1872 / 265 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 08 Nov 1872 18:00:01 GMT) scan diff

der geeigneten Weise vorbereitet werden muß, und deren Anwendung in den bürgerlichen Rechnungsarten, sowie eingehende Behandlugg der Dezimalbrüche. .

„In der mehrklassigen Schule erweitert sich das Pensum in den bürgerlichen Rechnungen durch Aufnahme der schwierigen Arten und 8 8 der Rechnung mit Dezimalen durch die Lehre von den Wurzel⸗ extraktionen.

Auf der Unterstufe wird in der Schule mit einem oder zwei Lehrern, soweit es sein kann, in der mehrklassigen Schule regelmäßig nur im Kopfe gerechnet. Bei Einführung einer neuen Rechnungsart

eht auf allen Stufen das Kopfrechnen dem Tafelrechnen voran. Bei der praktischen Anleitung ist überall die Beziehung auf das bürgerliche Leben ins Auge zu fassen; darum sind die Exempel mit geesen und vielstelligen Zahlen zu vermeiden und die angewandten 8 .28 so zu ftellen, wie sie den wirklichen Verhältnissen ent⸗ prechen.

Durch diese Aufgaben sind die Schüler zugleich mit dem gelten⸗ den Systeme der Maße, Münzen und Gewichte bekannt zu machen.

Das Rechnen ist auf allen Stufen als Peans im klaren Denken und richtigen Sprechen zu betreiben; doch ist als der letzte Zweck stets die Befähigung der Schüler zu selbständiger, sicherer und schneller Lösung der ihnen gestellten Aufgaben anzusehen. 8

Dem Unterrichte sind in allen Schulen Aufgaben⸗ (Schüler⸗) Hefte, zu denen der Lehrer das Facitbüͤchlein in Händen hat, zu Grunde zu legen. 8

29. Der Unterricht in der Raumlehre. Das Pensum der Raumlehre bilden: die Linie (gerade, gleiche, ungleiche, gleichlaufende), der Winkel und dessen Arten, Dreiecke, Vierecke, regelmäßige Figuren, der Kreis und dessen Hülfslinien, die regelmäßigen Körper.

In der mehrklassigen Schule kommt die Lehre von den Linien und Winkeln und von der Gleichheit und Kongruenz der Figuren in elementarer Darstellung hinzu. Der Unterricht in der Raumlehre ist sowohl mit demjenigen im

Rechnen, wie mit dem Zeichenunterrichte in Verbindung zu setzen. Während die Schüler in dem letzteren die der Linien, Flächen und Körper richtig anzuschauen und darzustellen geübt werden, lernen sie im ersteren mit deren Maßzahlen sicher und verständig operiren, die Länge der Linien, die Ausdehnung der Flächen und den Inhalt der Körper berechnen.

30. Der Zeichenunterricht. 1

In dem Zeichenunterrichte sen alle Kinder gleichzeitig und gleich⸗ mäßig zu beschäftigen und bei steter Uebung des Auges und der Hand dahin zu führen, daß sie unter Anwendung von Lineal, Maß und Zirkel vorgezeichnete Figuren nach gegebenem verjüngten oder erwei⸗ terten Maßstabe nachzuzeichnen und geometrische Ansichten von ein⸗ fach gestalteten Gegenständen nach gegebenem Maßstab darzustellen vermögen, z. B. von Zimmergeräthen, Gartenflächen, Wohnhäusern, e und andern Koͤrpern, welche gerade Kanten und große Flächen darbieten.

Wo dieses Ziel erreicht ist, kann besonders begabten Kindern Gelegenheit gegeben werden, nach Vorlegeblättern zu zeichnen. 8 „Für den Zeichenunterricht der mehrklassigen Volksschule wird eine besondere Instruktion vorbehalten.

31. Der Unterricht in den Realien.

Beim Unterrichte in den Realien ist das Lesebuch zur Belebung, und Wiederholung des Lehrstoffes, welchen der Lehrer nach vrgsaltiger Darstellung anschaulich und frei darzustellen hat, zu benutzen. In mehrklassigen Schulen können daneben besondere Leitfäden zur Anwendung kommen. Diktate sind nicht zu gestatten, ebenso ist das rein mechanische Einlernen von Geschichtszahlen, Regentenreihen u. s. w., Länder⸗ und Städtenamen, Einwohnerzahlen, von Namen, Merkmalen der Pflanzen, Maß⸗ und Verhältnißzahlen in der Naturlehre verboten. In der Geographie und der Natur⸗ kunde ist von der Anschauung auszugehen, welche in der Geographie durch den Globus und die Karte, in der Naturbeschreibung durch die zur gebrachten Gegenstände oder durch gute Ab⸗ bildungen, in der Naturlehre wenigstens in der mehrklassigen Schule durch das Experiment zu vermitteln ist.

Ueberall, auch in mehrklassigen Schulen, ist unter stufenweiser Erweiterung des Stoffes von dem Leichteren zum Schwereren, von dem Näheren zum ferner Liegenden fortzuschreiten.

32. Geschichte.

In der Geschichte sind aus der älteren Geschichte des deutschen Vaterlandes und aus der älteren brandenburgischen Geschichte einzelne Lebensbilder zu geben; von den Zeiten des brf giglahrigen Krieges und der Regierung des großen Kuͤrfürsten an ist die Reihe der Le⸗ bensbilder ununterbrochen fortzuführen. Soweit sie dem Verständniß der Kinder zugänglich sind, werden die kulturhistorischen Momente in die Darstellung mit aufgenommen.

Die Ausführlichkeit und die Zahl der Bilder bestimmt sich nach er Art der Schule und dem Maße der Zeit, die auf den Gegenstand erwendet werden kann.

33. Geographie.

„Der geographische Unterricht beginnt mit der Heimathskunde; ein weiteres Pensum bilden das deutsche Vaterland und das Haupt⸗ ächlichste von der allgemeinen Weltkunde: Gestalt und Bewegung der Erde, W der Tages⸗ und Jahreszeiten, die Zonen, die fünf Weltmeere und die fünf Erdtheile, die bedeulendsten Staaten und Städte der Erde, die größten Gebirge und Ströme.

Das Maß des darzubietenden Stoffes wird durch die Art der Schule bedingt; es ist indeß bei Aufstellung des Lehrplanes vorzu⸗ ziehen, nöthigenfalls den Umfang des Lehrstoffes zu beschränken, statt auf dessen Veranschaulichung zu verzichten und den Unterricht in Mittheilung bloßer Nomenklatur ausarten zu lassen.

34. Naturbeschreibung.

Gegenstand des Unterrichtes in der Heen be tgreibung bilden außer dem Bau und dem Leben des menschlichen Körpers: die einheimischen Gesteine, Pflanzen und Thiere, von den ausländischen die großen Raub⸗ thiere, die Thier⸗ und Pflanzenwelt des Morgenlandes und diejenigen Kulturpflanzen, deren Produkte bei uns in täglichem Gebrauche sind G. B. Baumwollenstaude, Theestrauch, Kaffeebaum, Zuckerrohr). Von den einheimischen Gegenständen treten diejenigen in den Vordergrund, welche durch den Dienst, den sie dem Menschen leisten, (z. B. Hausthiere, Vögel, Seidenraupe, Getreide⸗ und Gespinnstpflanzen, Obstbäume, das Salz, die Kohle), oder durch den Schaden, den sie dem Menschen thun (Gift⸗ pflanzen), oder etwa durch die Eigenthümlichkeit ihres Lebens und ihrer Lebensweise (z. B. Schmetterling, Trichine, Bandwurm, Biene, Ameise) besonderes Interesse erregen.

In der mehrklassigen Schule kann nicht nur eine Ferprepanzng der Gegenstände, sondern auch eine systematische Ordnung derselben und ein näheres Eingehen auf ihre gewerbliche Verwendung statt⸗ finden. Die Gewöhnung der Kinder zu einer aufmerksamen Beob⸗ achtung und ihre Erziehung zu sinniger Betrachtung der Natur ist

überall zu erstreben. 35. Naturlehre.

In dem naturkundlichen Unterrichte der Schule mit einem oder zwei Lehrern sind die Schüler zu einem annähernden Verständniß derjenigen Erscheinungen zu führen, welche sie täglich umgeben.

In der mehrklassigen Schule ist der Stoff so zu erweitern, daß das Wichtigste aus der Lehre vom Gleichgewichte und der Bewegung der Körper, vom Schall, vom Lichte und von der Wärme, vom Magnetismus und der Elektrizität zu geben ist, so daß die Kinder im Stande sind, die gewöhnlicheren Naturerscheinungen und die ge⸗ bräuchlichsten Maschinen erklären zu können.

36. Gesang. b In dem Gesangunterrichte wechseln Choräle und Volkslieder ab. Ziel ist, daß jeder Schüler nicht nur im Chor, sondern auch einzeln richtig und sicher singen könne und bei seinem Abgange eine genügende Anzahl von Chorälen und Volksliedern, letztere möglichst unter sicherer Einprägung der ganzen Texte, als festes Eigenthum inne habe.

37. Der Turnunterricht.

Der Turnunterricht wird auf der Mittel⸗ und der Oberstufe den

Knaben in wöͤchentlich zwei Stunden nach dem durch Cirkular⸗Ver⸗

ordnung vom 8. Oktober 1868 eingeführten Leitfaden für den Turn⸗

unterricht in den preußischen Volksschulen ertheilt. Wünschenswerth ist, daß auch auf der Unterstufe Turnspiele und Vorüb

werden. “.“

111““

—2338. Anterricht in weiblichen Handarbeiten. 1 Der Unterricht in weiblichen Handarbeiten wird, wenn thunlich

schon von der Mittelstufe an in wöchentlich zwei Stunden ertheilt.

Berlin, den 15. Oktober 1872.

Der Minister der geistlichen, Unterrichts und Medizinal⸗

e“ 8 Falk.

Unter dem Namen von Bürger⸗, Mittel⸗, Rektor⸗, höheren Knaben⸗ oder Stadtschulen sind bereits gegenwärtig eine beträchtliche Anzahl von Unterrichts⸗Anstalten vorhanden, welche einerseits ihren Schülern eine höhere Bildung zu geben versuchen, als dies in der mehrklassigen Volksschule geschiehet, andererseits aber auch die Be⸗ dürfnisse des gewerblichen Lebens und des s. 88 Mittelstandes in größerem Umfange berücksichtigen, als dies in höheren Lehranstalten regelmäßig der Fall sein kann. 8 8

Es entspricht den Anforderungen der Gegenwart nicht nur, die bestehenden Anstalten dieser Art weiter zu entwickeln, sondern auch die Neuerrichtung derselben Seitens der Gemeinden thunlichst zu

fördern. Wenn solche Schulen den nachfolgenden Anforderungen ent⸗ dieselben als Mittelschulen anzusehen und zu be⸗

sprechen, so sin zeichnen.

1) Die Schulen sollen neben den Volksschulen des Ortes bestehen und mindestens fünf aufsteigende Klassen mit einer Maximalzahl von je fünfzig Schülern haben. Es kann jedoch gestattet werden, daß die Oberklassen einer sechsklassigen Volksschule nach dem Lehrplane der Mittelschule arbeiten. 1

2) Der Unterricht in der Mittelschule ist im Anschlusse an den beifolgenden Lehrplan, welcher auf eine sechsklassige Schule berechnet ist, zu ertheilen. Bei fünf Klassen sind die Pensa der drei Unter⸗ klassen auf zwei Klassen zu vertheilen. Bei mehr als sechs Klassen findet eine Erweiterung des Pensums statt. 8

Wo die lokalen Verhältnisse eine besondere Berücksichtigung des Ackerbaues, Fabrikwesens, Bergbaues, Handels oder der Schiff⸗ fahrt in dem Lehrplane bedingen, sind die erforderlichen Aenderungen in demselben vorzunehmen. Demgemäß ist es auch je nach dem Bedürfnisse zuzulassen, nur eine der im Lehrplane bezeichneten neueren Sprachen oder statt derselben eine andere in den Lehrplan aufzunehmen.

3) Die Inventarien der Mittelschulen müssen den höheren Lehr⸗ zwecken derselben entsprechen. Insbesondere sünd für den Unterricht in der Geographie und der Naturkunde die erforderlichen Lehrmittel zu beschaffen. Auch ist für eine Bibliothek Sorge zu tragen, welche die· jenigen größeren wissenschaftlichen Werke enthaͤlt, deren Benutzung für die Lehrer nothwendig ist. 1

4) Der Unterricht ist nur von solchen Lehrern zu ertheilen, welche 6 6 Maßgabe der Prüfungs⸗Ordnung als befähigt aner⸗ annt sind.

Die Mittelschulen ressortiren, wie die Volksschulen, von den Königlichen Regierungen, beziehungsweise in der Provinz Hannover von den Königlichen Konsistorien.

In keinem Falle darf ee; durch die Verfolgung hoͤherer Unterrichtsziele die Volksschule enachtheiligt werden. Es ist daher nur da, wo für die Letztere eine ausreichende Fürsorge stattgefunden hat, die Errichtung von Mittelschulen Seitens der Behörden anzu⸗

streben. 1

Berlin, den 15. Oktober 1872. Der Minister der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗ T“ Fa

90 3 An sämmtliche Königliche Regierungen, die Königlichen Konsistorien der Provinz Hannover, sowie sämmtliche Königliche Provinzial⸗

Schulkollegien.

Lehrplan für die Mittelschule.

I. Religion.

In den drei (wöchentlich je 3 Stunden): die bibli⸗ sche 1Ss Alten und Neuen Testamentes. In der sechsten Klasse eine kleine, in der fünften eine etwas größere Anzahl iblischer Er⸗ zählungen, wo möglich unter Benutzung guter Abbildungen; in der vierten eine zusammenhängende Darstellung der biblischen Geschichte. Die zehn Gebote, das Glaubensbekenntniß und das Vaterunser wer⸗ den ohne die Erklärung der Konfessionskatechismen angeeignet und nach Wort⸗ und Sachinhalt erklärt.

Sowohl mit dieser Erklärung, wie mit der biblischen Geschichte werden passende Bibelsprüche wie einzelne Verse geistlicher Lieder in Verbindung gebracht; einige davon, in der vierten Klasse auch eine kleine Zahl (etwa vier) ganzer Lieder gelernt; in der fünften und sechsten kommen einige dem Kindesalter angemessene Gebete zur An⸗ eignung.

In den drei Oberklassen (wöchentlich je zwei Stunden) wird die heilige Geschichte unter Hineinnahme des Lehrinhaltes der heili⸗ gen Schrift erweitert und ergänzt. Dabei kommen das schristliche Kirchenjahr und die evangelischen Perikopen desselben zur Behand⸗ lung; ebenso das Nothwendige aus der Bibelkꝛunde. Den evangeli⸗ schen Schülern wird Anleitung zum selbständigen öö nisse durch Lesen und Auslegen ausgewählter Psalmen und anderer dec SLar gl .p P. g⸗ Abschnitte aus den prophetischen und poetischen

üchern des Alten Testaments und aus dem Neuen Testamente ge⸗ geben; hieran reihen sich die Geschichte der Pflanzung und Ausbrei⸗ tung der christlichen Kirche und die Hauptsachen aus der Kirchen⸗ geschichte in Lebensbildern.

Die Religionslehre wird nach dem Katechismus der betreffenden Konfession unter Beziehung auf biblische Geschichte, Bibelspruch und Kirchenlied im Zusammenhange erklärt; einzelne Sprüche, Lieder⸗ verse, auch ganze Lieder werden gelernt; über die bedeutendsten Lie⸗ derdichter werden Nachrichten gegeben.

Die Vertheilung dieses Pensums auf die einzelnen Klassen be⸗ stimmt sich nach der Stelle und der Bedeutung, welche den Theilen desselben bei den einzelnen Konfessionen zukommen.

Der gesammte Religionsunterricht wird den Schülern in kon⸗ fessioneller Sonderung ertheilt. 8

II. Deutsch, Lesen und Schreiben. Sechste Klasse. 12 Stunden. 1

Die Schüler lernen die Laute und ihre Zeichen in der deutschen

Schreib⸗ und Druckschrift kennen und werden im Lesen so weit ge⸗ fördert, daß sie kleine zusammenhängende Stücke ohne Stocken lang⸗ sam vorlesen können. Sie werden ferner einzelne Wörter und dann kleine Stücke aus der Fibel und vorgesprochene Wörter und kleine Sätze, in denen Laut und Zeichen übereinstimmen, zu schreiben. Endlich werden diese Stunden zu Anschauungs⸗ und Sprech⸗ übungen und zum Auswendiglernen und Vortragen kleiner Gedichte benutzt. Bei dem Unterrichte sind Lesen und Schreiben zu verbinden und leicht ins Auge fallende Bilder zu benutzen. hag Klasse. 12 Stunden (inkl. 3 Schreibstunden). Die Arbeit der vorigen Klasse wird nicht sowohl durch Auf⸗ nahme neuer Gegenstände, oder Erweiterung der Ziele, als durch erhöhte Anforderungen an die Sicherhett und die Selbständigkeit der Leistungen sowohl im Lesen als im Schreiben fortgeführt.

Es treten drei besondere Stunden für die Uebung im Schrei⸗ ben ein.

Vierte Klasse. 12 Stunden (inkl. 3 Schreibstunden).

Das Hauptziel dieser Klasse ist, daß die Schüler leichte, ihnen bis dahin unbekannte Sprachstücke mit Verständniß bekundender Be⸗ tonung geläufig vorlesen und mäßig schwere Diktate orthographisch richtig niederschreiben können. Alle Uebungen müssen vorzugsweise auf diesen Zweck gerichtet sein und es ist hier eher funutasen, daß beim Lesen an der Betonung als an der Geläufigkeit etwas auszu⸗ setzen sei; und daß in der Orthographie am Wissen etwas fehle als an der Sicherheit in dem, was gelernt ist.

Aus der Grammatik: Unterscheidung der Redetheile und das Wichtigste aus der Lehre vom einfachen Satze.

Uebrigens sind Uebungen im mündlichen Nacherzählen des Ge⸗

agen angestellt g g stell allen folgenden Klassen, ein wichtiger

lesenen und im Vortrag auswendig gelernter Gedichte hier, wie in Theil des deutschen Unterrichts.

Die schriftlichen orthographischen Uebungen werden esetzt und die Stilübungen mit der Wiedergabe Lehrer mitgetheilter Erzählungen oder im Unterrichte vorbereiteter Be⸗ schreibungen begonnen. 9 Dritte Klasse. 8 Stunden (inkl. 3 Schreibstunden).

Die Lehre vom einfachen Satze und von der Satzverbindung sowie die Kenntniß der Biegeformen des Nomens und des Verbs 9-

Die Stilübungen werden fortgesetzt; Gegenstand derselben sind wie früher, im Unkerrichte vorbereitete Erzählungen oder Beschreibun! gen; doch werden für dieselben etwas schwierigere Stoffe gewählt.

Bei der Lektüre und der Besprechung wird auf Korrektheit un Geläufigkeit, bei den orthographischen Uebungen auf Kenntniß de Hauptregeln und Sicherheit in deren Gebrauch gehalten. b

Zweite Klasse. 6 Stunden (inkl. 2 Schreibstunden).

Die Schüler werden in das Verständniß von Musterstücken deut. scher Prosa und Poesie eingeführt und zu einem guten Vortrage der⸗ selben angeleitet. b Die poetische Lektüre wird so eingerichtet, daß die Schüler an derselben eine hinreichend deutliche Vorstellung von den wichtigsten Dichtungsarten erhalten. 1 1

inübrung in die Lehre vom Satzgefüge und von der Inter. punktion. 8

Als Stilübungen dienen abwechselnd Uebersetzungen aus dem

ranzösischen und ganz leichte Aufsätze, zu welchen der Stoff und die isposition in der Unterrichtsstunde unter Anleitung des Lehrers wird; Schilderungen von Selbsterlebtem, namentlich auch in riefform und leichte Geschäftsaufsätze. Erste Klasse. 5 Stunden (keine Schreibstunde).

Fortgesetzte Erklärung von Musterstücken deutscher Prosa und Poesie. Im Anschlusse an die poetische Lektüre wird dem Schüler das Unentbehrliche über Versmaß und allgemeine metrische Gesetze sowie über die bedeutendsten deutschen Dichter in einer seiner Fas⸗ sungskraft entsprechenden Weise gegeben. ,

Unterweisung über die wichtigsten Stilgattungen.

Die Aufsatzthemata werden nur Gebieten, welche den Schülern aus dem Unterrichte, aus der Lektüre oder aus dem Leben hinlänglich bekannt sind, entnommen, und es sollen die Schüͤler auch Anleitung in der Anfertigung von Geschäftsaufsätzen und Geschäftsbriefen, die im ge⸗ werblichen Leben am häufigsten vorkommen und spezielle Berufs⸗ kenntnisse nicht erfordern, erhalten.

Die Auswahl des Lesebuches ist so zu treffen, daß die Schüler in demselben Proben aus den Meisterwerken der deutschen Dichtung und Prosa finden; erforderlichen Falls ist neben demselben eine gute Gedichtsammlung zu brauchen. „In Schulen, die mehr als sechs Klassen haben, werden Werke, wie Minna von Barnhelm, Hermann und Dorothea, Tell, Wallenstein ꝛc. im Zusammenhange gelesen.

III. Rechnen und Raumlehre. Sechste Klasse. 5 Stunden.

Im ersten Semester die vier Spezies im Zahlenkreise von 1 bis 20, im zweiten in dem von 1 bis 100. Die Einübung des Einmal⸗ eins fällt in dieses Pensum.

Fünfte Klasse. 5 Stunden.

Die vier Spezies, im ersten Semester im Zahlenkreise von 1 bis 1000, im zweiten im unbegrenzten Zahlenkreise mit unbenannten Zahlen. (Schriftliches Rechnen.) 88

Auf diesen beiden Stufen, Benutzung der Rechenmaschine.

Vierte Klasse. 5 Stunden. Die vier Spezies mit mehrfach benannten Zahlen Resolvi Reduziren, Zeitrechnung, einfache Regel de tri Dritte Klasse. 5 Stunden. 8 Rechnen 3 Stunden. Die vier Spezies in Dezimalen und in gemeinen Brüchen. Raumlehre 2 Stunden. Veranschaulichung der Elemente der Formenlehre an den regel⸗

mäßigen Körpern. 1 Zweite Klasse. 5 Stunden. Rechnen 3 Stunden. Einfache und zusammengesetzte Regel de tri. Raumlehre 2 Stunden. Planimetrie bis zur Lehre von den Linien und Winkeln im und am Kreise. Im Anschlusse daran⸗ Konstruktions⸗Aufgaben. Erste Klasse. 6 Stunden. Rechnen 3 Stunden. Die bürgerlichen Rechnungsarten, Kubikwurzeln. ga- der Buchstabenrechnung und Raumlehre 3 Stunden. Die Lehre von den Parallelogrammen. Berechnung des Inhalts geradliniger Figuren und des Kreises. Die Elemente der Stereometrie. Berechnung der Oberfläche und des Inhaltes prismatischer, pyramidaler und kugelförmiger Körper. In Mittelschulen von mehr als sechs Klassen wird das arith⸗ metische Pensum durch Fortführung der Algebra und der Buchstaben⸗ rechnung, durch die Gleichungen, f

fleißig fort kleiner von 88

5

Zinsrechnung.

Ausziehen von Quadrat⸗ und der Algebra.

die Hinzunahme schwieriger Auf

gaben aus den bürgerlichen Rechnungsarten, namentlich der Wechsel⸗

und Coursrechnung erweitert, das geometrische Pensum durch schwierige Aufgaben aus der rechnenden Geometrie.

IV. Naturkunde 1

(Naturbeschreibung, Physik, Chemie.)

. Naturbeschreibung.

8 Dritte und zweite Klasse je 2 Stunden.

Beschreibung ausgewählter phanerogamischer Gewächse mit An⸗

gabe ihrer Nutzanwendung im menschlichen Haushalte, der wichtig⸗

sten heimischen Säugethiere und Vögel und ausgewählter Repraä⸗

sentanten der übrigen Thierklassen in stufenweis erweiterter Dar⸗

stellung. 8 Erste Klasse. 2 Stunden.

Fortgesehte Beschreibung von Pflanzen, Anleitung zur Be⸗ stimmung der einheimischen unter Hervorhebung ihres Nutzens oder Schadens. Das Allgemeinste über das Leben der Pflanze. Kenntniß des menschlichen Körpers. Diätetik, Beschreibung von Thieren in der Reihenfolge des Systems. Die wichtigsten Mineralien.

In dem gesammten Unterrichte sind die Schüler zu selbständiger und aufmerksamer Beobachtung der Natur anzuleiten. Naturlehre. Zweite Klasse. 2 Stunden. Mechanische Eigenschaften der festen, flüssigen und luftförmigen Körper. Die einfachsten des Magnetismus. Erste Klasse. 3 Stunden.

Das Wichtigste aus der Lehre von der Elektrizität, von der Wärme, dem Lichte und dem Schalle, außerdem in einer besondern Stunde die Anfangsgründe der Chemie.

In Schulen mit mehr als sechs Klassen werden namentlich die Unterweisungen aus der Physik und der Chemie zu einer mehr usammenhängenden Darstellung dieser Disziplinen erweitert; in der Naturbeschreibung treten in solchen Schulen Mittheilungen über Bau und Bildung der Erdrinde hinzu.

Ueberall sind beim Unterrichte in der Naturkunde gute natürliche Exemplare oder Nach⸗ und Abbildungen zu benutzen; in der Physik ist außerdem das Experiment der Unterweisung zu Grunde zu legen.

V. Geographie. b Vierte Klasse. 2 Stunden.

Die Heimath. Das Wichtigste über die Erscheinungen des Luft⸗ kreises, über den Horizont, über Sonne, Mond und Sterne, Tages⸗ und Jahreszeiten. Einführung in die kartographische Darstellung.

Dritte Klasse. 2 Stunden.

Gestalt und Bewegung der Erde. Das mathematische Netz.

Uebersicht der Kontinente und der Ozeane. Europa im Allgemeinen,

besonders physisch. Zweite Klasse. 2 Stunden. Die Hauptsachen aus der physischen und der politischen Geogra⸗ phie aller fünf Erdtheile. Erste Klasse. 2 Stunden.

Deutschland. Der preußische Staat. Uebersichtliche Wieder⸗ bolung des ganzen Pensums unter besonderer Hervorhebung der ma⸗ thematischen Geographie.

In einer Schule mit mehr als sechs Zeagen kann außer einer Erweiterung des Pensums eine genauere Darstellung der fremden Länder gegeben werden.

Durchweg Benutzung guter Wandkarten, Globen und Tellurien; auch die Schuͤler müssen im Besitze eines guten Atlas sein.

8

eingeübt.

VI. Geschichte. ritte Klasse. 2 Stunden.

Biographien aus der Weltgeschichte aller Zeitalter. Die Ge⸗

chten aus der Heroenzeit und aus dem Alterthume werden aus⸗ sühnicher mitgetheilt; aus dem Mittelalter und der neuern Zeit nur 5 Geschichte der bekanntesten Männer, wie Karl der Große, Friedrich die barossa⸗ Friedrich der Große und ähnliche. 8 odeenabister ug un dendel schichte aller drei ien und Lebensbilder aus der Weltgeschichte aller dre 1 die Geschichte der Gründung und Ausbreitung der Fühnl chen Kirche und die Mittheilungen über diejenigen Ereignisse 85 Männer beson gens herganeten, vbelche auf die allgemeine inen vorzüglichen Einfluß geü aben. Geschichte einen vErse 18 2 Uigeschichte aller d hien und Lebensbilder aus der Weltgeschichte aller drei ial wober jedoch diejenigen aus der vaterläͤnbischen Geschichte fonders hervorgehoben und Ereignisse, wie der siebenjährige, der boüereiungs⸗ der 8 der deutsch⸗französische Krieg im Zusammen⸗ behandelt werden. 8 lange bediner Schule mit mehr als sechs Klassen sind die Mit⸗ theilüngen ausführlicher zu geben, und kann mehr aus der Geschichte des Alterthumes und aus derjenigen der außerdeutschen Völker in die Darstellung aufgenommen werden. VII. Fremde Sprachen. a. Frenesac. Englisch.

Ziel ist: richtige Aussprache und Sicherheit in der Orthographie der fremden Sprache, sowie die Befähigung des Schülers, in der⸗ selben leichte prosaische Schriftsäler ohne Wörterbuch geläufig zu lesen, leichte Geschäftsbriefe selbstän 9 aufzusetzen und sich inner⸗ halb der Grenzen des gewöhnlichen Verkehrs einigermaßen zu ver⸗ lund gene gulen mit mehr 1s saelaheh ist die Befaͤhigung zum Verssändnisse der Dichter, sowie einige Bekanntschaft mit der Litera⸗ zur der fremden Nation anzustreben und gesteigerte Sicherheit in der Konversation und in der Korrespondenz zu erzielen.

In Schulen mit sechs Klassen beginnt der Unterricht in der dritten. Es ist ihm in der dritten und zweiten ein Elementarbuch,

in der ersten eine Schulgrammatik zu Grunde zu legen; die Lektüre

it in der Mittelklasse unter Benutzung eines leichten Lesebuches, in der oberen an Literaturproben zu üben, wie sie in größeren Chresto⸗ mathien oder in kleinen Schulbibliotheken zusammengestellt sind.

In Schulen mit mehr als sechs Klassen tritt in den oberen Klassen systematischer Unterricht in der Grammatik ein; außerdem erweitert sich der Lehrstoff durch Hinzunahme schwieriger, nament⸗ lich auch poetischer Lesestoffe und Mittheilungen aus der Literatur⸗

ichte. 8 lesic b. Lateinisch. b

Der Unterricht ist fakultativ; 1

derselbe hat wesentlich den Zweck, eine Vorbereitung für die un⸗ teren Gymnasialklassen zu geben, und ist darum auch der Lehrgang für denselben demjenigen des Gymnasiums, in welches die Mehrzahl der Schüler übergeht, anzupassen.

VIII. Zeichnen. Dritte Klasse. 2 Stunden.

Linearzeichnungen nach Vorzeichnung des Lehrers an der Wand⸗

tafel, unter Hinweisung auf die geometrische Grundlage derselben. Zweite Klasse. 2 Stunden.

Geometrische Ansichten von einfach gestalteten Gegenständen nach gegebenem, verjüngtem, erweitertem Maßstabe. Kopiren einfach schat⸗ tirter Vorlegeblätter verschiedener Art.

Erste Klasse. 2 Stunden.

Elemente der Perspektive. Zeichnen von Holzkörpern, Gips⸗ modellen und Naturgegenständen; Schattiren mit schwarzer Kreide, Tusche und Sepia, Kopiren ausgeführter Ornamente, Kopße u. s. w.

In der mehr als sechsklassigen Schule Erweiterung des Pensums nach einem für diese besonders zu entwerfenden Plane. .

IX. Gesang. Sechste Klasse. 2 Stunden.

Stimm⸗ und Treffübungen innerhalb des Tonumfangs von ¹bis T. Als Tonarten kommen vorzugsweise in Betracht: G., F- und D-dur. Die sämmtlichen Treffübungen sind mit bestimmter taktischer (2- und Ztheiliger Betonung) auszuführen. Als Tonzeichen dient die Ziffer. Es wird durchgehends nur in den Stärkegraden von mezzo-forte und piano veüaasen Einübung von etwa 6—8 Choralmelodien und einigen (8— 10) einstimmigen weltlichen Gesängen aus dem Bereiche obiger Tonarten.

Fünfte Klasse. 2 Stunden. 1 8

Der bisherige Töonumfang wird durch die Töne 1 und er⸗ weitert. Die Stimm⸗ und Treffübungen erstrecken sich auf die Töne von « bis 7. Sämmtliche Uebungen treten in bestimmter taktischer Form auf. Zwei⸗, drei⸗ und viertheiliger Takt unter der Form von einfachen, doppelten und dreifachen Takttheilen und Taktgliedern ersten Ranges. Die Ziffer dient als Tonzeichen. „Linübung von 8 bis 10 Choralmelodien und eben so vielen welt⸗ lichen Liedern. Alles einstimmig und im Bereiche der in Klasse 6 vor⸗ gekommenen Tonarten auszuführen.

Vierte Klasse. 2 Stunden.

Als Tonzeichen tritt die Note auf. Die Stimm⸗ und Treff⸗ übungen werden an der C-dqur⸗Tonleiter gemacht. Auch Gesänge aus F- und G-dur fönnen nach der (bis jetzt noch etwas mangel⸗ hasten) Notenbezeichnung eingeübt werden, mit der durch den Stand⸗ punkt der Kinder gegebenen eschränkung.

8 Die bisherigen rhytmischen Tonverhältnisse im 1 und ¼⸗ Takt werden an der Note veranschaulicht und eingeübt. .

Aus dem dynamischen Elemente tritt poco-forte und forte nebst lindem crescendo und diminuendo auf. Acht bis zehn Choralmelodien und weltliche Lieder aus C-, F-sund G-dur werden Alles noch einstimmig zu singen.

Dritte Klasse. 2 Stunden.

Stimm⸗ und Treffübungen in den Tonarten C-, F- und G-dur. Der Tonumfang erhält eine Erweiterung durch die unterhalb *gelegenen Töne h. a. g.

„u Die Töne sis und b in der G. und F.dur-Tonleiter gelangen jett zur gründlicheren Anschauung und Einübung. Auch die übrigen chromatischen Töne cis, gis ꝛc. sind vorzuführen. .

Vorführung und Einübung des und %⸗Taktes nebst Einfüh⸗ zung der Tondauer von Takttheilen. Vorfübrung und Einübung vrs ausen und Pausezeichen. Einführung in den zweistimmigen

ng.

10 einstimmige Choralmelodien. Zehn bis zwölf weltliche Lie⸗ der in ein⸗ und zweistimmigem Tonsatze. Zweite Klasse. 2 Stunden. Is Stimm· und Treffübungen in den Tonarten D-, B., A- und gs-dur. 8 Einführung in die verschiedenen Tempograde. 8., „Viertheilige Gliederung der Takttheilnoten in den bisherigen Taktarten. Vorführung der auf Atheilige Gliederung des Takttheiles gestütten punktirten Form. Ils Stärkegrad tritt forte hinzu. 1 10 bis 12 theils 1⸗, theils 2-stimmige Choräle. 10 bis 15 zwei⸗ stimmige weltliche Lieder. Erste Klasse. 2 Stunden.

Es werden die bekannteren Molltonarten: a-, d-, e-, g- und

emoll vorgeführt und eingeübt.

Affinführung in den 3⸗stimmigen Gesang für 2 Soprane und

In Schulen mit mehr als sechs Klassen kann der Gesang für gemischten Chor eintreten. Die Baäͤsse haben sich alsdann in sehe mäßigem Tonumfange zu ergehen. b

as Auswendigsingen i Forzugergise auf einstimmige Choräle und Lieder, weniger auf drei⸗ und vierstimmige Tonsätze anzuwenden.

X. Turnen.

Woͤchentlich 2 Stunden.

In der sechsten und fünften Klasse Vorübungen und Turnspiele.

N In den vier oberen Klassen systematischer Unterricht nach dem euen Leitfaden für preußische Volksschulen, dessen Aufgaben auf der

Oberstufe einer mehr als sechsklassigen Schule entsprechend und 2 erweitern sind. erlin, den 15. Oktober 1872. Der Minister der geistlichen, Unterrichts⸗

und Medizinal⸗ Angelegenheiten. . 1““ Falk.

8

Wöchentliche Stundenzahl.

EII1“

Religion

Deutsch, inkl. Lesen und Schreiben Rechnen..

Raumlehre

Naturbeschreibung

Physik (Chemie)

Ardo do 00 do o Co0o bo

Gesang Turnen

do do do &rto bdo do dodoo bo

92 92 80

28 24

„Die im Anschlusse beigefügten Vorschriften über die Aufnahme⸗ Prüfung an den Königlichen Schullehrer⸗Seminarien treten an die Stelle der Erlasse vom 2. Oktober 1854, vom 19. November 1859 und vom 16. Februar 1861 und deren Ergänzungen, welche insgesammt hierdurch aufgehoben werden. 8 1

Durch §. 3 der neuen Vorschriften ist die Prüfung dem Ressort der Königlichen und einem

d hen Provinzial⸗Schulkollegien überwiesen Kommissar dieser Behörde der Vorsitz in der Prüfungskommission

übertragen. Da eine Beschränkung in der Auswahl dieser Kom⸗ so kann insbesondere auch ein Schul⸗

missarien nicht beabsichtigt ist, rath derjenigen Regierung, in deren Bezirk das Seminar liegt, oder der Direktor des Seminars selbst mit der Leitung der Prüfung beauf⸗ tragt werden.

Die Bestimmungen der Prüfungsvorschriften über die von den Aspiranten beizubringenden Zeugnisse sowie diejenigen über Einrich⸗ tung und Gang der Prüfung sind alsbald in Anwendung zu bringen. Dagegen sollen die Anforderungen an die Aspiranten nicht sogleich mit aller Strenge erhoben werden, vielmehr ist in dieser Beziehung der Uebergang zu der Anwendung der neuen Vorschriften so zu nehmen, daß die Arbeit der Seminare nirgends unterbrochen und ihre Frequenz nicht vermindert werde.

8 amit das vorgeschriebene Ziel baldigst erreicht werde, ist der Präparandenbildung überall eine erhöhte Thätigkeit zuzuwenden, andererseits aber auch zu verhüten, daß die Vorbereitung der Fece ges Neugestaltung störend in die bisherigen Einrichtungen ein⸗ greife.

Es sind demnach sowohl diejenigen Präparandenanstalten, welche zur Zeit bestehen, als auch diejenigen Lehrer, welche sich zur Errich⸗ tung neuer Präparandenanstalten vereinigen, sofern sie die erforder⸗ liche Befähigung nachweisen, nach Moͤglichkeit zu fördern.

Ebenso sind diejenigen Lehrer, welche auf Grund der bisherigen Vorschriften zu Präparandenbildnern ernannt worden sind und sich als Ge bewährt haben, in ihren Funktionen zu belassen. Die Bewilligung von Remunerationen für Präparandenbildner oder Lehrer an privaten Pe sop chgedüen 88 von Unterstützungen für die he vetande, ist indeß davon abhängig zu machen, daß sich die betreffenden Anstalten, beziehungsweise Lehrer der Inspektion des vom Königlichen Provinzial⸗Schulkollegium ihnen bezeichneten Semi⸗ nar⸗Direktors unterwerfen und nach einem von dieser Behörde ge⸗ vesrn gten Plane arbeiten. Der Regel nach wird die Inspektion dem Direktor des nächstliegenden Seminars zu übertragen sein.

Die Anstalten sind, wenn irgend thunlich, mit aufsteigenden Klassen einzurichten. Es ist Sorge zu tragen, daß sich dieselben nicht auf eine äußerliche Herbeischaffung und Aneignung des bei der Aufnahme⸗Prüfung geforderten Wissensstoffes beschränken. Unbe⸗ fähigte Schüler, deren Aufnahme ins Seminar nicht zu erhoffen ist, sind frühzeitig zu entlassen.

Zum Helferdienste in der Schule sollen die Präparanden nur im mäßigsten Umfange herangezogen werden.

Auch ist anzustreben, daß dieselben ihre Bildungszeit ununter⸗ brochen zu Ende führen und nicht veranlaßt werden, erledigte Schul⸗ stellen interimistisch zu versehen.

Die Lehrpläne für die einzelnen Präparandenanstalten sind unter Genehmigung des Königlichen Provinzial⸗Schulkollegiums und unter

nnehaltung der durch die Prüfungsvorschriften für die einzelnen Lehrgegenstände gesteckten Ziele, dem durchschnittlichen Standpunkte ihrer Zöglinge, beim Eintritte in den Unterricht aufzustellen.

In den Lehrplan kann der fakultative Unterricht in einer fremden Sprache aufgenommen werden; dagegen ist auf Pädagogik, Schul⸗ kunde oder Schulpraxis keine Rücksicht zu nehmen.

Indem ich erwarte, daß hiernach verfahren werde, will ich binnen 3 Monaten einem Berichte der Königlichen Provinzlal⸗Schulkollegien über den Stand des Präparandenwesens der einzelnen Bezirke nebst näheren Vorschlägen über dessen Hebung, insbesondere auch durch Einrichtung von sransanden anchien entgegensehen.

Berlin, den 15. Oktober 1872. 1

Der Minister der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗ Falk. An sämmtliche Königliche Provinzial⸗Schulkollegien, Regierungen und Konsistorien der Provinz Hannover.

Vorschriften über die Aufnahmeprüfung an den Königlichen Schullehrer⸗Seminarien.

§. 1. An jedem Schullehrer⸗Seminar findet alljährlich einige Zeit vor dem Beginn des neuen Kursus eine Aufnahmeprüfung statt.

Der Termin derselben wird Seitens des Provinzial⸗Schul⸗Kollegiums

durch das Regierungs⸗Amtsblatt bekannt gemacht. §. 2. Zu der Prüfung sihd alle Aspiranten, welche den Nach⸗

weis ihrer Unbescholtenheit, ihrer Gesundheit und der für die Kosten des Aufenthaltes am Seminar ausreichenden Mittel führen können und das vorschriftsmäßige Alter erreicht haben, zuzulassen, gleich⸗ viel ob sie ihre Vorbildung in Volksschulen, Mittelschulen, Real⸗ schulen, Gymnasien, Präparanden⸗Anstalten oder privatim empfangen aben.

B §. 3. Die Meldung geschieht bis spätestens drei Wochen vor dem

Prüfungstermine bei dem Seminar⸗Direktor, welcher die eingereichten

Atteste (vergl. §. 4) zu prüfen und auf Grund derselben, wenn die

vorgeschriebenen Bedingungen erfüllt sind, die Zulassung zum Examen

zu gestatten hat. Ein Apirant, welcher die Pruüͤfung bereits drei

Mal ohne Erfolg abgelegt hat, ist abzuweisen. 1

§. 4. Der Meldung sind folgende Atteste beizufügen:

9) das Kanf 28 ee. 1

2) ein Imp 5. n, ein Revaccinationsschein und ein Gesundheits⸗ attest, ausgestellt von einem zur Führung eines Dienstsiegels berechtigten Arzte, 8 1

3) für diejenigen Aspiranten, welche unmittelbar von einer anderen Lehranstalt kommen, ein Führungsattest von dem Vorstande derselben, für die anderen ein amtliches Attest über ihre Unbe⸗ scholtenheit,

4) die Erklärung des Vaters oder an dessen Stelle des Nächstver⸗ pflichteten, daß er die Mittel zum Unterhalte des Aspiranten während der Dauer seines Seminarkursus gewähren werde, mit

ddeer Bescheinigung der Ortsbehörde, daß er über die dazu nöthi⸗

ggen Mittel verfüge.

nergänzen

je nach der Zahl ihrer Klassen und

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er Aspirant muß bei seinem Eintritte in das Seminar da

17. Lebensjahr vollendet und darf das 24. noch nicht überschritten haben; doch kann die Zulassung eines älteren Aspiranten vom Pro vinzial-Schul⸗Kollegium genehmigt werden, wenn sie in Rücksicht au 2 E“ und seine bisherigen Lebensverhältnisse unbedenk i 1

§. 5 Die für die Aufnahme in das Seminar geeignet befun⸗ denen Aspiranten werden einer ärztlichen Untersuchung durch den Anstaltsarzt unterworfen, von deren Ergebniß die schließliche Ent⸗ scheidung abhängt. 3 8

6. Die Prüfung wird von dem Seminarlehrer⸗Kollegium unter Vorsitz eines Kommissars des Provinzial⸗Schul⸗Kollegiums ab⸗ gehalten. Den Kreis⸗Schul⸗Inspektoren und den Präparanden⸗ Bildnern des Bezirks ist es gestattet, derselben beizuwohnen.

§. 7„ Die Prüfung ist eine schriftliche und eine mündliche. In der s Prüfung hat der Examinand über ein aus seinem An⸗ chauungskreise gewähltes Thema eine kleine Ausarbeitung zu fertigen und eine Anzahl von Fragen aus dem Gebiete der verschiedenen Prüfungsgegenstände zu beantworten. Die Aufgaben sind so zu stellen, daß ihre Lösung ganz kurz gegeben werden kann und nicht mehr Zeit als zwei bis drei Minuten erfordert. Die Prüfungse-⸗ Kommission ist befugt, solche Prüflinge, deren Unreife sich in den schriftlichen Arbeiten zweifellos herausstellt, von der ferneren Prüfung auszuschließen. Die mündliche Prüfung verbreitet sich über sämmt⸗ liche obligatorische Lehrgegenstände des Seminarunterrichts mit Aus⸗ schluß der Schulkunde. Jeder Seminarlehrer prüft in den Gegen⸗ in denen er im Seminar unterrichtet. Die Prüfung ist hunlichst vor dem ganzen Kollegium abzuhalten. Im anderen Falle werden so viele Gruppen gebildet, als Examinatoren vorhanden sind; jedoch muß jeder Examinand, über dessen Reife unter den Prüfenden eine Verschiedenheit der Ansichten hervortritt, in denjenigen Gegen⸗ ständen, in denen er zu schwach erscheint, noch einmal vor dem ganzen Kollegio geprüft werden.

§. 8. Bei der Beurtheilung sind die Leistungen in

1) Sgg 2) Sprache, 3) Rechnen und Raumlehre, 4) Musik, 5) Realien und Geschichte je unter eine gemeinsame Hauptcensur zu bringen. Aspiranten, welche in einer dieser Hauptcensuren das Prädikat »Ungenügend« erhalten haben, sind zurückzuweisen, sofern sie sich nicht in den uüͤbrigen Gegen⸗ ständen derart unterrichtet erwiesen haben, daß eine Ergänzung ihrer Lücken in dem betreffenden Fache von ihnen erwartet werden darf. Wenn die unzureschenden Leistungen in der Musik im Mangel an Gehör begründet sind, so kann gleichwohl die Aufnahme stattfinden. Wegen ungenügender oder ganz mangelnder Vorbildung eines Aspiranten im Orgelspiele darf demselben die Aufnahme nicht ver⸗ weigert werden. 8

§. 9. In der Aufnahmeprüfung haben die Examinanden die nachstehend bezeichneten Kenntnisse und Fertigkeiten nachzuweisen

a) in Religion: 8 Die Evangelischen: 8

Bekanntschaft mit der heiligen Geschichte Alten und Neuen Testa⸗ mentes, einschließlich der zum Verständnisse derselben erforderlichen Kenntniß des Schauplatzes derselben. Der Aspirant muß befähigt sein, die bekanntesten biblischen Geschichten frei, im Anschlusse an die Ausdrucksweise der Bibel zu erzählen und über den religissen und sittlichen Inhalt derselben Auskunft zu ertheilen. Derselbe muß seph den dem Religionsunterrichte im Seminar zu Grunde liegen⸗

en Katechismus mit den Erklärungen nach Wort⸗ und Sachinhalt beherrschen, namentlich über die VBedeutung der einzelnen Worte Rechenschaft geben koͤnnen, auch zu den Geboten, den Glaubensarti⸗ keln und den Bitten, des Vaterunsers die wichtigsten Belegstellen aus der heiligen Schrift, sowie passende Liederverse auswendig wissen und Beispiele aus der biblischen Geschichte zu denselben angeben können. Er muß über den Inhalt der einzelnen Bücher der heiligen Schrift eine allgemeine über das 1. Buch Mosis, die Psalmen, die vier Evangelien, die Apostelgeschichte eine etwas genauere Auskunft zu ertheilen im Stande sein. Er muß die Hauptsachen von der Re⸗ formationsgeschichte wissen und etwa 20 geistliche Lieder inne haben, in den Inhalt derselben eingeführt sein, sie mit guter Betonung und gutem Ausdruck vortragen, so wie über ihre Verfasser Rechenschaft geben können. b Die Katholischen:

Der Examinand soll im Stande sein, die heiligen Thatsachen des Alten und Neuen Testamentes im Anschlusse an die Fassung eines uten Historienbuches mit sinngemäßer Betonung zu erzählen; eine olche Kenntniß von dem Schauplatze besitzen, wie sie zum Ver⸗ ständnisse des Einzelnen erforderlich ist; im Auffinden der in der Erzählung enthaltenen Glaubenswahrheiten und Sittenlehren Uebung zeigen, Zahl, Eintheilung und Hauptinhalt der biblischen Schrif⸗ ten kennen. Er muß wortgetreue Kenntniß des größeren Diözesan⸗ Katechismus erlangt, Verfändniß des Wort⸗ und Sachinhaltes und Uebung im Wiedergeben der einzelnen Gedanken mit ande⸗ ren Worten und nach eigener Fassung erlangt haben. Er soll zwan⸗ zig, Liederteste auswendig wissen, in den Inhalt derselben ein⸗ geführt sein und sie mit guter Betonung und ebensolchem Ausdrucke vortragen können; auch dürfen ihm die Diszesan⸗ und die vorzüg⸗ lichsten Schutzheiligen der Kirchen ihrem Leben und Wirken, sowie jene Gebete nicht fremd sein, deren Verrichtung dem katholischen Christen geboten ist.

) im Deutschen:

1) Kenntniß der Wort⸗, Wortbildungs⸗ und Satzlehre. Prä⸗ parand muß die einzelnen Regeln ꝛc. an Sprüchwörtern und an Mustersätzen aus den Schriften der deutschen Dichter und Volks⸗ schriftsteller nachweisen können. 1“

2) Er muß lautrichtig, logisch richtig und fließend vom Blatte lesen können und über das Gelesene Rechenschaft zu geben, die ein⸗ zelnen Wörter zu bestimmen, die Sätze zu bestimmen und zu ana⸗ lysiren vermögen. 8

3) Er muß die Hauptarten der Poesie an Proben aus den deutschen Klassikern kennen gelernt haben und einige Gedichte er⸗ zählenden Inhalts von Schiller, Uhland, Rückert ꝛc., die seinem Ver⸗ ständnisse zugänglich sind, auswendig wissen, mit Verständniß und Ausdrucke sprechen und über ihren Inhalt Auskunft geben önnen.

4) Er muß orthographisch und grammatisch richtig schreiben un Aufsätze, deren Stoff ihm gegeben ist, oder in seinem Anschauungs kreise liegt, fertigen können.

c) im Rechnen:

Gewandtheit und Sicherheit im Kopfrechnen, Vertrautheit mi der Weise des Tafelrechnens. Stoff: die vier Spezies mit unbenann ten und benannten Zahlen, mit ganzen Zahlen und mit gemeinen und mit Dezimalbrüchen, Regel de tri, die bürgerlichen Rechnungs arten, einschließlich der zusammengesetzten Theilungs⸗ und Mischungs rechnung. Elementare Lösung algebraischer Aufgaben. Der Aspirant muß zu selbständiger, sicherer und schneller Loͤsung der ihm gestellten Aufgaben befähigt sein und zeigen, daß er Einsicht in die Gründ des Verfahrens gewonnen habe.

d) in der Raumlehre: Elemente der Planimetrie, Flächen⸗ und Raumberechnungen. e) in der Geographie:

Allgemeine Bekanntschaft mit den fünf Erdtheilen und Welt⸗ meeren, nähere mit derjenigen Europas und spezielle mit der deut schen. Die Hauptbegriffe aus der mathematischen Geographie.

f) in der Geschichte: 1 .

Die Hauptsachen aus der alten Geschichte (wie der trojanisch Krieg, die Perserkriege, die Blüthe Griechenlands, Alexander der Große, die Gründung Roms, die Könige, die Vertreibung der Tar quinier, Camillus, die Gallier, die punischen Kriege u. s. f.). Die Pflanzung und Ausbreitung des Christenthums, die Voölkerwande rung; nähere Bekanntschaft mit den Hauptpersonen und Begeben⸗ heiten der deutschen und der brandenburgisch⸗preußischen Geschichte bis zur Gegenwart. Verständniß des Zusammenhanges ist nicht zu fordern, EC1 Vollständigkeit der Daten, sondern es genügt, wenn der Präparand die Geschichte bis dahin in guten Lebensbildern elernt hat, dagegen ist Sicherheit des Wissens, namentlich auch in 8 Kezug auf die Hauptdata unbedingte Forderung. 8

g) in der Naturkunde:

Die Naturgeschichte der drei Reiche soll der Präparand an her⸗ vorstechenden Typen und Familien kennen gelernt haben; nähere Bekanntschaft mit den Kulturpflanzen, den Giftpflanzen und mit