1872 / 70 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 21 Mar 1872 18:00:01 GMT) scan diff

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auch wenn dies Amendement angenommen werden sollte, nach wie vor befugt sein müssen, Kommissarien zur Ueberwachung der Polizei⸗ verwaltung der Städte zu entsenden und speziell sich der Landräthe als solcher Kommissarien zu bedienen. Meine Herren! Wenn dies aber der Fall ist, dann, meine ich, liegt in der That keine Veran⸗ lassung vor, an dem gesetzlich bestehenden Zustande ctwas zu ändern. Die Befugniß der Landräthe, die Poliher Kufgeh über die Städte zu führen; gründet sich auf di

vom 15. April 815. Der §. 33 dieser Verordnung lautet: »Die Organc, deren sich die Abtheilung des Innern der Regierung, also die Landes⸗— olizeibehörde, zur Vollziehung ihrer Verfügungen bedient, sind die Landräthe.« §. 34. »Jeder Kreis hat einen Landrath.⸗« §. 36. »Solche Ortschaften, die in den Grenzen eines Kreises liegen, sind der landräthlichen Aufsicht unterworfen.« Hieraus ergiebt sich klar, daß der Landrath schon nach der Lage der gegenwärtigen Gesetzgebung eine Aufsicht über die Städte nur als ständiger Kommissarius der Regie⸗ rung ausüben darf, und ich meine, diese Befugniß dürfte dem Land⸗ rathe auch fernerhin unbedenklich zu belassen sein; die Aufsichtsführung

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der Landräthe über die Polizeiangelegenheiten der Städte gestattet keineswegs eine instanzmäßige Entscheidung in Polizeiangelegenheiten.

Der Landrath hat nur in Polizeiangelegenheiten die geeignete Anregung zu geben, zu vermitteln, auch wohl vorläufige Anordnun⸗

gen zu treffen, er hat mit einem Worte die Aussicht zu üben, aber keine materielle instanzenmäßige Entscheidungen in Polizeiangelegen⸗ heiten zu erlassen.

Es ist aber noch ein anderer Gesichtspunkt der bei dieser Frage in Betracht gezogen werden muß, und der auch, wenn ich richtig ver⸗ standen habe, bereits von dem Herrn Berichterstatter angedeutet wor⸗ den ist. Nach §. 129 der Beschlüsse Ihrer Kommission soll dem Kreis⸗ ausschusse die instanzenmäßige Entscheidung in einer großen Zahl polizeilicher Angelegenheiten owohl des platten Landes als auch der Städte übertragen werden. Es werden demselben dort wichtige Ent⸗ sceidungohesuang⸗ in Bezug auf wege⸗, wasser⸗, gewerbe⸗, bau⸗ und euerpolizeiliche Angelegenheiten, in Bezug auf Ansiedelungs⸗ und andere polizeiliche Angelegenheiten übertragen; der Kreisausschuß hat in allen diesen Angelegenheiten zu entscheiden, nicht allein soweit sie das platte Land, sondern auch soweit sie die Städte betreffen. Wenn Sie nun das Amendement Miqutl annehmen, zu welchem eigen⸗ thümlichen Zustande kommen Sie? Durch den §. 129 entziehen Sie in den wichtigsten polizeilichen Angelegenheiten der Städte der Regie⸗ rung ihre 9 Entscheidungsbefugnisse und übertragen dieselben auf den Kreisausschuß, dagegen geben Sie der Regierung das mindere Recht, was bisher die Landräthe gehabt haben, Sie geben ihnen die Befugniß, die polizeilichen Angelegenheiten der Städte zu überwachen. Ich sollte meinen, in dieser Weise wird ein Dualismus geschaffen, der in der That nicht gerechtfertigt ist; es wird die Bezirksregierung dem Kreisausschusse gegenüber in eine Stellung gebracht, der edenfalls der Stellung der Regierung nicht entsprechend er⸗ cheint. Ganz natur emäß dagegen lassen sich die Bestimmun⸗ gen des §. 129 mit den Bestimmungen des §. 74 der Regie⸗ 8 vereinigen: der Kreisausschuß trifft die instanzmäßige

Entscheidung in den Polizei⸗Angelegenheiten der Städte, während der Landrath als Vorsitzender des Kreisausschusses dieselben überwacht, die geeignete Anregung giebt und, soweit nöthig, auch vorläufige An⸗ ordnungen trifft. Ich sollte meinen, daß das System der Regiecrungs⸗ vorlage ein klares und konsequentes ist, welches den Vorzug verdient 9 Fx beiden Amendements der Herren Abgg. von Kardorff und

iqutl.

Ich muß, was speziell das Amendement des Herrn Abg. von Kardorff betrifft, sagen, daß gegen die Annahme desselben auf den ersten Anblick zwar weniger Bedenken obzuwalten scheinen, als gegen das Amendement des Herrn Abg. Miqutl, allein ich glaube, es wird durch die Annahme auch dieses Amendements in die gegenwärtige

iche Lage der Verhältnisse nur eine Unklarheit hineingetragen, und daher möchte ich bei meiner anfänglichen Bitte stehen bleiben,

gleichmäßig Amendement von Kardorff, wie Amendement Miquel

abzulehnen.

In der Diskussion über §. 83 und die Amendements v. Mallinckrodt, v. Denzin und Dr. Virchow, erklärte derselbe Regierungs⸗Kommissar:

Meine Herren! Ich möͤchte mir erlauben, Ihnen im Namen der Staatsregierung die Annahme der Regierungsvorlage, eventuell mit dem Amendement des Herrn von Mallinckrodt oder demjenigen des Herrn v. Denzin zu empfehlen. Ich glaube, meine Herren, daß das Prinzip, welches den Kommissionsbeschlüssen zn Grunde liegt, nach Ausweis der Ihnen mitgetheilten statistischen Nachrichten kein richtiges ist. Der 8 83 der Kommissionsbeschlüsse spricht aus, daß dem Wahlverbande

er größeren ländlichen Grundbesitzer alle diejenigen angehören sollen, erste Hälfte der Grund⸗und Gebäudesteuer zahlen. Nun, meine s der Ihnen vorliegenden Na chweisung ergiebt sich, daß in einer nicht geringen Zahl⸗ von Kreisen die erste Hälfte der Grund⸗ und Gebäude⸗ steuer hinabreicht bis zu 10) 8, 7 und 5 Thlr. Der Herr Berichterstatter hat meines Erachtens bereits mit Recht hervorgehoben, daß man un⸗ möglich einen Käthner oder kleinen Grundbesitzer, der nur 7 oder 8 Thlr. Grund⸗ und Gebäudesteuer entrichtet, zur Kategorie des großen Grundbesitzes rechnen kann. Es hat aber nach meinem Dafür⸗ halten immer elwas Bedenkliches, ein Prinzip an die Spitze zu stellen und dasselbe nicht konsequent zur Durchführung zu bringen. Weil aber Ihre Kommission von vornherein der Ansicht war, daß die strenge Durchführung des von ihr acceptirten Prinzips zu großen Mißver⸗ hältnissen führen würde, hat sie es für nothwendig erachtet, wenn ich so sagen darf, ein Sicherheitsventil nach unten hin anzubringen und vorzuschreiben daß alle diejenigen Grundbesitzer, welche nicht wenigstens 75 Thlr. Grund⸗ und Gebäudesteuer entrichten, dem Wahl⸗ verbande der größeren Grundbesitzer nicht angehoͤren sollen. Indem

welche die

ie Verordnung.

Ihre Kommission diese Bestimmung traf, hat sie allerdings praktisch die Sache wieder in Ordnung gebracht; denn wie die statistische Nachweisung ergiebt, ist die Zahl der Stimmen und das Stimmverhältniß in dem Wahlverbande der größeren Grundbesitzer nach Ausscheidung der weniger als 75 Thlr. steuernden Grundbesitzer in der bei Weitem größten Zahl von Kreisen ein nicht unangemessenes. Allein ich meine doch, daß jene Bestimmung mit dem an die Spitze gestellten Prinzip nicht wohl vereinbar ist, daß sie dieses Prinzip für eine größere Anzahl von Kreisen geradezu außer Anwendung setzt. Die Kommissionsbeschlüsse verdienen allerdings in einer Bezichung den Vorzug vor der Regierungsvorlage, indem sie mehr individuali⸗ siren, indem sie die Grenze zwischen dem größeren und dem kleineren Grundbesitze zu einer beweglichen machen. Die Regierungsvorlage schreibt für den großen Grundbesitz einen auf alle Kreise gleichmäßig anwendbaren Minimalsteuersatz von 1 00 Thlrn. vor, wogegen die Kommis ionsvorschläge gestatten, für die einzelnen Kreise den Minimal⸗ satz zwischen 1000 und 750 Thlrn. festzustellen, und es läßt sich in der That nicht leugnen, daß der in der Regierungsvorlage vorge⸗ schen⸗ Satz von 1000 Thlirn. für einige Provinzen oder wenigstens ür eine Anzahl von Kreisen einiger Provinzen zu hoch gegriffen sein mag, und daß es sich empfehlen wird, Thaler herunterzusetzen. Denzin und von Mallinckrodt gefühlt und deshalb Anträge einge⸗ bracht, die dahin zielen, den zukünftigen Provinzialvertretungen die Besugniß beizulegen, den Satz des Grundsteuer⸗Reinertrages von 1000 auf 750 Thlr. beziehungsweise 500 Thlr. herunterzusetzen. Die Re⸗ ierung glaubt, daß auf diesem Wege die Sache die angemessenste egelung finden wird. Ich wiederhole deswegen meine Bitte, der E““ mit jenen Amendements Ihre Zustimmung zu ertheilen.

Was das Amendement des Herrn Dr. Virchow betrifft, meine Herren, so beabsichtigt dasselbe den von der Kommission vorgeschlage⸗ nen Minimal⸗Satz von 75 Thlr. auf 50 Thlr. zu ermäßigen. Der Herr Abg., der eben gesprochen hat, hat dies Amendement näher mo⸗ tivirt, namentlich mit Hinweis auf sächsische Zustände. Ich möchte den geehrten Herrn bitten, die ihm vorliegende neueste statistische Nach⸗

denselben auf 800 oder 750

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weisung einzusehen und daraus zu entnehmen, wie gerade in einer größeren Anzahl von sächsischen Kreisen die Zahl der dem Wahl⸗ verbande der großen Grundbesitzer angehörigen Wahlberechtigten nach den Kommissionsvorschlägen, also bei einem Minimalsatz von 75 Thlrn. schon eine außerordentli große ist und daß selbstverständlich diese Zahl sich noch bedeutend erhöhen würde, wenn man den Satz von 75 auf 50 herabsetzen wollte. Ich habe das statistische Material hier bei der Hand und würde fur, einzelne Kreise darthun können, wie die Zahl der dem Wahlverbande der großen Grundbesitzer angehörigen Wahlberechtigten bei einer Herabsetzung des Satzes von 75 auf 50 Thlr. um das Doppelte und darüber sich vermehren und eine Gesammtzahl von mehreren Hundert Wählern sich ergeben würde.

Das größte Bedenken gegen das Amendement bes Herrn Dr. Virchow aber liegt darin, daß Sie dadurch viele Wahlverbände der Landgemeinden geradezu zerstören würden; es würde, wenn die Mi⸗ nimalgrenze des Fee Grundbesitzes so weit herabgesetzt werden soll. in vielen Fällen das Verhältniß eintreten, daß vielleicht ½ der Bauern einer Gemeinde zum Wahlverbande der großen Grundbesitzer gehören und nur in dem Wahlverbande der Landgemeinden verbleiben, und daß dieses eine Drittel die Wahlmännerwahl, wie die Kommission vorschlägt, vorzunehmen haben würde. 8

ch glaube, wenn man eine naturgemäße Vertretung der Land⸗

gemeinden will, dann darf man eine so große Anzahl ihrer Mitglieder nicht aus ihrem Schooße herausnehmen und sie dem Wahlverbande der größeren Grundbesitzer überweisen. Es wird an sich kein Beden⸗ ken haben, den einen oder anderen bäuerlichen Besitzer aus der Ge⸗ meinde auszuscheiden und herübertreten zu lassen in den Wahlverband der größeren Grundbesitzer aber wenn Sie so weit gehen, wie der Herr er. Dr. Virchow empfiehlt, daß Sie eine große Zahl von Bauern dem Wahlverbande der größeren Grundbesitzer zuweisen, dann, glaube ich, thun Sie etwas, was wirklich den bestehenden Verhält⸗ nissen nicht entspricht.

Was den zweiten Absatz des Amendements Virchow betrifft/ so empfiehlt sich derselbe gleichfalls nicht zur Annahme, denn wenn einmal durch das Gesetz einer gewissen Kategorie von Grundbesitzern ein Wahlrecht eingeräumt ist, so würde es meines Dafürhaltens sich nicht rechtfertigen lassen, der Provinzialvertretung die Befugniß bei⸗ zulegen, dieser Kategorie das Wahlrecht wieder zu entziehen, und dies würde nach dem Amendement geschehen können.

Es sollen danach dem Wahlverbande der größeren Grundbesitzer überwiesen werden alle Diejenigen welche mindestens 50 Thlr. Grund⸗ und Gebäudesteuer entrichten, es solle jedoch der Provinzialvertretung die Befugniß gewährt werden, diesen Minimalsatz heraufzusetzen von 50 auf 75 Thlr., also mit andern Worten, der Provinzialvertrrtunß die Befugniß beigelegt werden, diejenigen Grundbesitzer zwischen

und 75 Thlr. Grundsteuer, welche bis dahin ihr Wahlrecht ausgeü⸗ t

haben, von diesem Wahlrecht wieder auszuschließen. erlaube mir nun noch mit cinigen Worten auf den Kom⸗ missionsvorschlag wegen der Gewerbtreibenden und der Bergwerks⸗ besitzer einzugehen. Wie sic aus den vorliegenden Nachweisungen ergiebt, ist die Zahl der Gewerbtreibenden der Steuerklasse A. 1 in den östlichen Provinzen eine verhältnißmäßig geringe, und nur wenige Kreise sind es, in denen derartige Gewerbtreibende auf dem platten Lande in größerer Zahl vorhanden sind. Da hiernach der größere Grundbesitz durch die Zuweisung eines besonderen Wahlrechts an die Gewerbtreibenden der Steuerklasse A. J. in seinen berechtigten Interessen nicht verletzt wird so wird auch die Regierung gegen die Meilsgang eines solchen Wahlrechts an die edachten Gewerbtreibenden keinen Widerspruch erheben koͤnnen. Meine erren! Die Regierung ist aber augenblicklich

Verhäͤltnisse in den reiden Westprovinzen gestalten werden

Es haben dies auch bereits die Herren von

noch nicht in der Lage, zu übersehen, in dieser Hinsicht die

Es wird wenn die Kreisordnung für die östlichen Provinzen zu Stande ommen sein wird, auch dazu übergegangen werden müssen, eine Reform der Kreisverfassung für die beiden Westprovinzen vorzu⸗ nehmen, und es kann keinem Bedenken unterliegen, meine Herren, daß dieselben Prinzipien, die in der Kreisordnung für die Ostprovinzen ur Geitung gelangt sind, auch in der Kreisordnung der eiden westlichen Provinzen werden zur Anwendung gebracht werden müssen. Wie mir nun von einem Mitgliede des Hohen zauses aus einer jener Provinzen mitgetheilt worden ist, wird voraus⸗ schtlich die Zahl der Gewerbtreibenden der Klasse A. 1 in der über⸗ wiegenden Mehrzahl der Kreise Westfalens und der Rheinprovinz eine außerordentlich bedeutende sein,

wie sich

und es wird die Gefahr nahe liegen, daß die Kategorie der⸗Grundbesitzer von der Kategorie der Gewerbe⸗ reibenden an Zahl weit übertroffen werden wird. Inwiefern es aber den berechtigten Interessen des größeren Grundbesitzes einerseits. und der Gewerbtreibenden jener beiden Provinzen andererseits entspricht, ein solches Verhältniß zu schaffen, läßt sich zur Zeit noch nicht beur⸗ theitken. Ich habe aber nicht unterlassen wollen, Ihre Aufmerksamkeit auf diesen Punkt hinzulenken, um damit meine Bitte, daß Sie jeden⸗ falls nicht unter den Mittelsatz der Klasse A. 1 bei der Bestimmung des Wahlrechts der Gewerbetreibenden heruntergehen möchten, noch

näher zu motiviren.

Die Kaiserin Augusta⸗Stiftung.

Berlin, 16. März 1872.

Schon in den ersten Monaten nach dem Beginn des Krieges gegen Frankreich würde von Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin der hochherzige, Gedanke angeregt, den auf dem Felde der Ehre gebliebenen, oder in Folge desselben gestorbenen Offizieren, Militärbeamten, Geistlichen und Aerzten, sowie den ihnen gleichzustellenden Trägern des rothen Kreuzes den Dank des Vaterlandes dadurch zu bethätigen, daß für die vaterlos gewordenen Töchter durch Gründung einer oder mehrerer Er⸗ iehungsanstalten in gleicher Weise gesorgt würde, wie dies für bie vaterlosen Söhne durch Kadettenhäuser und ähnliche An⸗ stalten geschieht. 1“ 1

Um für diesen Zweck einen Verein zu gründen, wurde am 5. Februar 1871 eine Anzahl achtbarer Männer zu einer Versammlung berufen, welcher Ihre Majestät die Kaiserin⸗ Königin beizuwohnen geruhte. Das Resultat der Berathungen fand seinen Ausdruck in einem demnächst veröffentlichten Auf⸗ ruf, worauf sich der Verein in der General⸗Versammlung vom 26. September 1871 konstituirte und beschloß, Ihre Majestät die Kaiserin und Königin ehrfurchtsvoll zu bitten, das von ihm einstimmig angenommene Statut zu genehmigen, das Protektorat zu übernehmen und zu gestatten, daß der Verein Ihrer Majestät Namen führen könne. Dieser Bitte ist, nach⸗ dem Seine Majestät der Kaiser und König seine 5 ustimmung dazu Allergnädigst zu ertheilen geruht hatten, hul reichst ent⸗ sprochen worden.. 1 3

Für diejenigen vaterlosen Töchter der vorerwähnten Kategorie, deren Aufnahme in eine Erzichungsanstalt bean⸗ tragt wird, ist in einem durch die Gnade Seiner Majestät des Kaisers und Königs zur Disposition gestellten Gebäude in Charlottenburg eine Anstalt errichtet, welche am 9. April dieses Jahres eröffnet werden soll.

Fuͤr diese Anstalt, welche den Namen »Kaiserin Augusta⸗Stiftunge führen wird, ist ein besonderes Kura⸗ torium, bestehend au dem von Ihrer Kaiserlichen und König⸗

lichen Majestät ernannten Geheimen Ober⸗Finanzrath und Präsidenten Gamet und dem von dem Verwaltungsrathe des

Kaiserin Augusta⸗Vereins gewählten Geheimen Ober⸗

inanzrath a. D. Moelle gebildet worden. 1 8 hs 8 dem ““ entworfene Statut der Stif⸗

tung hat unter dem 24. Februar d. J. die Genehmigung Ihrer nngegt der Kaiserin⸗Königin erhalten. Auch sind der Stif⸗ tung durch die unter den Anlagen abgedruckte Allerhöchste Ordre von demselben Tage die Rechte der juristischen Personen

verliehen worden. 8 8 Um die Stiftung in weiteren Kreisen gemeinnützig zu

machen, ist in dem Statut nachgelassen worden, daß in dieselbe auch Pensionärinnen gegen Zahlung eines Kost⸗ und Erzie⸗ hungsgeldes aüfgenommen werden koͤnnen.

An einmaligen Beiträgen für die Stiftung sind bis jetzt in runder Summe 157 7000 Thaler eingegangen, welche insoweit, als sie nicht zu den Einrichtungskosten der Erziehungs⸗ Anstalt erforderlich, zinsbar angelegt sind, und deren Ertrag

zur Dotirung von ganzen und halben Freistellen verwendet

werden soll. 88 Zur Annahme weiterer Beiträge sind bereit:

Geheimer Ober⸗Finanz⸗Rath

die Ses Gebrüder Schickler (Gertraudtenstraße un

Das Kuratorium der Kaiserin Augusta⸗Stiftung. Moelle, Geheimer Ober⸗Finanz⸗Ratha. D.

Statut der Kaiserin Augt „Stiftung. .“ Die Kaiserin Augusta⸗Stiftung steht unter dem Protektorat Ihrer Majestät der Deutschen Kaiserin, Königin von Preußen. . -

8 2. Die Kaiserin Augusta⸗Stiftung ist eine im An schluß an den Kaiserin Augusta⸗Verein für deutsche Töchter, zur Förderung seiner Aufgaben, gegründete Bildungs⸗ und Erziehungs⸗ Anstalt für deutsche Töchter. In die Stiftung werden vorzugsweise aufgenommen: die Töchter von deutschen Offizieren, Militärbeamten, Militär⸗Geistlichen, Aerzten und ihnen gleich zu stellenden Vertretern⸗ des rothen Kreuzes, welche in dem letzten Kriege gegen Frankreich gefallen oder in Folge der in demselben erlittenen Verwundungen und Beschädigungen, oder in Folge von Krankheiten gestorben sind. Soweit es der Raum gestattet, können ferner aufgenommen werden: die Töchter aller deutschen Offiziere, Militär⸗ und Civilärzte, welche an dem Kriege gegen Frankreich Theil genommen haben, sowie die Töchter der in früheren Kriegen gefallenen oder gestorbenen Offi⸗ ziere und Militärärzte. b 8 Sind in späterer Zeit verwaiste Töchter der vorbezeichneten Kate⸗ gorien nicht mehr vorhanden, so treten an deren Stelle die Töchter von verdienten Offizieren, Militärärzten, Militärgeistlichen, sowie von Militär⸗ und Civilbeamten. 8 Die vorbezeichneten Zöglinge erhalten die auf Kosten der Stif⸗ tung zu errichtenden ganzen resp. halben Freistellen. Bei Besetzung dieser Freistellen belangen die Bewerbungen in der vorstehend ange⸗ gebenen Reihefo ge 58 Berücksichtigung.

Außerdem wird auch anderen Zöglingen die Aufnahme in die Stiftung gegen Zahlung eines von dem Kuratorium der Stiftung festzusetzenden Kost⸗ und Erziehungsgeldes gestattet.

§. 3. Die Zahl der aufzunehmenden Zöglinge wird vorläufig auf fünfzig festgesetzt. 1“

.4. In der Regel werden die Zöglinge nicht vor vollendetem 10. Und nicht nach vollendetem 13. Le ensjahre aufgenommen und nicht vor erfolgter Einsegnung entlassen. 8

Ein früheres Ausscheiden bedingt eine Kündigungsfrist von drei Monaten vor den bestimmten Aufnahme⸗Terminen. Eine unfrei⸗ willige Entlassung kann mit Genehmigung des Kuratoriums zu jeder Zeit angeordnet werden. .. . b

5. Sämmtliche Zöglinge erhalten in der Stiftung Sbung und Ünterricht, Kleidung, Nahrung, Wohnung, Heizung und Beleuch⸗ tung, ärztliche Behandlun und Medizin, sowie Aufwartung. 882

6. Die Stiftung soll als Ersatz häuslicher Erziehung die Zög⸗ linge für ihren dereinstigen Lebensberuf durch Ausbildung des Cha⸗ rakters, des Gemüthes und des Geistes auf religiöser Grundlage vor⸗ bereiten und mit den Kenntnissen und Fertigkeiten ausrüsten welche sie befaeas. sowohl die Anforderungen des Hauses und der Familie zu erfüllen, als auch den Ansprüchen, welche das Leben in verschiede ner Weise an sie stellen kann, zu genügen. “““

§. 7. Das Vermögen der Stiftung besteht aus den freiwilligen Beiträgen, welche derselben von der Hohen Beschützerin, bezichungs weise von dem Kaisexin Augusta⸗Verein für deutsche Töchter zuge⸗ wendet und überwiesen worden sind. Dem Vermögen wachsen die für die Stiftung weiter eingehenden Beiträge und die etwaigen Ver waltungs⸗Ersparnisse hinzu. 3 *

§. 8. Die Verwaltung des Stiftun ve wird von den Schatzmeister des Kaiserin Augusta⸗Vereins für eutsche Töchter ge⸗ führt. Derselbe hat dafür zu sorgen, daß das Vermögen unter Ge⸗ nehmigung des Kuratoriums verzinslich und sicher angelegt wird, und über die Verwaltung dem Kuratorium alljährlich Rechnung zu legen, welches nach erfolgter Prüfung der letzkeren die Decharge ertheilt.

9. Die Unterhaltung der Stiftung erfolgt aus den Zinsen des Stiftungs⸗Vermögens, den eingehenden Kost⸗ und Erziehungs⸗ eldern, sowie den ihr für diesen Zweck zufließenden Zuschüssen, Bei⸗ Pagen und Geschenken. .

§. 10. So weit die Geldmittel der Stiftung es gestatten, sollen in derselben ganze und halbe Freistellen errichtet werden, welche aus⸗ eSg; für die im §. 2 zur vorzugsweisen Aufnahme in die Stif⸗

ung bezeichneten Töchter und in Ermangelung derselben für die hülfs⸗ bedürftigen Tüchter von verdienten Offizieren 9 M.ilitär⸗Geistlichen, Militär⸗Aerzten/ sowie von Militär⸗ und Civil⸗Beamten bestimmt sind. §. 11. Privatpersonen, Vereine, Korporationen ꝛc. können in der Stiftung Frristelten durch eine einmalige Kapit alzahlung errichten. Die Dotation für eine ganze Freistelle ist auf 6000 Thaler und für eine halbe Freistelle auf 300)0 Thaler festgesetzt. Die Stifter von Frei⸗ stellen ha en das Recht, für die Besetzung derselben dem Kuratorium Zöglinge zu bezeichnen, deren Aufnahme erfolgen muß, sofern sie den wegen Kusnahine der Zöglinge in die Stiftung ergehenden allgemeinen B stimmungen genügen.

Die Fur geirtage Freistellen eingezahlten Kapitalien verbleiben

dauernd der Kaiserin Augusta⸗Stiftung, treten dem Vermögen

derselben hinzu und dürfen nicht angegriffen werden.

812 Wer der Kaiserin Augusta⸗Stiftung ein Kapital

von 1000 Thalern oder einen Beitrag von 50 Thalern öchter, welche nach §. 2 auf die

Herr F. W. Krause (Leipzigerstraße Nr. 45).

1 Gamet,

18“

die deutsche Bank (Französische Straße Nr. 21) 3 die Herren Mendelssohn u. Co straße Rr.

zuwendet, hat das Recht vaterlose ach §. Fürsorge der Stiftung Anspruch haben/ zur Berücksichtigung zu