eingang des Aktenstückes

lautet:

»Gelobt sei Jesus Christus!⸗ . Ich verlese diese Worte ausdrücklich, damit Sie aus dem Texte erkennen, zu welchen Entstellungen der Name unserkes Heilandes ge⸗ mißbraucht wird. ““ 8

Er lautet üe 114.“ »Geliebte Brüder und Glaubensgenossen des Pleß⸗ Rybniker Kreises,« sie wenden sich nicht an die Provinz, sondern an ihre religiösen Glaubensgenossen; 11A“

8

Die in der Sitzung des Hauses

dem Polnischen in das Deutsche übersetzt ist, daß er also an Leute erichtet ist, die kein Deutsch verstehen und die sich nicht vergewissern

dats entledigen, wie sie das Ber teuen was auf diese Weise und durch diese Vorstellungen gewonnen wird, nachher hier benutzen und

gewonnen werden;

in der Ueberzeugung, daß er die Rechte des katholischen Volkes und der heiligen Kirche männlich vertheidigen werde. Und Ihr habt Euch nicht getäuscht, denn er hat seine Pflicht vollkommen erfüllt. Haß der Gegner der Kirche noch mehr vergrößerte und daher stimmte man unter der Ausrede, als wenn die Geistlichen

im Reichstage dafür, daß seine Wahl ungültig sein soll. Ihr wißt am Besten, wie falsch diese Ansicht war und auf welche Weise man sich vordem und jetzt noch bemüht, daß gegen den Willen des Volks der Herzog von Ratibor er⸗ wählt werde. Aber es ist Euch auch bekannt, daß es jett

Katholiken in den Reichstag schicken, um soviel als möglich

ddiie katholische Fraktion,

d sie hier ausdrücklich in dem Wahlausschreiben genannt

ddas ist die Gemeinschaft im Reichstage, und die Seite jener treuen Söhne unserer Kirche zu stützen und zu stär⸗ ken, deren löblichen Kämpfe und Vorgehen für die katho⸗ lischen Rechte bisher die Bewunderung sogar der ganzen katholischen Welt auf sich gezogen haben und welche unser heilige Vater in Rom ehr mit Recht als apfere Glaubensgenossen gelobt att.

8 Brüder Katholiken! Man wendet sich an keinen Evangelischen!

schulen unsere geliebten Kinder/ die im Alter unser Trost sein sollen, nicht mehr auf die alte hergebrachte und ehr⸗ bare Weise erziehen will, damit sie nämlich nicht mehr

teligion haben, noch ehrbare Sitten, noch Frömmigkeit; Ihr 8855 auch gehört, daß man aus diesem runde 8g nichtkatholische Schul⸗Revisoren berusen hat, damit diese⸗ welche nichts wissen von unserm heiligen Glauben, die Aufsicht über die Schulkinder hätten; Ihr habt weiter ge⸗ hört, daß man jetzt droht, die Geistlichen zu strafen, wenn sie auf der Kanzel gegendie Gesetze sollten, welche man zum Schaden des katholischen Volkes gemacht hat. Was ist also zu thun? Soll die heilige Wahrheit verhüllt sein, daß unser khe; Volk sich nicht erretten könne von den zahlreichen? und heimlicher Feinde, welche unter dem Scheine der Liebe zu dem gemeinen Volke unsere und der katholischen Sache wahre Gegner sind? Sollen wir uns denen unterwerfen welche 8 so oft gezeigt haben, daß sie uns im Reichstage scha⸗ en wollen, auf daß wir Katholiken kein Recht mehr und

keine Hülfe im .; Reiche hätten, und damit wir

allein nur die Sklaven derer wären, die keinen Glauben haben⸗ Sehet, geliebte Glaubensgenossen! darum muß man durch⸗ aus nur gute Katholiken zum Reichstage wählen, welche

heit zu sagen vor allen Abgeordneten und sogar vor der

verfolgten und verachteten Katholiken zu vertheidigen. Sehet, solch ein tapferer Mann, der sich

unseren Vortheil; sehet Geistlicher Rath Müller.

können.

Daher könnt Ihr nur wählemne— „den Geistlichen Rath, Geistlichen Müller⸗ auf deutsch: .

„den Geistlichen Rath Müller in Berlin«,

tage offenbar sagen wird, was wir bedürfen Aber Achtung! Es ist durchaus nöthig, daß Ihr Alle ohne Ausnahme zur Wahl kommt, das ist Pflicht, denn anders verspielt Ihr. Breslau, den 19. Januar 1872. 2

Das katholische Wahl⸗Komite für die Provinz Schlesien.

. Dr. Rosenthal. 1 Nun, meine Herren, glauben Sie denn wirklich, daß Jemand,

der nicht Deutsch kann, berechnete Verläumdung der Regierung hin eine Wahl erschleicht, daß er wirklich seine Wähler in dem Sinne vertritt, wie Sie doch behaupten müssen, es zu thun. Können Sie ferner, meine Herren, mit gutem Gewissen den Anspruch stellen, daß

»als Ihr den geistlichen Rath⸗ 8 Ich füge hinzu, daß der Wahlerlaß oder das Wahlzirkular aus

gus einer Fraktion, die sich ergänzt auf Grund dieses Programmes, wie ich es eben verlesen habe, die Mitglieder des Staats⸗Ministeriums

önnen, wie die hier deutschsprechenden Herren sich später ihres Man⸗

„Als Ihr den geistlichen Rath, Geistlichen Müller, zu Eurem Vertreter im Reichstage erwähltet, habt Ihr das gethan

mehr als irgend vordem nöthig ist, daß wis furchtlose

he Christen wären, sondern vielmehr Heiden, die weder

erfolgungen von Seiten offener

der durch solche Mittel, auf solche platte, für den gemeinen Mann,

8 8

sich dennoch als Vertreter von Wählern geriren, die auf diese Weise

8

8 86 8—

Dennoch war es gerade dies, was den

ungesetzlich sich für den Geistlichen Müller verwandt hätten,

5 85

8 8

1

Ier habt gehört und gelesen, daß man fortan in den

11““

8

8

8

Charakter haben, welche sich nicht fürchten, die heilige Wahr⸗ dee l um das Recht der jetzt so gottlos nichtswürdig

nicht fürchtet, solch ein kluger Mensch, welcher die Bedürfnisse des ober- schlesischen und des ganzen Volkes gut kennt, solch ein ehr⸗ licher Volksfreund, welcher weder den eigenen Gewinn, noch irgend welche Belohnung von der Regierung sucht, sondern welcher allein Acht hat auf unseren Nutzen und ein solcher ist unser geliebter . Wir müssen uns daher so viel als möglich bemühen, daß wir solche Männer im Reichs⸗ tage haben, denn nur solche brauchen wir, damit wir uns wider die Gegner unseres heiligen Glaubens vertheidigen

welcher, wie sein ganzes Leben hindurch, so auch im Reichs⸗ 1

(gez.) Graf Ballestrem; Graf Chamarré; Graf Laz. Henkel; G. Porsch;

6 Gewerbes Räume, wie sie zum wirklichen Betriebe einer schaft erforderlich sind, hergestellt werden.

der Gesetze von

Regierungen befragt, wie

über Schank⸗Kon

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die Ober⸗Präsidien gewählt werden sollen? Meine Herren, das ist

ekein ehrlich haltbarer Anspruch!

In der gestrigen Sitzung des Herrenhauses beant⸗ wortete der Minister des Innern Graf zu Eulenburg die Interpellation des Grafen von Krassow in Betreff der Kon⸗ zessionirung der Schankwirthschaften wie folgt: 8 Ich lege dem Gegenstande der Interpellation dieselbe Wichtigkeit bei, wie der Herr Interpellant, denn die Gesetzgebung über Errichtung von Schankwirthschaften ist eine, die auf die Sittlichkeit des Volkes von großem Einfluß P Ich kann aber nicht zugeben, daß die bis⸗ herige Auffassung der Regierung über die Behandlung des Schank⸗ und Gastwirthschafts⸗Betriebes eine fehlerhafte gewesen sei. Der citirte Paragraph der Gewerbe⸗Ordnung bestimmt, daß die Landes⸗ regierungen, soweit die Landesgesetze nicht entgegenstehen, die Erlaub⸗

niß zum Ausschänken von Branntwein von dem Nachweis eines

vorhandenen Bedürfnisses abhängig machen können. Nun ist es aber in der preußischen Verwaltung auf Grund der bis zur Emanation der Bundesgewerbe⸗Ordnung bestehenden Gesetzgebung durchgehender Grundsatz gewesen, daß die Gastwirthschaft eo ipso als ein Betrieb der Schankwirthschaft angesehen wurde. Das Moderamen lag darin, daß in den Orten, welche zur vierten

Gewerbesteuerstufe gehören, auch die Konzession zum Betriebe einer Gastwirthschaft von der⸗Bedürfnißfrage abhängig gemacht wurde. Diese Bedürfnißfrage ist für die Gastwirthschaften nach der Gewerbe⸗ Ordnung fortgefallen, und die Regierung dürfte sich auf den ersten Anblick für nicht mehr berechtigt halten, eine Separatprüfung der Zu⸗ lässigkeit des Betriebes der Schankwirthschaft bei Denjenigen eintreten I basten⸗ welche die Erlaubniß erhalten, eine Gastwirthschaft zu be⸗ reiben.

Wenn der Herr Interpellant glaubt, daß durch die, bei Gelegen⸗ heit der beim Reichstage ““ Petition, in der Kommission und vom Reichstage gefaßten Beschlüsse die Frage definitiv in dem Sinne entschieden sei, wie er es wünscht, so kann ich das nicht zu⸗ geben. Die Gesetzesstelle ist dadurch nicht ohne Weiteres authentisch interpretirt und zwischen den Behörden existiren noch Meinungs⸗

verschiedenheiten. Allein die Frage ist, weil sie zweifelhaft ist, nicht

bei Seite zu legen, im Gegentheil muß sie verfolgt werden.

Ich habe nun die Erfahrung gemacht, daß aus einem Theile der Monarchie Klagen darüber eingegangen sind, daß nach Emanation der Gewerbe⸗Ordnung die Branntweinschänken sehr zugenommen haben, aus anderen Gegenden nicht, und ich habe mich fragen müssen, worin liegt der Grund? Ist der Grund nicht vielleicht in der Art zu finden, wie die Erlaubniß zu Gastwirthschaften ertheilt wird? an geht

in dieser Beziehung, wie es scheint, von verschiedenen Grundsätzen aus; mir würden in dieser die rigorösesten die liebsten sein.

zu halten sein, daß beim Beginne des astwirth⸗ Es wird auch darüber zu Bachen sein, daß diese Räume während der Dauer des Betriebes der Gastwirthschaft erhalten werden.

Ich habe Veranlassung genommen, die Regierungen aufzufordern, unter Darlegung der in ihrem Bezirke bestehenden Zustände mich darüber zu unterrichten, in welchem Maße die Schankwirth⸗ chaften seit Emanation der Gewerbeordnung zugenommen haben, a nunmehr statistische Nachrichten darüber aufgestellt

können, nachdem ein angemessener Zeitraum verflossen ist. Ich habe darauf aufmerksam gemacht, daß es nothwendig sei, die Erlaubniß

Es wird nicht blos darau

zur Gastwirthschaft nur zu ertheilen, wenn unzweifelhaft die Absicht vorliege, eine Gast⸗ und nicht eine Schankwirthschaft

zu etabliren, und ich habe die Regierungen aufgefordert, sich über gewisse Punkte zu äußern, die in Bezug auf die Auslegun Wichtigkeit sind und zu welchen auc Interpellant berührt hat. 89 habe die sie über die Trennung der Erlaubniß zur Schankwirthschaft von der Erlaubniß zur Gastwirthschaft dächten, wobei noch zu erwägen sein wird, in welchem Umfange dies zu ge⸗ schehen habe: ob man nämlich so weit gehen soll, daß keine Gast⸗ wirthschaft befugt sein soll, ohne besondere Erlaubniß Schankwirthschaft zu betreiben, oder ob man, auf die früheren urückgehend, bestimmen soll, daß diese Trennung nur in Ortschaften, die zur vier⸗ ten Gewerbesteuerstufe gehören, stattzufinden habe. Ich habe an diese Frage noch eine Aufforderung geknüpft, zu der ich veranlaßt worden bin durch ein dankenswerthes Schreiben des Herrn v. Kleist⸗Retzow, der mich darauf aufmerksam gemacht hat, daß es ein Uebelstand sei, daß bei den öffentlichen Verhandlungen zissionen immer nur die Petenten und nicht die Polizeibehörden, welche einen Widerspruch erhoben hätten, „bei der mündlichen Verhandlung gehört würden, indem naturgemäß Der⸗ jenige, der sich mündlich und mit Gestikulationen vernehmen läßt, einen größeren Eindruck auf den Richter macht, als Derjenige, der seine Ansicht blos auf einem Blatte Papier ausspricht. Ich hoffe, die Aeußerungen der Regierungen in nicht zu langer Zeit zu erhalten. Sobald ich mir aus denselben ein Bild gemacht habe, werde ich mich in der Frage selbst schlüssig machen. ch bin nicht abgeneigt, wenn das Bedürfniß dazu sich herausstellt, die Frage, natürlich mit Zustimmung der Reichsbehörden, in dem Sinne zu entscheiden, wie der Interpeltant es wünscht. Ich kann aber und das werden Sie auch nicht von mir verlangen in diesem Augen⸗ blicke nicht die Erklärung abgeben, daß ich es können werde; nur das kann ich versichern, daß die Angelegenheit in meinen Augen eine sehr große Wichtigkeit hat, und daß ich sie in einem Sinne entscheiden werde, der in konservativer Auffassung scharf an die Grenze desjenigen geht, was sügrich BEö6“ 7 8 n der Spezialdiskussion über den Gesetzentwurf, betreffend den Eigenthumserwerb und die dingliche Belastung

die gehören, welche der

e,.

wurf, der jetzt

werden

der Grundstücke, Bergwerke und selbständigen Gerechtigkeiten, nahm der Regierungskommissar Geheime Justiz⸗Rath Dr. Förster zu §§. 1 und 2 das Wort:

Zur Spezialdebatte über §. 1 und 2 erlaube ich mir die Bemer⸗ kung, daß seitens der Staatsregierung gegen die Abänderung, die der §. 1 erfahren hat, Wesentliches nicht zu erinnern ist, denn die Worte »im Anschluß hieran« sind in die Grundbuch⸗Ordnung wieder auf⸗ genommen worden; der §. 2 ist aber derjenige, bei welchem, wie ich gestern genöthigt gewesen bin zu sagen, die Staatsregierung zu ihrem Bedauern nicht in der Lage ist, ihre Zustimmung zu dem Abände⸗ rungsvorschlage der Kommission 5 zu können. Sie läßt sich durch den ihr von vielen eiten entgegengetragenen Vor⸗ b b schon eine Art von stereotyper Form und eine gewisse ästhetische Form, durch Alliteration erhalten hat, nicht beirren, daß dadurch, daß die Vertrags⸗Urkunde nicht mehr vorgelegt werden soll, dem Betruge Thür und Thor Füne werde. Ist denn der gegenwärtige Rechtszustand bei dem Güterverkehr unter dem Schutze des gegenwärtigen Rechts so frei von Betrug und Schwindel, man erkundige sich doch bei dem betreffenden Senat unseres höchsten Gerichtshofes, wie viel Prozesse jährlich zu entscheiden sind, die aus Veräußerungsverträgen oder Hypothekengeschäften ent⸗

ehen und in viel Prozessen ein abscheulicher dolus zu Tage tritt, und dem nicht immer mit Hilfe des Gesetzes ent⸗ gegengewirkt werden kann. Die Königliche Staatsregierung würde auf die Vorlegung der Urkunde kein besonderes Gewicht legen, wenn da⸗ mit nichts weiter gesagt werden sollte, als daß die Urkunde in die Akten aufgenommen werden solle. Es ist von dem Herrn Referenten im heutigen Schlußvortrage noch besonders hervorgehoben worden, daß es zu dem altdeutschen Begriffe der Auflassung gehört, daß die causae cognitio sich auch auf die Veräußerungs⸗Geschäfte bezogen hat und sogar in prozessualischer Form geschehen sei. Ich will mich auf diese Rechtsuntersuchung nicht weiter einlassen, aber soweit ich dieselbe früher geprüft habe, geht das Resultat meiner Ansicht dahin, daß ein derartiges prozessualisches Verfahren hier und da vorgekom⸗ men ist, sich aber nicht auf die Veräußerungsgeschäfte selbst bezogen hat, da es wohl sehr oft vorgekommen sein mag, daß die Parteien die charta, die Urkunde, mit vorgelegt haben, daß sie auch bei der Auflassung den Ausdruck »Verkauf« ge⸗ braucht haben. Das Alles entscheidet nicht darüber, daß die Prüfung des Veräußerungsgeschäfts nothwendig gewesen, und die Citate, welche der Herr Referent aus dem Lübischen Recht angeführt hat, ind mit großer Vorsicht aufzunehmen, weil das Lübische Recht ganz verschiedene

ezensionen durchgemacht hat und die letzte schon sehr infizirt ist von dem aufgenommenen römischen Recht. ie Kommission will ja aber etwas ganz anderes durch die Varleong der Urkunde erreichen. Ich erlaube mir auf eine Aeußerung zurückzukommen, die gestern Herr von Kleist⸗Retzow gegen die von mir geaußerte Ansicht gemacht hat. Herr von Kleist⸗Retzow sagte, der Regierungs⸗Kommissar irre sich darin, wenn er die Prüfungspflicht nach dem Kommissionsentwurf weiter auffasse als eine Prüfung der Urkunde nach ihrer Form, und das . och etwas Anderes als die bisherige Legalitätsprüfung. ch darf die Herren nur verweisen auf §. 47, wie er jetzt in der

rundbuch⸗Ordnung steht. Die Regierungsvorlage geht davon aus, 8 das Grundbuch⸗Amt das Veräußerungsgeschäft gar nicht zu prüfen hat, sondern nur den Auflassungsakt, so wie es in dem früheren deutschen Rechte der Fall gewesen. Nun spaltete sich in der Kom- mission die Ansicht: die Einen wollten bei der Regierungs⸗ ö1 bleiben und wenn ich nicht irre, hatte auch der Herr v. Kleist⸗Retzow Sympathie dafür; die Andern wollten auf ein noch weiter gehendes Amendement eingehen, welches sich dem jetzigen Rechtszustande anschließt, zurückgehen und die Prüfung der Essentia- lien statuiren. Da trat als ein vermittelndes Amendement dasjenige ein, welches jetzt Annahme in der Kommission ce. hat und in dem §. 49 ausgedrückt ist. Danach hat der Richter nicht blos Ne Form der Urkunde zu prüfen, sondern auch den Inhalt derselben nach⸗ der Vicharng, daß er den Antrag der Eintragung zu vergleichen hat mit dem Inhalt der Urkunde. Was der Herr Referent heute ausgesprochen hat, in Beziehung auf das, g fich diese Prüfung erstrecken soll, be⸗ weist, daß ich nicht Unrecht habe, wenn ich sage: in dieser Richtung liegt das alte Legalitäts⸗Prinzip. Die Legalitäts⸗Prüfung liegt bei uns altpreußischen Juristen so fest in der Anschauung daß es so außerordentlich nützlich und gut sei, wenn die Obrigkeit immer ihr wachsames Auge und ihre schüͤtzende Hand auf die Privatverhältnisse lege, weil die Regulirung derselben nicht den großen Kindern allein überlassen werden könne. Die Staatsregierung will diese Auf⸗ assung gänzlich verlassen, deshalb muß ich in Bezu auf die

orlegung der Urkunde diesem Verlangen entgegentreten. Ich komme dabei auf die Petition aus Westfalen, die der Herr Referent mit einer gewissen Betonung hervorgerufen 88 Ich muß gestehen, daß sie, wie sie in der Kommission vorgelesen wurde, auf mich keinen imponirenden, vielmehr ich möchte sagen, einen komischen Eindruck gemacht hat. Zunächst ist nicht anzunehmen, daß die 5 6000 Män⸗ ner alle das Gesetz studirt haben, aber der Inhalt der Petition ist so durch und durch Phrase, daß kein Gewicht auf dieselbe gelegt wer⸗ den kann. Neuerdings ist sie empfohlen worden, wie ein mir vorgelegtes Zeitungsblatt beweist, in der »Germania«. Sie hat daher auch wohl von daher ihre Beleuchtung oder Erleuch⸗ tung erhalten. Man hat hauptsächlich in auf diesen Para⸗ graphen wegen Vorlegung der Urkunde auch darau dbeeesn. daß es ein großer Vorzug des Allgemeinen Landrechts sei, daß es die scharf schneidende Grenze zwischen Obligation und dinglichem Rechte überwunden habe. Ob das ein Vorzug unseres Landrechts 89 oder nicht vielmehr ein großer Mangel, darüber sind die Ansichten sehr ver⸗- schieden. Ich möchte glauben, daß der Herr Grafzur Lippe gestern in seinem

rtheile uͤber das Allgemeine Landrecht gegen dasselbe doch ungerecht ge⸗

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