1872 / 113 p. 8 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 15 May 1872 18:00:01 GMT) scan diff

Nichtamtliches.

DOesterreich⸗Ungarn. Wien, 13. Mai. Das Prä⸗ sidium des Abgeordnetenhauses, welches mit der Ueber⸗ mittelung der Glückwünsche des Hauses anläßlich der Verlobung der Erzherzogin Gisela an die Majestäten betraut worden war, wurde heute vom Kaiser huldvoll empfangen. Der Kultus⸗Minister Stremayr hat, wie die »Grazer Tagespost« mittheilt, folgenden Erlaß an sämmtliche Länder⸗ Chefs herausgegeben:

Euer „.In einer Reihe von Eingaben und Petitionen, welche der Regierung zugekommen sind, wird dem lebhaften Wunsche der Bevölkerung Ausdruck gegeben, daß die Staatsgewalt jenen Aus⸗ schreitungen mit Nachdruck begegne, welche sich ein Theil des Klerus insbesondere durch den Mißbrauch der Kanzel zu politischen Invek⸗ tiven in oft maßloser, das Ansehen der Gesetze verletzender, ja mit⸗ unter sogar die öffentliche Ruhe gefährdender Weise beigehen läßt. Bei wiederholten Anlässen schon hat die Regierung ihren festen Entschluß und die Nothwendigkeit betont, den Gesetzen

des Staates die gebührende Achtung und pünktliche Beßrl gung zu sichern und jeden in dieser Beziehung zu Tage tretenden Uebergriff mit den zu Gebote stehenden gesetzlichen

Mitteln zurückzuweisen. Als das geeignetste und wirksamste dieser Mittel muß bei der Allgemeingiltigkeit des Strafgesetzes die Ahndung solcher Ausschreitungen auf strafgerichtlichem Wege angesehen werden, bei dessen Verfolgung zwar allerdings die direkte Einflußnahme der politischen Landesstelle ausgeschlossen ist, dessen Beschreitung jedoch auch von den Verwaltungsbehörden im Sinne des Gesetzes insoweit gefördert werden kann, als es der §. 71 der Strafprozeßordnung vom 29. Juli 1853 allen öffentlichen Behörden und Aemtern zur Pflicht macht, die entweder von ihnen selbst wahrgenommenen oder sonst zu ihrer Kennt⸗ niß gelangten strafbaren Handlungen, welche nicht blos auf Verlangen der Betheiligten zu untersuchen sind, ohne Verzug zur Kenntniß des Strafgerichts zu bringen, in dessen Sprengel sie sich befinden. In⸗ dem ich Euer .. ersuche, in diesem Sinne die unterstehenden ad⸗ ministrativen und polizeilichen Organe anzuweisen, füge ich die Be⸗ merkung bei, daß bei den fraglichen Ausschreitungen vornehmlich den Bestimmungen der §§. 68, 63, 65, 300, 302, 303, 305, 315 St.⸗G. Beachtung zu schenken und dort, wo es zulässig erscheint, auch nach Anordnung des §. 11 der Kaiserlichen Verordnung vom 20. April 1854, Nr. 96 des R.⸗G.⸗Bl. vorzugehen sein wird.

Wien, den 10. April 1872.

Der Minister für Kultus und Unterricht: „Stremayr m. p.

In Folge einer Aufforderung der ungarischen Delega⸗ tion hat in Wien in der vorigen und der laufenden Woche im Kriegsministerium eine Enquste über den Vertrag statt⸗ gefunden, vermöge dessen die Lieferung von Monturen und H Ausrüstungsgegenständen des Heeres ein Monopol des Hauses Skene wurde. Es nahmen Vertreter der beider⸗ seitigen Handels⸗ und Finanzministerien und der Wiener und Pesther Handelskammern daran Theil. Alle sprachen sich gegen den Vertrag aus. Der Vorsitzende, General⸗Major von Benedek, versprach die Entscheidung des Kriegs⸗Ministers am nächsten Dienstag bekannt zu geben.

Pesth, 13. Mai. (N. fr. Pr.) Gestern hat in Maros⸗

Vasarhely (Siebenbürgen) die angekündigte Versammlung der Linken stattgefunden. Berzenczey, ebenfalls von der Linken, wollte an der Shitze von 300 Szeklern sich daran betheiligen, wurde jedoch zurückgestoßen. Nach Steinwürfen kam es zum Handgemenge; zwei Abtheilungen Militär stellten die Ordnung.

wieder her. Mehrere Verhaftungen sind vorgenommen und

sefare Fin⸗ Lingeleite worden. Die Versammlung eschloß die Annahme des Programms der Pesther Ve⸗ 5 lung der Linken. 1 öA1“

Schweiz. Bern, 14. Mai. Nach der nunmehr e 3 ten Zusammenstellung ist die revidirte Bu T1““ bei der Abstimmung durch das Volk mit 257,000 gegen 252,000 Stimmen und bei der Abstimmung nach von 13 Kantonen gegen 9 abgelehnt worden. 1“u“

Großbritannien und Irland. London, 13 Zu Ehren des Königs der Belgier fand am 11. d. Miis. dgn österreichischen Botschaftshotel ein großes Bankett statt, bei welchem außer Sr. Majestät der Herzog und die Her⸗ zogin von Teck, der belgische Gesandte van de Weyer, Baron von Cetto, Lord Enfield, Lord Egerton of Tatton u. A. die Gäste 1 8e S. hüeöhn Das Oberhaus hielt am 11. d. Mts. eine Extrasi⸗ in welcher die Consolidated Fund (6,000,000 Eftresihen⸗ um zweiten und dritten Male gelesen wurde.

Frankreich. Paris, 13. Mai. Das »Bien Publica bespricht heute in einem längeren Artikel die Nachrichten, welche über den schlechten Gesundheitszustand des Präsidenten Thiers in den fremden und anderen Blättern verbreitet sind, 1b er⸗ klärt dieselben für falsch. Die Wahrheit sei folgende: »Durch die Empfänge im Elysée und übermäßiges Arbeiten ermüdet,

etwas Ruhe zu gönnen und seine Kräfte zu schonen. nichts wurde deshalb in seinen Gewohnheiten

Eingeladenen oder vertrauten Freunden; den und mit der gewöhnlichen Pünktlichkeit.

92 welcher die Nationalversammlung ihre Zustimmung ge⸗ geben.«

Der Vertheidiger von Straßburg, General Uhri hat j auch an den Präsidenten der Republik gelcriesen un ae dsn gtalez⸗ gericht gestellt zu werden. An dem gestrigen Diner bei dem Präsi⸗ denten Thiers nahmen der Graf und die Gräfin von Paris, die Prinzessin Clementine und ihre Tochter, der Herzog von Chartres, Bruder des Grafen von Paris, der Herzog von Aumale, der Prinz 8 Se ie; dis ee 898 Ses sein Sohn, der Herzog

der Herzog von Sachsen⸗Cob der Füͦ— Fürstin Egerlorhe⸗ v1114“ „— Die Nationalversammlung verwarf vorgestern mit 300 gegen 297 Stimmen den Artikel 10 des Gepeeg säher die Reorganisation des Richteramtes. Nach Verwerfung des Artikels 10 bat der Justiz⸗Minister, daß die übrigen Artikel an die Kommission zurückverwiesen werden möchten. Diesem

en ensrochen

Vorgestern ist in Bordeaux ein afrikanischer Köni gelandet. Derselbe nennt sich Ranslainuch vedgh Paris und London besuchen. Der Hauptzweck seiner Reise soll der sein, der englischen und franzoöͤsischen Regierung Aufklärungen über die schlechte Behandlung zu geben, deren Opfer einige Missionare in seinem Reiche waren. Der afrikanische König ist von einem zahlreichen Gefolge begleitet.

15. Mai. Das »Journal officiel« meldet die Er⸗ nennung Noailles’ zum Gesandten in Washington, Ferry's zum Gesandten in Athen, Gombineau's zum Gesandten in Stockholm, Gabriac's zum Gesandten im Haag.

Versailles, 14. Mai. In der heutigen Sitzung der Nation alversammlung hatte sich bei der Diskussion über den deutsch⸗französischen Postvertrag Rouher für die Annahme desselben ausgesprochen, Ravinel den Äntrag gestellt, mehrere Artikel des Vertrages an die Kommission zurückzuverweisen. Dieser Antrag wurde jedoch fast einstimmig verworfen und darauf der Vertrag genehmigt. Haentjens brachte einen An⸗ trag ein, wodurch die mit der Enquste über die Kapitulationen beschäftigte Kommission beauftragt wird, auch auf die Kapitu⸗ lation von Paris densag Fen. Die Versammlung beschloß über den Antrag mit großer Majorität die Dringlichkeit. Der Finanz⸗Minister legte das Budget für 1873 vor.

Spanien. Madrid, 14. Mai. (W. T. B.). Offizielle Telegramme aus der Provinz Navarra versichern, daß nur h saneh einzige E11“ zwar diejenige unter

alte, daß dieselbe jedo Genere . jedoch von General Moriones

„Griechenland. Athen, 27. April. Der Abgeordn für Mantinea Rhigas Palamidis, bekannt 1e zunte Theilnahme an dem griechischen Unabhängigkeitskriege, ist kürz⸗ lich verstorben. Derselbe war 1792 zu Tripolitza in Morea eboren. Bei dem Regierungsantritt des Königs Otto über⸗ rug man Palamidis zuerst die Präfektur Lakonien. Später war er zu verschiedenen Malen Minister des Innern.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 10. Mai Der Herzog von Ostgothland ist gestern Mittag mit dem Dampfschiffe »Svea« von Karlskrona zurückgekehrt und wurde am Hafen von der Herzogin und den drei jüngeren Prinzen so wie vom Herzoge von Dalekarlien empfangen. t

Dänemark. Kopenhagen, 11. Mai. Die Rekon⸗ valescenz der sin Thyra schreitet, nach einem Tele⸗ gramm der »Berl. Tid.«, in befriedigender Weise fort. Man erwartete, daß die Prinzessin in diesen Tagen das Bett wäh⸗ rend einiger Stunden werde verlassen können.

Neichstags⸗Angelegenheiten.

Berlin, 15. Mai. In der gestrigen Sitz Rei

1, 15. Mai. In der gestrigen Sitzung des Reichs⸗

17Gggn in der Diskussion über den Etat bes nswäbtichar

veeiss drr Gn deadee he nses ürst von Bismarck in Gesandtschaft bei dem päpstlichen Stu d

eea Wgsn das Wort: ch begreife, daß bei dieser Budgetposition der Gedank

kann, daß die Kosten für diese Gesandtschaft nicht mebr ,he der

seien, weil es sich nicht mehr um einen Schutz deutscher Unterthanen

in den betreffenden Landestheilen handelt. Ich freue mich aber doch,

wurde Herr Thiers von seinen Freunden aufgefordert, sich

daß ein Antrag auf Absetzung dieser Position nicht ü A gestellt ist, den der Regierung unwillkommen gewesen sein. Kestentisn den Ahan he⸗

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Abend ohne Ausnahme empfing er die FSe. Anzahl von . jeden Tag präsidirte er dem Ministerrath und er hatte nicht nöthig, das hrastdirc⸗ den Bleistift zu ersetzen; jeden Morgen 6“ er seine Stun-

eer ge Eine einzige unläuggs bare Sache figurirt in den neuesten Bulletins des 1 nämlich die Vertagung der Diskussion über das Militärgesetz,

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sandtschaft bestehen ja einerseits im Schutze ihrer Landsleute, andererseits

aber doch auch in der Vermittlung der politischen Beziehungen, in welchen die V zu dem Hofe, bei dem ein Gesandter akkreditirt ist, steht Nun giebt es keinen auswärtigen Souverän, der nach der bisherigen Lage unserer Gesetzgebung berufen wäre, so aus⸗ gedehnte, der Souveränität nahe kommende und durch keine konstitu⸗ tionelle Verantwortlichkeit gedeckte Rechte 1G des Deutschen Reiches vermöge unserer Gesetzgebung zu üben. Es ist daher für das Deutsche Reich von wesentlichem Interesse, wie dasselbe sich zu dem Ober⸗ haupte der römischen Kirche, welchesdiese für einen auswärtigen Souverän so ungewöhnlichen umfangreichen Einflüsse bei uns ausübt, wie es sich auf diplomatischem Wege dazu stellt. Ich glaube kaum, daß es einem Gesandten des Deutschen Reiches nach den jetzt in der katho⸗ lischen Kirche maßgebenden Stimmungen gelingen würde, durch die geschickteste Diplomatie, durch Ueberredung, von komminato⸗ rischen Haltungen, wie sie zwischen zwei weltlichen Mächten vor⸗ kommen können, kann ja hier nicht die Rede sein —, aber ich will 8 en durch Ueberredung einen Einfluß auszuüben, der eine Modifi⸗ ation der von Sr. Heiligkeit dem Papste zu den weltlichen Dingen prinzipiell genommenen Stellung herbeizuführen im Stande sein üche Ich halte es nach den neuerdings ausgesprochenen und öffent⸗ lich promulgirten Dogmen der katholischen Kirche nicht für möglich, für eine weltliche Macht zu einem Konkordat zu gelangen, ohne daß diese weltliche Macht bis zu einem Grade und in einer Weise effacirt würde, die das Deutsche Reich wenigstens nicht annehmen kann. Seien Sie außer Sorge, nach Canossa gehen wir nicht, weder körper⸗ lich noch geistig. Aber nichts destoweniger kann sich Niemand ver⸗ hehlen, daß die Lage des Deutschen Reiches, ich habe hier nicht die Aufgabe, die Motive und die Schuld der einen oder der andern Seite zu untersuchen, sondern nur die Aufgabe, eine Budgetposition zu ver⸗ theidigen, daß die Stimmung innerhalb des Deutschen Reiches auf dem Gebiete des konfessionellen Friedens eine getrübte ist. Die Regierungen des Deutschen Reiches suchen emsig, suchen mit der ganzen Sorgfalt, die sie ihren katholischen wie ihren evangelischen Unter⸗ thanen schulden, nach den Mitteln, um in einer möglichst friedlichen, in einer die konfessionellen Verhältnisse des Reiches möglichst wenig erschütternden Weise aus diesem jetzigen Zustand in einen annehm⸗ licheren zu gelangen. Es wird dies ja schwerlich anders geschehen können als auf dem Wege der Gesetzgebung, und zwar auf dem Wege einer allgemeinen Reichsgesetzgebung, zu welcher die Regierungen genöthigt sein werden, die Beihülfe des Reichstags in zu nehmen. Daß aber diese Gesetzgebung in einem für die Gewissensfreiheit durchaus schonenden, in der zurückhaltendsten, zartesten Weise, im schonenden Wege 8 daß dabei die Regierung bemüht sein muß, sorgfältig alle die unnöthigen Erschwerungen ihrer Aufgabe zu verhüten, die aus unrichtigen Berichterstattungen, aus dem Man⸗ gel an richtigen Formen hervorgehen können, das werden Sie mir zugeben, daß die Regierungen bemüht sein müssen, die Richtigstellung unseres inneren Friedens auf die für die konfessionellen Empfindun⸗ gen, auch solche, die wir nicht theilen, schonendste Weise herbeizuführen, werden Sie mir zugeben. Dazu gehört vor allen Dingen, daß auf der einen Seite die römische Kurie jederzeit nach Möglichkeit gut unter⸗ richtet sei über die Intentionen der deutschen Regierungen und besser unterrichtet sei, als man es bisher gewesen ist. Ich halte für eine der hervorragendsten Ursachen der gegenwärtigen Truͤbungen auf kon⸗ fessionellem Gebiete die unrichtige, entweder durch eigene Aufregung oder durch schlimmere Motive getrübte Darstellung über die Lage der Dinge in Deutschland und die Intentionen der deutschen Re⸗ gierungen, die an Seine Heiligkeit den Papst gelangt sind. Ich hatte gehofft, daß durch die Wahl eines Botschafters, der von beiden Seiten volles Vertrauen hatte, einmal in Bezug auf seine Wahrheitsliebe und Glaubwürdigkeit, dann in Bezug auf die Versöhnlichkeit seiner Gesinnungen und Haltung, daß die Wahl eines solchen Botschafters, wie sie Se. Majestät der Kaiser in der Person eines bekannten Kirchenfürsten getroffen hatta, in Rom willkommen sein werde, daß sie als ein Pfand unserer friedlichen ent⸗ gegenkommenden Gesinnungen aufgefaßt, daß sie als eine Brücke der Verständigung benutzt werden würde, ich hatte gehofft, daß man darin die Versicherung erkennen würde, daß wir etwas Anderes, als das, was ein Sr. Heiligkeit dem Papste auch durch die intimsten Bezie⸗ hungen verbundener Kirchenfürst sagen, vortragen und ausdrücken könnte, nie von Sr. Heiligkeit dem Papste verlangen würden, daß die For⸗ men immer diejenigen bleiben würden, in welchen ein Kirchenfürst dem anderen gegenüber sich bewegt, und daß alle unnöthigen Rei⸗ bungen in einer Sache, die an sich schwierig genug ist, verhütet wür⸗ den. Man hat an diese Ernennung manche Befürchtungen auf evan⸗ gelischer und liberaler Seite geknüpft, die meines Erachtens in einer unrichtigen Würdigung der Stellung eines Gesandten oder Bot⸗ schafters überhaupt bestehen. Ein Gesandter ist wesentlich doch nur das Gefäß, welches, durch die Instruktionen seines Sou⸗ verains gefüllt, erst seinen vollen Werth bekommt, daß aber das Gefäß ein angenehmes, willkommenes sei, ein solches, welches nach seiner Beschaffenheit, wie man von alten Krystallen sagte, Gift oder Galle in sich nicht aufnehmen kann, ohne es sofort anzu⸗ zeigen, das 1- allerdings wünschenswerth, in so delikaten Beziehungen wie diese sind. Das hatten wir gehofft, zu erreichen. Leider ist aus Gründen, die uns noch nicht dargelegt sind, diese Intention der Kai⸗ serlichen Regierung durch eine kurze Ablehnung von Seiten der päpst⸗ lichen Kurie verhindert worden, zur Ausführung zu gelangen. Ich kann wohl sagen, daß ein solcher Fall nicht häufig vorkommt. Es ist üblich, daß, wenn ein Souverän seine Wahl zu einem Gesandten, zu einem Botschafter getroffen hat, er dann aus Cour⸗ toisie an den Souverän, bei dem der Gesandte akkreditirt werden soll, die Frage richtet, ob dieser ihm persona grata sei, es ist indeß ganz außerordentlich selten der Fall, daß diese Frage verneint wird,

da es doch immer ein Rückgängigmachen einer einmal ge⸗

es wird

schehenen Ernennung bedingt; denn was der Kaiser zu einer solchen Ernennung thun kann, thut er vorher, ehe er anfrägt . Also er hat ernannt, wenn er anfrägt, die verneinende Antwort ist also eine Forderung, das Geschehene zurückzunehmen, eine Erklärung: Du hast unrichtig gewählt. Ich bin 9. ziemlich zehn Jahren jetzt auswärtiger Minister, ich bin seit einundzwanzig Jahren in den Ge⸗ schäften der höheren Diplomatie, und ich glaube, mich nicht zu täuschen, wenn ich sage, es ist dies der einzige und erste Fall, den ich erlebt, daß eine solche Frage verneinend beantwortet wird. Ich habe öfter schon erlebt, daß Bedenken ausgesprochen sind gegen Gesandte, die be⸗ reits längere Zeit fungirt hatten, daß ein Hof in vertraulicher Weise den Wunsch ausgesprochen hat, daß ein Wechsel in der Person er⸗ fessen möge; dann aber hatte dieser Hof eine mehrjährige Erfahrung m diplomatischen Verkehr mit dieser Person hinter sich, hatte die Ueberzeugung, daß diese Persönlichkeit zur Sicherung der von dem Hofe gewünschten guten Bezichungen nicht geeignet sei, und äußert dann in der vertraulichsten Form, gewöhnlich in eigenhändigen Schreiben von Souverän zu Souverän, mit Erläuterungen, warum dies geschehen und dennoch in einer sehr vorsichtigen Weise; selten oder nie bestimmt gefordert. Es sind ja in der neuesten Zeit einzelne, wenigstens ein recht flagrantes Beispiel vorgekommen, daß die Abberufung eines Gesandten gefordert wird, aber, wie gesagt, die Versagung eines neu zu ernen⸗ nenden ist mir nicht erinnerlich, daß ich sie shog erlebt habe. Mein Bedauern über diese Ablehnung ist ein außerordentlich lebhaftes; ich bin aber nicht berechtigt, dieses Bedauern in die Farbe einer Empfind⸗ lichkeit zu übersetzen, denn die Regierung schuldet unseren katholischen e daß sie nicht müde werde, die Wege aufzusuchen, auf denen die Regelung der Grenze zwischen der geistlichen und der welt⸗ lichen Gewalk, der wir im Interesse unseres inneren Friedens absolut bedürfen, in der schonendsten und konfessionell am wenigsten verstim⸗ menden Weise gefunden werden könne. Ich werde deshalb mich durch das Geschehene licht entmuthigen lassen, sondern fortfahren, bei Sr. Majestät dem Kaiser dahin zu wirken, daß ein Vertreter des Reiches für Rom gefunden wird, welcher sich des Vertrauens beider Mächte, wenn nicht in gleichem Maße, doch in einem hinlänglichen Maße für sein Geschäft erfreut. Daß diese Aufgabe durch das Geschehene wesent⸗

lich erschwert ist, kann ich allerdings nicht verhehlen.

Auf eine Entgegnung des Abg. Dr. Windthorst (Meppen)

erwiderte der Reichskanzler:

Der Herr Redner ist über den Gegenstand, von dem es sich hier handelt, zu meiner Genugthuung, wie aus den letzten wenigen Worten einer Rede hervorging, mit mir vollständig einverstanden. Wenn ich ihn richtig verstanden habe, so wünscht auch er die Beibehaltung der Gesandtschaft beim römischen Stuhle. Ich könnte mich mit der Kon⸗ statirung dieses Einverständnisses begnügen, wenn nicht die Art, wie er dasselbe motivirt, mir zu einigen sachlichen Bemerkungen und Rek⸗ tifikationen Anlaß gäbe. 1

Der Herr Redner hat in Beziehung auf die kürzlich von uns versuchte Ernennung eines Botschafters beim heiligen Stuhle seine Verwunderung darüber ausgesprochen, daß der dazu designirte Kar⸗ dinal nicht nach Rom gegangen sei, um sich die Antwort zu holen. In der Sache waren indeß zwei Antworten zu geben: die eine an Se. Majestät den Kaiser, der durch seine amtlichen Organe bei der römischen Kurie anfragt: »Ist euch das recht?« die zweite an den Kardinal. Wenn ich richtig berichtet bin, so ist die Antwort an den Herrn Kardinal, das Verbot der Annahme enthaltend, schon sehr viel früher als die Antwort an Se. Maäjestät den Kaiser erfolgt. Nach⸗ dem ich hiervon überzeugt war, schien es mir doch nöthig, daß Se. Maäjestät der Kaiser an Seiner Seite auch eine Antwort er⸗ halte, und in Folge dessen habe ich späterhin ich weiß nicht, ob fünf oder acht Tage nach der ersten Anfrage den Wunsch aus⸗ drücken lassen, daß wir auch eine Antwort erhalten möchten. Die haben wir bekommen. Die Aktenstücke, die in den Zeitungen gedruckt sind, soviel ich den Abdruck habe sehen können ich habe nicht noch⸗ mal gelesen, was ich kannte werden authentisch sein; den Arti⸗ kel, mit dem sie verbrämt sind, kenne ich nicht.

Ich möchte auf die persönliche Kritik Sr. Eminenz des Kardinals, die der Herr Vorredner hier auf der Tribüne aussprach, nicht ein⸗ gehen; nur auf das Wort » Dienstherr« möchte ich doch mit einem Wort zurückkommen. Der Herr Vorredner ist in der Geschichte ge⸗ wiß bewandert soweit sie die kirchlichen Verhältnisse berührt —, und da erlaube ich mir die Frage, wer der Dienstherr des Kardinals Richelieu, des Kardinals Mazarin war. Beide Herren haben im Dienste ihres Souveräns, des Königs von Frankreich, recht wesent⸗ liche Streitfragen, obwohl sie Kardinäle waren, mit dem römischen Stuhle zu erledigen und zu verfechten gehabt. Also ganz durch⸗ schlagend ist der Vergleich mit einem General⸗Adjutanten und dem Kardinal doch nicht, obschon ich, wenn es Sr. Heiligkeit gefiele, hier einen General⸗Adjutanten Sr. Majestät zum Nuncius zu ernennen, Sr. Majestät unbedingt zureden würde, ihn zu acceptiren.

Der Herr Vorredner bat es bemängelt, daß diese ganzen Ver⸗ handlungen früher in die Oeffentlichkeit gelangt wären, als mit der von mir beanspruchten dienstlichen Verschwiegenheit im auswärtigen Dienst verträglich wäre. Ich kann nur aktenmäßig nachweisen, daß unsererseits keine Veröffentlichung früher stattgefunden hat, als bis ich von Rom das Telegramm von unserer dortigen Gesandtschaft amtlich erhielt: die päpstliche Kurie macht aus der Ablehnung kein Geheimniß und hat dem und dem fremden Gesandten unumwunden Mittheilung davon gemacht. VVon dem Augenblick an war es überflüssig, das Geheimniß zu bewahren. Ich glaube auch, daß es bis dahin der Presse gegenüber gewahrt ist. Ich habe Indizien, daß es Rom gegenüber schon vorher nicht gewahrt worden ist. Wie es so früh ruchbar werden konnte, darüber hatte ich, als der Herr Vorredner diesen Punkt berührte,

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