“ X“ XX“ zessionsurkunde vom 23. Dezember 1871 der Münster⸗Enschede⸗ Eisenbahngesellschaft den Bau und Betrieb einer Eisenbahn von Münster über Burgsteinfurt zur preußischen bei Glanerbrück, zum Anschlusse an die von dort nach Enschede er⸗ baute Bahn unter gleichzeitiger Verleihung des Expropriations⸗ rechts zu gestatten geruht. Die vorgedachte Urkunde wird durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung in Münster veröffentlicht werden. erlin, den 19. März 1872. Der Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten. 1 Graf von Itzenplitz. 1 Finanz⸗Ministerium. Der Hauptamts⸗Assistent Siebert ist zum Geheimen expe⸗ direnden Sekretär und Kalkulator ernannt.
21. Plenar⸗Sitzung des Herrenhauses “ am Sonnabend, den 23. März 1872, Mittags 12 Uhr. Tagesordnung. 3
1) Mündlicher Bericht der Justiz⸗Kommission über den Pülspeeraaucf⸗ betreffend die Bekanntmachung landesherrlicher Erlasse durch die Amtsblätter. (Antrag der Kommission: das Herrenhaus wolle beschließen: dem Gesetzentwurf in der vom
ause der Abgeordneten beschlossenen Redaktion die ver⸗ assungsmäßige Zustimmung zu ertheilen.) 2) Mündlicher
ericht derselben Kommission über die Petition des Rechts⸗ anwalts Sommer zu Grottkau, betreffend unrichtige Anwen⸗ dung des Sportelgesetzes vom 10. Mai 1851 in specie die Berech⸗ nung der Kosten für die Wiederincourssetzung auf den Inhaber lautender Papiere. (Antrag der Kommission: das Herrenhaus wolle beschließen: die Petition der Staatsregierung zur Berück⸗ sichtigung zu überweisen.) 3) Schlußberathung über den Gesetz⸗ entwuürf, betreffend den Ankauf der Taunusbahn, Zahlung eines Beitrages zu den Baukosten einer Eisenbahn von Langels⸗ heim nach Clausthal, sowie Herstellung des zweiten Geleises auf den Bahnstrecken von Bremen bis Geestemünde, von Hannover bis Kreiensen und von Schneidemühl über Konitz nach Dirschau und die Petition Nr. 74. (Antrag des Re⸗ ferenten: das Herrenhaus wolle beschließen: 1) dem Gesetzent⸗ wurf in der Fassung, welche derselbe im Hause der Abgeord⸗ neten erhalten hat, die verfassungsmäßige Zustimmung zu er⸗ theilen; 2) die Petition Nr. 74 der Königlichen Staatsregie⸗ rung zur Erwägung zu überweisen.)
Angekommen: Se. Durchlaucht der Reichskanzler,
. Fürst von Bismarck, aus dem Lauenburgischen.
“ b 1X“
NRichtamtlichees. Deutsches Nei .. 9 8 ßen. Berlin, 22. März. Se. Majestät der Kaiser und König nahmen heute Vormittag um 11 Uhr zu Allerhöchstihrem Geburtsfeste die Glückwünsche der Hofstaaten, so wie der Commandeure der Leib⸗Regimenter und Leib⸗Compagnien und um 11 x¼ Uhr die der Mit⸗ glieder der Königlichen Familie und der in den letzten Tagen zahlreich hier eingetroffenen, an der Kaiserlichen Familientafel Theil nehmenden Fürstlichkeiten entgegen. Sodann empfingen Se. Majestät den Fürsten Boguslaw Radziwill und den Herzog von Ratibor, welche Se. Majestät heute Abend zu sehen verhindert sind, und um 12 ½ Uhr die aktiven Staats⸗Minister. Die Familientafel fand bei Ihren Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten dem Kronprinzen und der Kronprinzessin um 4 Uhr, die Marschallstafel im König⸗ lichen Schlosse statt. Abends 8½ Uhr wird im Königlichen Palais eine mit dramatisch⸗musikalischer Abendunterhaltung verbundene Soirée stattfinden, zu welcher zahlreiche Einladun⸗ gen ergangen sind und deren Schluß gegen 1 Uhr in Aussicht genommen ist.
Im Dom wurde bereits gestern zur Vorfeier des Allerhöch⸗ sten Geburtstages eine liturgische Andacht und in allen Kirchen heute Morgen Gottesdienst abgehalten.
Militärischerseits wurde der Festtag in herkömmlicher Weise begangen: bei der Reveille wurde von der Kuppel der Schloßkapelle von dem Musikcorps eines hiesigen Garde⸗Kaval⸗ lerie⸗Regiments ein Choral geblasen. Um 10 Uhr begann der Gottesdienst in der Garnisonkirche und in der katholischen St. Michaelskirche, bei welchem die Truppentheile der gesamm⸗ ten Garnison durch Deputationen vertreten waren. Um 12 Uhr fand an der Königswache für die Generalität und Offizier⸗ Corps die Parole⸗Ausgabe statt. Zu derselben Zeit wurden auf dem Königsplatz 101 Kanonenschüsse gelöst, wozu die Ge⸗ schütze vom Garde⸗Feld⸗Artillerie⸗Regiment kommandirt waren.
Von Seiten der städtischen Behörden, welche dem Gottes⸗
dienste in der Nikolai⸗Kirche beiwohnten, war das Rathhaus
88 13“
die mit
1
“ “ 11“] “ festlich geschmückt und geflaggt worden; von 12 — 11 Uhr er⸗ tönten vom Thurm desselben Choräle und andere auf den Tag bezügliche Mufikstücke.
Der Reichskanzler vereinigte zu Ehren des Allerhöchsten Geburtstages das diplomatische Corps und die Räthe des Auswärtigen Amts, sowie des Königlich preußischen Staats⸗ Ministeriums F einem Festmahle, und der Präsident des Reichskanzler⸗Amts, Staats⸗Minister Delbrück, gab den Mit gliedern des Bundesrathes ein Fest⸗Diner. —
In den verschiedenen Ministerien waren gleichfalls Fest⸗ mahle veranstaltet. 2
Die Mitglieder der beiden Häuser des Landtages der
Monarchie versammelten sich zu einem gemeinschaftlichen Diner
in dem Arnimschen Saale. . 8
Die Saeö Friedrich⸗Wilhelms⸗Universität beging den Allerhöchsten Geburtstag Mittags 12 Uhr in ihrem großen Hörsaale in festlicher Weise; während die Königl. Akademie der Wissenschaften bereits gestern ihre öffentliche Sitzung zur Feier des heutigen Tages gehalten hatte. Der vorsitzende Sekretar, Herr Cur⸗ tius, hielt die Festrede, in welcher nachgewiesen wurde, wie die Aka⸗ demie der Wissenschaften, wenn auch fremdländischen Vorbildern nachgeahmt und aus undeutschen Elementen hervorgegangen, mit dem preußischen Staate verwachsen sei, sich mit ihm ent⸗ wickelt habe und als ein echt nationales Institut an der Feier des Allerhöchsten Geburtstags betheilige. Darauf berichtete der Vorsitzende über die wissenschaftlichen Unternehmungen der
Akademie sowie über die von ihr unterstützten wissenschaftlichen Arbeiten. Zum Schlusse las Herr Haupt die Abhandlung von 8 Herrn Droysen über eine politische Flugschrift vom Jahre 1743
aus dem Kabinet König Friedrichs II.
Auch in den Schulen fanden feierliche Akte statt, mit de⸗ nen theilweise die Entlassung der Abiturienten verbunden war. Im Wilhelms⸗Gymnasium
eiert, in welcher Dr. Steinberg über Goethe’s Wirksamkeit im lsaß sprach, und dabei des an die Straßburger Universität berufenen Lehrers der Anstalt, Professor Laas, gedachte. Vor den jüngern Schülern hielt Herr Fähling die Ansprache. Die Straßen der Residenz waren schon vom frühen Mor⸗
8
gen ab festlich beflaggt, und in allen Stadttheilen wurden
Vorbereitungen zur Alumination getroffen. In sämmtlichen Theatern fanden Festvorstellungen statt,
patriotischen Inhalts zur Aufführung gebracht wurden. 9
1“ 8
Majestät die verwittwete Königin empfing estern Mittag imn Schlosse zu Charlottenburg den Besuch der Hohenzollernschen Herrschaften, der Groß berzöpin von Baden
und des Erbprinzen von Baden, der Großherzogin von Sachsen⸗Weimar, des Herzogs und der Herzogin von Sachsen⸗ Altenburg nebst der Prinzessin Marie, des Großherzogs von Oldenburg, des Kronprinzen von Sachsen und anderer fürst⸗ licher Gäste und ertheilte alsdamm, im Beisein des bayerischen Gesandten Frhrn. Pergler von eingetroffenen Bevollmächtigten zum Bundesrathe, Justizminister Dr. Fäustle und dessen Begleiter, dem Appellrath Dr. Stau⸗ dinger Audienz.
— Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz empfing gestern Vormittag den Grafen von Burg⸗ hauß und wohnte von 12 Uhr ab in Gemeinschaft mit Ihren Königlichen Hoheiten den Prinzen Carl, Albrecht (Sohn), Adalbert, den Großherzögen von Baden, Sachsen⸗Weimar, Oldenburg, dem Kronprinzen von Sachsen und anderen hier anwesenden Fürstlichkeiten dem Schluß des Offizierkursus in. der Central⸗Turnanstalt bei und nahm alsdann mit der Be⸗ gleitung die ganze Einrichtung der Anstalt in Augenschein. Um 5 Uhr Nachmittags begab Se. Kaiserliche und König⸗ liche Hoheit Sich zum Diner nach dem Königlichen Schlosse, war darauf bei der Aufführung des Wappenfestes im Tat⸗ tersall zugegen und besuchte um 10 Uhr die für die Theilneh⸗ mer an den Quadrillen gegebene Soirée bei Herrn und Frau von Romberg.
Ihre Kaiserliche und Königliche Hoheit die Kronprinzessin empfing Nachmittags 4 Uhr die Gräfin Stolberg, Gemahlin des Ober⸗Präsidenten Grafen Stolberg und die Gräfin von Fürstenstein.
— Se. Königliche Hoheit der Prinz Friedrich Carl ist, Nachrichten aus Palermo zufolge, am 20. d. M. nach Trapani abgereist. ö11“.“ 88 111“
— Zur Vorfeier des Allerhöchsten Geburtsfestes Seiner Majestät des Kaisers und Königs fanden gestern Abend die Darstellungen des in der biesigen Tattersall⸗Reitbahn unter Betheiligung von Damen und Herren der Hofgesellschaft veranstal⸗ teten Wappenfestes statt, für dessen Ausführung Se. Kaiser⸗
wurde der Geburtstag Seiner Majestät durch eine Festversammlung der älteren Schüler ge⸗ 3
Prologen eingeleitet und in denen theilweise Stücke
Perglas dem aus München hier
bis 9. März d. J. auf 47,941,660 Mark.
iche und Königliche Hoheit der Kronprinz das Protek⸗ torgt übernommen hatte. Gegen 7 Uhr hatte in der dem Zwecke entsprechend geschickt umgewandelten, von den bewährtesten Künstlern unter Leitung des Baumeister Heyden festlich ge⸗ Fmͤckhen Reitbahn einglänzendes Publikum an den beiden Lang⸗ seiten wie der rückwärtigen mit Tribuͤnen versehenen Seite der Bahn sich versammelt, während an deren vorderer Ihre Majestät die verwittwete Königin, Ihre Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin, fast alle übrigen Mit⸗ glieder der Königlichen Familie, —3 die hier zum Besuch an⸗ wesenden fremden Fürstlichkeiten Platz genommen hatten. Um 7 Ahr erschienen Ihre Kaiserlichen und Königlichen Majestäten, von der VeFamfemung durch Erheben derselben ebhrfurchtsvoll und von dem Musikcorps der Garde⸗Fuß⸗Artillerie durch Fanfaren begrüßt, welchen das »Heil Dir im Sieger⸗ rranzs« sich anschloß. Se. Majestät hatten mit Bezug auf das Neiterfest die Uniform des Regiments der Gardes du Corps, Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz die des Kürassier⸗Regiments Königin E“ Nr. 2 angelegt. Das Fest, zu welchem der Hofmarschall und e eg Gans Edler zu Putlitz das Festgedicht, veinen Heroldsruf zum Kaisertag«, gefertigt, und zu dessen einzelnen Abtheilungen der GFeneral⸗ Intendant der Königlichen Hofmusik, Graf Redern, unnd der Rittmeister von Michaelis die begleitende Musik kom⸗ ponirt hatten, stellte in fünf 358 1 Quadrillen eben so viele Entwickelungsphasen der brandenburgisch⸗Preußischen Geschichte vom zwölften bis in den Beginn des laufenden Wörhundefts dar. Drei Herolde mit dem Hohenzollernschen Wappenschilde, 8 dem brandenburgischen und dem preußischen Adler geschmückt, Turnier aus der Zeit des Markgrafen Albrecht des Bären bildete, das, von 16 Offizieren im Kostüm jener Zeit ausgeführt, ein treffliches Bild der damals üblichen kriege⸗ rischen Kampfspiele, namentlich des Lanzenbrechens, gab. An diese erste Abtheilung schloß sich eine Damenquadrille aus der Zeit des Kurfürsten Joachim II., von 8 Damen und Herren in verschiedenen, geschmackvoll arrangirten Louren ausgeführt. Den Schluß der ersten Hälfte des Festes pildete dann ein Carousselreiten aus der Zeit des Kurfürsten Friedrich Wilhelm in drei Abtheilungen, die ersten beiden von je 8, die letzte von 16 Herren vorgeführt; die erste derselben war ein Tourenreiten mit Hindernissen, die zweite ein Kopfrennen, die dritte ein Blumenrennen, ähnlich den Ningrennen jener Zeit. — Nach der Pause leiteten die Klänge des Hohenfriedberger Marsches ein Damenmanöver aus der Zeit König Friedrich II. ein, das, von 8 Damen und 16 Herren ausgeführt, den ganz besonderen Beifall der Aller⸗ hböchsten und Höchsten Herrschaften hervorrief, und dem sich, vpoon ihm schon durch den Unterschied der Kostüme charakteristisch unnterschieden, ein von 16 Offizieren ausgeführtes Herrenma⸗ nöpver aus der Zeit Köuig Friedrich Wilhelm III. anreihte. Den Schluß des ohne jeden Unfall verlaufenen Festabends 88 bildete ein sinnig arrangirtes Tableau, welches das große preußische Wappen darstellte: voran ein Herold, erschien je ein Zug Be⸗ waffneter aus jedem der vorgeführten Zeitabschnitte, die Ban⸗ ner der Landestheile tragend, um welche unter der nesernng
des betreffenden Fürsten das Markgrafthum, das Kurfürsten⸗ thum Brandenburg oder das Königreich Preußen vergrößert worden sind. Inmitten dieses Kreises der Wappenträger hielten u Roß die Ritter und Edeldamen, welche die vorerwähnten distorischen Perioden dargestellt hatten, während die Musik in die Volkshymne überging, bei deren Klängen der Hof wie alle Anwesenden sich erhoben. Beide Kaiserliche Majestäten wohnten, wie alle anwesende Fürstlichkeiten, dem Feste bis zum Schlusse bei, und ließen Alllerhöchstdieselben durch einen der Wappenherolde allen Mit⸗ wirkenden Allerhoͤchstihre volle Zufriedenheit für die nach jeder Nichtung wohlgelungene Aufführung ausdrücken.
— Nach der vor Kurzem gebrachten Notiz über die Ausprä⸗ gung von Reichsgoldmünzen waren bis zum 2. März d. J. in den ent. teh des Deutschen Reiches in Zwanzigmark⸗ stücken 41,046,160 Mark zur Ausprägung gelangt. In der Zeit vom 3. bis 9. März d. J. sind ferner in solchen Stücken 6 Feprägt in Berlin 4,729,780 Mark, in Hannover 1,012,460 Mark, in Frankfurt a. M. 108,900 Mark, in München 7794,360 Mark und in Carlsruhe 250,000 Mark, zusammen 6,895,500 Mark. Die Gesammtausmünzung stellt sich daher
— Im weiteren Verlauf der gestrigen Sitzung des Hauses der Abgeordneten wurde die Spezialdebatte über die Kreisordnung fortgesetzt: §. 102 lautet in der Fassung der Kommission:
Wählbar zum Wahlmann ist 1) im Wahlverbande der Städte jeder Einwohner der im Kreise belegenen Städte, welcher sich in
vperkündeten den Anfang des Festes, dessen erste Abtheilung ein
Besitz des Bürgerrechts befindet, 2) in dem Wahlverbande der Land⸗ gemeinden jeder ländliche Grundbesitzer, sowie ein Jeder, welcher in einer Versammlung der Verbände des flachen Landes als Gewerb⸗ treibender oder als Stellvertreter ein Wahlrecht ausübt. Zum Mit⸗ gliede des Kreistages ist jeder Kreisangehörige wählbar.
Für die Wählbarkeit zum Wahlmanne und zum Abgeordneten gelten die Grundsätze, welche der §. 93 für die Wahlberechtigung der größeren Grundbesitzer und Gewerbetreibenden vorschreibt.
Der korrespondirende §. 87 der Regierungsvorlage lautet: Wählbar zum Mitgliede des Kreistages und beziehungsweise zum Wahlmann ist: 1) im Wahlverbande der Städte jeder Einwohner der im Kreise belegenen Städte, welcher sich im Besitze des Bürger⸗
rechts befindet, 2) in den Wahlverbänden der größeren Grundbesitzer,
sowie der Landgemeinden ein jeder ländliche Grundbesitzer, sowie ein Jeden — welcher in einer Versammlung dieser Verbände ein Wahlrecht ausübt.
Die Wählbarkeit setzt die Erfüllung der in den §§. 78 und 79 für die Ausübung des Wahlrechts aufgestellten Bedingungen voraus.
Nach kurzer Diskussion zwischen dem Staats⸗Minister Grafen zu Eulenburg, dem Regierungs⸗Kommissar Geheimen Regierungs⸗Rath Persius und den Abgg. von Gottberg und Miquel wurde Alinea 1 des §. 87 der Regierung genehmigt; Alinea 2 dagegen abgelehnt und statt dessen das zweite Alinea des §. 102 der Kommission angenommen.
Alinea 1 des §. 113 lautet:
Der Landrath beruft die Kreistags⸗Abgeordneten zum Kreistage durch besondere Einladungsschreiben, unter Angabe der zu verhandeln⸗ den Gegenstände, führt auf demselben den Vorsitz, leitet die Verhand⸗ lungen und handhabt die Ordnung in der Versammlung. In Be⸗ hinderungsfällen übernimmt der dem Dienst⸗ beziehungsweise Lebens⸗ alter nach älteste anwesende Kreisdeputirte den Vorsit.
Der Abg. von Denzin beantragte, hinter dem Wort »dem⸗ selben, die Worte einzuschalten »mit vollem Stimmrechte«.
Nach kurzer Debatte zwischen den Abgg. Graf Schweinitz und Lasker wurde das Amendement abgelehnt und §. 113 un⸗ verändert genehmigt.
K. 125 und 126 lauten in der Fassung der Kommission: er Kreisausschuß besteht aus dem Landrathe und sechs Mit⸗ gliedern, welche von der Kreisversammlung aus der Zahl der Kreis⸗ angehörigen nach absoluter Stimmenmehrheit gewählt werden. Die Wählbarkeit setzt die Erfüllung der Bedingungen voraus, welche der §. 93 für die Wahlberechtigung der größeren Grundbesitzer und Ge⸗ werbetreibenden vorschreibt. Geistliche Kirchendiener und Elementar⸗ lehrer können nicht Mitglieder des Kreisausschusses sein; richterliche Beamte, zu denen jedoch die technischen Mitglieder der Handels⸗, Ge⸗ werbe⸗ und ähnlicher Gerichte nicht zu zählen sind, nur mit Geneh⸗ migung des Justiz⸗Ministers. §. 126. Befindet sich im Kreisaus⸗ schusse kein Mitglied, welches die Befähigung zum höheren Richter⸗ amte besitzt, so muß der Kreistag einen Syndikus bestellen, welcher zum höheren Richteramte befähigt ist. Der Syndikus nimmt an den Sitzungen mit berathender Stimme Theil.
Der Abg. v. Denzin beantragte, in §. 125 hinter den Worten „gewählt werden« einzuschalten: »Mindestens die Hälfte der Mitglieder muß aus Angehörigen des platten Landes bestehen⸗ und in §. 126 statt ymuß« zu setzen vkann«. Der Abg. Schellwitz beantragte, statt »des Justiz⸗Ministers« zu setzen »des vorgesetz⸗ ten Ministers«. Nachdem der Regierungskommissar Geheime Regierungs⸗Rath Persius sich gegen den ersten und der Abg. Lasker gegen beide v. Denzin'sche Anträge ausgesprochen hatten, wuͤrden diese beiden Amendements vom Hause abgelehnt, dagegen das Amendement Schellwitz angenommen und mit dicgen Modifikation die §§. 125 und 126.
§. 129 handelt von den Angelegenheiten, welche zum Wir⸗ kungskreise des Kreisausschusses gehören. Der Abgeordn. Dr. Virchow beantragte als Nr. 11 ein, bfüügen.
»Angelegenheiten der öffentlichen Gesundheitspflege: 1) die Ent⸗ scheidung über die zwangsweise Einführung von sanitätspolizeilichen Frsehtsäen in Landgemeinden und selbständigen Gutsbezirken, so⸗ weit dieselben nicht durch Gesetze vorgeschrieben sind, 2) die Entschei⸗ dung über die Verpflichtung sur Tragung der Kosten und über deren Vertheilung unter die Verpflichteten. Letzteren bleibt der ordentliche
Rechtsweg vorbehalten.⸗ 1 Nach Befürwortung durch den Antragsteller, durch den Regierungs⸗Kommissar Geh. Regierungs⸗Rath Persius und den Abg. v. Gottberg wurde der Antrag angenommen. . 131, welcher von den Obliegenheiten des Landraths
8 orsitzenden des Kreisausschusses handelt, lautet im dritten Alinea:
»In allen Angelegenheiten, welche nicht dem im §. 134 ff. be⸗ hicheren Verfahren unterliegen, kann der Landrath Namens des lusschusses Verfügungen erlassen. Vorstellungen gegen diese Verfü⸗ gungen unterliegen kollegialischen Entscheidung des Kreis⸗ gusghusses.⸗
Der Abg. Dr. Virchow beantragte, hinter den Worten „der Landrath« einzuschalten: »wenn der vorliegende Fall kei⸗ nen Aufschub zuläßt« und als zweiten Satz folgen zu lassen: »Es ist jedoch in solchen Fällen dem Kreisausschusse bei seiner nächsten Zusammenkunft davon Kenntniß zu geben. Nach kurzer Debatte zwischen den Abgg. v. Rauchhaupt, v. Gottberg, Miquel und Lasker wurde das Amendement in seinem ersten wie die Zählung ergab — mit 159 gegen 125
“ 8 1.
der