2226
wohnten, eröffnete der Präsident Dr. Simson durch die Mit⸗ theilung der Kommissionswahlen. Hiernach sind gewählt für die Kommission zur Vorberathung des Reichsbeamten⸗ gesetzes: als Vorsitzender Abg. von Unruh, dessen Stellver⸗ treter Abg. von Bernuth, als Schriftführer die Abgg. Frhr. von Dörnberg und Boehmer (Annaberg); für die Kommission zur Vorberathung des Brausteuergesetzes: als Vorsitzen⸗ der Abg. Dr. Löwe, dessen Stellvertreter Abg. von Hennig, als Schriftführer die Abgg. Pogge “ und Buhl. — Der Abg. Grumbrecht richtet hierauf an die Vertreter des Bundes⸗ rathes folgende Interpellation: In der ersten Legislaturperiode des Reichstages des Norddeut⸗ schen Bundes von 1869 ist einem Gesetze folgenden Inyvalts: »Im Artikel 4 der Verfassung des Norddeutschen Bundes ist der Nr. 9 hinzuzufügen: »desgleichen folgende Anstalten für die Seeschiffahrt: die Seegras ch (Leuchtfeuer, Tonnen, Baken und sonstige Tagesmarken) und das Lootsenwesen.« die verfassungsmäßige Zustimmung ertheilt. Auf eine Interpellation im Jahre 1870, ob der Bundesrath über das ihm mitgetheilte Gesetz Beschluß gefaßt habe, hat der Herr Präsident des Bundeskanzler⸗Amts Namens des Bundesraths erklärt, daß die Entscheidung noch nicht setafifn sei, daß aber zu deren Vorbereitung Verhandlungen mit den etheiligten Staaten gepflogen werden.
Daher erlaube ich mir an den Bundesrath die Anfrage zu
richten:
derselbe nach dem Resultate der stattgefundenen Erwägungen beabsichtigt, die Vorlage eines die Kompetenz des Reichs auf die Aufsicht und die Gesetzgebung über die Schiffahrtszeichen und das
Lootsenwesen ausdehnenden Gesetzes zu veranlassen.
Der Staats⸗Minister Delbrück beantwortete die Interpella⸗ tion nach einem historischen Rückblick auf die über den Gegen⸗ stand gepflogenen Verhandlungen dahin, daß keine der Bundes⸗ regierungen die Initiative für einen Gesetzentwurf ergriffen habe und daß also der Bundesrath nicht in der Lage sei, dem Reichstage zur Zeit eine Vorlage zu machen. — Der Abg. v. Freden, auf dessen Antrag das Haus beschloß, in eine Besprechung über die Interpellation einzutreten, legte die Nothwen⸗ digkeit einer einheitlichen gesetzlichen Regelung des Gegenstandes dar. — Der Abg. Grumbrecht erklärte, daß er sich vorbehalte, selbst einen Gesetzentwurf in das Haus einzubringen, und daß er hoffe, daß der Bundesrath sich dem vorhandenen Bedürfnisse nicht verschließen werde. Der Abg. Mosle versprach dem An⸗
trage seine volle Unterstützung. Hiermit wurde die Diskussion Feschlo n. — Der A
Abg. Dr. Elben begründete sodann seinen
Der Reichstag wolle beschließen: Im Anschluß an den Beschluß des Norddeutschen Reichstages vom 3. April 1868 den Herrn Reichs⸗ kanzler aufzufordern, dahin zu wirken, daß in Zukunft ein gleich⸗ zeitiges Tagen von Landtagen mit dem Reichstage vermieden werde.
Der Abg. Frhr. v. Hoverbeck beantragte, vor den Worten „vermieden werde« einzuschalten: „wo möglich durch Fest⸗ stellung eines bestimmten Anfangstermins für die ordentlichen Sessionen des Reichstages.«“ Der Abg. Freitag erklärte, er sehe in der Annahme des Antrages einen saünec in die Prä⸗ rogative der Einzelregierungen und beantragte, ie Aufforderung an den Reichskanzler dahin zu richten, »daß die Feststellung eines bestimmten Anfangstermins für die ordentlichen Sessionen des Reichstags herbeigeführt werde.« — Bei Schluß des Blattes
atragz
dauerte die Berathung fort. 1“
— Wenn mehrere Zeitungen melden, daß der Vorsteher des Großherzoglich oldenburgischen statistischen Bureaus, Dr. Becker, bereits zum Direktor des statistischen Reichs⸗ bureaus ernannt sei, so ist darauf zu bemerken, daß die Er⸗ richtung der genannten Behörde selbst und daher auch die Er⸗ nennung der für dieselbe eventuell erforderlichen Beamten zunächst von den Beschlüssen des Reichstages über den vor⸗ gelegten Nachtragsetat pro 1872 abhängig bleibt.
— Es wird uns bestätigt, daß alle Nachrichten über an⸗ gebliche Zurückhaltung deutscher Kriegsgefangenen in Algerien ö“ sind. Die sorgfältigsten Nachforschungen haben ergeben, daß in den Gefängnissen Algeriens nur solche Fremdenlegionäre deutscher Nationalität noch detinirt sind, welche in Folge kriegsgerichtlicher, resp. gerichtlicher Verurthei⸗ lung Strafen verbüßen. In der Fremdenlegion dienen zur Zeit noch eine große Anzahl von Deutschen, welche theils vor, theils nach Ausbruch des Krieges in die Legion eingetreten sind und nunmehr, dieses Dienstes müde, ihre Entlassung wünschen. Die französische Regierung hat indeß mit Bestimmtheit in Abrede gestellt, daß
die Einstellung Deutscher in die Fremdenlegion jemals im
1— 8 Zwanges erfolgt sei. Sie hat sich prinzipiell bereit erklärt, allen auf diplomatischem Wege befürworteten Anträgen auf Entlassung Deutscher aus der Legion im Falle diesseitiger Uebernahme der Herbeischaffungskosten von Marseille ab zu
entsprechen. Zahlreiche Entlassungen sind, nachdem die Sicher⸗ stellung dieser Kosten erfolgt ist, bereits erwirkt d andere stehen noch in Aussicht. 6““ ““ 889
und Königs, Chef des reitenden
18. März cr. in Havana angekommen,
prinzen von Ratibor lautet: Berlin, 17. April. In Folge des Eintritts der Eiterung in der Brusthöhle war im Laufe des gestrigen Tages eine leichte Fieber⸗
acht ist ruhig gewesen. von Langenbeck.
— Am 16. April starb hierselbst der Königliche General er Infantorie, General⸗Adjutant Sr. Majestät des Kaisers Feldjäger⸗Corps sowie des 5. Ostpreußischen Infanterie⸗Regiments Nr. 41 und Präses der General⸗Ordens⸗Kommission, Adolf von Bonin. Am 11. November 1803 geboren, trat derselbe 1821 aus dem Ka⸗ detten⸗Corps als Seconde⸗Lieutenant in die Armee und zwar in das 2. Garde⸗Regiment zu Fuß, besuchte die Allgemeine Kriegsschule, und wurde 1838, noch als rremier⸗Lieutenant, zum Flügel⸗Adjutanten Königs Friedrich Wilhelm III. ernannt In dieser Vertrauensstellung bei drei Königen von Preußen stieg von Bonin in etwa 30 Jahren zum General auf, vis er 1858 zum General⸗Lieutenant und General⸗ Adjutanten und 1863 zum kommandirenden General des 1. Armee⸗Corps in Königsberg ernannt wurde. Als solcher und als General der Infanterie führte er im Kriege von 1866 sein Corps mit Auszeichnung: am 27. Juni stieß er bei Trautenau auf überlegene feindliche Kräfte, und bei Königgrätz trug er durch rechtzeitiges Ein⸗ greifen mit zur Entscheidung der Schlacht bei. Nach dem Frieden wurde er zum kommandirenden General der preußi⸗ schen Truppen im Königreich Sachsen und zum Gouverneur von Dresden, am 17. August 1870 zum General⸗Gouverneur von Lothringen ernannt, als welcher er seinen Sitz in Nancy nahm; nach Aufhebung des deutschen General⸗Gouvernements daselbst trat der Verhältniß als 1 r. M und Königs und in seine übrigen dienstlichen Stellungen in Berlin zurück. . Die Beerdigung findet am 19. d. M., Vormittags 10 Uhr, vom Trauerhause aus, dem Königlichen Marstallgebäude, auf dem Invalidenkirchhofe statt.
— Am 12. d. Mts. fand die letzte diesjährige Winterver⸗ sammlung der Militärischen Gesellschaft statt, welcher Ihre Königliche Hoheiten die Prinzen Adalbert und Alexander, der General⸗Feldmarschall roße Anzahl von Offizieren beiwohnten. Der Direktor, General⸗ Lieutenant v. Ollech eröffnete die Sitzung mit der Mittheilung, daß die Militärische Gesellschaft in München sich mit der hie⸗ sigen in kameradschaftliche Verbindung gesetzt und ein gegen⸗ seitiger Austausch der im Druck bisher erschienenen Vorträge bereits stattgefunden habe. Auch in Zukunft soll, dem »Mil. Wochenbl.« zufolge, ein derartiger Austausch der Vorträge beider, dieselben Zwecke verfolgenden Gesellschaften erfolgen.
— Das im Bureau des Königlichen Justiz⸗Ministeriums
— Das heutige Bulletin über das Befinden des Erb⸗ b
19 ung vorhanden, die indeß heute früh wieder zurückgegangen ist. ic
General von Bonin im März 1871 in sein General⸗Adjutant Sr. Majestät des Kaisers
raf Moltke und eine
redigirte Jahrbuch derpreußischen Gerichtsverfassung
ist für das Jahr 1872 soeben erschienen. Das Werk stimmt seinem Inhalte nach in dem vorliegenden Jahrgange mit dem letzt erschienenen größtentheils uberein, jedoch sind alle Personal⸗ veränderungen bis in die neueste Zeit registrirt. An die in ihm behandelte Organisation der Gerichtsbehörden aller preu⸗ ßischen Provinzen schließt sich als besonderer Theil der Nachweis der die einzelnen Gerichtsbehörden bildenden Personen mit der An⸗ gabe des territorialen Umfangs der in den ersterer befindlichen Städte, sowie die Zahl der Gerichts⸗ eingesessenen. Bei jedem Gericht sind auch die bei der selben fungirenden richterlichen Beanten, die Beamten der Staatsanwaltschaft, Rechtsanwalte, Advokaten und Notare angegeben. Der dritte Theil, an welchen sich schließlich ein
Bezirken
dem⸗
Namenregister 8 enthält neben einer allgemeinen Uebersicht
der Gerichtsbehörden auch ein Ortschaftsverzeichniß, welches
sämmtliche Städte mit Gerichtsbehörden umfaßt, sowie die in
ihnen vorhandenen höheren Unterrichtsanstalten anführt.
— Der im Bureau des Königlichen Ministeriums des Innern redigirte Adreß⸗Kalender für die Königlichen Haupt⸗ und Residenzstädte Berlin und Potsdam ist soeben für das Jahr 1872 im Buchhandel erschienen. Derselbe beginnt mit einer Genealogie des Königlichen Hauses und giebt sodann eine Uebersicht des Königlichen Hofstaats, sowie der in Berlin befindlichen Behörden des Deutschen Reiches und des preußischen Staates; ferner der Gesellschaften, Vereine und Anstalten, der Aerzte, Apotheker und Gasthöfe. Eine ent⸗ sprechende Uebersicht giebt der II. Theil in dem Adreß⸗Kalender von Potsdam.
— S. M. Fregatte »Niobe« (Kadettenschiff), welche am
9. März cr. Port Royal auf Jamaica verlassen hatte, ist am hat dort einen Theil
ihrer Kadetten gegen eine gleiche Anzahl Seekadetten von S. M. S. »Gazelle« ausgetauscht, und sollte am 25. desselben Monats die Rückreise nach der Heimath antreten.
Das Kommando S. M. S. »Gazelle« beabsichtigte am 26. März Havana zu verlassen, um nach Pensacola zu gehen.
— S. M. Korvette »Hertha« hat am 10. März cr. die Rhede von Singapore verlassen und sich über Hongkong nach Jokohama begeben. .
— S. M. Brigg »Undine« ist am 15. und S. M. Brigg „»Musquito« am 16. d. Mts. von Plymouth nach Kiel in
See gegangen.
— S. M. Dampf⸗Kanonenboot »Delphin« ist am 14. d. M. in Konstantinopel angekommen.
— S. M. Artillerieschiff »Renown« und S. M. Brigg „Rover« sind am 15. d. M. in Kiel in Dienst gestellt worden.
— Aus der Sitzung des Aeltestenkollegiums der Berliner Kaufmannschaft vom 15. d. M. ist Fol⸗ gendes hervorzuheben: In einer der früheren Sitzungen war beschlossen worden, die Mittel in umfassender Weise in Erwägung zu ziehen, welche theils die Börsenordnung, theils eine bei dem Handels⸗Ministerium zu beantragende Ab⸗ änderung der Börsenordnung der Aeltesten zu Gebote stelle, um dem Andrang unbefugter Elemente zu den Börsenver⸗ sammlungen zu wehren und die Ordnung nachdrücklicher zu handhaben. In der gegenwärtigen Sitzung kam eine Reihe solcher Vorschläge zur Berathung, und sollen diejenigen, die in den Grenzen der Börsenordnung liegen, zu geeigneter Zeit in Vollzug gesetzt und die Genehmigung zu einigen Modifikationen der Börsenordnung nachgesucht werden.
— Der Oberst und Commandeur des 6. Brandenburgi⸗ schen Infanterie⸗Regiments Nr. 52, Graf Fi nck von Fincken⸗ stein, ist mit in Folge seiner bei St. Privat erlittenen schweren Verwundung am 15. d. M. zu Frankfurt a. O. ge⸗ storben.
Bayern. München, 15. April. Der König hat, nach der »A. Z.«, dem Stiftspropst von Döllinger, welcher heute den Erinnerungstag an die ihm vor 50 Jahren ertheilte Priester⸗ weihe feiert, durch den Staats⸗Minister von Lu⸗ das Ehren⸗ kreuz des Ludwigs⸗Ordens nebst einem huldvollen Handschreiben überreichen lassen.
— Die Königin⸗Mutter begiebt sich am 17. d. Mts. mit ihrem Hofstaat nach Hohenschwangau.
— 16. April. Von der Zweiten Kammer ist bei der heutigen Berathung des Etats die Position von 93 illionen Gulden an Matrikularbeiträgen zu den Kosten für das Deutsche Reich ohne jede Debatte genehmigt worden.
Württemberg. Stuttgart, 16. April. Der König hat gestern den neu ernannten Rektor der Landesuniversität Prof. Dr. Mandry, sowie den Ober⸗Finanz⸗Rath Mohn in Audienz empfangen. — Vorgestern wurden die hier anwesen⸗ den Standesherren zur Königlichen Tafel gezogen.
— Der heutige »„Staats⸗Anzeiger« veröffentlicht das Königliche Vertagungsreskript, welches als Motiv für die Ver⸗ tagung der Ständeversammlung die Rücksicht auf die Verhand⸗ lungen des Reichstags bezeichnet.
Mecklenburg⸗Schwerin. Schwerin, 16. April. Die Großherzogin Marie von Mecklenburg⸗Strelitz und die Herzogin Caroline verließen gestern Nachmittag Schwerin, um sich nach Frankfurt a. M. zu begeben. Ihre Königliche Hoheit die Großherzogin Alexandrine begleitete die hohen Gäste zum BahnhofF. “
“ 1.A4XX“
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 16. April. Der Kaiser hat unterm 7. d. M. den Prinzen Leopold von Bayern zum Inhaber des Feld⸗Artillerie⸗Regiments Nr. 13 ernannt.
— Das Reichsgesetzblatt enthält u. A.: das Gesetz vom 30 März 1872, betreffend die weitere Prägung von Silberscheidemünzen im Betrage von 715,121 Fl. 10 Kr.; das Gesetz vom 3. April 1872, betreffend die Anrechnung der an einer österreichischen technischen Hochschule zugebrachten Dienst⸗ heit beim Uebertritt an eine Universität; das Gesetz vom
„April 1872, betreffend die Kostenbestreitung für die Hoch⸗ schule für Bodenkultur in Wien; die Verordnung des Ministers für Kultus und Unterricht vom 5. April 1872, betreffend die von Angehörigen der im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder außerhalb dieser Länder erworbenen Lehrbefähigungszeugnisse für Mittelschulen; das Gesetz vom 10. April 1872, betreffend die Herstellung einer aus Ober⸗Steiermark nach Salzburg und Nord⸗Tyrol führenden Lokomotiv⸗Eisenbahn; die Verordnung des Ministeriums des Innern vom 10. April 1872 über die Gebühren bei der Mi⸗ fitärassistenz für Zwecke der Civilverwaltung; das Gesetz vom 17. März 1872, betreffend die Gehalte, die Quartiergelder und den Rang der Professoren an den vom Staate erhaltenen
des Landes zu fördern.
technischen Hochschulen, an der Handels⸗ und nautischen Aka⸗ demie zu Triest und an den übrigen vom Staate erhaltenen nautischen Schulen; das Gesetz vom 19. März 1872 zur Regelung der Bezüge des Lehrpersonals an den mit den staatlichen Lehrer⸗ Bildungsanstalten verbundenen, aus Staatsmitteln erhaltenen Uebungsschulen; das Gesetz vom 19. März 1872, durch welches die Bestimmungen des §. 36 des Gesetzes vom 14. Mai 1869, R. G. Bl. Nr. 62, betreffend die Bezüge des Lehrpersonals an den staatlichen Lehrer⸗Bildungsanstalten abgeändert werden; das Gesetz vom 19. März 1872, betreffend die Gehalte der Pro⸗ fessoren an den theologischen Fakultäten. Pesth, 15. April. Die heutige Sitzung des Oberhauses wurde vom Präsidenten Majlath mit einer die Wirksamkeit des Oberhauses resumirenden Rede geschlossen, in der er beson⸗ ders die Nothwendigkeit des Bestandes des Oberhauses betonte. — Die heutige letzte Unterhaussitzung schloß in feier⸗ licher Weise. Nach Erledigung der Tagesordnung hielt Präsident Somssich eine einstündige Schlußrede, welche stellenweise lebhaftes Eljen hervorrief. Die letzten Parlaments⸗ vorgänge bildeten den Hauptgegenstand und die Bitte nach Einigkeit das Hauptmoment der Rede, welche mit Eljens auf den König, die Königin und den Kronprinzen, sowie mit
Segenswünschen für alle Brudernationen der ungarischen Krone
und für das Vaterland schloß. Das ganze Haus erhob sich bei dem Schlusse und brachte bei Erwähnung des Kaisers und der Kaiserin ein dreimaliges lebhaftes Eljlen aus.
Ofen, 16. April. (W. T. B.) Der ungarische Reichs⸗ tag ist heute vom Könige mit nachfolgender Rede geschlossen worden: .
»Geehrte Herren Magnaten und Abgeordnete! Liebe Getreue! Als wir vor drei Jahren diesen Reichstag persönlich eröffneten und die Magnaten und Abgeordneten Ungarns reudig begrüßten, lenkten wir Ihre Thätigkeit auf große und wichtige Aufgaben hin. Nachdem der frühere Reichstag die Fragen des in der Schwebe gewesenen staatsrechtlichen Verhältnisses gelöst hatte, wurden die die beiden Hälsten der Monarchie gleichmäßi betreffenden Angelegenheiten schon während 5 Jahre mit gehöͤriger Würdigung der wechselseitigen Inter⸗ essen im besten Einvernehmen und mit Erfolg erledigt. Dem gegen⸗ wärtigen Reichstage wurde die Aufgabe zu Theil, mit Fortsetzung der Arbeiten die Regelung des geistigen und materiellen Wohles 1 Dieser Aufgabe entsprach der Reichs⸗ tag durch die Regelung des Gerichtswesens und der Verwaltung. Es wurden Gesetze über die Ausübung der richterlichen Gewalt und über die Verantwortlichkeit der Richter geschaffen. Hierdurch wird einerseits die richterliche Unabhängigkeit gewährleistet, andererseits den Mißbräuchen mit der richterlichen Gewalt vorgebeugt. Die Organi⸗ sirung der Gerichte erster Instanz, die Trennung der Justiz von der Administration werden die erwarteten Resultate herbeiführen, die öffentliche Sicherheit erhöhen, den Kredit beffgigen. Die Regelung der Munizipien und Gemeinden — da durch d Verfassung des Landes entsprechend, die Administration auch in diesen auf den Grundsatz der Selbstverwaltung und der persönlichen Ver⸗ antworlichkeit basirt wurde — brachte die Staatsverwaltung und die Munizipal⸗ und Kommunalverwaltung in Harmonie und sichert auf diese Art die genaue Vollziehung der Gesetze. Durch die Gesetze über die Regelung der Verhältnisse, welche aus dem 1848 beseitigten Ur⸗ barial⸗Verbande zurückgeblieben waren, ferner durch die Gesetze über die Rodungen in Siebenbürgen, sowie über das Jagdrecht, wurde ein großer Forkschritt zur endgültigen Regelung der Besitzverhältnisse er⸗ zielt. iese Gesetze, sowie jene über die Flußregelung, Deichpolizei und Gewerbe, ferner die Ratifizirung der von meiner Regierung ab⸗ geschlossenen Handelsverträge, liefern den Beweis, daß die Sorgfalt des
Reichstages den Ansprüchen des öffentlichen Lebens gleichmäßig gerecht
u werden bestrebt war, und während Sie auf diese Art die Förderung der öͤffentlichen Interessen und hierdurch die Hebung des Wohlstandes getreulich angestrebt haben, trachteten Sie danach, die bedeutend ge⸗ stiegenen öffentlichen Einnahmen zweckmäßig zu verwenden. Die Verbesserung des Gerichtswesens, die Entwickelung des öffentlichen Unterrichts und der Kultur, die Ergänzung des Eisenbahnnetzes, die Umgestaltung des Franz⸗Kanals, sowie die Hebung der Hauptstadt waren der Gegenstand ihrer Obsorge, und Sie votirten für diese wecke namhafte Beträge. Obwohl die Erhöhung der gemeinsamen Wehrkraft unserer Monarchie größere Ausgaben beanspruchte⸗ bewilligten Sie mit Bereitwilligkeit die Kosten, welche er⸗ forderlich waren zur Entfaltung der einen so schönen Aufschwun nehmenden Institution der Landwehr im großen Maßstabe. Es i ein erfreulicher Beweis des zunehmenden Wohlstandes, daß Sie all dieses ohne Erhöhung der Steuerkosten und ohne Kontrahirung un⸗ produktiver Anleihen zu bewerkstelligen im Stande waren. Die auf Grundlage der allgemeinen Wehrpflicht bereits ins Werk gesetzte Heanege Regelung der Wehrkraft gestattete uns theils die An⸗ ahnung, theils die thatsächliche Inangriffnahme der Provinzialisirung der Militärgrenze. Wir hoffen, daß der Zeitpunkt nicht mehr fern liegt, wo in unserem Reiche kein Bruchtheil der Bevölkerung mehr existiren wird, der die verfassungsmäßigen Rechte nicht in vollem Maße genießen könnie. Wir müssen unserem Bedauern darüber Aus⸗ druck geben, daß die genaue Feststellung des Wahlgesetzes und die Regelung der hauptstädtischen Verhältnisse nicht erfolgen, sowie auch mehrere andere von unserer Regierung ein⸗ gebrachte gemeinnützige Gesetzentwürfe nicht unserer Sanktion unterbreitet werden konnten, da in der letzten Periode der Session des Reichstages bei dem Berathungsmodus des Abgeordnetenhauses die
ieselbe, dem Geiste der